Die Krux mit vergeudeter und verlorener Nachspielzeit

  • Mein gestriges Spiel brachte mich auf einen Gedanken, dessen Aufarbeitung mich aber unbefriedigt zurückließ:


    Wir stellen uns jetzt einfach mal vor, in der zweiten Halbzeit haben wir je 2 Minuten verlorene und vergeudete Spielzeit. Nun lautet die Regelvorgabe, dass wir Schiedsrichter einerseits gehalten sind, die Nachspielzeit in der letzten regulären Spielminute anzuzeigen, andererseits die vergeudete Spielzeit aber nur unter Beachtung der Vorteilsbestimmung nachzuspielen ist. Problem: Was machen wir, wenn der Vorteil erst in der verlorenen Nachspielzeit eintritt? Einerseits haben wir die Nachspielzeit angezeigt, die dann auch zwingend zu spielen ist, andererseits soll aber der vergeudete Teil eigentlich nicht nachgespielt werden ... Klar, aktuell lässt man das nachspielen, aber so wirklich richtig fühlt sich das nicht an.

  • Vielleicht hilft ein Gedankenexperiment: (Keine Regelerklärung sondern ein Experiement)


    Stell Dir mal vor, es gibt einen Zeitnehmer, der immer dann die Uhr anhält, wenn es nach den Regelvorgaben notwendig ist. Dabei aber auch die (zu diesem Zeitpunkt aktuelle) Vorteilsvbestimmung genau so wie den Unterschied zwischen verlorener und vergeudeter Spielzeit beachtet.

    In diesem Falle gibt es überhaupt keine Nachspielzeit, sondern der Zeitnehmer beendet das Spiel mit einer Sirene.


    Nun zur Auswertung des Experiements:


    Welchen Unterschied in der Zeitnahme zu Deinem Spiel stellst Du fest, wenn gleichzeitig eine Uhr mitläuft die nicht gestpoppt wird?

  • Einen ganz deutlichen, denn der Zeitnehmer müsste zwei Uhren führen - eine für vergeudete und eine für verlorene Spielzeit. Und der würde eben nach dem Ablauf der verlorenen Spielzeit abhupen, wenn die vergeudete Nachspielzeit nachteilig wäre.


    Ergo: Netter Gedanke, aber zu kurz gesprungen ...

  • Der Zeitnehmer braucht sogar drei Uhren:

    Verlorene Zeit, vergeudete Zeit Heim und vergeudete Zeit Gast. ;)

  • Die verlorene Zeit ist unstrittig, denke da sind wir uns einig.


    Und bei der vergeudeten Zeit gibt es drei Möglichkeiten, von denen zwei recht eindeutig sind:


    1.

    Mannschaft A, welche die Zeit vergeudet hat, liegt in Führung. Somit wird die vergeudete Zeit nachgespielt, um Mannschaft B den Vorteil zu gewähren.


    2.

    Mannschaft A, welche die Zeit vergeudet hat, liegt hinten. Somit wird die vergeudete Zeit nicht nachgespielt, da Mannschaft A sonst einen Vorteil aus dem eigenen Fehlverhalten bekommen würde.


    3.

    Mannschaft A hat zwei Minuten Zeit vergeudet, Mannschaft B nicht, das Spiel steht unentschieden. Lasse ich die zwei Minuten nachspielen, dann gewähre ich A die Möglichkeit, das Spiel für sich entscheiden in der Zeit, die sie schon vergeudet hat. Andererseits gewähre ich B die Chance, das Spiel für sich zu entscheiden in der Zeit, die aufgrund des Fehlverhaltens von A nachgespielt wird.

    > wie würdet Ihr hier entscheiden ?

  • Referee_Sebastian Spätestens bei Frage 3 merkt man, dass diese idiotische Nachspielzeitregelung vorne und hinten nicht funktioniert.


    Wie viele Schiedsrichter haben denn überhaupt eine geeignete Uhr, um die Nachspielzeit zu stoppen, um dann auch noch exakt festzulegen, wie sich diese Zeit aufteilt?


    Ich stoppe mit meiner Applewatch immer größere Unterbrechungen ab. Und alleine durch Wechsel, Disziplinarmaßnahmen, Verletzungen, Mauer Stellen, Ball vom Nebenplatz holen, komme ich in der 2 HZ locker auf 6 Minuten. Die vergeudete Zeit ist da noch gar nicht berücksichtigt.


    Und ohne größere Verletzungen oder Trinkpausen hast du doch schon Theater, wenn du mehr als 4 Minuten anzeigst.

