Die Strafgewalt des Schiedsrichters, deren Ende und der zu bestrafende Spieler

  • Folgende Situation (Teilnehmer des Usertreffens kennen die) harrt auf eine regeltechnisch saubere Auflösung:


    Der Schiedsrichter ist noch auf dem Feld - mithin hat er also noch Strafgewalt - als er wahrnimmt, dass sich je ein Spieler beider Mannschaften - beide Mannschaften haben das Feld schon verlassen - gegenseitig "beharken", so dass Rote Karten auszusprechen wären. Klar ist, dass die Rote Karte auszusprechen ist, aber wie? Muss der SR es irgendwie schaffen, die Spieler zurück zu beordern, muss er irgendwie die Spielführer heranschaffen, darf der die Karte "in die Landschaft" zeigen oder darf er den Platz sogar verlassen, um die Karte zu zeigen?


    Es gilt: Keine pragmatischen Lösungen posten, die lassen sich relativ leicht finden, die regeltechnisch richtige Lösung ist gefragt.

  • In den Regeln finde ich keine Stelle, in der beschrieben ist, wie man bei einer Disziplinarmaßnahme exakt verfährt, wenn der Betroffene nicht mehr anwesend ist. Dort steht nur, dass der SR noch die Befugnis hat die rote Karte zu zeigen (wem auch immer).


    Daher kann man es nur pragmatisch lösen. Spätestens im Spielbericht, von dem jedes Team in Kenntnis zu setzten ist, ist die Karte dann vermerkt.

  • Theoretisch könnten aber auch alle Team-Mitglieder das Spielfeld bereits verlassen haben und der Schiedsrichter hätte immer noch die Befugnis eine Karte zu zeigen. 😀

  • In den Regeln habe ich da tatsächlich nichts zu gefunden.


    Wir hatten aber glaube ich mal eine ähnliche Diskussion als es beim VAR darum ging, dass der SR abgepfiffen hatte und der VAR ein Review angeregt hatte.

    Der SR musste dazu das Spielfeld verlassen und hätte damit rein nach Regeltext keine Strafgewalt mehr gehabt.


    Ich glaube die Lösung ist, dass das Verlassen des Spielfeldes alleine nicht ausreicht um die Strafgewalt zu beenden. Es muss auch zu dem Zweck verlassen werden das Spiel zu beenden.

  • Na ja, ein wenig dazu steht schon in den Regeln:

    Zitat

    Der Schiedsrichter kann Persönliche Strafen (Verwarnungen mit Gelber Karte, Feldverweise mit Gelb/Roter oder Roter Karte) gegen Spieler, Auswechselspieler, ausgewechselte Spieler und Teamoffiziellen aussprechen, nachdem er und die Spieler das Spielfeld zur Aufnahme des Spieles (Anstoß) betreten haben. Diese Strafbefugnis erstreckt sich auch auf die Halbzeitpause und endet mit dem Verlassen des Spielfeldes. ...


    Dummerweise ist das aber eine Anweisung des DFB (Anweisung Nr. 8 zur Regel 5) und wird damit nicht weiter erläutert. Allerdings entspricht es dem klaren Wortlaut der Regel, dass mit dem Verlassen des Spielfeldes nach dem Schlusspfiff es eben auch mit der Strafgewalt vorbei sein soll - spannend ist eben nur die Frage, ob das bedingt oder unbedingt ist, sprich gilt das, egal warum der SR den Platz verlässt, oder muss er den Platz wirklich verlassen wollen, weil das Spiel zu Ende ist.


    Nach dem Sinn und Geist der Regeln muss der SR m.E. das Feld hier verlassen dürfen ohne die Strafgewalt zu verlieren, bei einer Rudelbildung am Spielfeldrand achtet man ja auch nicht auf den entscheidenden Zentimeter. Allerdings stellt sich im Gegenzug die Frage, ob man die Rote Karte nicht "in die Pampas" zeigen darf, weil es eben genau so wenig vorgeschrieben ist, dass der Spieler das unmittelbar mitbekommen muss. Dem widerspricht aber, dass es nur sinnvoll sein kann, dass der SR etwaige Proteste von anderen Spielern oder Offiziellen nach Mitteilung der Roten Karte noch sanktionieren können muss. Am Ende komme ich aber zu dem Ergebnis, dass der SR das Feld deshalb verlassen dürfte, weil das Spiel eben nicht mit dem Abpfiff zu Ende ist - das geht aus der Anweisung ja noch klar hervor -, sondern tatsächlich erst mit dem Verlassen zum Zweck des Verlassens endet; hier macht es da obige Rudelbeispiel sehr deutlich.


