Habe ich richtig beurteilt und entschieden?

  • Ich brauche mal als Neuling eine Einschätzung, ob ich am letzten Sonntag mit meinem Handeln in einer Spielsituation richtig oder total danebengelegen habe.


    Kreisliga A Spiel der Frauen mit höchst kommunikativen Spielerinnen und Team-Verantwortlichen. Zudem ein Spiel mit einigen Zweikampfsituationen, die eher auf Unbeholfenheit (kein Chauvinismus!!!), denn auf willentliches Foulspiel zurückzuführen waren. Dennoch bis Mitte der 2. Halbzeit ein Spiel ohne persönliche Strafen bis zur folgenden Situation: Beim Spielstand von 2:2 habe ich im Strafraum ein ball-orientiertes Foul an einer Angreiferin in aussichtsreicher Schussposition zentral etwa 15 m vor dem Tor „wahrgenommen“ und auf Strafstoß entschieden (Achtung Anführungszeichen!). Ich war ca. 10-15 m mit freier Sicht hinter der Spielsituation und hatte nun einmal diese „Wahrnehmung“.


    In der unmittelbar anschließenden, knapp ein-minütigen Diskussion im Pulk mit der verteidigenden Mannschaft wurde ich von einer Abwehrspielerin mit „Der Schiri ist so was von parteiisch!“ bezeichnet. Daraufhin habe ich die Spielerin verwarnt. Sie drehte sich um, winkte abwertend ab und murmelte laut vor sich hin, was ich als „Warum schickt man uns immer solche Pfeifen?“ verstanden habe. Daraufhin habe ich sie erneut verwarnt und mit Gelb/Rot vom Platz geschickt.


    Nachdem ich dies auf meiner Spielkarte notiert hatte (also insgesamt gut 2-3 Minuten NACH dem Foul, kam die gefoulte Spielerin auf mich zu und sagte, dass sie NICHT gefoult worden und der Ball gespielt worden sei (keine Ahnung, warum sie dies so spät gesagt hat). Daraufhin habe ich mich bei der Spielerin bedankt, die Entscheidung für den Strafstoß zurückgenommen und das Spiel mit SR-Ball mit der Torfrau fortgesetzt.


    Nun zu meiner Frage: Hätte ich in dieser Situation anders handeln bzw. reagieren sollen? In der Situation war ich sicher, richtig beurteilt und entschieden zu haben, aber mit Abstand kommen doch Zweifel. Danke vorab für eure Antworten und Tipps.

  • Die Abwehrspielerin hätte man (wegen Pulk und so) meiner Meinung nach schon beim ersten Spruch entsorgen können, ansonsten aber alles richtig...

    Im Übrigen bleibt die persönliche Strafe für die Beleidigung stehen, auch wenn die Spielfortsetzung am Ende doch nicht Strafstoß ist.


    Wo Du aber (zumindest was die Beschreibung angeht) anders denken sollst: Auch Fouls, die aus Unbeholfenheit passieren sind verbotenes Spiel und keine Zweikampfsituationen.


    Vom Ablauf erinnert mich das aber an eine ähnliche Situation, die ich selbst mal hatte.

    Ich hatte ein Foul knapp außerhalb des Strafraums wahrgenommen und dementsprechend dF gegeben, Mauer gestellt, kurz vorm Ball wieder freigeben sehe ich, dass der Ball auf der Linie liegt, ich pfeife den Schützen 10cm zurück und da schreit aus der Mauer einer der Verteidiger "Warum, Schiri? Foul war doch auf der Linie" und der Trainer fängt zurecht an zum Hampelmann zu werden.

    Selbst auf Nachfrage beim Spieler, ob er sich wirklich sicher ist, ob es auf der Linie war (goldene Brücke um aus der Nummer nochmal rauszukommen), hat er nicht gerallt, was mit diesem "Geständnis" zu passieren hat...nämlich nicht mehr dF sondern Strafstoß...

  • „Warum schickt man uns immer solche Pfeifen?

    Hier war gelb-rot aus meiner Sicht tatsächlich die falsche Entscheidung und es hätte für die Beleidigung einen FaD mit entsprechender Meldung geben müssen.