  • @Manfred UND @Mark

    Wenn Ihr meinem Gedankenexperiment folgt, dann bitte auch riuchtig (habe ich vielleicht nicht gut genug erklrärt)

    Think out of the Box und es gibt nur eine Uhr:

    In meinem Gedankenexperiment wird sofortz entschieden ob es sich um verloren gegangene und oder vergeudete Zeit handelt, und die Uhr entsprechend angehalten. Das ist in jedem fall möglich inmdem man die aktuelle Situation betrachtet. Auch lässt sich in jedem Falle die Vorteilsregelung anwenden (die hier eigenlich ja benachteiligungsregel heissen müsste aber das ist Wortklauberei).


    Jemand, der "Zeit schindet" muss dadurch einen Vorteil haben. (i.d.R. eine Fühgrung) Das kann ich also sofort feststellen. Sollte sich jetzt der Spielstand ändern. dann wird diese zurückliegende Entscheidung (in meinem Gedankenexperiement) auch nicht merh geändert weil ich nie weis was irgendwann passieren wird.

    Wie gesagt: Think out of the Box

  • SixthSCTF Ich bin deinem Gedankenexperiment nicht gefolgt. Ich habe nur meine Meinung zu dem Thema geäußert.


    Zu deinem Experiment. Du stoppst vergeudete Zeit nur, wenn die führenden Mannschaft das macht, bei Unentschieden wird grundsätzlich gestoppt und die Zeit läuft weiter, wenn das zurückliegende Team Zeit vergeudetet?

  • Zu deinem Experiment. Du stoppst vergeudete Zeit nur, wenn die führenden Mannschaft das macht, bei Unentschieden wird grundsätzlich gestoppt und die Zeit läuft weiter, wenn das zurückliegende Team Zeit vergeudetet?

    Nicht ganz falsch und nicht ganz richtig (im Gedanklenexperiement) Achtung, keine Regelabnwendung, sondern ein Experiement.


    Es wird keine Zeit gestoppt, sondern die Uhr wird bei bestimmten Pielunterbrechungen angehalten (oder eben nicht angehalten). Es ist also keine reine Netto spielzeit, sondern es geht hier mehr um die SOFORTIGE Entscheidung des Uhr anhaltens.


    Es wird sofort entschieden ob die Uhr angehalten werden muss oder nicht. Es gibt keine "Nachspielzeit" im Sinne der jetztigen Regel (Think out of the Box)

    Am Ende des Spiels wird (gedanklich) überprüft welchen Unterschied das Ergebnis zu Manfreds Fall macht.


    Ziel des Experiemts ist es, festzustellen wo man sich zu viel und wo man sich zu qwenig Kopp macht.


    Und nochmal: Es ist ein Gwedankenexperiment. Man muss sich darauf einlassen um das Experiemnt durchzuführen.

  • Ich denke der regeltechnische Kniff ist folgender:


    Wir haben einen Pool verlorene Zeit, einen Pool vergeudete Zeit A und einen Pool vergeudete Zeit B.


    Wenn es jetzt zum Ende der 90. Minute geht, müssen wir eine verbindliche Entscheidung treffen, wie lange mindestens nachgespielt wird.

    Das ist dann eigentlich nur die verlorene Zeit und mehr nicht. Wenn dann am Ende der verlorenen Zeit noch vergeudete Zeit eines Teams übrig ist, wird diese ohne weitere Anzeige unter Anwendung der Vorteilsregelung nachgespielt.

    Da ist dann aber die Frage, was ein Vorteil ist.

    Ist es schon ein Vorteil, einen Rückstand in ein Unentschieden zu wandeln?

    Angenommen in der Nachspielzeit (verloren) dreht Mannschaft A das Spiel so dass sie in Führung liegen...muss dann die vergeudete Zeit von B nachgespielt werden? Oder werden die vergeudeten Zeiten von A und B gegeneinander aufgerechnet?

  • Das Problem, was in diesem Kontext ein Vorteil ist, ist selbstverständlich noch eine ganz andere Frage, da ist letztlich meine Erfahrung als Schiedsrichter gefragt, ich muss ein Feeling dafür haben, welche Mannschaft wohl profitieren wird - und nebenbei kann man auch im Rückstand einen Vorteil aus einem Abpfiff haben, weil sich beispielsweise die Tordifferenz nicht zusätzlich verschlechtert, ein Aspekt, der bekanntlich über Auf- oder Abstieg entscheiden kann.


