Abstoß vom SR zurück

  • Eben, und wenn er ihn mit der Hand berührt, gibt es idf. Aber eine klare Torchance hat er damit nicht verhindert, da der Ball ja vom eigenen Mann kommt.

  • @ sArnie


    Du legst den Begriff der "offensichtlichen Torchance" zu weit aus. Wo Platz ist, dass ein Rückpass (oder eben die Doppelberührung) erfolgen kann, kann es sich - von ganz wenigen eher theoretisch denkbaren Ausnahmen abgesehen - nicht um eine offensichtliche Torchance handeln. Weder kontrolliert der Angreifer den Ball noch ist er durch die Nähe des Spielers so ungestört, dass von einer offensichtlichen (= zwingenden) Torchance die Rede sein kann. Wenn ein Lehrwart dies bestätigt, sollte Dir dies eigentlich genug sein. ;)

  • Ich suche mal die entsprechende Passage in der SR-Zeitung, wo die Situation richtig gestellt wurde raus.
    Muss aber erst mal suchen, in welcher das war.

  • Manfred & Sven: Ich erhebe ja keinen Anspruch auf Ultima Ratio, aber diese Regel ist eindeutig formuliert. Ich werde als Nicht-Schiedsrichter einen Teufel tun und hier einem Lehrwart widersprechen. Ich hätte nur ehrlich gern gewusst wieso die prinzipiell eindeutig formulierte Regel 12 für diese Situation nicht gelten sollte. Vorteilsregel - wo wäre der Vorteil? Widerspruch zu anderen Regeln - welche sollte das sein?


    Sven: Keine Eile, Sven, Recherchen brauchen Zeit und davon haben wir alle zu wenig. Danke schon mal im Voraus für deine/eure Mühe.


    Manfred: Was die Frage angeht, ob es überhaupt eine klare Torchance geben kann, wenn ein Rückpass möglich ist: Diese Frage verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Wenn ein Verteidiger den Ball zu langsam zum Torwart zurückspielt, so dass ein übersehener Angreifer gleichzeitig am Ball sein kann, würde das als Rückpass gelten und bei entsprechender Position des Balls auch eine klare Torchance ermöglichen. Das ist doch gar nicht so außergewöhnlich.


    Wenn der Torwart den Rückpass nun mit der Hand aufnimmt sind die Bedingungen eigentlich klar: Das Aufnehmen mit der Hand würde für sich genommen einen iFS nach sich ziehen. Laut Regel 12 ist es ein Feldverweiswürdiges Vergehen, wenn ein Spieler "einem auf sein Tor zulaufenden Gegenspieler eine offensichtliche Torchance nimmt, indem er eine mit Freistoß oder Strafstoß zu ahndende Regelübertretung begeht". Ich sehe da bisher keinen Spielraum für andere Auslegungen, aber ich würde mich wirklich freuen, wenn ihr mich da eines besseren belehren könntet. Ich bin ja hier um etwas zu lernen.

  • sArnie
    Mein letzter Versuch:


    Die Regel geht von der Standardsituation aus, dass der angreifende Spieler im Ballbesitz ist und nur durch einen Regelverstoß von einer offensichtlichen Torchance abgehalten werden kann. Der Begriff der offensichtlichen Torchance sollte dabei relativ eng ausgelegt werden, denn wo ein Pass eines Abwehrspielers möglich ist, kann es sich nicht um eine offensichtliche Torchance handeln. Auch in dem von Dir genannten Beispiel des Rückpasses zum Torwart, den der Stürmer sich erlaufen könnte, handelt es sich m.E. nicht um eine offensichtliche Torchance, da der Torwart den Ball noch aufnehmen kann, d.h. der Stürmer eben nicht im Ballbesitz war UND - jetzt kommt das entscheidende Detail - der Torwart auch die Füße zum wegschlagen des Balles hätte benutzen können (warum er so dumm ist und durch die Aufnahme des Balles den Freistoß riskiert, ist eine andere Frage, aber hier nicht relevant), ergo kann man auch hier nicht von einer offensichtlichen Torchance sprechen. Anders könnte es aussehen - und jetzt komme ich in die Rubrik der vorhin genannten theoretischen Modelle -, wenn der Stürmer den rückgepassten Ball noch nicht berührt hätte, jener aber vor seinem Fuß liegt und der Torwart sich auf den Ball wirft und ihn festhält; hier hängt es vom individuellen Eindruck des Schiedsrichters ab, ob es sich um eine offensichtliche Torchance handelt oder nicht.