    Ansonsten völlig korrekt gehandelt und die Situation gut gelöst. Besser wäre natürlich, bei der Situation bereits Seiteneinsicht zu haben, um das besser beurteilen zu können (ist aber natürlich nicht immer möglich).

  • Du bist noch unerfahren und viel zu nett ...

    „Der Schiri ist so was von parteiisch!“

    Das ist für mich keine Verwarnung, sondern eine dunkelrote Karte - mir Parteilichkeit zu unterstellen ist die schlimmste Form der Beleidigung und auch ein massives untergraben meiner Autorität, dafür geht man sofort.


    Sie drehte sich um, winkte abwertend ab

    Selbst wenn Du Dich zunächst für Gelb entschieden hast, ist spätestens "abwinken" die Ampelkarte.

    „Warum schickt man uns immer solche Pfeifen?“

    Und das ist nicht mehr Rot, sondern schon Ultraviolett - hier nur auf die Ampelkarte zu erkennen macht anderen Kollegen das Leben schwer, die Spielerinnen, Zuschauer und offiziellen halten eine solche Äußerung für eine minderschwere Angelegenheit.

    kam die gefoulte Spielerin auf mich zu und sagte, dass sie NICHT gefoult worden und der Ball gespielt worden sei

    Und das ist mir in der Regel sch...egal. Einen Strafstoß pfeife ich nur, wenn ich mir sehr sicher bin. Klar, bei der Einwurfrichtung oder der Frage Eckstoß/Abstoß ändere ich nach einem ähnlichen Hinweis meine Entscheidung, aber die Einschätzung, wann ein regeltechnisches Foul vorliegt, ist einzig und allein meine Sache - und denke daran, für ein Foul muss es nicht einmal zwingend einen Kontakt geben, da gibt es auch so nette Dinge wie "versuchtes Treten" ... der Umstand, dass auch/nur der Ball gespielt wurde, ist also allenfalls ein Indiz, dass es kein Foul gab.

  • Und das ist mir in der Regel sch...egal.

    Da bin ich anderer Meinung. Wenn die gegnerische Mannschaft bzw. der gefoulte Spieler zugibt, dass es kein Foulspiel war, so sollte man diesem Fairplay im Sinne des Fußballs nicht im Wege stehen und seinen Fehler eingestehen. Das sorgt i. d. R. auch für deutlich höhere Akzeptanz.


    Klar, bei versuchtem Treten o. Ä. gilt das nicht, in oben beschriebener Situation halte ich es für korrekt (zumindest in meiner Vorstellung der Situation).

  • Da werden wir unterschiedlicher Auffassung bleiben - aber das halten wir aus ...


    Wenn ich mir überlege, wie oft "etwas" angebilich "nichts war", nur weil ich die Gelbe (= Ampel)Karte oder gar die Rote Karte gezogen habe, kombiniert mit der regelmäßig sehr überschaubaren Regelkenntnis der Spieler (siehe versuchtes Treten: "Aber ich habe doch gar nicht getroffen") sowie in Verbindung mit dem Umstand, dass ein Strafstoßpfiff nur kommt, wenn ich mir absolut sicher bin - sorry, da ist für eine Rücknahme der Entscheidung nur im ganz besonderen Ausnahmefall Platz. Wenn, wie es hier war, die Spielerin erst zwei Minuten später damit um die Ecke kommt, auch das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der Aussage bei sondern ist meist ein Produkt des Solidaritätsgedankens Mannschaften gegen Schiedsrichter ...

  • Erstmal vielen lieben Dank für eure Antworten und Meinungen. Und ich verspreche, ich werde an meinem "Nett-sein" arbeiten.😀


    Jetzt ernsthaft: Ich stelle fest, dass ich mich noch stärker von meiner alten Sicht als Spieler lösen muss und daran arbeite ich. Versprochen. Gerade was die Nuancen der Beleidigungen und Verbalinjurien angeht, muss ich klarer die Grenzen definieren. Vielleicht liegt es daran, dass ich selber früher nicht gerade pflegeleicht auf dem Platz war.