    Ach ja: Es steht übrigens auch nirgendwo explizit in den Regeln, dass der Spieler das mitbekommen oder man das dem Spielführer mitteilen muss.

  • Wobei der zitierte Text noch eine weitere Frage aufwirft:

    Wer muss eigentlich das Spielfeld verlassen? Geht es da wirklich nur um den SR? Im vorherigen Satz ist ja von dem SR und den Spielern die Rede, d.h. die Strafgewalt beginnt nicht schon, wenn der SR auf dem Feld ist, sondern erst, wenn es auch die Spieler sind (interessante Folgefrage: Wie viele müssen das eigentlich sein? Alle 22? Oder...?). Gewissermaßen wäre es also logisch, wenn sich "endet mit dem Verlassen des Spielfelds" auch auf SR und Spieler bezieht. Und dann wäre es in der Ausgangssituation, wo schon beide Mannschaften das Feld verlassen haben, gar nicht mehr so klar, ob der SR wirklich noch die Strafgewalt hat.


    Unabhängig davon noch eine Frage, die sich mir stellt:

    Heißt diese Strafbefugnis nach Schlusspfiff eigentlich auch, dass der SR die Verantwortung hat noch möglichst alles innerhalb und außerhalb des Spielfelds zu beobachten um Vergehen sanktionieren zu können? Oder geht es nur um etwas, dass der SR zufällig mitbekommt?

    Der erste Fall würde dann ja eigentlich bedeuten, dass man sich auf dem Spielfeld z.B. auf keine Gespräche mit Spielern oder Trainern einlassen sollte, weil man dann Aufmerksamkeit für den Rest des Sportplatzes verliert...

  • d.h. die Strafgewalt beginnt nicht schon, wenn der SR auf dem Feld ist

    Das ist überholt, die Strafgewalt beginnt bereits mit dem Betreten des Platzes durch den SR zur Platzkontrolle - daher spricht das Regelwerk ja auch davon, dass Spieler schon vor dem Spiel ausgeschlossen werden können. Und auch in der alten Fassung begann die Strafgewalt des SR, wenn der den Platz zum Zweck des Anpfiffs betreten hatte ...

  • Ja, war unpräzise formuliert.

    Statt "Strafgewalt" müsste man sagen "Die Möglichkeit, persönliche Strafen auszusprechen".

    Wenn man diesen Begriff austauscht, würde ich aber trotzdem bei meinen vorherigen Ausführungen bleiben.

  • Die Regeln regeln halt nicht jegliches Szenario. Fakt ist, dass der SR noch die Befugnis hat gelbe und rote Karten zu zeigen, wenn er das Spielfeld noch nicht verlassen hat.


    Da es auf das Spiel keinen Einfluss mehr hat, wann und wo die betroffenen Spieler und Teams davon in Kenntnis gesetzt werden, ist es doch nur wichtig, dass die Karten für jeden noch Anwesenden der Form wegen gezeigt werden.


    Spätestens nach Fertigstellung und möglichst vor der Freigabe des Spielberichts müssen die Mannschaften über die eingetragenen Disziplinarmaßnahmen in Kenntnis gesetzt werden.

  • Die Regeln regeln halt nicht jegliches Szenario. Fakt ist, dass der SR noch die Befugnis hat gelbe und rote Karten zu zeigen, wenn er das Spielfeld noch nicht verlassen hat.

    Ich weis, das Du das "Richtige" meinst. Jedoch ist die Wortwahl etwas "Ungenau" und führt in vielen Fällen auch zu Missverständnissen.

