Vereinfachte Fußballregeln

  • Das IFAB hat eine neue Version der Fußballregeln veröffentlicht, die eine vereinfachte Darstellung bietet. Sie ist hier als Website (Menü links oben führt weiter) und hier als PDF anzuschauen - allerdings bisher nur auf Englisch.


    Statt den bekannten 17 Regeln gibt es den folgenden Aufbau:

    • KOMPONENTEN UND AUSRÜSTUNG
      • Spielfeld
        • Strafraum, Torraum, Eckbereich & Fahnen, Technischer Bereich, Review-Bereich
      • Tore
      • Ball
    • TEILNEHMER
      • Spieler
        • Auswechselspieler, Torhüter, Kapitäne, Spielkleidung
      • Trainer & andere Teamoffizielle
      • Schiedsrichter
      • Andere Spieloffizielle
    • SPIELEREIGNISSE
      • Spielzeiten
      • Anstoß
      • Ball in & aus dem Spiel
      • Eckstoß
      • SR-Ball
      • Abstoß
      • Einwurf
      • Torerzielung
      • Elfmeterschießen
      • Siegreiche Mannschaft
      • Verletzungen
      • Auswechslungen
      • Trink - und Kühlpausen
      • Vorteil
      • Spielbare Distanz
    • VERGEHEN & SANKTIONEN
      • Fouls
      • Handspiel
      • Abseits
      • Andere Vergehen
        • Beschweren, Antäuschen, Eingreifen auf dem Feld, Sperren, Simulieren, Fluchen, Weitere
      • Freistöße
      • Elfmeter
      • Karten
        • Gelbe Karten, Rote Karten
      • Zeitstrafen
    • TECHNOLOGIE
      • VAR-System
      • Torlinientechnik
      • Halbautomatische Abseitstechnik



    Den Zweck beschreiben sie wie folgt:

    "Fußball, die beliebteste Sportart der Welt, hat eines der kleinsten Regelwerke im Sport. Wie jedes Regelbuch sind jedoch auch die offiziellen "Spielregeln" des IFAB sehr detailliert und verwenden eine technische und manchmal komplexe Sprache.

    Daher haben viele Zuschauer, Spieler, Trainer, Schiedsrichter und Berichterstatter nach einer einfacheren Version gefragt, die ein kürzeres, aber klares Gesamtbild vermittelt. Deshalb haben wir die "Fußballregeln" entwickelt, eine reduzierte Version der offiziellen Spielregeln (Laws of the Game). Während die Spielregeln in erster Linie für Schiedsrichter gedacht sind, verwenden die Fußballregeln eine einfachere Sprache und eine andere Struktur, um die Regeln für alle leichter verständlich zu machen. Zu jeder Regel gibt es einen Link zu den entsprechenden Abschnitten in den Spielregeln für diejenigen, die weitere Informationen oder den offiziellen Wortlaut wünschen.

    Der Begriff "Regeln" (Rules) und die anderen in dieser Fassung verwendeten Begriffe (z. B. "Elfmeterpunkt" statt "Strafstoßmarke" oder "Elfmeterschießen" statt "Schüsse von der Strafstoßmarke") wurden so gewählt, dass sie weit verbreitete Wörter und Begriffe wiedergeben.

    Die Struktur ist einfacher und konzentriert sich auf die Fragen "Was sollte passieren?" und "Was passiert, wenn...", wenn etwas passiert, was nicht erwartet oder erlaubt ist. Eine der Hauptattraktionen des Fußballs ist seine Einfachheit. Es ist zu hoffen, dass diese Fußballregeln das Verständnis und die Wertschätzung der Regeln für alle erleichtern und die Attraktivität des Spiels für Teilnehmer und Zuschauer erhöhen, egal wo auf der Welt und auf welcher Spielstufe sie sich befinden."


    Also noch eine Quelle mehr für unsere Regeldiskussionen. ;)

    Allerdings lässt sich vielleicht dadurch in dem einen oder anderen Fall besser erkennen, was das IFAB eigentlich will.

  • Ich hab jetzt nicht alles durchgelesen. Aber im großen und ganzen scheint das eigentlich das gesamte Regelwerk abzubilden, wobei aber die SR-technische Fachbegriffe durch umgangssprachliche Begriffe ersetzt wurden.

    Interessant finde ich, dass die vereinfachten Regeln immer noch 88 Seiten haben, während der Regelteil des offizielle Regelwerks 96 Seiten (132 Seiten ohne 18 doppseitigen Kapitelüberschriften...eigentlich ist da aber sogar noch mehr Füllmaterial drin was abgezogen gehört) braucht.

