Vorteil - wann ist ein Vorteil erfüllt?

  • Hallo zusammen,

    ich bin noch recht neu und bin schon länger am überlegen wie das mit dem Vorteil aussieht. Das Regelheft konnte es mir nicht ganz erschliessen.

    Meine Frage: Wenn ich Vorteil gebe z.B ein Angreifer am Ball wird vom Gegner gehalten. Daraufhin fällt der Angreifer, kann aber schnell wieder aufstehen und rennt mit dem Ball weiter aufs Tor zu. Ich gebe Vorteil. An welcher Stelle ist der Vorteil „abgelaufen“, also wann kann ich ihn nicht mehr zurückpfeifen?

    Und andersherum: Wann pfeife ich den Vorteil zurück? Wenn der Angreifer verschießt oder …?

    Vielleicht könnt ihr mir ja noch mehr Input zum Vorteilsverlauf geben. Danke!

    Freue mich über jede Antwort.

  • Grundsätzlich würde ich hier ca. 3 bis 5 Sekunden als Massstab nehmen bis du pfeiffst oder den Vorteil endgültig gibst. Ob ein Vorteil vorliegt lernst du mit der Zeit am besten aus dem Bauch. Dafür brauchst du einfach ein gutes Spielgefühl, welches du nur bekomst, wenn du den Sport viel "konsumierst. Wenn der Angreifer verschiesst würde ich allerdings nicht mehr auf das Foul zurückkommen, da er dann seinen Vorteil schon bekommen hat. Wenn du allerdings noch keine Zeit hattest zu reagieren, kannst du natürlich trotzdem noch pfeiffen und da wird dir bestimmt niemand doff kommen deswegen.


    Hoffe das hilft ;)

  • Also Vorteil zu geben lernst du am besten, wenn du selbst auf dein Bauchgefühl achtest.

    Wenn du selbst Fußball spielst ist es einfacher, zu erkennen.

    Beobachte andere SR und analysiere es für dich.

    Sobald du aber Vorteil anzeigst, kannst du Ihn nicht zurücknehmen, deshalb "wait and see" einige Sekunden bevor du den Vorteil gibst oder pfeifst.


    Wenn der Angreifer nach Vorteil verschießt, pfeife ich in der Regel zumindest nicht mehr!


    - Schwere des Vergehens: Zieht das Vergehen einen FAD nach sich, unterbreche ich das Spiel und verweist den Spieler des Feldes sofern dadurch keine offensichtliche Torchance vereitelt wird.

    - Ort des Vergehens: je näher beim gegnerischen Tor, desto größer der Vorteil

    - Erfolgsaussicht eines schnellen, gefährlichen Angriffs

    - Spielatmosphäre extrem hitzig oder aggressiv da gebe ich weniger Vorteile um das Spiel zu beruhigen.


    Das wichtigste ist "Der Schiedsrichter kann Vorteil gewähren, muss aber nicht"

  • "Der Schiedsrichter kann Vorteil gewähren, muss aber nicht"

    Das stimmt aber nur in der Außenwirkung.


    Die Regel sagt klar, dass der Schiedsrichter Vorteil zu gewähren hat (Regel 5).

    Wo aber ein Ermessensspielraum besteht ist in der Entscheidung ob es eine Vorteilssituation ist,

    Aber wenn eine Vorteilssituation wahrgenommen wurde, dann ist sie zu berücksichtigen.

  • Das fasst es meiner Meinung nach sehr gut zusammen. Und wie schon mehrfach geschrieben ist die Vorteilsauslegung oftmals ein Bauchgefühl und hat auch viel mit Erfahrung zu tun.


    Die Regel sagt klar, dass der Schiedsrichter Vorteil zu gewähren hat (Regel 5).

    Wo aber ein Ermessensspielraum besteht ist in der Entscheidung ob es eine Vorteilssituation ist,

    Aber wenn eine Vorteilssituation wahrgenommen wurde, dann ist sie zu berücksichtigen.