    Jetzt klar?

  • Danke für die ausführliche Erläuterung, Manfred. Ich hoffe ich verstehe jetzt den Hintergrund deiner Einwände richtig; du stellst infrage ob überhaupt ein Rückpass zu einer klaren Torchance führen kann. Aber hier geht es gerade um den von dir als "theoretisches Modell" eingestuften Fall. Die Ausgangssituation war gerade "die Verhinderung einer klaren Torchance durch Aufnahme eines Rückpasses durch den Torwart mit den Händen" also greifen Argumente, die darauf abzielen, dass eine solche Torchancenverhinderung nicht vorgelegen hätte doch gar nicht?! :confused:


    1. Was es für einen Unterschied macht, ob der Torhüter den Ball regelgerecht mit dem Fuß hätte wegschlagen können, wenn er ihn tatsächlich aber mit der Hand aufnimmt ist mir nicht klar. Ist es nicht entscheidend, dass er ihn regelwidrig spielt indem er ihn aufnimmt?


    2. Ebensowenig verstehe ich deinen Einwand, dass es darauf ankäme ob der Stürmer den Ball schon berührt hat. Hätte der Stürmer den Ball schon berührt, läge beim Aufnehmen des Balles gar keine Rückpasssituation mehr vor. Das entspräche dann auch nicht mehr der anzunehmenden Situation.


    Ich habe mir erlaubt ein Beispiel für die gemeinte Spielsituation graphisch darzustellen um Missverständnisse zu vermeiden.


    Abwehrspieler A passt zurück zum Torwart. Er befolgt dabei die Regel, den Ball nicht direkt Richtung Tor zu spielen und möchte gleichzeitig einen Flügelwechsel vorbereiten. Er passt dazu entlang des weißen Pfeils in Richtung der linken Torraumecke. Dabei übersieht er den Angreifer B. Dieser läuft entlang des roten Pfeils zur zu erwartenden Position des Balles. Der Torwart T läuft ebenfalls dorthin entlang des grünen Pfeils. Klar ist: schlägt der TW den Ball mit dem Fuß weg ist alles gut. Kein Vergehen, keine Strafen. Nimmt der Torhüter den Ball am Ende des weißen Pfeils unmittelbar vor dem einschussbereiten Angreifer B auf, liegt die von mir beschriebene Situation vor. Durch das Vergehen den Rückpass aufzunehmen, wäre grundsätzlich aOdV ein indirekter Freistoß zu geben. Der Torwart vereitelt aber die klare Torchance und müsste nach meiner Interpretation der Regel dafür die rote Karte sehen.


    Läge deiner Auffassung hier keine Verhinderung einer klaren Torchance vor? Wenn nein, warum nicht? Wenn doch, müsste der Torwart T hier deiner Argumentation nach trotzdem keine rote Karte erhalten?

  • Ich habe jetzt nur noch ganz wenig Zeit, daher nur eine Teilantwort:


    1. Wenn der Torwart den Ball mit dem Fuß hätte spielen können, fehlt es an der aussichtsreichen Torchance, schließlich sind erhebliche Zweifel angebracht, ob der Stürmer tatsächlich ein Tor hätte erzielen können. an der Dummheit des Torwartes, den Ball in die Hand zu nehmen, ändert das nichts.

  • Ich denke mal, hier sind die Verstöße gemeint, die mit einem direkten Freistoß zu ahnden sind, eben Hand- und Foulspiel. Diese würden dann einen Feldverweis bei der Verhinderung einer klaren Torchance nach sich ziehen.

    :ironie: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.":ironie:
    Christian Morgenstern

  • @ Hallenser,


    sind gemeint kann sein aber geschrieben steht nichts von direkten Freistößen!