    Ob ich es in meinem Alter allerdings noch schaffe, in einer vergleichbaren Spielsituationen (weiter Pass auf die Angreiferin) einen seitlichen Blick hinzubekommen, wird schwierig werden. So schnell bin ich nicht mehr.


    Was ich allerdings beibehalten werde, ist mein prinzipieller Glaube an das Gute im Menschen. Deshalb werde ich sicherlich einem Spieler oder einer Spielerin Glauben schenken, der mich beim Stand von 2:2 eine Viertelstunde vor Spielende darauf hinweist, dass er nicht gefoult wurde und daher auf den Strafstoß "verzichtet". Eine solche Fairness muss anerkannt werden. Und wenn mir durch das Eingestehen eines Fehlers ein Zacken aus der Krone bricht, was soll's.


    Nochmals vielen Dank und ich werde hoffentlich morgen Abend eure Empfehlungen NICHT benötigen.

  • Es ist auch immer ein bisschen die Frage, wohin eine Aussage gerichtet ist.


    Grundsätzlich ist der öffentlich gemachte Vorwurf der Parteilichkeit eine schmähende Äußerung gegenüber dem SR und damit :rote_karte: . Wenn das aber nur hinter (übertrieben) vorgehaltener Hand zur eigenen Mitspielerin gesagt wird, sehe ich da keine Schmähung sondern erstmal nur eine erlaubte Meinungsäußerung, auch dann, wenn man es im Vorbeigehen vielleicht wahrnehmen kann. Wenn die Stürmerin das aber lautstark über den Platz zu ihrer Torhüterin kommuniziert, dann sind wir wieder bei einer öffentlichen schmähenden Äußerung.


    Deiner beschriebenen Situation entnehme ich da aber, dass man kann man die Aussage im Zusammenhang mit der Rudelbildung und Deinem Versuch die Rudelbildung aufzulösen durchaus als schmähende Äußerung sehen und direkt Rot wäre vertretbar, aber je nachdem wie öffentlich das war könnte man auch über einen "Protest" nachdenken und wie Du es getan hast :gelbe_karte: ziehen. Bei der Äußerung mit den Pfeifen gibt es aber keine Diskussion mehr. Da ist :rote_karte: das einzig richtige. Und zwar ohne vorher noch eine weitere :gelbe_karte: .


    Manfred: Du gibst der "solidaritätsgeständigen" gefoulten Spielerin, von deren Geständnis Du überzeugt bist, dass es falsch ist, doch hoffentlich auch :gelbe_karte: , oder? (Ein Spieler ist [...] zu verwarnen, wenn er versucht den Schiedsrichter [...] zu täuschen.). Es bleibt ja genaugenommen auch dann ein Täuschungsversuch, wenn die täuschende Spielerin im Erfolgsfall einen Nachteil erleiden würde.

  • Wenn das aber nur hinter (übertrieben) vorgehaltener Hand zur eigenen Mitspielerin gesagt wird, sehe ich da keine Schmähung sondern erstmal nur eine erlaubte Meinungsäußerung

    Falsch - die will trotz allem meine Autorität bei ihren Mitspielerinnen untergraben; wer das durchgehen lässt, braucht sich später nicht wundern ... Es gibt zwar einen Grenzbereich "Muss ich das gehört haben", aber wenn die Antwort "Ja" lautet, dann gibt es kein Pardon - und natürlich auch nicht, wenn ich das gehört haben will, weil die ohnehin ein Unruheherd ist.

    u gibst der "solidaritätsgeständigen" gefoulten Spielerin, von deren Geständnis Du überzeugt bist, dass es falsch ist, doch hoffentlich auch :gelbe_karte: , oder?

    Nur, wenn ich sicher bin, dass sie die Unwahrheit sagt. Aber bekanntlich gibt es auf dem Platz oft mehr als eine Wahrheit, die ist vielleicht, ich erinnere an die mäßigen Regelkenntnisse, wirklich der Auffassung, dass kein Foul vorlag, ergo gibt es auch keinen Versuch, mich zu täuschen. Das ist ein wenig wie in den Fällen, in denen es einen Kontakt gab, der aber m.E. kein Foul war, der Spieler aber grenzwertig zur Schwalbe fällt - es gibt nicht immer schwarz oder weiß, wir Schiris müssen das eben nur daraus machen.