    Foxi hat es zwar nur in einem Satz geschrieben, aber seine Aussage trifft es ja gut und beschreibt die Regel ganz gut. Wir als SR müssen einschätzen, ob ein Vorteil vorliegt. Und wenn ich für mich entscheide, dass es keiner ist, dann wird abgepfiffen. Und wie bei allen Entscheidungen, denen ein Ermessensspielraum zugrunde liegt, kann man auch mal falsch liegen.

  • @KozKalanndok
    Das ist schon richtig laut Regel 5.

    Es geht auch nur wie er es beurteilen kann gerade als Neuling, aber wenn du unsicher bist Pfeife.

    Beurteilen kann es aber nur der Schiedsrichter für sich, ob er es als Vorteil einschätzt.

    Wenn du länger dabei bist fällt es deutlich einfacher, dies zu beurteilen (Erfahrungsschatz).

  • Und wichtig:


    In der Regel gibt es tief in der eigenen Hälfte, insbesondere im Strafraum, keinen Vorteil, es sei denn es ergibt sich ein sehr offensichtlicher, aussichtsreicher Angriff. Daher lieber einmal zu viel pfeifen als einmal zu wenig.


    Und im Umkehrschluss solltest du möglichst immer sofort auf Strafstoß entscheiden, außer der Ball geht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ins Tor.


    Und erst dann Vorteil anzeigen oder rufen, wenn klar ist, dass der Vorteil auch eintritt, nämlich die Mannschaft bleibt in aussichtsreicher oder unbedrängter Positon in Ballbesitz. Ansonsten darfst du nicht mehr abpfeifen.


    Des Weiteren ist wichtig, dass wenn der Vorteil eingetreten ist und anschließend der Ball nicht ins Tor geht oder vertändelt wird, du ebenfalls nicht mehr abpfeifen darfst. Den verzögerten Pfiff aufgrund der Reaktionszeit kannst du nicht mehr begründen, wenn mehrere Sekunden zwischen Vergehen und Torabschluss vergangen sind.


    Ein weiterer Hinweis wäre noch, dass kein eingetretener Vorteil vorliegt, wenn der Spieler erst dann getroffen wird, nachdem er den Ball z. B. auf das Tor geschossen hat. Hier kannst du auch pfeifen, wenn der Schuss nicht erfolgreich war (und der Ball noch nicht im Aus war).

  • Versuche es doch einmal hier: Vorteil für Anfänger


    Entscheidend ist immer: Der Vorteil muss größer sein als der Vorteil, der durch die Aussprache von Spielstrafe ggf. in Kombination mit persönlicher Strafe entstehen wird.

  • Das klingt verdächtig nach Kaffeesatzleserei.

  • Was noch erwähnt werden sollte: Je tiefer die Spielklasse, desto weniger Vorteil solltest du geben. Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit dort geringer, dass die angreifende Mannschaft die sich ergebende Chance auch tatsächlich verwerten kann. Und zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass der gefoulte Spieler irgendwelche Dummheiten anstellt, wenn er seinen Freistoß nicht bekommt. Daher nach Möglichkeit dein Stellungsspiel immer so anpassen, dass du mit mindestens einem halben Auge auf dem "Tatort" bleiben kannst. Und wenn du dann am Gesicht des gefoulten Spielers siehst, dass es gleich Ärger gibt, oder weitere Teamkollegen dazukommen und Stress machen wollen, dann pfeif ab, selbst wenn der Stürmer alleine vor dem leeren Tor steht. Der wird dann natürlich Redebedarf haben, aber dann gebe ich den Hinweis, dass sein Mannschaftskamerad unbedingt den Freistoß haben wollte, und du eine Dummheit vermeiden wolltest, die mindestens einen FaD und mindestens 4 Wochen Sperre zur Folge hätte. Da die Spieler ihre Pappenheimer untereinander kennen, habe ich noch nie erlebt, dass sich dann weiter bei mir beschwert wurde, außer es handelte sich um eine Spezialistenmannschaft, die ohnehin jede Entscheidung kommentieren muss. Wenn es die Hackordnung innerhalb des Teams zulässt, bekommt aber der gefoulte Spieler von seinen Kollegen einen Einlauf... :muhaha:

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Was ich noch als hilfreichen Praxistippp geben könnte, ist, beiden Mannschaften bei der Seitenwahl vorm Anstoß zu sagen, dass ich - wo möglich - auch den verzögerten Pfiff anwende und sie daher nach einem Foul erst mal weiterspielen sollen ;)


    Kommt meistens auch gut an...

  • beiden Mannschaften bei der Seitenwahl vorm Anstoß zu sagen

    1. Rede lieber mit der Wand, die hört wenigstens zu.

    2. Zu glauben, dass ein größerer Personenkreis überhaupt versteht, was ein "verzögerter Piff" ist, ist realitätsfremd.

    3. Eine passende Erklärung in der ersten Spielsituation, in der Du den angewandt hast, ist regelmäßig besser.


    Was die Regelkenntnisse von Spielern angeht, erinnere ich nur an Huszti ... (wer das nicht versteht: Zog nach einem Tor das Trikot aus, kletterte am Zaun hoch, erhielt dafür Gelb und Ampelkarte, aber erklärte anschließend, er habe das - als Profi - nicht gewusst).

  • 2. Zu glauben, dass ein größerer Personenkreis überhaupt versteht, was ein "verzögerter Piff" ist, ist realitätsfremd.

    Wie wahr.


    Samstag, FS-Spiel Kreisliga A: Co-Trainer Heim (10 Jahre Spieler in 3. Liga und Regionalliga, B-Lizenz-Inhaber und am Anfang seiner Trainerkarriere) moniert vehement (inkl. impulshaften Aufspringen von der Trainerbank und Rennen zur Seitenlinie) einen seiner Meinung nach zu späten Pfiff nach Foulspiel an der Mittellinie. Auf meine Erläuterung hin zum Thema "verzögerter Pfiff" meinte er nur, so einen Unsinn hätte er noch nie gehört. Der Lerneffekt war noch billig, hat ihn nur eine GK gekostet.

  • ...dann habe ich ja Glück, dass ich das scheinbar so gut erklären kann, dass die Spieler es größtenteils schnallen :D

  • Ich finde besonders den Punkt interessant, dass die Spielklasse Einfluss auf die Vorteilsauslegung haben sollte. Gerade bei hitzigeren oder niedrigklassigen Partien ist das "Risiko" eines eskalierenden Nachspiels nach einem nicht gegebenen Freistoß definitiv größer als der Nutzen eines möglichen Vorteils. Das ist eine wertvolle Einschätzung, die man als Neuling erstmal so nicht auf dem Schirm hat.

  • Wobei ich das nicht an der Spielklasse, sondern an den Mannschaften, eher sogar noch an einzelnen Spielern festmache. Es gibt den Typus, der "seinen" Freistoß braucht, sehr wohl aber auch solche, die Vorteil verstehen und anwenden, manchmal sogar einfordern - spielklassenübergreifend. Man braucht ein Gefühl dafür, wie die Beteiligten drauf sind, das entwickelt man im Lauf der Zeit - und es kommt zudem auf den Spielcharakter an.


    Aber für einen Anfänger ist vor allem hilfreich, stets präsent zu haben, dass ein Vorteil eben auch - für alle am Spiel Beteiligten und die Zuschauer - leicht erkennbar sein muss, dann gibt es wenig Stress - und generell gilt, dass ein Pfiff mit Freistoß zwar einen Vorteil vernichten kann, aber eher akzeptiert wird als eine Vorteilsentscheidung, die nicht als vorteilhaft wahrgenommen wird. Spätestens wenn man aber höhere Weihen erreichen will, muss die Vorteilsanwendung sitzen.

  • Darum soll der SR ja nicht "Vorteil" rufen.