  • Hier werden möglicherweise ein paar Regelkenntnisse vorausgesetzt....:D
    Außerdem kann sicher nicht jede Situation bis ins kleinste vorausschauend aufgeschrieben werden. Das "Buch" ist schon dick genug.;)

    :ironie: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.":ironie:
    Christian Morgenstern

  • Achtung, wichtige Durchsage:

    Zitat

    Regelbuch Seite 86, FIFA-Anweisung zu Regel 12:
    Berührt der Torhüter den Ball innerhalb des Strafraums mit der Hand, kann deswegen weder ein direkter Freistoß noch eine Strafe gegen ihn ausgesprochen werden.



    Zitat von Hallenser;60690

    Ich denke mal, hier sind die Verstöße gemeint, die mit einem direkten Freistoß zu ahnden sind, eben Hand- und Foulspiel. Diese würden dann einen Feldverweis bei der Verhinderung einer klaren Torchance nach sich ziehen.


    Leider falsch ;), wie bereits früher erörtert, kann auch gefährliches Spiel, welches eine klare Torchance verhindert, mit :rote_karte: (und indirektem Freistoß) geahndet werden.

    "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    (Marie von Ebner-Eschenbach, österreichische Schriftstellerin, *1830 +1916)


    "Mancher ist für die Wahrheit, solang die Wahrheit für ihn ist."
    (Charles Tschopp, schweizer Schriftsteller, *1899 +1982)

  • Daß auch ein mit ind. Freistoß zu ahndendes Vergehen, wie z.B. gefährliches Spiel mit einem Feldverweis bestraft werden kann, haben wir schon an anderer Stelle diskutiert.


    Ich bin Sven jetzt mal zuvorgekommen und habe eine Regelfrage aus der SR-Zeitung 6/06 herausgesucht:


    Frage 3
    Der Ball wird absichtlich, aber recht scharf mit dem Fuß vom Abwehrspieler zum Torwart gespielt. Ein Angreifer versucht, dieses Zuspiel zu erreichen. Damit dies nicht gelingt, wirft sich der Torwart zum Ball und kann innerhalb des Torraums den Ball mit der Hand vor dem Angreifer über die Torlinie ins Aus abwehren. Wie ist durch den Schiedsrichter zu entscheiden, wenn dadurch der Angreifer daran gehindert wurde, den Ball ins Tor zu schießen?


    Antwort:
    Wenn der Ball absichtlich mit dem Fuß von einem Mitspieler zum Torwart gespielt wird, ist das Spielen des Balles mit der Hand durch den Torwart keine Verhinderung einer Torchance im Sinne der Regel 12. Die Berührung ist - da der Torwart im Strafraum den Ball mit der Hand spielen darf - lediglich ein unerlaubtes Spielen des Balles, das mit einem indirekten Freistoß auf der Torraumlinie zu ahnden ist. Eine Disziplinarstrafe ist nicht auszusprechen.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Manfred: Würde der Torwart den Spieler festhalten, wäre dann die von mir gezeigten Situation die Verhinderung einer klaren Torchance? Hängt es also letztlich daran, dass eine klare Torchance im Regelsinne nicht gegeben ist, weil der Torwart sie schließlich noch verhindern kann indem er den Ball erreicht und nicht "nur" den Spieler?! Mir erscheint das absurd, aber ich bin ja auch nur Laie und beuge mich letztlich eurer Erfahrung und Kompetenz.


    Hallenser: Regel 12, Abschnitt "Feldverweiswürdige Vergehen", Ziffer 5. liest sich da aber anders:

    Zitat

    Ein Spieler, Auswechselspieler oder ausgewechselter Spieler muss durch Zeigen der Roten Karte des Feldes verwiesen werden, wenn er eine der folgenden sieben Regelübertretungen begeht:
    [...]
    5. einem auf sein Tor zulaufenden Gegenspieler eine offensichtliche Torchance nimmt, indem er eine mit Freistoß oder Strafstoß zu ahndende Regelübertretung begeht,
    Quelle: dfb.de


    Von direktem Freistoß steht da jedenfalls nichts.