  • Hey neuer Kollege :D

    du siehst schon, es gibt zu vielen Situationen unterschiedliche Auffassungen.
    Fußball hat eben kein Schwarz-Weiß Regelbuch und viele Schiedsrichter haben entsprechend viele Meinungen.

    Doch eines nach dem anderen.

    Deine 1. gelbe Karte:
    Du hast die Aussage, dass du parteiisch bist, als Unsportlichkeit gewertet und gelb dafür gegeben.
    Ich persönlich hätte dafür zwar rot gegeben, kann aber auch gelb nachvollziehen.
    Gerade in Situationen die ohnehin schon hitzig genug sind, braucht man nicht unnötig viel aufheizen mit einer roten.
    Da ist Fingerspitzengefühl gefragt.
    Bei den Männern würde dir eine rote Karte nach einer strittigen Stafstoßentscheidung sicherlich nicht so einfach fallen.

    Hier für die Zukunft: Alles was auch nur leicht in Richtung Beleidigung geht = Rot.
    Du machst es nämlich den Kollegen die darauf die Woche die Mannschaft haben nicht einfacher.
    Die Spieler wissen mit der Zeit was sie sagen können bzw konnten ohne harte Strafe.
    Bei dir kommt sie mit gelb weg und bei mir wundert sie sich, dass sie sofort duschen gehen kann.
    Eine klare Linie auch unter Schiedsrichtern ist wichtig und gibt den Spielern eine gewisse Rechtssicherheit.

    Deine Ampelkarte:
    Du hast es auch als Beleidigung aufgefasst, als sie dich "Pfeife" genannt hat - zumindest lese ich das so raus.
    Doch dann MUSST du die rote Karte ziehen!
    Das sie bereits eine gelbe hat ist dabei absolut egal.
    Die Ampelkarte gibt es nur bei zwei gelbwürdigen Vergehen.

    Das ist wichtig, nicht nur weil es in den Regeln steht (das ist eher zweitrangig) sondern wegen der Konsequenzen für die Spielerin.
    Der Staffelleiter der sich deinen Bericht anguckt denkt da: Gut die hat zweimal was unsportliches gemacht und musste eben fliegen, fertig.
    Jeder Kreis und Verband hat unterschiedliche Regelungen jetzt.
    Doch in allen ist eines gleich: Der Staffelleiter kann nur bis zu einer, kleinen, Zahl an Spielen sperren. Alles andere muss vor die Spruchkammer (Sportgericht seit einigen Jahren)

    Eine rote Karte und auch entsprechend mit der Beleidigung begründet gibt immer eine höhere Anzahl an Sperren für den Spieler.
    So hast du quasi dem Staffelleiter die Macht genommen, da mehr draus zu machen oder es an die Kammer weiterzuleiten.
    Selbst, wenn du zwei mal Gelb, also die Ampelkarte einträgst und schreibst was sie gesagt hat, hast du mit der Farbe der Karte erklärt, dass es für dich keine Beleidigungen waren.
    Also Tatsachenentscheid und fertig.

    Aus Sicht der Kammer sag ich dir also: Hab Mut die Karten auch zu zeigen und lasse dich nicht beleidigen für die paar Euronen.
    Aus Sich eines Schiedsrichters sag ich dir: Tu mir den Gefallen und gib direkt die Karte, dann hab ich nächstes Wochenende den Stress nicht mit der / dem.

    In der Situation war ich sicher, richtig beurteilt und entschieden zu haben, aber mit Abstand kommen doch Zweifel.


    Da musst du direkt den Punkt setzen.
    Sobald du dir sicher bist, müssen eine Aussagen klar und deutlich sein: Ich hab den Strafstoß gesehen und fertig. Wer hier jetzt bei 5 noch steht kriegt eine Karte.
    Ganz einfach. Selbst, wenn irgendein Mannschaftscaptain kommt und meint ich bin der Kapitän ich darf mit dir sprechen = Die Entscheidung ist gefallen und du musst dich auch nicht begründen.

