Zwei Handspiele und ein Torfall

  • Ein Angreifer berührt im Strafraum den Ball unabsichtlich mit dem eng angelegten Arm und schießt ihn unmittelbar danach direkt aufs Tor. Ein Verteidiger versucht noch reflexartig den Ball kurz vor der Linie mit der Hand abzuwehren. Dabei berührt er ihn zwar noch leicht, kann allerdings nicht verhindern, dass der Ball trotzdem ins Tor fliegt.

  • Die Frage find ich spitze!


    1) Tor scheidet für mich aus, da unmittelbar nach einem (auch unabsichtlichen) Handspiel keine Torerzielung möglich ist.
    2) Das Handspiel des Verteidigers ist dennoch strafbar, kann aber keine Verhinderung einer klaren Torchance mehr sein.
    3) Vorteil scheidet aus wegen 1)

    Also komme ich im Ergebnis zu Strafstoß + Verwarnung des Verteidigers.

  • Ich bin auch für Strafstoß und :gelbe_karte: für den Verteidiger mit der selben Begründung wie Libero.

  • ich bin für Handspiel, dF für die verteidigende Mannschaft und keine persönlichen Strafen.


    Ein Handspielvergehen liegt vor, wenn der Spieler ins Tor trifft "unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat (ob absichtlich oder nicht)."


    Die reflexartige Abwehraktion hat in diesem Fall keine Relevanz mehr, da der Zeitpunkt des strafbaren Handspiels dea Angreifers vor der Torabwehraktion liegt und somit weder ein Handspiel noch eine Torverhinderung als Folge möglich sind

  • Ich wäre bei Anstoß.

    Die Situation ist meiner Meinung nach vergleichbar mit einem idF, den der Schütze voll draufrotzt und vom Torwart mit den Fingerspitzen berührt wird.


    Ein strafbares Handspiel wäre es, wenn der Ball entweder direkt ins Tor oder bei einem Schuss, dem ein erlaubter Handkontakt vorausgeht unmittelbar ins Tor geht.

    Direkt nach dem Handkontakt ins Tor denke ich brauchen wir nicht zu diskutieren, liegt hier nicht vor.

    Unter unmittelbar verstehe ich "geht ohne einen weiteren Kontakt durch irgendwen direkt ins Tor". Auch das liegt hier nicht vor. Der Ball geht erst durch den verbotenen Handkontakt des Verteidigers ins Tor. Ob er ohne den Handkontakt ins Tor gegangen wäre, lässt sich nicht sicher feststellen (plötzliche Orkanböe).

    Das Handspiel des Verteidigers ist strafbar, aber da der Ball nach dem unerlaubten Handkontakt ins Tor geht ist hier auf Vorteil zu erkennen.

    Eine DOGSO ist es nicht, da es erst durch den Handkontakt zu einer Torchance wurde.

    Evtl. könnte das Handspiel unsportlich gewesen sein. In dem Fall wäre aber aufgrund der Vorteilsanwendung um eine Stufe zu reduzieren, so dass es in allen Fällen ohne persönliche Strafe gegen den Verteidiger bleibt.


    Hätte er die Flossen weggelassen und der Ball wäre ins Tor gegangen, wären wir bei dF für die Verteidigung.


    PS: Ich habe da übrigens noch eine andere Argumentationskette, die vielleicht sogar einfacher nachzuvollziehen ist...


    Der Handkontakt des Stürmers wird erst dann zum strafbaren Handspiel, wenn der Ball auch tatsächlich im Tor gelandet ist.

    Im Moment des Handkontakts des Verteidigers ist dies noch nicht Fall.

    Der Handkontakt des Verteidigers ist allerdings im soweit normalen Spielverlauf ohne dass es einen sonstigen Unterbrechungsgrund gibt als Handspielvergehen zu betrachten, welches aber durch die Vorteilsauslegung ohne Unterbrechung bleibt.

  • Meines Erachtens kann es nur dF für die Verteidiger oder Tor-Anstoß geben.


