Regeländerungen 24/25

  • Mit abgespreizten Armen auf der Torlinie stehen ist mittlerweile ja nicht mehr wie früher ein absichtliches Handspiel sondern ein eigener Tatbestand der "unnatürlichen Vergrößerung des Körpers".

    Naja, nicht ganz. Wenn der Spieler offensichtlich blockt wie ein Handballtorwart, dann war das schon immer absichtlich. Wenn er nur fahrlässig die Arme zu weit abspreizt als notwendig, dann gilt es als unabsichtlich.


    Es bleibt weiterhin eine Ermessensentscheidungen. Allerdings wenn das IFAB überzeugt ist, dass der Schiedsrichter jetzt zwischen absichtlich und unabsichtlich differenzieren kann, dann könnte man die Regel auch so ändern, dass unabsichtliche Handspiele gar nicht mehr bestraft werden oder nur noch mit idF.

  • Das ist kein absichtliches Handspiel sondern bestenfalls fahrlässiges Inkaufnehmen.

    Oder es handelt sich um billigendes Inkaufnehmen, also vorsätzlich . Und das fällt wieder unter „deliberately“.😉


    Es wird auch hier eine Grauzone geben.

  • Und warum haben wir dann eine komplette Abhandlung im Regelwerk stehen über "unnatürliche Vergrößerung des Körpers", wenn genau dieser Tatbestand ja über die "Absicht" schon abgehandelt sein soll?

    Der Regelgeber hat hier ganz bewusst zwischen zwei Tatbeständen differenziert.

  • Weil die beiden Aussagen "Der Spieler spielt den Ball absichtlich mit der Hand" und "Der Spieler vergrößert seine Körperfläche unnatürlich und spielt den Ball mit der Hand" nicht äquivalent sind, aber sich auch nicht gegenseitig ausschließen.


    Zweifelsfrei ist es auch mit unnatürlich vergrößerter Körperfläche möglich den Ball absichtlich mit der Hand zu spielen.

  • Ob der Spieler die Arme von sich streckt um sie einfach nur mal zu dehnen (unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche nach Definition in der Regel) oder ob er das tut um den Ball zu spielen, kann man nicht bewerten ohne die Gedanken des Spielers zu lesen. Das war ja genau der Grund, warum der Regelgeber da differenziert haben wollte.


    Wenn wir jetzt wieder jede unnatürliche Vergrößerung als "Absicht" interpretieren, sind wir wieder an dem Punkt wie vor ein paar Jahren als nur das absichtliche Handspiel strafbar war.


    Fällt Dir denn ein Beispiel ein, wie man mit unnatürlich vergrößerter Körperfläche unabsichtlich den Ball mit der Hand spielt (so dass der zweite Tatbestand überhaupt jemals greifen könnte)?

  • Und warum haben wir dann eine komplette Abhandlung im Regelwerk stehen über "unnatürliche Vergrößerung des Körpers", wenn genau dieser Tatbestand ja über die "Absicht" schon abgehandelt sein soll?

    Habe ich nie behauptet, nicht einmal im Ansatz

    Ob der Spieler die Arme von sich streckt um sie einfach nur mal zu dehnen (unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche nach Definition in der Regel) oder ob er das tut um den Ball zu spielen, kann man nicht bewerten ohne die Gedanken des Spielers zu lesen.

    Ein Spieler steht mit ausgestreckten Armen auf der Torlinie, die auch noch so unter Spannung stehen, dass er einen Schuss abwehrt, in einer Spielsituation, in der der Gegner den Ball aufs Tor schießt und der eigene Torwart bereits geschlagen ist, und du mutmaßt, ob sich der Verteidiger nur dehnen wollte und sagst, das könne man ohne Gedankenlesen nicht sagen.


    Not sure if serious.

    Das war ja genau der Grund, warum der Regelgeber da differenziert haben wollte.

    Falsch

  • Fällt Dir denn ein Beispiel ein, wie man mit unnatürlich vergrößerter Körperfläche unabsichtlich den Ball mit der Hand spielt (so dass der zweite Tatbestand überhaupt jemals greifen könnte)?

    Zunächst einmal ist jede unnatürliche Vergrößerung durch eine Armhaltung, die vor dem Schuss/Abspiel schon da war natürlich keine Absicht im Sinne des deutschen Strafrechts.


    Wenn der Schiedsrichter jetzt der Meinung ist, dass die Armhaltung vorsätzlich so gewählt wurde, weil der Spieler den Ball blocken möchte, egal ob es der Arm ist, dann ist absichtlich im Sinne der Regeln.


    Wenn er der Meinung ist, dass der Spieler nur fahrlässig gehandelt hat, dann ist es unabsichtlich. Der Spieler wollte das Handspiel zwar nicht, aber er hätte sich mehr Mühe geben können den Arm weiter anzulegen.


