Erlaubter Arm-/Handeinsatz

  • Angestoßen durch die SSD Gladbach-Bayern stellt sich die Grundsatzfrage, unter welchen Vorraussetzungen eine Berührung des Gegenspielers mit der Hand bzw. konkret das „Wegschieben“ ein Vergehen ist. Halten, Stoßen und Schlagen sind explizit beschrieben, Wegschieben eben nicht.


    In 12.2 ziemlich am Schluss steht, dass ein Spieler beim Abschirmen des Balles seinen Gegenspieler nicht mit den Armen abrängen darf. Das habe ich zum Anlass genommen das IFAB zu fragen, was „not held off with the arms“ genau bedeutet.


    Die Antwort ist: „the arms should not be used to push the opponent.“


    Das heißt, dass wiederum eben nur das Stoßen strafbar ist. Denn „pushes“ ist der Begriff, der in 12.1 mit „Stoßen“ übersetzt wurde.


    Daraus leite ich ab, dass das bloße Wegschieben oder auf Distanz Halten eines Gegenspielers eben kein Vergehen darstellt. Erst wenn es sich um ein Stoßen (push) oder natürlich Schlagen handelt, ist es strafbar.

  • Danke fürs Nachfragen.


    Trotz der Übersetzung in 12.1 könnte es aber leider nicht ganz eindeutig sein, denn "push" kann normalerweise durchaus auch "schieben" heißen.

    Von dict.cc:


    Also könnte bei der IFAB-Antwort durchaus noch das Drücken oder Schieben aus dem normalen Sprachgebrauch gemeint sein und es muss nicht zwingend nur Stoßen sein, denke ich.
    "Auf Distanz halten" dürfte aber somit sicherlich kein Vergehens darstellen.

  • „push an opponent“ wird mir jetzt mit „einen Gegner schubsen“ übersetzt 😂.


    Mir geht es um eine Klarstellung, was noch toleriert wird und was nicht. Man kann doch von einem Schiedsrichter nicht verlangen, dass er weder zu kleinlich noch zu großzügig pfeifen soll, wenn man „nicht jeder Kontakt ist strafbar“ nicht wenigstens etwas konkretisiert.


    Eine Grauzone wird es immer geben, aber man kann sie kleiner machen.

  • Gestern in Hoffenheim:


    Petersen erklärte seine Entscheidung

    Dieses Schieben hatte Petersen auf dem Feld „als strafwürdig erachtet und Freistoß gegeben„, erklärte der Referee bei „Sky“ die Szene. „Dann hat der VAR überprüft und festgestellt, dass der Kontakt innerhalb stattgefunden hat und es zudem einen leichten Fußkontakt gab.“ Aufgrund dieses Einwandes von Video-Assistent Daniel Schlager entschied Petersen, sich die Szene in der Review-Area anzusehen. Dort habe er „gesehen, dass das Schieben nicht für einen Strafstoß reicht“ und ebenfalls nicht der Fußkontakt, der „eher ein Kontakt unterhalb der Sohle“ war. In Summe habe das dem 37-Jährigen „nicht ausgereicht, sodass ich dann am Ende zum Ergebnis gekommen bin: Das Schieben reicht nicht aus, aber auch der Fußkontakt nicht„.

  • Also diese Argumentation ist ja mal sowas von...


    "Auf dem Feld geb' ich Freistoß, aber für Strafstoß reicht's nicht" geht mal gar nicht.

    Entweder es ist ein verbotenes Spiel, dann ist es zu pfeifen und anhand des Ortes fortzusetzen oder es ist kein verbotenes Spiel und es geht weiter.

    Aber die Bewertung des verbotenen Spiels vom Ort abhängig zu machen und das dann auch noch im Interview zu bestätigen (ok, vielleicht hat er sich auch nur unglücklich ausgedrückt) ist ein Regelverstoß mit potenziell spielentscheidendem Charakter...

  • KozKalanndok Ja, die Kernaussage wäre: „Leichtes Schieben ist im eigenen Strafraum zulässig und außerhalb ein Vergehen, das mit direktem Freistoß zu ahnden ist.“

  • Vielleicht unglücklich ausgedrückt, aber er hat ja nicht gesagt, dass er für das Schieben - so wie er es im Review gesehen hat - einen Freistoß gegeben hätte.

    Also die regeltechnisch saubere Erklärung ist doch, dass er es live als fahrlässiges Schieben (bzw. Stoßen, s.o.) wahrgenommen hat und der OFR ihm dann gezeigt hat, dass der Kontakt nicht so stark war, dass (nach seiner Einschätzung) ein Vergehen nach 12.1 vorlag.