    Für den dF spräche, dass der Regelgeber jedes Handspiel, welches unmittelbar zu einer Torerzielung führt, als regelwidrig ansieht. Nun wird das zwangsläufig fallende Tor aber durch einen dummen Reflex des Verteidigers zwar nicht verhindert, dennoch liegt eine Berühung vor. Es fragt sich, ob, analog zum indirekten Freistoß, eine Berührung ausreichend ist, im das Kriterium "unmittelbar" der Torerzielung schon zu erledigen? Dies würde ich definitiv negieren, wenn der Spieler nur angeschossen worden wäre, denn das Tor wäre m.E. damit immer noch unmittelbar erzielt worden, hier hat der Spieler aber reflexartig - also nicht bewusst - versucht, das Tor zu verhindern, tendenziell bleibe ich damit immer noch bei unmittelbar, weil das auch meinem Verständnis vom Sinn der Regel entspricht. Damit wäre der erste Handkontakt mit einem direkten Freistoß für die Verteidiger zu ahnden.


    Komme ich zu dem Ergebnis, dass der Handkontakt die Unmittelbarkeit tatsächlich aufhebt, wäre das Tor regelkonform erzielt, das Handspiel wegen der Vorteilsbestimmung also bezüglich der Spielstrafe obsolet, hier wäre im Sinne der Vorteilsbestimmung klar auf Tor zu entscheiden, es bliebe lediglich die Frage, ob der Versuch der Torverhinderung zu einer persönlichen Strafe führt, was m.E. zu bejahen und mit einer Verwarnung zu versehen wäre.


    Die Variante Strafstoß scheidet aber auf alle Fälle aus.

  • Wie ich sehe, doch eine harte Nuss. Es gibt sowohl für Tor, Strafstoß also auch den direkten Freistoß plausible Argumente. Des Weiteren kommt hinzu, ob dann ggf. Gelb erforderlich ist. Meine Erklärung folgt noch.

  • Vielleicht könnten diejenigen, die hier eine Verwarnung für den Verteidiger sehen, noch eine Begründung liefern?

    Für alles andere sehe ich auch plausible Argumente, aber ich habe bisher kein gelbwürdiges Vergehen gefunden, welches erfüllt ist, wenn man hier gegen den Verteidiger entscheidet.

  • Der dF für die verteidigende Mannschaft scheidet für mich aus, da das Handspiel des Verteidigers zeitlich gesehen zuerst geschieht. Denn das unabsichtliche Handspiel des Stürmers wird erst bei einem unmittelbaren Torerfolg strafbar.


    Die Frage, die sich mir stellt...kann ich hier die Vorteilsregelung anwenden ?

    Ich würde sagen ja, wenn man eine Analogie zur Ballberührung eines Verteidigers nach einem idF oder Einwurf zieht.

    Die Alternative dazu wäre Strafstoß sowie VW für den Verteidiger (sofern man das Handspiel als unsportlich einstuft).

    Im Vergleich hierzu ist das Tor der größtmögliche Vorteil.


    Auf jeden Fall eine interessante Frage, ich werde sie heut abend mal meinem Lehrwart stellen, wenn er da ist.

  • Wir sollten die Gravitaionskraft zwischen Ball und Spieler:

    F= 6,64 X 42,5N x 800N : 0,16cm²

    nicht außer Acht lassen

    :flieh:

  • Vielleicht könnten diejenigen, die hier eine Verwarnung für den Verteidiger sehen, noch eine Begründung liefern?

    Für alles andere sehe ich auch plausible Argumente, aber ich habe bisher kein gelbwürdiges Vergehen gefunden, welches erfüllt ist, wenn man hier gegen den Verteidiger entscheidet.


    Mein Argument pro GK wäre entsprechend der üblichen Regelauslegung das Blocken eines Torschusses mit der Hand gewesen, entsprechend Regelheft Seite 76:


    Ein Spieler ist wegen unsportlichen Betragens zu verwarnen, wenn er:

    [...]

    • ein Handspiel begeht, um einen aussichtsreichen Angriff zu verhindern oder

    zu unterbinden


    Aber ja, das passt dann eigentlich nicht zu meinen sonstigen Ausführungen... wenn ich sage, Rot geht nicht da kein Tor möglich, müsste ich natürlich mit der gleichen Begründung auch auf Gelb verzichten.