    Der Grad zwischen fahrlässig und vorsätzlich ist natürlich schwierig zu beurteilen. Wir kennen das bei Rasern, die einen Menschen totgefahren haben. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass man den klaren Vorsatz durch z. B. zwei weit abgespreizte Arme zum Blocken durchaus erkennen kann.


    Allerdings sind fast alle Hand-Elfmeter, an die ich mich in den letzten Monaten erinnern kann, tendenziell eher unabsichtlich im Sinne der Regeln.

  • [...] oder ob er das tut um den Ball zu spielen, kann man nicht bewerten ohne die Gedanken des Spielers zu lesen. [...]

    Wenn das so wäre, dann könnte man die Absicht nie bewerten und der ganze Tatbestand "absichtliches Handspiel" hätte niemals angewendet werden könne. Es ist daher davon auszugehen, dass der Regelgeber es dem Schiedsrichter zumutet abzuschätzen ob ein Spieler absichtlich agiert oder eben nicht.


    Es geht auch gar nicht darum

    Zitat

    jede unnatürliche Vergrößerung als "Absicht" [zu] interpretieren

    sondern einfach festzustellen, dass man auch mit unnatürlicher Armhaltung absichtlich den Ball spielen kann.

  • Falsch

    Da bin ich aber bei KozKalanndok .

    Sonst bräuchte es den ganzen Kram mit unnatürlicher Körpervergrößerung doch gar nicht.

    Und wir hätten alles beim alten lassen können: Absicht verboten aber was genau Absicht ist wird halt irgendwo im stillen Kämmerlein entschieden.

    Für mich ist das genau das Beispiel was mit dem Punkt unnatürliche Bewegung in den Regeln bestraft werden soll.. und nicht den Mist der aktuell gepfiffen wird.


    Wenn das nämlich Absicht ist, dann bleibt für den anderen Punkt im Regelwerk gar nichts mehr über, was da drunter fällt.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • amfa Danke, das ist genau meine Argumentationskette.


    Es gibt drei Tatbestände, die einen Handkontakt strafbar machen.


    1. Vorsatz (im Regelwerk als absichtliches Handspiel normiert)

    2. Billigendes Inkaufnehmen (im Regelwerk als unnatürliche und spieluntypische Vergrößerung des Körpers normiert)

    3. Unglücklicher Handkontakt (im Regelwerk Tor nach Hand)


    1. und 2. schließen sich gegenseitig aus.

    Entweder der Spieler will absichtlich den Ball spielen oder er nimmt einen Handkontakt billigend in Kauf.

    Früher als nur das absichtliche Handspiel strafbar war, hat man sich damit beholfen das billigende Inkaufnehmen als "Absicht" zu interpretieren.

    Aber seit der Regelgeber da die Regeln präzisiert hat und in mehreren Iterationen versucht hat klarzustellen, dass absichtliches Handspiel wirklich nur absichtliches gezieltes vorsätzliches Handspiel bedeuten soll, ist diese Interpretation nicht mehr zulässig. Es gibt einen eigenen Tatbestand für das billigende Inkaufnehmen.


    Es war auch bisher nicht wirklich notwendig diese beiden Tatbestände voneinander abzugrenzen, von daher musste man sich darüber keine Gedanken machen.

    Mit der neuen Regeländerung kommt es aber je nach erfülltem Tatbestand zu einer unterschiedlichen Strafzumessung, da bei der DOGSO ausdrücklich(!) und wörtlcih(!) nur noch das absichtliche Handspiel und nicht mehr das billigende Inkaufnehmen eines Handkontakts zu einem FaD führen soll.


    Dass das unpraktisch und bescheuert ist, ist mir durchaus klar und wie das am Ende gelebt wird steht auf einem anderen Blatt. Aber geschrieben sind die Regeln nunmal so.

  • Da bin ich aber bei KozKalanndok .

    Sonst bräuchte es den ganzen Kram mit unnatürlicher Körpervergrößerung doch gar nicht.

    Und wir hätten alles beim alten lassen können: Absicht verboten aber was genau Absicht ist wird halt irgendwo im stillen Kämmerlein entschieden.

    Nemata hat das doch schon sehr anschaulich beschrieben.

    Es gibt unnatürliche Handhaltungen, die unabsichtlich sind; solche, die absichtlich sind, und eine Menge Graubereich dazwischen. Beides schließt sich weder aus noch ist das eine eine eine Folge des anderen oder umgekehrt.


    Der Verteidiger, der wie Jesus am Kreuz auf der Torlinie steht und dadurch einen Schuss abwehrt, hat eine unnatürliche Handhaltung. Sein Handspiel ist zudem absichtlich.


    Dazu kommen dann halt noch die ganzen "unnatürlichen" Handhaltungen (naja) beim Wegdrehen, Grätschen, Schuss und was wir da nicht alles kennen. Die sind in dem Sinne der Regeln eher nicht absichtlich, aber unnatürlich. (Ich gebe zu, dass ich diese Definition von "unnatürlichen" Handhaltungen so gar nicht mag.)