    Bei so Sachen wie dem Elfmeter musst du dir wirklich Sicher sein. Das warst du und fertig.
    Da bringt auch die Spielerin die gefoult wurde nichts.
    Du untergräbst dich selbst und öffnest die Pforten für zukünftige Diskussionen.
    Was denkst du wird dann bei der nächsten Ecke, beim nächsten Einwurf oder Freistoß stattfinden?

    Ich sag nicht, dass du der strengste Schiedsrichter auf dem Planeten werden sollst und mit Scheuklappen und Ohrstöpseln pfeifen sollst.
    Doch bist du dir sicher, dann wird nicht diskutiert.
    War das ein Pfiff auf Verdacht, dann kann man eventuell noch die Spielfortsetzung abändern, wenn das Opfer sagt, dass da nichts war.


    In diesem Zug gebe ich dir noch eine Entscheidung von mir mit unter Beobachtung mit:
    KL-A, 53. Spielminute:
    Stürmer Blau schafft es 3 Abwehrspieler Rot auszuspielen und befindet sich jetzt im 16er.
    Einer der Abwehrspieler Rot schafft es noch aufzuschließen während sich Stürmer Blau dort dumm steht und versucht den Torwart zu lesen.
    Der Abwehrspieler Rot tritt ihm einfach von hinten die Beine weg und sagt noch, bevor ich pfeifen konnte : "SCHIRI BALLORIENTIERT!"

    Ich musste mich so zusammenreißen dort nicht zu lachen, pfeife also und gebe dem Abwehrspieler Rot die rote Karte und den Strafstoß.
    Nun kamen 8 + TW der roten Mannschaft auf mich zu und umkreisten mich. "Mach doch Gelb die haben schon 11er", "War ballorientiert" bla bla bla.
    Ich sagte: "Ich zähle jetzt bis 10, wer bei 5 noch bei mir ist kriegt Gelb und wer bei 10 noch bei mir ist die zweite gelbe hinterher"
    Ich wurde Beobachtet und wollte mir auch in der Außenwirkung jetzt hier nicht die Blöße geben, ich kriege paar Kreisliga A Herren nicht kontrolliert.
    Bei 5 waren alle noch da, ich zieh also die gelbe Karte und zeige alle 9 die Gelbe und zähle weiter. Schnell hauten die ersten ab.
    Nun kam der Trainer Rot auf mich zugerannt von der Coaching Zone aus direkt in den 16er. "EY WAS MACHST DU DA!".
    Ich dreh mich um und zeig dem Trainer die rote Karte (Verlassen der Coachingzone um den SR anzugehen ist ein Rot-Vergehen!).
    Zähle weiter.
    Die restlichen Spieler sind von mir weggerannt, das war ein Bild für die Götter.
    Ich hätte das auch bis zum Abbruch, weil zu wenige Spieler, auch noch durchgezogen.

    Das war danach die ruhigste zweite Halbzeit meines Lebens, du hättest nach jedem Pfiff eine Nadel fallen hören können.

    Was ich dir damit sagen will ist:
    Du musst dir nichts gefallen lassen! Finde deine Linie und halte sie. Vieles lernst du mit Erfahrung.
    Vergiss nicht, du darfst auch Fehler machen, also mach dich nicht selbst verrückt, nach vorne Gucken und für das nächste Spiel vorbereitet sein :D

    LG

    P.S.: Die Beobachtung verlief super, Kommentar: "Unkonventionell aber äußerst Wirksam.".

  • Eine klare Linie auch unter Schiedsrichtern ist wichtig und gibt den Spielern eine gewisse Rechtssicherheit.

    ich zieh also die gelbe Karte und zeige alle 9 die Gelbe

    Das passt für mich irgendwie nicht zusammen.

    Deine Aktion entspricht ja gerade nicht der üblichen Linie unter Schiedsrichtern (wie auch die Bewertung "unkonventionell" unterstreicht.

    Oder würdest du sagen, dass das die meisten Schiedsrichter so machen?

  • Hey Nr.23

    das Thema Rechtssicherheit ist komplex.

