Interview mit T.Kinhöfer

  • Donnerstag noch beim Uefa-Cup-Spiel in Prag, heute steht Top-Schiri Thorsten Kinhöfer (39) aus Herne schon wieder in Hamburg auf dem Platz. Das BILD-Interview.


    BILD: Sie sind ja mehr unterwegs als der Außenminister...


    Kinhöfer (lacht): „Ja, ich komm' schon rum in Europa, sehe viel – aber das kann auch stressig sein.


    BILD: Wieso? Ist doch klasse: Die Welt sehen und dabei Urlaub machen...


    Kinhöfer: „Von wegen! Mit Urlaub hat das schon mal gar nix zu tun! Fifa-Schiri zu sein, ist wie ein Zweit-Job. Ich bin unheimlich viel in Sachen Fußball unterwegs. Häufig weit weg von Zuhause. Da muss einfach alles passen. Bei meinem Job als Controller bei den Stadtwerken Herne habe ich einen Chef, der mich in meinem ‚Hobby‘ total unterstützt. Manchmal kommen Ansetzungen erst 24 Stunden vor Anpfiff. Da ist dann Flexibilität gefragt.“


    BILD: Offensichtlich ist auch der DFB flexibel geworden – gestern hat mit Bibi Steinhaus die erste Frau ein Zweitliga-Spiel gepfiffen...


    Kinhöfer: „Ich finde das klasse! Sie hat über Jahre ihre Leistungen gebracht und sich ihre Chance absolut verdient.“


    BILD: Auch eine Chance in der Bundesliga?


    Kinhöfer: „Na klar, warum nicht? Sie muss die gleichen körperlichen Tests machen, wie wir Männer, hat also die gleiche Fitness. Und dass sie pfeifen kann, hat sie schon zig-Mal bewiesen.


    BILD: In der Bundesliga gab es in den letzten Wochen viele Brutalo-Fouls. Thimothee Atoubas Ellenbogenschlag ist kein Einzelfall. Wird die Liga immer brutaler?


    Kinhöfer: „Es gibt keinen Respekt mehr untereinander. Die Unsportlichkeiten haben eindeutig zugenommen, jeder Spieler schaut nur noch auf seinen persönlichen Vorteil – auf Kosten des Fair Plays.“


    BILD: Woran liegt das?


    Kinhöfer: „In erster Linie an dem vielen Geld. Aber sicherlich auch daran, dass sich die Spieler nicht mehr so gut kennen. Da ist dann die Hemmschwelle geringer. Jemandem, den ich schon seit Jahren kenne, schlage ich keinen Ellenbogen ins Gesicht.“


    BILD: „Was können die Schiedsrichter tun, damit die Bundesliga wieder ‚sauber‘ wird?


    Kinhöfer: „Also, eins ist klar: So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Es geht nicht an, dass es jede Woche vier Verhandlungen vor dem DFB-Sportgericht gibt. Da sind auch wir Schiedsrichter gefordert. Wenn wir eine Tätlichkeit sehen, müssen wir hart durchgreifen.“


    BILD: Da liegt aber genau oft das Problem: In den letzten Wochen ist der Eindruck entstanden, dass es sehr viele Tomaten-Anfälle gab...


    Kinhöfer: „Es ist unglaublich schwer, alles mitzubekommen. Denn Schläge oder Tritte passieren meistens abseits des Spielgeschehens. Aber auch da müssen wir Schiris sensibler werden. Wir sind zu viert im Stadion, ein Augenpaar darf nicht dem Spielgeschehen folgen, sondern muss kritische Situationen weiter beobachten. Eine Sache der Absprache untereinander.“


    BILD: Könnte der TV-Beweis helfen?


    Kinhöfer: „Da halte ich persönlich nichts von. Wann soll man den TV-Beweis benutzen? Schon bei falschem Einwurf oder erst bei einer Strafstoßentscheidung? Da wäre eine Tor-Kamera oder den ‚Chip im Ball‘ hilfreicher. Denn oft ist die Entscheidung ‚war er drin oder nicht‘ die schwerste.“


    BILD: Könnten höhere Strafen für Brutalo-Fouls helfen, die Liga wieder fairer zu machen?


    Kinhöfer: „Es wäre mal gut, einen Spieler für ein brutales Foul 10 Spiele zu sperren. Das hätte eine abschreckende Wirkung. Auf der anderen Seite: Jeder weiß, dass es in Deutschland für schwere Verbrechen harte Strafen gibt – trotzdem schrecken die Menschen auch davor nicht zurück...“


    BILD: Ist der Druck auf die Schiedsrichter größer geworden?


    Kinhöfer: „Es gibt nicht mehr Druck. Wer in der Bundesliga oder international pfeift, hat eh schon enorme Belastungen. Bei dem kleinsten Fehler bist Du der Buhmann...“


    BILD: Wie beim Zweitliga-Spiel Köln gegen Aachen. Da unterstellte FC-Trainer Christoph Daum ihrer Zunft „bewusste Fehlentscheidungen“...


    Kinhöfer: „Solche Aussagen sind doch nicht ernst zu nehmen. Dass Fehler passieren, ist nur menschlich. Und selbstverständlich stellen wir uns auch sachlicher Kritik. Doch glauben Sie mir: Ein Fehler geht uns selbst am meisten an die Nieren...“


    BILD: Bayern Manager Uli Hoeneß forderte besonderen Schutz für seine Millionen-Stars...


    Kinhöfer: „Ich glaube, dass er damit nicht nur seine Spieler schützen wollte, sondern grundsätzlich zur Fairness aufgefordert hat. Denn was im Moment auf den Plätzen passiert, will kein Mensch sehen.“


    BILD: Können Sie eigentlich unerkannt durch die Stadt laufen, oder werden Sie häufig angesprochen?


    Kinhöfer: „Es hält sich zum Glück in Grenzen. Ab und zu werde ich erkannt, bekomme aber fast nie böse Worte zu hören. Und auch die Fanpost ist meistens lieb...“


    BILD: Fanpost? Wir dachten Sie sind Schiedsrichter und kein Pop-Star?


    Kinhöfer: „Wenn man in der Öffentlichkeit steht, gibt es immer Menschen, die dir nette Briefe schreiben. Die beantworte ich auch alle. Aber es sind keine Wäschekörbe voll, so wie wahrscheinlich bei einem Kevin Kuranyi.“


    BILD: Das kann sich ja noch ändern...


    Kinhöfer (lacht): „Sehr gerne – aber bitte nicht nach einem schlechten Spiel von mir...“


    Quelle : Bild online v. 22.09.07

  • Ich finde das Interview sehr gut, weiß aber nicht, ob man das hier so reinstellen darf.