Eine Politikdiskussion, wie schön.
Da steige ich mal voll mit ein
Einerseits ist es richtig, dass bei solchen Sportveranstaltungen der Sport, das Event und der Spaß im Vordergrund stehen sollen, so wie Schiriassi schreibt.
Andererseits präsentiert sich ein Gastgeberland durch diese Veranstaltung international und möchte natürlich gut dabei hervorkommen.
Genau wie bei Messen, Preisverleihungen oder anderen Sportevents.
Für uns "einfachen Bürger" hat ein Event den Unterhaltungscharakter, das Politische ist für uns nicht sichtbar.
Aber genau wie es auffällt und beobachtet wird, ob der Bundestrainer bei einem Bundesligaspiel im Stadion sitzt, der DFB-Präsident bei der Veranstaltung teilnimmt oder auch ein Verbandspräsident bei einem einfachen Verbandssportturnier anwesend ist: Durch diese Anwesenheit wird Wichtigkeit und Aufmerksamkeit signalisiert.
Das gleiche gilt für Politiker. Sind Politiker fremder Länder bei einer Veranstaltung, hat dies Symbolcharakter. Der fremde Staatschef lässt sich von seinem gastgebenden Kollegen dessen Land präsentieren, zumeist im positiven Sinne. (Welcher Staatschef möchte auch die negativen Seiten seines Landes präsentieren und dadurch Schwäche zeigen?)
Ohne dass ich mich in das Thema Timoschenko eingelesen habe und es daher hier nicht werten werde mangels Ahnung:
Durch einen Boykott von Spitzenpolitikern bei einer solchen Veranstaltung möchten diese der ukrainischen Regierung gar nicht erst die Bühne geben, sich gut darzustellen, wenn die wahren Verhältnisse außerhalb der Stadionmauern vielleicht ganz anders aussehen. Würden diese Politiker sich die Spiele im vollen Zuge ansehen, könnten zwei Eindrücke entstehen:
- für die die Informationen über das Thema haben: Warum interessieren die Missstände in dem Land unsere Politiker nicht, so dass sie sich lieber Sport ansehen? Stichwort: Augen verschließen
- für die die keine Informationen haben: Scheint da doch alles in Ordnung zu sein, schließlich feiern da ja alle zusammen.
(das ganze jetzt mal platt ausgedrückt)
Durch eine solche Aktion wird der ukrainischen Regierung also ein klares Symbol gegeben:
Den deutschen Politikern fallen Missstände auf, diese heißen sie nicht gut und daher werden sie nicht so tun, als sei alles in Ordnung.
Daher finde ich zumindest das Mittel, eine Sportveranstaltung zu meiden, um ein politisches Zeichen zu setzen, nicht verkehrt.
Für Politiker ist ein solcher Stadionbesuch nämlich nicht nur Freizeit, sondern eben tatsächlich auch ein politischer Termin.
Meine These: Fußball ist wie fast jede öffentliche Großveranstaltung für gewisse Personenkreise eben auch Politik.
Nichts halten würde ich aber beispielsweise von der Variante, dass man sich keine Spiele mehr im TV ansieht oder gar eine TV-Übertragung abgesagt wird
(Bevor einige jetzt erschrocken aufschreien: Das steht alles nicht zur Debatte! :o). Denn da würden nicht die gastgebenden Politiker, sondern die Spieler bestraft werden. Ob aber nun Politiker XY im Stadion ist oder zuhause hinter dem Fernseher sitzt und dort Daumen drückt (was sicherlich auch Kanzlerin und alle fußballinteressierten MinisterInnen tun werden), interessiert den einzelnen Spieler wahrscheinlich herzlich wenig. Er nimmt ihn während des Spiels ja eh nicht wahr.