Die folgende Szene findet sich doch mindestens einmal in jedem Spiel:
SR pfeift Freistoß für eine Mannschaft in deren eigener Hälfte, nachdem die andere Mannschaft gerade im Angriff war ("Stürmerfoul" o.ä.). Damit die angreifende Mannschaft jetzt wegen des gegen sich verhängten Freistoßes keinen Konter einfängt, stellt sich ein Offensivspieler schnell so vor den Ball (oftmals wirklich direkt davor, also bis auf wenige Zentimeter), dass die andere Mannschaft den Ball nicht schnell spielen kann und die Spieler der fehlbaren Mannschaft sich hinten wieder ordnen können. Oftmals wird dieser Spieler, der sich vor den Ball stellt, noch von seinen eigenen Mitspielern oder Trainern dazu aufgefordert ("Hannes, stell Dich davor!"). Zumindest hier ist das mMn. wirklich in jedem Spiel aufs Neue anzutreffen.
Und da steckt der ausführende Spieler wirklich im Dilemma: Fordert er den SR auf, den Spieler auf die nötige Distanz zu beordern, geht die wertvolle Zeit zum schnellen Gegenangriff verloren und der sich davorstellende Spieler hat auf unsportliche Weise erreicht, was er wollte. Schießt der ausführende Spieler jetzt aber den davorstehenden Spieler direkt an, um eine Verwarnung für diesen Spieler zu provozieren, handelt er ebenfalls unsportlich. Ich bin noch nicht wirklich dahinter gekommen, wie wir als SR uns hier korrekt verhalten:
1) Beschwert sich der ausführende Spieler über den sich davorstellenden Spieler, ohne den Ball dabei zu spielen, wirkt eine Verwarnung gegen den sich davorstellenden Spieler oftmals ziemlich hart. Ein Auslassen der Verwarnung führt aber dazu, dass wir die Mannschaft, die zuvor einen Regelverstoß der gegnerischen Mannschaft erlitten hat, benachteiligen.
2) Schießt der ausführende Spieler sein Gegenüber absichtlich an, um das Unsportliche Blockieren zu demonstrieren, handelt also auch der ausführende Spieler unsportlich. Hier beiden gelb zu zeigen, wirkt wiederum recht hart, halte ich aber für vertretbar. Doof nur, dass der ausführende Spieler kaum eine Alternative zum Anschießen hatte. Verwarnen wir hingegen nur den blockierenden Spieler (und das ist bei den Schiedsrichtern momentan wohl die gängigste Variante), honorieren wir das unsportliche Verhalten des ausführenden Spielers - eine Vorgehensweise, die mir komplett missfällt.
Wie gesagt, diese Situation habe ich mittlerweile wirklich in fast jedem Spiel mindestens einmal, besonders häufig wieder am vergangenen Wochenende. Daher finde ich es gut, dass die Situation hier angesprochen wird, da ich mir selbst darüber schon länger Gedanken gemacht habe, wie man hier als SR am sinnvollsten agiert. Mich würde Eure pragmatische Vorgehensweise da mal interessieren (die sich vielleicht nicht ausschließlich am Regeltext orientiert, sondern eher an pragmatischen / taktischen Überlegungen).
Wirklich in die Bredouille kommen wir übrigens, wenn der ausführende Spieler den blockierenden Spieler leicht anschießen will, dieser aber hochspringt, sodass es nicht einmal zu einer Berührung kommt, und der Freistoß damit vollkommen verkorkst ist. Was tun? Ich würde hier am ehesten weiterlaufen lassen - wenn sich da zwei Spieler gegenseitig unsportlich verhalten, ist der Freistoß halt verloren.
PS: Mit "Anschießen" im obigen Text rede ich immer vom leichten Anschießen, was mit Sicherheit nicht als Tätlichkeit oder grobe Unsportlichkeit auszulegen ist. Wenn ein Spieler einen vor dem Ball stehenden Spieler wirklich heftig und absichtlich anschießt, kann es nur eine Entscheidung geben - FaD.