Handspiel - ist es wirklich so paradox?

  • Bitte nicht darüber diskutieren, ob es das nicht gibt, ich gehe davon aus, dass das sehr wohl möglich ist!

    Ich hatte heute eine Szene, bei der ich im Rahmen "Erwarte das Unerwartete" auf den Gedanken kam, was wäre eigentlich gewesen, wenn ... daher stelle ich hier mal die Frage.

    Mannschaft A ist im Angriff, der Ball ist im Strafraum von B und spingt einem Verteidiger so an die Hand, dass der Kontakt nicht regelwidrig ist. Derselbe Verteidiger nimmt den Ball anschließend volley und befördert den ohne weiteren Kontakt mit einem Spieler in das gegnerische Tor. Damit würde das Tor nicht zählen und der Handkontakt würde regelwidrig, mithin Strafstoß für A - ist das echt so?

  • Kurz und knapp: Ja !

    Wenn er den Ball, der von seiner Hand abprallt volley nimmt und versenkt, dann ist das absolut im Bereich des Wortes „unmittelbar“. Und somit ein strafbares Handspiel gemäß Regelwerk.

  • Also ich bin da auch dabei.

    Strafstoß für A, selbst wenn der Ball eine halbe Minute unberührt unterwegs ist (Beispielsweise: Ansage an den TW von A..."Nicht anfassen! Lass ihn reingehen!")


    Ist es unwahrscheinlich, dass es eintritt? Durchaus.

    Und da sind wir dann beim nächsten Problem: So klar die Regel auch ist, ist eine solche Situation wohl auch für den SR dermaßen überraschend, dass ich da kaum glaube dass die regeltechnisch richtige Entscheidung getroffen wird, wenn man einen solchen Fall nicht irgendwo mal diskutiert oder sonst wie erörtert hat.


    Diese Regel strotz aber nur so vor Perversionen:

    Perversionsstufe 1:

    Das gilt nur dann, wenn der im Sachverhalt beschriebene Verteidiger nicht der Torwart ist.

    Wäre es der Torwart, muss das Tor zählen, da dieser in seinem Strafraum kein Handspielvergehen begehen kann.


    Perversionsstufe 2:

    Wenn ein anderer Spieler den Ball volley nimmt und einlocht, ist es kein Handspielvergehen. Strafbar wird es nämlich nur, wenn der unmittelbar davor geschehende Handkontakt an der eigenen Hand passiert.


    Im Übrigen haben wir auch wieder einen Konflikt im Regelwerk in der aktuellen Handspielregel.

    Auf der Seite 70 oben ist der Torwart von Handspielvergehen im eigenen Strafraum generell befreit. Auf Seite 70 unten ist aber definiert, dass der Torwart ein Handspielvergehen begeht, wenn er den Ball direkt ins gegnerische Tor wirft. Nicht aber, wenn er im Rahmen eines Abschlages den Ball ins Tor schießt.

    Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass das unten eine Spezialregelung zur Allgemeinregelung oben ist, dann gilt Spezialregel sticht Allgemeinregel und das führt uns zu...


    ...Perversionsstufe 3:

    Ein Torwart wehrt einen gezielten Schuss auf das eigene Tor ab, in dem er mit einem Hechtsprung und Fäusten nach vorne in den direkt aufs Tor zufliegenden Ball reinspringt. Der Handkontakt erfolgt zweifelsfrei im Strafraum des Torhüters. Der Ball geht daraufhin ohne weiteren Kontakt ins gegnerische Tor.

    Dann haben wir ein Handspielvergehen des Torwarts, mit welchem eine klare Torchance vereitelt wurde. Das bedeutet dann Strafstoß gegen die Mannschaft des Torwarts und einen Feldverweis gegen den Torwart, da bei Handspielen der Strafstoßrabatt nicht greift.

  • Nein, das ist nicht mehr unmittelbar. Ansonsten dürfte auch ein direkt erzieltes Tor nach einem Abschlag durch den Torhüter nicht zählen.

  • Dann haben wir ein Handspielvergehen des Torwarts, mit welchem eine klare Torchance vereitelt wurde. Das bedeutet dann Strafstoß gegen die Mannschaft des Torwarts und einen Feldverweis gegen den Torwart, da bei Handspielen der Strafstoßrabatt nicht greift.

    Das „Handspielvergehen“ wird aber nicht mit Freistoß bestraft, sondern es gibt nur Abstoß. Und ja, im Regelwerk steht nur „Wirft“. Damit ist garantiert auch Fausten mit eingeschlossen.😉

  • Ein Torwart wehrt einen gezielten Schuss auf das eigene Tor ab, in dem er mit einem Hechtsprung und Fäusten nach vorne in den direkt aufs Tor zufliegenden Ball reinspringt. Der Handkontakt erfolgt zweifelsfrei im Strafraum des Torhüters. Der Ball geht daraufhin ohne weiteren Kontakt ins gegnerische Tor.