    Die Karte ist lediglich eine Signalkarte und hat den Zweck (siehe Einführung 1970) eine Dieziplinarstrafe durch ein "einheilich verständliched Signal" den Spielbeteilligten mitzuteilen.

    Es wird häfig missverstanden, denn das Zeigen der Karte ist lediglich die signalisierung das eine Disziplinarsztrafe erteilt wurde. Das wird vor allem auch im Jugendbereich falsch verstande,. HIer wird häufig (fälschlicher Weise) die Regel "Karten werden nicht gezeigt" mit "es gibt kleine Disziplinarstrafen" gleichgesetzt.


    Ich muss (als SR) also keine Karte zeigen um eine Disziplinarstrafe zu erteilen. Es ist halt nur wichtig, das die betroffenen (Betroffener und seine Mannschaft) in geeigneter Weise von der Disziplinarstrafe erfährt. Und zwar noch im Zusammenhang mit dem Spiel und nicht erst 14 Tage später wenn die Einladung zur Verhandlung kommt.

  • SixthSCTF Ich habe fast wortwörtlich -aus Regel 5.3 zitiert


    Zitat

    …die Befugnis, ab dem Betreten des Spielfelds vor Spielbeginn bis zum Verlassen des Spielfelds nach dem Spiel, …, gelbe und rote Karten zu zeigen…

  • Mark:

    In Regel 12 steht es aber so drin wie von SixthSCTF formuliert, nämlich dass der SR Disziplinarmaßnahmen ausspricht und diese lediglich durch die Karten anzeigt.


    Dort steht auch, dass es Karten nur gibt gegen Spieler, AW-Spieler, ausgewechselte Spieler und Teamoffizielle.


    Und schon sind wir wieder an dem Punkt wo wir schonmal bei etwas anderem waren:

    Wann hört ein Spieler eigentlich auf ein Spieler zu sein (hier jetzt am Ende des Spiels)?

    Sprich: Darf man ihm noch die Karte zeigen (dann müsste er noch Spieler sein) oder muss man die Disziplinarmaßnahme ohnehin schon anders aussprechen (weil er eben mit Spielende kein Spieler mehr ist)?


    Was auch auffällig ist in Regel 12:

    Ein Spieler, der ein feldverweiswürdiges Vergehen vor Spielbeginn begeht, wird nicht etwa des Feldes verwiesen sondern er wird "nur" vom Spiel ausgeschlossen. Regel 3.6 konterkarriert diese Differenzierung aber wieder indem von "vor dem Anstoß des Feldes vewiesen" die Rede ist. (kein Übersetzungsmist...das ist in beiden Sprachen gleichsam mistig)

  • KozKalanndok Bitte das Ganze nicht zu kompliziert machen. Die roten Karten werden hier gezeigt und ggf. über die Spielführer oder irgendwelche andere noch vorhandene Teammitglied direkt, jedoch spätestens nach Erstellung des Spielberichtes, kommuniziert. Alles andere regeln die zuständigen Instanzen.


    Der Regeltext ist in der Tat verwirrend. Der SR darf tatsächlich ab Betreten des Spielfeldes zur Platzkontrolle Disziplinarmaßnahmen ergreifen (was theoretisch auch verwarnungswürdige Vergehen mit einschließt), aber nur bei feldverweiswürdigen die Teilnahme verhindern. Verwarnungswürdige Vergehen kann er nur melden und haben dann keine unmittelbare Auswirkung auf das Spiel in Form einer gelben Karte, es sei denn er hat schon das Spielfeld vor Spielbeginn betreten.


    Aber eines ist für mich klar: Solange der SR das Spielfeld nicht verlassen hat, um in die Kabine zu gehen, bleiben Spieler Spieler, AWs AWSs und TOs TOs. ;)

  • Er muss die FAD's aussprechen. Das kann er verbal machen, was im konkreten Fall die Gefahr birgt es nicht beweisen zu können (Alleinpfeifer). Regeltechnisch würde ich sagen ihm bleibt nichts anderes übrig um auf der sicheren Seite zu sein, als die roten Karten zu zeigen und selbiges dann im ESB festzuhalten.