    Und ich finde nicht, dass seine Aussagen dem direkt widersprechen.

    Besser wäre aber wohl die Formulierung "dass das Schieben nicht für ein Foul reicht" gewesen.

  • Und darauf möchte ich ja hinaus. Das leichte Schieben muss offiziell als erlaubte Spielweise ausgelegt werden, solange es kein klares Schubsen oder Stoßen ist. Dann wissen alles Bescheid.


    Wenn der Schiedsrichter es auf dem Feld falsch bewertet, dann ist es halt eine Tatsachenentscheidung, die zumindest bei Spielen mit VAR bei Strafstoß oder DOGSOs überprüft werden kann.


    Die Argumentation eines SRB ist dann glaubwürdiger, als wenn man die Entscheidung aufgrund ihrer straftechnischen Auswirkung argumentiert.

  • dass das Schieben nicht für einen Strafstoß reicht

    Ist vom Wortlaut her das typische: War ein Foul, aber keines, was für einen Strafstoß reicht - und damit einfach falsch, Punkt und Ende.


    Ich will es mal so ausdrücken:
    Im gesamten Fußball hat sich eine Armarbeit ausgebreitet, die meines Erachtens nicht mehr regelkonform ist, das ist ja manchmal schon mehr Ringkampf als Fußball - aber es scheint, als wolle niemand dieses Übel ausrotten, dabei wird, das kann ich aus eigener Erfahrung berichten, weil ich da recht restriktiv bin (und die Zahl der Roten Karten wegen Tätlichkeiten seitdem extrem gering geworden ist), dass das dem Spielcharakter und dem "sehenswert" sehr zuträglich ist; technisch guter Fußball ist einfach attraktiver anzusehen.

  • In einer anderen Quelle steht, „…dass das Schieben nicht für einen Freistoß reicht“.


    Damit wäre die Diskussion hinsichtlich des Ortes bei der Bewertung wieder irrelevant und das „leichte Schieben“ grundsätzlich eine korrekte Spielweise.


    Manfred Und deswegen ist es höchste Zeit, dass es offizielle Klarstellungen gibt. Spieler, die ihre Arme ähnlich einem Skispringer anlegen müssen, um sowohl Handspiele als auch Foulspiele zu vermeiden, würden kein attraktives Fußballspiel mehr ermöglichen.

  • Spieler, die ihre Arme ähnlich einem Skispringer anlegen müssen, um sowohl Handspiele als auch Foulspiele zu vermeiden

    Mit der alten Handspielregel hatte ich dazu ja mal was geschrieben...Hände hinter dem Rücken während dem Laufen...ein Musterbeispiel für eine unnatürliche Armhaltung...

  • Hier noch mal die eine Ergänzung hinsichtlich der Bedeutung von „push“:


    There needs to be some element of impetus/force


    Im Prinzip stellen unsere Diskussion eine Arbeit dar, die der DFB übernehmen muss. Klarstellung und Auslegung gebündelt veröffentlichen.


    Wir haben eine Grauzone zwischen „Hand berührt Gegenspieler“ bis „wird klar weggestoßen“. Durch eine Klarstellung bekommen wir natürlich nicht schwarz/weiß, aber die Grauzone wird kleiner.


    Es muss also ein gewisser Impuls oder eine gewisse Krafteinwirkung erkennbar sein, fertig. Damit kann man arbeiten bzw. entscheiden. Im Grenzbereich lieber weiter laufen lassen, insbesondere im Strafraum (aber natürlich nicht damit begründen).


    Trotzdem muss ein Spieler, der einen Gegenspieler nur leicht wegschiebt, auch damit rechnen, dass es der Schiedsrichter als Foulspiel bewertet.

  • Und bis zu einer Klarstellung, sehe ich das ganz einfach: Im Zweifel hat der Spieler, der den Arm nicht bei sich behalten hat, ein Problem.

  • Aber hat der Spieler, der den Einfluss durch den Arm des Gegners spürt, solange auch ein Recht auf einen Freistoß?

    Oder führen die beiden ihren Zweikampf und lassen sich mal überraschen, wie der SR dieses Mal entscheidet? ;)

  • here needs to be some element of impetus/force

    "some element".


    Das kann auch ganz wenig sein.

    Heißt Gegner nur berühren ist erlaubt.. sobald auch auch nur ein ganz bisschen gedrückt/geschoben wird -> strafbar.


    Im Prinzip stellen unsere Diskussion eine Arbeit dar, die der DFB übernehmen muss.