    Analog dazu: Was macht der SR, wenn der Ball an der Torlatte anfriert?

  • Hier noch eine Q&A aus 20/21 als auch noch das unmittelbare Tor eines Mitspielers strafbar war. Es geht klar hervor, dass wenn der Ball eine gewisse Distanz zurück gelegt hat, kein Vergehen mehr vorliegt.



  • Das „Handspielvergehen“ wird aber nicht mit Freistoß bestraft, sondern es gibt nur Abstoß. Und ja, im Regelwerk steht nur „Wirft“. Damit ist garantiert auch Fausten mit eingeschlossen.😉

    Im Regelwerk steht aber auch, dass ein Handspielvergehen mit direktem Freistoß zu bestrafen ist.

    Und zwar auch, wenn der Torwart den Ball "direkt mit der Hand ins gegnerische Tor trifft". Ausdrücklich. Wäre das nicht ausdrücklich so gewollt, hätte man es nicht schreiben müssen.

    Daraus ist zu schließen, dass der Regelgeber das auch beim Torwart als Handspielvergehen sehen wollte.


    Im Übrigen...

    Wie sieht es hier eigentlich mit der Verhinderung einer klaren Torchance beim Verteidiger aus?

  • Nein, das ist nicht mehr unmittelbar. Ansonsten dürfte auch ein direkt erzieltes Tor nach einem Abschlag durch den Torhüter nicht zählen.

    Das ist ja ein anderer Stichpunkt, bei dem der Torwart nicht explizit erwähnt ist und somit gilt die Ausnahme vom Handspielverbot noch.

    Nur beim "direkt von Hand ins Tor" ist der Torwart explizit unter Strafe gestellt.

    Aber das hatte ich ja bereits geschrieben. Liest Du eigentlich auch bevor Du antwortest?

  • Rein nach dem Regeltext:

    Zitat

    Ein [Handspiel]Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler:

    [...]

    ins gegnerische Tor trifft:

    - direkt mit der Hand/dem Arm (ob absichtlich oder nicht) (gilt auch für den Torhüter),

    - unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat (ob absichtlich oder nicht).

    Also eigentlich ja...

    Das macht aber eigentich Regel 10.1 überflüssig (hatte ich bisher nicht bedacht). Ändert aber nichts daran, dass dem Torwart hier ein mögliches Handspielvergehen im eigenen Strafraum in die Handspielregeln geschrieben wurde. Andererseits wäre der Zusatz mit dem Torwart überflüssig, wenn es nicht für den Torhüter im eigenen Strafraum gelten sollte. Weil da ist er ja was Handspiel angeht ohnehin nur ein normaler Spieler.


    Und bei einem Handspielvergehen mit Torverhinderung kommen wir eigentlich auch nicht umhin auf Feldverweis zu prüfen.

  • Naja, es ist gemäß dem Regelabschnitt dann ein Handspielvergehen.

    Weiter oben auf der Seite (wie von dir schon erwähnt), steht aber

    "Ein direkter Freistoß wird auch gegeben, wenn ein Spieler eines der folgenden
    Vergehen begeht:
    • Handspielvergehen (gilt nicht für den Torhüter im eigenen Strafraum)"


    Insofern folge ich da deiner Spezial- vs. Allgemein-Regelung-Argumentation nicht, sondern würde sagen, es liegt dann ein Handspielvergehen vor, das nicht mit einem direkten Freistoß geahndet wird.

    Und bei der Frage nach der Spielfortsetzung hilft dann 10.1.


    Bei der ursprünglichen Frage nach dem Verteidiger sind diese Aspekte natürlich nicht relevant und es dürfte sich alles auf die Frage konzentrieren, was als "unmittelbar" im Sinne der Regel gilt. Ich hätte es schon als unmittelbar bewertet, weil der letzte Einfluss auf den Ball direkt nach dem Handspiel passiert. Aber ja, man kann diskutieren, ob es hier auch eine rein zeitliche Beschränkung gibt.

  • KozKalanndok Nur weil man nicht immer deinen teils kruden Regelauslegungen folgen kann, heißt das nicht, dass man sie nicht liest.


    Mit 10.1 ist klar geregelt, dass kein Vergehen des Torhüters vorliegt bzw. für einen Feldverweis wegen DOGSO der Freistoß fehlt. Ein Regelverstoß, der zu einem Abstoß führt, ist eben kein DOGSO.