    Das bestätigt meinen Verdacht, dass da an Text nicht viel gespart wurde sondern bestenfalls umorganisiert und umgangssprachlicher formuliert.


    Einige Teile sind meiner Meinung nach sogar nochmal klarer als die klassischen Laws:


    A handball offence is when a player (except the goalkeeper in their own penalty area):
    touches the ball with their hand/arm when it is in a position that makes their body unnaturally bigger and when that position is not the result of their body moving fairly as part of play


    Da wird sowas von klar, was mit der "unnatürlichen Vergrößerung" gemeint ist und was nicht.


    Und jetzt mal wieder der Bogen zum Endspiel:


    WHAT HAPPENS IF...

    a team scores a goal when one of their substitutes [...] is on the pitch without permission and the referee finds out before the game is restarted?

    The referee must:
    disallow the goal


    Klarer geht's doch wohl nicht, dass das 3:2 hätte aberkannt werden müssen.

  • Ja, mengenmäßig wurde nicht viel eingespart. Ist wohl auch nicht möglich, wenn es grundsätzlich noch den gleichen Inhalt (d.h. alle Regelungen, Ausnahmen etc...) enthalten soll. Zudem wurden bei den "What happens if..:" ja teilweise noch zusätzliche Fragen thematisiert.


    Die Idee der Umorganisierung gefällt mir in einigen Teilen ganz gut. Z.B. erscheint mir die vorherige Regel 12 jetzt sauberer strukturiert. U.a. fällt bei den Gelben Karten der Umweg über das "unsportliche Betragen" weg - es werden einfach alle mit Gelb zu ahndende Vergehen aufgelistet.

    Und auch die Idee mit den Vorschriften unter "What should happen" und den Sanktionen/Spielfortsetzungen unter "What happens if" finde ich gelungen.

    A handball offence is when a player (except the goalkeeper in their own penalty area):
    touches the ball with their hand/arm when it is in a position that makes their body unnaturally bigger and when that position is not the result of their body moving fairly as part of play


    Da wird sowas von klar, was mit der "unnatürlichen Vergrößerung" gemeint ist und was nicht.

    Das finde ich allerdings nicht. Die Definition von "unnatürliche Vergrößerung" ist doch sogar herausgeflogen. Dafür gibt es jetzt (semantisch) eine zusätzliche Bedingung.

    Also eigentlich könnte man hier das Wort "unnaturally" streichen, damit es wirklich klarer wird, oder?

    Dann hätten wir drei Bedingungen:

    1. Berührung

    2. Vergrößerung des Körpers

    3. Position kein Resultat einer fairen, zum Spiel gehörigen Körperbewegung

  • In der Tat, das unnataürlich müsste tatsächlich rausfliegen. Sogar der Teil mit der Vergrößerung könnte aus der vereinfachten Regel rausfliegen. Tut er ja bei der normalen Handspielregel auch schon (s. unten).

    Insgesamt ist es aber durchaus das, was die Handspielregel aussagen soll.


    Definition des zweiten Punkts der Handspielregel:

    Vergehen = (Berührung und unnatürliche Vergrößerung)

    Unnatürliche Vergrößerung = (nicht Folge von Körperbewegung) und (nicht mit Körpberbewegung rechtfertigbar)


    Durch Umformungen wird das (beachten: ((nicht a und nicht b) wird aussagenlogisch zu nicht (a oder b) )

    Vergehen = Berührung und (nicht Folge von Körperbewegung) und (nicht mit Körpberbewegung rechtfertigbar)

    Vergehen = Berührung und nicht (Folge von Körperbewegung oder mit Körpberbewegung rechtfertigbar)


    In den vereinfachten Regeln ist dann definiert:

    result of their body moving fairly as part of play = (Folge von Körperbewegung oder mit Körpberbewegung rechtfertigbar)


    Damit wird die Regel zu:

    Vergehen = Berührung und nicht result of their body moving fairly as part of play

  • Ok...und da stelle ich mir dann die Frage...

    Wer hat eigentlich warum genau damit angefangen zu interpretieren, dass mit absichtlich was anderes gemeint sein könnte als will bewusst die Hand zum Ball führen?