    Abgesehen davon teile ich zwar Manfreds Auslegung der Regeln hinsichtlich der Unmittelbarkeit (Tor wurde trotz Berührung durch den Verteidiger "unmittelbar" nach unabsichtlichem Handspiel erzielt), komme aber in der Konsequenz aufgrund der Chronologie (entsprechend Referee_Sebastians Einschätzung, dass das erste Vergehen vom Verteidiger begangen wird, und das "Vergehen" des Stürmers erst danach greift) immer noch zum Strafstoß.

  • Klasse Regefrage!


    Vielleicht hilft ein Zerlegen der Situation in Einzelbausteine.


    1a) Angreifer schiesst aufs Tor, Verteidiger hält Bein (oder irgendetwas anderes Regelkonformes) dazwischen, Ball geht ins Tor=> Tor, Anstoß

    1b) Angreifer schiesst aufs Tor, TW hält Hand dazwischen, Ball geht ins Tor=> Tor, Anstoß

    1c) Angreifer schiesst aufs Tor, Spieler hält Hand dazwischen, Ball geht ins Tor=> Tor, Anstoß, keine Disziplinarstrafe weil Vorteilsauslegung und Reduzierung DOGSO

    1d) Angreifer schiesst aufs Tor, Spieler hält Hand dazwischen, Ball geht nicht Tor=> Strafstoß, Rot (DOGSO) keine Reduzierung weil keine Ballorientierung.


    2a) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Ball geht ins Tor=> dF Verteidiger

    2b) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Verteidiger hält Bein (oder irgendetwas anderes Regelkonformes) dazwischen, Ball geht ins Tor=> dF Verteidiger

    2c) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, TW hält Hand dazwischen, Ball geht ins Tor=> dF Verteidiger


    Aus der Regelfrage als solches folgt, das die Handberührung des Verteidigers als Strafbar angesehen werden soll, sonst macht die Regelfrge in der Form einer Knobelaufgabe keinen Sinn- Weil in diesem Falle nur 2 a- 2c in Frage kommen

    Aus 1 a bis d folgt: Geht der Ball ins Tor ist es Tor Anstoß und keine Strafe, unabhängig davon ob die Ballberührung des Verteidigers regelwidrig war.

    Aus 2 a bis c folgt; Geht der Ball ins Tor ist es in jedem Fall dF. Eine Abwehrberührung ist dabei unerheblich.


    Unmittelbar nach einer Handberührung durch den Angreifenden Spieler kann dieser kein Tor erzielen. Dazu gehört selbstverständlich auch, das die Verteidiger versuchen diesen Ball irgendwie abzuwehren, oder das Abfälschen des Balls.


    Daraus folgt:


    3a) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Verteidiger hält Hand dazwischen, Ball geht nicht ins Tor=> Strafstoß, Gelb (Verteidiger) Kein DOGSO und auch keine Reduzierung weil Torerzielung nicht möglich

    3b) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Verteidiger hält Hand dazwischen, Ball geht ins Tor=> Strafstoß, Gelb (Verteidiger) Kein DOGSO und auch keine Reduzierung weil Torerzielung nicht möglich



    EDIT

    Nachtrag:


    Ein Interessanter Gedanke ist mir gerade noch gekommen:


    Das Handspiel des Angrteifers wird ja erst durch die Torerzielung strafbar. Spielt der Angreifer nur einen Querpass und ein anderer Angreifer erzielt dann ein Tor, ist die Handberührung nicht strafbar. Damit stellt sich die Frage, ob das Handspiel des Angreifers quasi nachträglich zum ersten Vergehen wird, was die folgevergehen unwirksam macht.

  • 3b) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Verteidiger hält Hand dazwischen, Ball geht ins Tor=> Strafstoß, Gelb (Verteidiger) Kein DOGSO und auch keine Reduzierung weil Torerzielung nicht möglich

    Und das (jetzt) strafbare handspiel des Stürmers fällt unter den Tisch?