  • unnatürlichen" Handhaltungen

    Das Regelwerk kennt auch nur die „unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche“, die dann auch leider etwas schwammig erläutert wird. Und zwar so schwammig, dass international praktisch jeder abstehende Arm als strafbar bewertet wird und es bei uns etwas großzügiger ausgelegt wird.


    Allerdings kommt dann die Erklärung, dass der Spieler mit seiner Armhaltung das Risiko eingeht getroffen zu werden. Das impliziert schon eher nur Fahrlässigkeit. Und der Spieler muss die Möglichkeit gehabt haben, den Arm in natürlicher Art und Weise enger am Köper zu halten.

  • Dazu kommen dann halt noch die ganzen "unnatürlichen" Handhaltungen (naja) beim Wegdrehen, Grätschen, Schuss und was wir da nicht alles kennen.

    'Und all das sind Vergrößerungen des Körpers, die mit der Bewegung des Spielers in der aktuellen Situation in Einklang zu bringen sind gerechtfertigt werden können, und damit keine qualifizierende "Vergrößerung des Körpers" mehr.

  • 'Und all das sind Vergrößerungen des Körpers, die mit der Bewegung des Spielers in der aktuellen Situation in Einklang zu bringen sind gerechtfertigt werden können, und damit keine qualifizierende "Vergrößerung des Körpers" mehr.

    Falsch :D


    Sieht man doch jedes Wochenende im Profifußball, was da an in meinen Augen natürlichen Handhaltungen eben doch als "unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche" eingestuft wird. Und genau das ist der Grund, warum ich diesen Begriff (auch wenn ich ihn dann noch verkackt habe, danke Mark für die Korrektur :) ) so irrsinnig finde. Regeltext und Auslegung passen da im Graubereich nicht mehr zusammen.

  • Versuchen wir doch diesen Satz anders zu formulieren, ohne den Sinn zu verändern:


    „Eine unnatürliche Vergrösserung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung weder die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist noch mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann.“


    b ist dabei immer die Erklärung des Gegenteils, die natürlichen Vergrößerung. Meint der Regelgeber in der originalen englischen Version 1. oder 2.?


    1a

    Eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung nicht die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist und mit dieser Körperbewegung nicht gerechtfertigt werden kann.


    1b

    Eine natürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist oder mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann.


    2a

    Eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung nicht die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist oder mit dieser Körperbewegung nicht gerechtfertigt werden kann.


    2b

    Eine natürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist und mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Mark () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Die Formulierung mit weder...noch ist eigentlich ganz klar eine Formulierung, dass keines der beiden Kriterien erfüllt sein darf um den Hauptsatz zu bejahen. Also nach dem deutschen Text bin ich da erstmal bei 1a, aber nicht bei 1b. Der Umkehrschluss ist da genaugenommen nicht zulässig.

    Aber das muss er auch nicht. Denn wenn keine unnatürliche Vergrößerug vorliegt ist es unerheblich, ob die Vergrößerung "natürlich" ist oder irgendetwas anderes. Strafbar ist nur die fest definierte unnatürliche Vergrößerung.


    Der englische Text hat da aber eine ganz anderen Aufbau:

    A player is considered to have made their body unnaturally bigger when the position of their hand/arm...

    ...is not a consequence of, or justifiable by, the player’s body movement for that specific situation.


    Das umgeformt ergibt:

    ...is not...

    ...(a consequence of the player’s body movement for that specific situation or justifyable by the player’s body movement for that specific situation).


    Jetzt kommt aber ein gemeines Paradoxon der boolschen Algebra beim "ausmultiplizieren" von Nicht:

    Nicht (A oder B) = Nicht A und Nicht B

    (das ist im Übrigen die boolsche Formulierung für "weder A noch B" und passt auch so im den normalen Sprachgebrauch)


    Das nochmal umgeformt ergibt

    ...is not a consequence of the player’s body movement for that specific situation...

    ...and

    ...is not justifiable by the player’s body movement for that specific situation.


    Da muss ich sagen finde ich das "weder...noch"-Konstrukt deutlich angenehmer zu lesen.

  • Lange Rede kurzer Sinn, insbesondere international wird die Regel anders ausgelegt, als es der deutsche Regeltext hergibt. Vereinfacht wird es so gehandhabt:


    Wenn die Hand (gemeint ist auch der Arm) den Ball berührt, muss der Schiedsrichter maximal diese 4 Fragen beantworten:

    1. Wird unmittelbar ein Tor erzielt:ja, Handspiel. Nein, 2.
    2. War die Hand eng an Körper? ja, weiterspielen. Nein 3.
    3. Hatte der Spieler ausreichend Zeit (auch schon vor dem Schuss) die Hand wegzuziehen oder eng anzulegen? Ja, absichtliches Handspiel. Nein 4.
    4. Musste der Spieler damit rechnen an dieser Hand getroffen zu werden? Ja, unabsichtliches Handspiel. Nein, weiterspielen.