    Je mehr Regeländerungen und Klarstellungen das IFAB formuliert umso klarer wird für mich (komplett abseits von Lehrmeinungen und Traditionen), dass das IFAB den ganzen Mist der vergangenen Jahrzehnte mit Arm-über-Schulter, bedingtem Vorsatz, fahrlässig-nicht-wie-ein-Pinguin-verteidigt, Hand-Nicht-Weggezogen nicht als strafbar sieht sondern eben nur Hand-zum-Ball und Hampelmann bestraft sehen will (ok...Hand-am-Ball-und-Tor gabs früher tatsächlich nicht, aber das ist ja ein anderer Stichpunkt).

  • Wer hat eigentlich warum genau damit angefangen zu interpretieren, dass mit absichtlich was anderes gemeint sein könnte als will bewusst die Hand zum Ball führen?

    Das ist wiederum einfach erklärt.


    ABSICHT (in diesem Falle die bewusste Bewegung) ist das am schwersten nachzuweisende Tatmerkmal, weil man dazu dem Täter quasi "hinter die Stirm schauen" muss.

    In vielen Fällen lässt sich eine ABSICHT auch nur durch Indizien beweisen. Damit begann dann die Suche nach Indizien und deren Aufnahme ins Regelwerk.


    Indizien heissen aber deshalb Indizien, weil es gerade eben keine BEWEISE sondern eben NUR Indizien sind.

    Man füllte Das Regelwerk als mit Indizien, um möglichst eindeutige digitale Entscheidungsvorlagen zu bekommen. So funktionieren aber Indizien nicht weil INDIZIEN kein BEWEIS sondern nur ein möglicher Hinweis auf etwas ist. INDIZIEN bedürfen immer eine Bewertung im Gesamtkontext..


    Schliesslich führte diese Indiziensammlung dazu, das wir zwischenzeitlich bis zu 16 (je nach Zählweise) mögliche Indizien für eine Handspielbewertung hatten, die sich zum Teil sogar widersprachen.

  • Ganz ehrlich:
    Es wäre schon einmal eine wesentliche Vereinfachung, wenn man für denselben *Begriff* stets die identische Bezeichnung wählte - heute heißt es mal Torwart und mal Torhüter, mal Stafstoß und mal Elfmeter, ... und eine, gerne auch redundante, Sammlung wäre an manch Stellen auch nicht schlecht, so wird beispielsweise die Verwarnung zwar unter Regel 12 beschrieben, aber der dortige Tatenkatalog ist unvollständig, da gibt es weitere Verwarnungsgründe in diversen anderen Regeln, ich vermisse aber eine Tabelle "Folgende Regelübertretungen sind mit einer Verwarnung zu ahnden". Gleichfalls wären Entscheidungstabellen wie etwa beim Strafstoß auch beim Ein- und Auswirken der Regel 3 sehr hilfreich, da muss ich dann nicht mehr ellenlage Texte lesen ...

  • Das ist doch genau das, was das vereinfachte Regelwerk hier versucht. Eine Neugruppierung der Regeln.


    Wobei die Unterscheidung zwischen Elfmeter und Strafstoß eine rein deutsche Sache ist, die ich aber durchaus verstehen kann und sogar gut finde. Die "Schüsse von der Strafstoßmarke zur Spielentscheidung" sind nämlich gerade keine Bestrafung, aber auch ein absolut unhandlicher Name (gewesen).


    Ein Begriff, der mir aber im Rahmen des Weihnachtsrätsels tatsächlich negativ aufgefallen ist, ist der "Spieler" (ohne sonstige Attribute).

    Für die meisten Regeln sind das alle 11 Leute, die gegen den Ball treten können, auch wenn sie sich temporär neben dem Spielfeld befinden und vom SR wieder reingewunken werden müssen.

    Dann kommt aber Regel 3.1, die eigentlich die Definition eines Spielers für den Rest des Regelwerks vornehmen sollte, und betrachtet aber plötzlich den temporär neben dem Spielfeld befindlichen Spieler nicht mehr als Teil der Menge der Spieler.

  • Du verkennst mein Anliegen. Ein und dieselbe Sache sollte ein und denselben Namen haben - und wo das im Einzelfall sperrig wird, kann man auch andere Namen finden, schaffen wir die Begriffe Strafstoß und Elfmeter ab, das ist eben ein Freistoß vom Punkt im Strafraum. Und ebenfalls wäre mir an vielen Stellen eben eine klare Entscheidungstabelle lieber als die heutigen textlichen Beschreibungen, die ich oft an diversen Stellen suchen muss.

  • KozKalanndok #4: Richtig, dass ist nach dem wörtlichen Regeltext so. Aber ob es wirklich gewollt ist, dass das Kriterium Vergrößerung der Körperfläche im eigentlichen Sinne nicht relevant ist, bezweifle ich...