    Das Tor zählt zwar nicht, er trifft aber doch trotzdem "ins gegnerische Tor", was die vorrausetzung für die Strafbarkeit ist.


    Meiner Meinung nach (auch wenn ich das persönlich falsch finde) kann es nur dF für den Verteidiger geben.

    Wie SixthSCTF ja (richtig) festgestellt hat.. reicht eine Berührung durch den Verteidiger ja nicht aus die Unmittelbarkeit zu verändern.


    Also ist die Frage doch, was wäre wenn der Stürmer vorher absichtlich den Ball mit der Hand gespielt hätte?

    Dann wäre dF für den Verteidiger ja hoffentlich vollkommen klar.

    Ich sehe kein Unterschied zu der beschriebenen Situation, das Handspiel des Stürmers ist dadurch, dass der Ball ins Tor geht exakt genauso strafbar wie ein absichtliches.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Ich ergänze bei Sixth jetzt noch einen Fall:

    2d) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Spieler hält Hand dazwischen, Ball geht nicht ins Tor. => Strafstoß


    In diesem Fall kann es doch keine andere Lösung als Strafstoß geben, da das Handspiel des Angreifers nie strafbar geworden ist.
    Warum sollte der Angreifer in der hier diskutierten Frage schlechter gestellt werden, nur weil sein Schuß zufällig von der Hand des Verteidigers ins Tor gerutscht ist?


    (Edit: Sorry, das war bei Sixth doch bereits als 3a gelistet, da war ich zu voreilig beim Abschicken)

  • 3b) Angreifer bekommt Ball an Hand und schiesst aufs Tor, Verteidiger hält Hand dazwischen, Ball geht ins Tor=> Strafstoß, Gelb (Verteidiger) Kein DOGSO und auch keine Reduzierung weil Torerzielung nicht möglich

    Aus meiner Sicht kann es hier nur dF für den Verteidiger geben. Der Angreifer erzielt unmittelbar nach dem Handspiel ein Tor. Nur weil die Wirkung des Vergehens in diesem Fall abgewartet wird, ist das Handspiel des Angreifers trotzdem zeitlich vorgelagert und somit zuerst zu ahnden, sobald die entsprechende Wirkung eintritt. Das nachfolgende Handspiel des Verteidigers ist in diesem Fall irrelevant, da der Ball ins Tor geht.


    Die Torerzielung durch den Angreifer ist unstrittig. Das beschriebene Abfälschen des Balles durch den Verteidiger ändert nichts an der Tatsache, dass der Angreifer der Torschütze ist und somit laut Regel in unmittelbarer Folge ein Tor erzielt hat.

  • Die Torerzielung durch den Angreifer ist unstrittig. Das beschriebene Abfälschen des Balles durch den Verteidiger ändert nichts an der Tatsache, dass der Angreifer der Torschütze ist und somit laut Regel in unmittelbarer Folge ein Tor erzielt hat.

    Das ist auch meine Nachträgliche Überlegung in meinem Beitrag gewesen:


    EDIT

    Nachtrag:


    Ein Interessanter Gedanke ist mir gerade noch gekommen:


    Das Handspiel des Angrteifers wird ja erst durch die Torerzielung strafbar. Spielt der Angreifer nur einen Querpass und ein anderer Angreifer erzielt dann ein Tor, ist die Handberührung nicht strafbar. Damit stellt sich die Frage, ob das Handspiel des Angreifers quasi nachträglich zum ersten Vergehen wird, was die folgevergehen unwirksam macht.

  • Was ist denn die Begründung bei 2b) und c)?

    Ich würde das nämlich schon anzweifeln.

    Wieso?

    Handspiel Stürmer und unmittelbare Torerzielung.

    Nur weil da noch jemand den Ball berührt ist das trotzdem noch unmittelbar.


    Das Tor würde ja auch für das Torkonto des Stürmers zählen. (Auch wenn das regeltechnisch natürlich irrelevant ist)


    Oder würdest du sagen, dass wenn der TW einmal noch den Ball mit den Fingerspitzen berührt das unmittelbare weg ist und das Tor zählt?

    Ich glaube und hoffe, dass das nicht so gemeint ist.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D