Unnötiges Handspiel zur versuchten Torverhinderung

  • Jetzt hat es mich doch mal gejuckt - und ein Blick ins Regelwerk erleichtert den Regelverstoß ...


    Im Regelwerk wird interessanterweise mal von einer klaren und mal von einer offensichtlichen Torchance gesprochen, es gibt aber nicht einmal den Ansatz einer Erläuterung, wann eine solche vorliegt. Und die Genauigkeit liegt in der Übertreibung: Muss ich als Schiri jetzt schon den Aufprallwinkel vorhersehen, wenn der Ball voraussichtlich an den Pfosten geht, denn von dem hängt es ab, ob der rein geht oder nicht, womöglich gegen einen anderen Spieler prallt um so doch noch ins Tor zu gelangen etc.?


    Für meine Begriffe liegt eine klare Torchance bereits dann vor, wenn nach meiner Einschätzung im Moment des Abspiels es hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass dieser Ball ins Tor gehen könnte - das ist etwas ganz anderes als dass sicher ist, dass der ins Tor gehen wird/würde.

  • Manfred , wir sind jetzt wieder im Ermessensbereich. Die Regel ist grundsätzlich klar und alles andere bedarf der Auslegung durch das IFAB, die Verbände und letztendlich dem Kollegen auf’m Platz.


    „Verhindern einer klaren Torchance“ bedeutet, dass einem Angreifer die Möglichkeit genommen wird, überhaupt auf das Tor zu schießen oder er dabei wesentlich behindert wird. Es liegt somit noch kein kontrollierter Torschuss vor.


    Der Strafstoß wird als Wiederherstellung einer klaren Torchance definiert. Die Trefferquote liegt bei ca. 75-80 %. Das ist schon einmal ein statistischer Anhaltspunkt wie hoch die Chance für „klar“ oder „offensichtlich“ sein muss. Eben nicht die ominöse 100%ige und wahrscheinlich auch keine nur 50%ige.


    Beim „Verhindern eines Tors“ muss der Torschuss logischerweise abgeschlossen sein (und kein anderer Angreifer darf noch eine ca. 75%ige Chance haben den Ball danach ins Tor zu treffen)*. Eine mathematische Definition hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit gibt es nicht. Allerdings lässt das Weglassen eines auslegungsbedürftigen Attributs den Rückschluss zu, dass der Ball (aus Sicht des Schiedsrichters) ohne den Regelverstoß zu 100% ins Tor gegangen wäre. Berechtigte Zweifel, wie „könnte noch an den Pfosten“ oder „ein anderer Spieler im Bereich des Tores könnte den Ball noch abwehren“ sollten als Ausschlusskriterium für den Feldverweis gelten.


    Daher stimme ich deiner Meinung nicht zu, wenn du einen Spieler des Feldes verweist, der einen Schuss, der nur mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ins Tor gegangen wäre, mit der Hand abwehrt.


    * Dann wäre es ggf. noch „Verhinderung einer klaren Torchance“ falls die Flugbahn des Balles nicht eindeutig ins Tor führt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Mark () aus folgendem Grund: Objekte im Berechtigte korrigiert.

  • Ich denke, der Knackpunkt hier, der die unterschiedlichen Meinungen erklärt, ist, ob man "offensichtliche Torchance" als "offensichtliche Chance, dass ein Tor fällt" interpretiert oder als "die Chance ist so, dass offensichtlich ein Tor fällt".

    Im ersten Fall reicht auch die kleinere Chance auf eine Torerzielung aus, solange es "offensichtlich" möglich ist, dass der Ball ins Tor geht.


    Ich finde hier beide Sichtweisen nachvollziehbar, insofern wäre eine offizielle Klarstellung wünschenswert.


    Was sicherlich für die persönliche Strafe hier keine Rolle spielen sollte, ist die in #2 genannte Intention des Spielers.


    Praktisch denke ich, dass man im Zweifel die geringere Strafe wählen sollte und würde nur bei hoher Wahrscheinlichkeit der Torerzielung auf Rot entscheiden.

  • Ich denke, dass der originale Text keine zwei Interpretationen ermöglicht:


    denying the opposing team a goal or an obvious goal-scoring opportunity


    Der Begriff „Torchance“ steht nicht für die stochastische Wahrscheinlichkeit, dass der Ball aufgrund seiner Flugbahn im Tor landet, sondern für die Gelegenheit eines Spielers den Ball durch Spielen mit einem Körperteil außer der Hand/Arm ins Tor zu befördern,


    Ansonsten würde „Verhindern eines Tores“ als zusätzlicher Tatbestand überflüssig sein, wenn schon die „Verhinderung einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Tores“ für den Feldverweis ausreicht.