    KozKalanndok #6: Naja, der Hauptgrund dürfte sein, dass es eben Handspiele gibt, die strafbar sein sollen, bei denen aber nicht die Hand zum Ball geht. Als klassisches Beispiel eben, wenn der Verteidiger sich mit breit gespreizten Armen in die vermutete Schussbahn stellt.

    Ich finde es prinzipiell gut, wenn man in der Handspiel-Regel das sehr subjektive "absichtlich" durch objektivere Kriterien ersetzt. Insofern gefiel mir die lange Version von vor einigen Jahren schon am besten - sie war nur in sich zu kompliziert formuliert.


    Manfred: Wenn du dir die Seiten 73-75 im hier diskutierten Dokument anschaust, geht das doch in die Richtung Entscheidungstabelle (bei den "penalty kicks") bzw. abschließende Liste an einem Ort (bzgl. Gelben Karten). Und dafür gibt es auch noch mehr Beispiele.

  • wer hat eigentlich warum genau damit angefangen zu interpretieren, dass mit absichtlich was anderes gemeint sein könnte als will bewusst die Hand zum Ball führen?

    Achtung, hier ist ausschließlich der englische Text maßgeblich. Und der wurde irgendwann mal von „willfuly“ über „intentionally“ zu „deliberately“. Welches deutsche Wort begrifflich jeweils das beste ist, darüber kann man diskutieren. Im Glossar wird definiert, dass „absichtlich“ auch „vorsätzlich“ und „bewusst“ meint.


    Du hast nach Handspiel gesucht -

  • Ich finde es prinzipiell gut, wenn man in der Handspiel-Regel das sehr subjektive "absichtlich" durch objektivere Kriterien ersetzt.

    Tut man ja gar nicht.

    Absichtliches Handspiel ist weiterhin genauso ein Vergehen wie vorher.

    Der zweite Stichpunkt greift ja nur noch, wenn es eben keine Absicht war sondern eben Armhaltung, die nicht (neu) moving fairly as part of play (für mich bedeutet das fußballtypisch) bzw. (klassisch) "nicht (Folge von Körperbewegung oder mit Körpberbewegung rechtfertigbar)".


    Da sehe ich alles abgedeckt, sogar den eigentlich unnatürlichen Pinguin, da man diese unnatürliche Handhaltung mittlerweile wohl (so lächerlich er auch sein mag) wohl durchals als fußballtypisch (in meinem Verständnisssinn) betrachten kann.

    Ich sehe durchaus die Paradoxie, dass die Definition einer unnatürliche Vergrößerung ohne Erwähnung einer Vergrößerung auskommt, aber der Regelgeber hat das nunmal über die Art der Armhaltung definiert und ich denke das ist auch ausreichend.

    Schliesslich führte diese Indiziensammlung dazu, das wir zwischenzeitlich bis zu 16 (je nach Zählweise) mögliche Indizien für eine Handspielbewertung hatten

    Und ich denke diese sind ist in der Praxis und möglicherweise auch im Lehrwesen noch zu tief eingebrannt.

    Es gibt nur noch drei Kriterien beim Handkontakt zu prüfen.


    Absicht (aktiv, Hand zum Ball)

    Fußballuntypische Arm-/Handhaltung (passiv, Vitruvianischer Mensch, Hampelmann)

    Tor im Anschluss

  • Stimmt, ich hätte in meinem zitierten Satz den Konjunktiv verwenden sollen. Also: Ich fände es gut, wenn... ersetzen würde.


    Ganz interessant ist übrigens noch, dass in den "Football rules" die folgenden Fragen:

    Was passiert, wenn

    - ein Spieler fällt und der Ball seinen Stützarm trifft, der sich zwischen seinem Körper und dem Boden befindet?

    - ein Spieler vom Ball eines Mitspielers an der Hand/am Arm getroffen wird?

    - ein Spieler den Ball köpft/schießt und dieser dann die eigene Hand / den eigenen Arm trifft?


    jeweils mit der folgenden Aussage beantwortet werden:

    "Dies ist kein Handspiel (es sei denn, der Ball fliegt direkt ins gegnerische Tor oder der Spieler erzielt unmittelbar danach ein Tor; in diesem Fall wird ein direkter Freistoß für die andere Mannschaft verhängt)."


    Dies bringt doch eine Klarheit, die man auch gerne in die eigentlichen Fußballregeln aufnehmen könnte, um weniger Graubereich bei Handspielen zu haben.