    Zur Ausgangsfrage habe ich sogar ein q&a zitiert, aus der m. E. klar hervor geht, dass die Unmittelbarkeit nicht mehr gegeben ist, wenn das grundsätzlich nicht strafbare Handspiel im eigenen Strafraum erfolgt. Wir hatten damals auch bei einem Lehrabend die Anweisung erhalten, dass es in Strafraumnähe erfolgen muss. Die Regelung mit dem Mitspieler ist wieder entfallen, aber sicherlich nicht die Auslegung von „unmittelbar“.

  • Ich lege die Regel nicht aus, ich zitiere sie nur.

    Oder willst Du abstreiten, dass "direkt mit der Hand/dem Arm (ob absichtlich oder nicht) (gilt auch für den Torhüter)" nicht ein Handspielvergehen des Torhüters abseits von seiner generellen Ausnahme definiert? Warum sollte der Regelgeber diesen Zusatz dahinpacken, wenn die Ausnahme des Torhüters von Handspielvergehen trotzdem greifen sollte?

    Dass das in 10.1 genauso klar, aber anders geregelt ist, mag sein (abgesehen davon, dass mein Beispiel nicht von 10.1 gedeckt ist, da es kein Wurf ist). Dann sind eben entweder beide Entscheidungen gleich richtig oder gleich falsch.


    Du hast außer "isso" noch kein Argument gebracht, warum entgegen des ausdrücklichen Wortlauts der Handspielregel der Torwart hier nicht mit einem Strafstoß bestraft werden sollte.


    Am sinnvollsten für die Herleitung warum das nicht strafbar sein sollte, finde ich da noch das Argument von Nr.23. Es ist zwar als Handspielvergehen definiert, aber der Torwart ist immer noch davon befreit. Dann muss man aber den Sinn des Klammerzusatzes hinterfragen. Der ist ja nicht irgendwann mal vergessen worden wegzumachen. Der ist explizit in der Überarbeitung der Regel aufgenommen worden.

  • KozKalanndok


    Philosophie und Zweck der Regel:

    Zitat

    Da die Spielregeln nicht jeden Einzelfall abdecken können, müssen die Schiedsrichter selbst entscheiden, wenn konkrete Regelungen fehlen. Sie müssen dabei dem Wesen des Fussballs und der Spielregeln folgen und sich stets fragen, was wohl der Fussball verlangen oder erwarten würde.

    Der Fußball erwartet garantiert keine Strafstoß, wenn der Torhüter den Ball mit der Hand spielt oder ein Spieler nach einem eigentlich nicht strafbaren Handspiel den Ball aus über 80 m Entfernung ins gegnerische Tor trifft. Ja, isso.😉

  • Der Fußball erwartet garantiert keine Strafstoß, wenn der Torhüter den Ball mit der Hand spielt oder ein Spieler nach einem eigentlich nicht strafbaren Handspiel den Ball aus über 80 m Entfernung ins gegnerische Tor trifft.

    Wenn der Fußball das nicht erwartet...warum steht dann wortwörtlich(!) im Fußball(!)-Regelwerk, dass es ein ein Handspielvergehen ist, wenn der Ball von der Hand direkt ins Tor geht?

    Die Tatsache, dass es ausdrücklich so beschrieben ist, ist für mich eher ein Indiz dafür, dass der Regelgeber genau das genau so und nicht anders haben wollte.

  • Aber was ist dann die richtige Spielfortsetzung?

    Tor, Anstoß. Und das gilt auch für einen Abschlag.


    Wenn der Torhüter aus seinem eigenen Strafraum mit der Hand direkt ein Tor erzielt, gibt es Abstoß. Und ich halte es physikalisch für ausgeschlossen, dass es auf einem normalen Spielfeld je geschehen wird. Selbst bei einem Wurf bedarf es schon sehr seltener Randbedingungen, wie Mindestmaße des Spielfeldes, Rückensturm oder vielleicht im Hochgebirge.

  • Wenn der Torhüter aus seinem eigenen Strafraum mit der Hand direkt ein Tor erzielt, gibt es Abstoß.

    Nur wenn er wirft!

    Pritschen, Baggern (damit kann ein Ball schon gut hoch und weit fliegen), Schmettern und Fausten ist kein Werfen. Oder willst Du ein Fass über unkonventionelle Einwurfvarianten aufmachen?

  • Nur wenn er wirft!

    Die Diskussion ist mir langsam zu blöd. Das würde folglich auch bedeuten, dass das Pritschen oder Schmettern z. B. einer Getränkeflasche auf eine andere Person erlaubt sei?😂🤦🏻‍♂️