    Eigentlich wäre es noch besser wenn das IFAB das macht, damit es halt wirklich überall gleich ist.



    In der Realität könnte man zumindest in der Bundesliga aber wahrscheinlich 99% der Zweikämpfe abpfeifen weil irgendwer irgendwem am Trikot oder der Hose zieht.

    Bei sehr strenger Regelauslegung sind die aller wenigstens Zweikämpfe wirklich legal.

    Ist aber halt "handelsüblich" heutzutage.


    Wahrscheinlich kann man auch bei jeder Ecke Elfmeter geben oder Freistoß für die Verteidigung.

    So wirklich erlaubt ist eigentlich nur "korrektes Rempeln" und da weiß ich bis heute nicht so hundertprozentig wie das denn nun aussieht. ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Oder führen die beiden ihren Zweikampf und lassen sich mal überraschen, wie der SR dieses Mal entscheidet?

    Das ist die elementare Aufgabe des Schiedsrichters das zu entscheiden und elementare Aufgabe der anderen die Entscheidung zu akzeptieren.😉

  • Es ist durchaus bemerkebnswert, dass eine konsequente Ahndung der Armarbeit bei den meisten Mannschaften durchaus akzeptiert wird - eben eine berechenbare klare Linie -, die können sich darauf einstellen; nur ein paar wenige "Spezialisten" hadern dann mit mir, aber das ist deren Problem.

  • Manfred kann ich da nichts hinzufügen. Das war auch meine Erfahrung, spätestens nach em 5. Mal höre ich den Trainer: "Jungs habt ihr noch nicht gemerkt, dass der das pfeift". Damit die Eskalationsleiter (Schaun wir mal wie weit wir gehen können) schon auf Stufe eins unterbrochen.

  • In der Realität könnte man zumindest in der Bundesliga aber wahrscheinlich 99% der Zweikämpfe abpfeifen weil irgendwer irgendwem am Trikot oder der Hose zieht.

    Naja, aber Trikotziehen an sich ist ja erstmal kein Vergehen.

    Es wird erst strafbar, wenn es ein Haltevergehen ist, also der Gegner zurückgehalten und an der Fortbewegung gehindert* wird.


    *"gehindert" im Glossar ist übrigens wieder keine so tolle Übersetzung, weil es nach meinem Sprachverständnis bedeutet, dass die Fortbewegung unmöglich gemacht wird. Das englische Original "impede" bedeutet eigentlich eher behindern/erschweren, was eine schwächere Bedingung ist.



    Das ist die elementare Aufgabe des Schiedsrichters das zu entscheiden und elementare Aufgabe der anderen die Entscheidung zu akzeptieren.😉

    Richtig. Und die elementare Aufgabe der Fußballregeln wäre eigentlich, dass alle Beteiligten wissen, was erlaubt ist und was nicht. :)


    Aber da dies wohl nicht erreichbar ist, sollten die SR versuchen, möglichst erwartbar zu pfeifen.

    Im ersten Schritt mit einer einheitlichen Linie in der eigenen Spielleitung (wie von Manfred und gebi erwähnt).

    Im nächsten Schritt idealerweise dann auch mit einer einheitlichen Linie innerhalb des Wettbewerbs - das ist aber wohl nur in den hohen Ligen machbar.

  • Damit hast Du ja die Antwort auf die ursprünglöiche Frage gegeben!

    Es muss also ein gewisser Impuls oder eine gewisse Krafteinwirkung erkennbar sein, fertig. Damit kann man arbeiten bzw. entscheiden. Im Grenzbereich lieber weiter laufen lassen, [...]

    Trotzdem muss ein Spieler, der einen Gegenspieler nur leicht wegschiebt, auch damit rechnen, dass es der Schiedsrichter als Foulspiel bewertet.

    So ist es aber schon (fast) immer gewesen.


    Der Schiedsrichter entscheidet ob der Kontakt ursächlich (ausreichend) ist um (was immer auch mit seinem Gegensüpieler passiert) zu verursacehn. (Siehe Zitat Felix Zwayer zur NICHT Elferentscheidung im DFB Pokalendspiel Frankfurt vs. Bayern)


    Für den Konkreten Fall: Der Schiri entscheidet darüber das das "Handauflegen" (verzeiht den Zynismus) dafür ausreicht, das sein Gegner aus dem Tritt kommt und fällt.

    Ob das dann tatsächlich so ist, da kann man geteilter Meinung drüber sein (wie in viele Fällen die besonders heftig diskutiert werden)