  • Zitat von Stefan;60696

    Ich bin Sven jetzt mal zuvorgekommen und habe eine Regelfrage aus der SR-Zeitung 6/06 herausgesucht


    Danke dafür! Das belegt die Aussage von Manfred und beweist, dass ihr natürlich Recht hattet. Ich werde vielleicht irgendwann noch einmal dahinterkommen, warum das unerlaubte Spiel des Torwarts hier keine klare Torchance verhindert obwohl es diese ohne das unerlaubte Spiel gegeben hätte. :confused:


    Für den Moment erscheint mir das ehrlich gesagt nicht plausibel. Aber jetzt muss ich erstmal wech. Danke an alle, besonders an diejenigen, die mit mir so viel Geduld haben.

  • Um dich ein wenig zu trösten: Das Regelwerk - gerade das aktuelle nach der letzten großen Überarbeitung im Sommer - enthält viele Lücken und Ungereimtheiten. Da ist es schon für uns SR nicht leicht, immer den Überblick zu behalten. Unklarheiten werden dann halt von Lehrwarten interpretiert und, wenn diese sich nicht einig sind, von weiter oben entschieden. Alles schon passiert.


    Bleibt nur zu hoffen, daß das nächste Regelheft qualitativ wieder besser wird - zumindest will man sich mit der Veröffentlichung anscheinend etwas länger Zeit lassen.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Na schönen Dank, Stefan.
    Bin jetzt extra 30 km zu meinen Eltern gefahren um meine alten SR-Zeitungen zu holen.







    Nein, bin ich natürlich nicht:D:D:D:D
    Vielen Dank für Deine Hilfe; wäre auch erst jetzt dazu gekommen nachzuschlagen.
    Genau den von Dir zitierten Passus meinte ich.
    Spannend dazu, dass ein oder zwei SR-Zeitungen zuvor auch die rote Karte gefordert wurde und die nun zitierte Regelfrage dann zur Klarstellung veröffentlicht wurde.

  • @ Stefan,


    dein Beispiel ist natürlich eindeutg aber ist erscheint es der Mehrzahl der SR logisch, daß ein unerlaubtes Spielen des Balles, durch das eine klare Torchance verhindert wird keine pers. Strafe nach sich zieht?


    Was ich dennoch bemerkenswert finde ist aber, dass hier einmal von unerlaubtem Spielen gesprochen wird aber die Verhinderung einer Torchance ausgeschlossen wird, da diese Spielweise dem Torhüter sonst erlaubt ist.
    Fakt ist, und das steht auch in der Lösung, dass es eine unerlaubte Spielweise, die mit Freistoß zu ahnden ist gab und der zweite Fakt ist, dass eine Torchance vereitelt wurde also sind alle Kriterien von Regel 12 für eine RK erfüllt und dann gibt's keine pers. Bestrafung?


    Da böte sich wieder die Formulierung an "wird eine Torchance durch eine sonst erlaubte Spielweise, die unter den gegebenen Voraussetzungen jedoch nicht erlaubt ist verhindert, ist von einer persönlichen Bestrafung abzusehen" - das wäre eindeutig, wenn auch kein schönes Deutsch.


    Nun gut, Lehrmeinung ist Lehrmeinung, hoffe mal, dass diese Regelauslegung neben aleen SRn auch allen Spielern zur Kenntnis gebracht wird, damit man nicht irgendwann eine böseÜberraschung erlebt.
    Besser wäre vermutlich, das würde mal bei einem intern. Turnier vorkommen, dann würde diese Frage wohl ein für alle mal geklärt.

  • Jedem Spieler ist freigestellt, Schulungsabende zu besuchen bzw. Regelfragen zu lesen oder sich sonst wie mit der Materie zu beschäftigen. Die meisten allerdings halten das für überflüssig. ;)

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Was ist eigentlich, während ich an der Costa Brava war, aus der ursprünglichen Frage geworden? Bisher hat mir immer noch niemand einen sinnvollen Grund genannt, warum NICHT auf Tor, Anstoß zu entscheiden ist.