  • Nemata Dann gibst du der höheren Instanz zu verstehen, dass gemäß deiner Wahrnehmung zweifelsfrei ein Tor verhindert wurde. Und das entspricht nunmal nicht der Wahrheit. Berechtigte Zweifel, also nicht der noch theoretisch mögliche Blitz oder Wirbelsturm, sollten dann eben nur zur Verwarnung führen.


    Wenn ein Spieler den Ball aufs Tor schießt, und das Tor nicht offensichtlich komplett verfehlt, ist das für mich eine klare Chance ein Tor zu erzielen. Ein Schuss aufs Tor ist in meinen Augen sogar die beste Chance ein Tor zu erzielen (Viel besser als Ballbesitz in aussichtsreicher Position.

  • Nemata Du hast meine zwei letzen Beiträge nicht gelesen, wo ich den Unterschied zwischen „Tor“ und „Torchance“ erklärt habe.


    Nochmal: Ist der Torschuss abgeschlossen, ist auch die Torchance des Schützen abgeschlossen und kann nicht mehr verhindert werden, auch wenn er anschließend gefoult oder der Ball abgewehrt wird.


    Jetzt kann nur noch ein Tor verhindert werden. Es gibt keinen weiteren Hinweis mehr wie hoch die Wahrscheinlichkeit dabei sein muss. Es liegt nur noch im Ermessen des Schiedsrichters, ob die Flugbahn und Geschwindigkeit des Balles keine andere Möglichkeit mehr zulassen, als dass sich der Ball ohne das Handspiel (oder Wurfvergehen) zweifellos ins Tor bewegt hätte.


    Je weiter der Torschuss und das Handspiel vom Tor entfernt sind und je näher weitere Abwehrspieler sich in der Nähe des Tores befinden, umso weniger kann man von einer Torverhinderung sprechen. Auch wenn der schlechteste Torwart der Liga zwischen Handspiel und Torlinie steht, wird in der Regel kein Tor mehr verhindert.


    Aber nochmal, es liegt im Ermessen des Schiedsrichters das zu beurteilen und selbst für den VAR wäre es sehr schwer im Falle einer Roten Karte dann nachzuweisen, dass der Ball möglicherweise nicht ins Tor gegangen wäre. Mir geht es nur darum verstehen zu geben, dass du dir sicher sein musst, dass ein Tor und nicht nur ein wahrscheinliches Tor verhindert wurde.


    Wenn du allerdings jetzt für dich festlegst, dass du nur dann kein Rot gibst, wenn du dir absolut sicher bist, dass der Ball nicht ins Tor geht, dann handelst du meines Erachtens nicht im Sinne der Regel und wie ich es bei Lehrabenden verstanden habe.

  • Ich habe die Beiträge sehr wohl gelesen, denke nur dass der Ansatz nicht ganz richtig ist. Es geht nicht um die Torchance des Stürmers, der mit Abschluss des Schusses tatsächlich nicht mehr eingreifen kann, sondern um die Torchance für die angreifende Mannschaft, die weiterhin besteht, bis der Ball im Tor landet oder abgewehrt wird.


    Gleichzeitig widersprichst du dir ein wenig, wenn du angibst, man müsse sich sicher sein, dass der Ball ins Tor gegangen wäre, könne aber Blitzeinschläge oder Windböen ignorieren, da diese ausreichend unwahrscheinlich seien.


    Von meiner Seite ist damit alles gesagt.

  • Nemata Warst du bei dem Konformitätstest eurer SRG? Da kommt sowas doch immer vor.

    Bei Torschüsssen, die durch absichtliches Handspiel aufgehalten werden, ist die Lehrmeinung doch eigentlich ganz bequem für den SR: Jeder Torschuss ist mindestens Gelb, wenn man Torwart spielt und somit ein Tor verhindert , gibt's Rot, das muss aber schon sehr klar sein.


    Eine Torchance verhindert man, wenn man zB letzter Mann ist und statt der Notbremse per Foul die Notbremse per Hand auspackt, und den Ball wegschlägt, wenn der Stürmer sonst durch gewesen wäre.