    Ansonsten stelle ich fest, dass die gesamte Regel gut gemeint ist, sich in der Praxis aber eben nur bedingt umsetzen lässt, angefangen von der Erfassung der Zeiten über die Frage, wer eigentlich den Vorteil hat bis hin zur Frage, die ich hier aufgeworfen hatte - soviel übrigens zur einheitlichen Regelauslegung, die ist eben nicht immer und überall möglich.

  • weil sich beispielsweise die Tordifferenz nicht zusätzlich verschlechtert

    ...

    über Auf- oder Abstieg entscheiden

    Das sind wir dann aber wieder außerhalb der Spielregeln mitten in den Wettbewerbsbestimmungen.

    Was auch nicht vergessen werden sollte: Die Fußballregeln kennen keine Anwendung der Vorteilsregelung bei der Nachspielzeit. Das ist "nur" eine reine verbandsspezifische (DFB) Sonderlocke.

    Gemäß dem puren verbandsbereinigten Regelwerk ist die vergeudete Zeit genauso wie die verlorene nachzuspielen.


    Das Dilemma kommt nur durch den "wir wolln's aber anders"-DFB.

  • In der Praxis kann man sich noch Freunde machen, wenn sich kurz vor Ablauf der Nachspielzeit die zurückliegende Mannschaft vor der Ausführung des letzten Eckballs zu viel Zeit lässt und man einfach das Spiel beendet. Diese vergeudete Zeit muss man außer beim Strafstoß nicht nachspielen lassen.


    Ansonsten ist die DFB-Regelung mit der „vergeudeten Zeit“ schlichtweg nicht umsetzbar.

  • Wäre es nicht eigentlich sinnvoll, wenn man die Kapitäne (oder Trainer) fragt, ob die vom Gegner vergeudete Zeit nachgespielt werden soll oder nicht.

    Evtl. könnte man das sogar als Bringschuld festlegen: Die vergeudete Zeit wird grundsätzlich nachgespielt, es sei denn der Gegner beantragt beim SR, dass darauf verzichtet werden soll.


    Das löst allerdings nicht das Problem von Manfred, wenn sich während der Nachspielzeit noch eine Änderung der Konstellation ergibt.

    Da muss es meiner Ansicht nach aber so sein, dass die Entscheidung einmalig vor Beginn der NSZ getroffen wird und dann nicht mehr geändert werden kann. Auch wenn das in bestimmten Fällen dann nicht komplett gerecht ist - aber dann wären wir wieder bei meinem ersten Punkt, dass die Entscheidung dann wenigstens bei den Teams liegen würde.

  • Nr.23 Davon halte ich gar nichts. Da du schon technisch nicht in der Lage bist, neben der Bruttospielzeit noch zwischen, verlorener und vergeudeter Zeit je Team zu unterscheiden.


    Des Weiteren klappt das beim maximal 3-4 Minuten verlorener Zeit. Wenn du aber schon wegen einer längeren Verletzungsunterbrechung inkl. Trinkpausen nach 90 Minuten noch über 10 aufm Tacho hast, wäre der Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung zu früh.


    Es gibt für mich auch nur verlorene Zeit und wenn eine Mannschaft trödelt, diskutieren will oder anderweitig das Spiel verzögert, dann muss man das rigoros unterbinden bzw. sanktionieren.


    Hilfreich wäre auch eine klarere Vorgabe, wann der Schiedsrichter abstoppen soll und was zur Spielzeit gehört. Inklusive auch der Angabe, wie lange sich eine Mannschaft Zeit lassen darf, um eine Spielfortsetzung auszuführen, sobald der Ball verfügbar ist.


    Ich könnte mir vorstellen, dass eine Mannschaft z. B. 15 Sekunden Zeit bekommt, auch der Torhüter, und der SR zählt die letzten 5 runter. Wird dann nicht fortgesetzt, stoppt die Uhr und es gibt die Verwarnung oder den Ballbesitzwechsel. Somit kann ein Team analog American Football eben 15 Sekunden legal Zeit schinden.


    Allerdings darf man gerade im Amateurbereich, wo die Tordifferenz keine Rolle spielt, den Luxus des Fußballschiedsrichters nicht vergessen, bei einem klaren Ergebnis beide Mannschaften nach 45 Minuten brutto in HZ 2 zu erlösen.

  • Ist die Diskussion überhaupt noch zukunftsrelevant?

    Habe letztens irgendwo gelesen, dass mal wieder Nettospielzeit auf dem Regeländerungsprogramm stehen soll...kann mich aber nicht mehr konkret an die Quelle erinnern.