    Übergeordnet soll es heißen, dass eine Beleidigung egal ob du sie SRA oder SRB an den Kopf geworfen hast, immer ROT gibt.
    Bei der übergeordneten Rechtssicherheit geht es vor allem um KLARE FÄLLE die man eigentlich nicht diskutieren muss.
    Diese klaren Fälle sind für uns die Pflichtverwarnungen / Pflichtroten, wie z.B. :
    - Trikot ausziehen
    - Unerlaubtes Betreten / Falsche ausgeführte Auswechslung
    - Anbringung von Markierungen auf dem Feld

    - Unangemeldeter Torwarttausch
    - Schlagen
    - Spucken
    - Abwerfen

    und und und. Das ist allerdings sehr Verbandsspezifisch was da gelehrt wird.
    Schau dir da am besten in deinem Kreis an, was der KSA da so vorgegeben hat.

    ___

    Nun treffen wir aber auch Entscheidungen, die nicht so klar sind oder wo wir im Sinne des Sports entscheiden können ob wir dafür überhaupt eine Karte geben.
    Gutes Beispiel: Meckern.
    Kritisieren einer Schiedsrichterentscheidung ist laut Regelwerk klar Gelb.
    Doch, wenn ich jedes mal in den letzten Jahren eine gelbe Karte gezeigt hätte, wenn jemand meine Entscheidung kritisierte, dann hätte der Kreis keine Spieler mehr.

    Hier musst du den Spielern DEINE Linie zeigen.
    Das heißt du schaffst für das Spiel oder für dich als Person eine klare Rechtssicherheit.
    Solltest du also Spieler A in der 5. Minute die gelbe Karte gezeigt haben, weil er bei einer Auswechslung direkt reingelaufen ist ohne das der ausgewechselte Spieler raus war, dann musst du auch Spieler B in der 89. Spielminute noch die gelbe Karte dafür zeigen, wenn er das gleiche macht.

    Bei Meckern ist es wirklich schwer eine Linie zu finden, da nicht jedes Meckern gleich schlimm ist (aus persönlichem Empfinden).
    "Echt jetzt, dafür Strafstoß? Totale Fehlentscheidung!"
    wirkt anders als
    "Was pfeifst du denn da jetzt wieder??"

    Doch auch hier solltest du mit der Zeit und Erfahrung deine Grenzen setzen.

    _____

    So mache ich es:
    Meckern geht mir eigentlich so ziemlich am A... vorbei, solange:
    - Ich nicht angerannt werde dafür
    - Man mich nicht anschreit
    - Wild mit den Händen dabei rumfuchtelt
    - Es nicht wiederholt wird

    Du siehst, die ersten 3 Punkte sind außenwirksam.
    Das heißt, wenn ein Spieler das macht sehen alle anderen Spieler, die Zuschauer, die Beobachter und was weiß ich wer noch, dass der Typ gerade mich angemeckert hat.
    Zeige ich da nicht sofort, dass ich das nicht tolerieren werde, werde ich das im Verlauf des Spiels bereuen!

    Wie man darauf antwortet ist klar:
    Außenwirksam mit außenwirksam.
    Wird eines der ersten 3 Punkte gemacht, so zeige ich eben so deutlich nach außen, dass es nicht geht.
    Das muss nicht die gelbe Karte sein!
    Gute Körpersprache, deutliche Gestik und eine klare Ansprache kann genau so wirksam sein.

    Bei dem Spiel mit den 9 gelben Karten habe ich ganz klar kommuniziert, jungs bis hier hin und nicht weiter.
    Das habe ich auch sehr außenwirksam gemacht (deutliches heben beider Arme und von mir wegzeigen).
    Wem da die Glühbirne nicht angeht, dem muss ich eben mit etwas Gelb nachhelfen.


  • Hier musst du den Spielern DEINE Linie zeigen.
    Das heißt du schaffst für das Spiel oder für dich als Person eine klare Rechtssicherheit.
    Solltest du also Spieler A in der 5. Minute die gelbe Karte gezeigt haben, weil er bei einer Auswechslung direkt reingelaufen ist ohne das der ausgewechselte Spieler raus war, dann musst du auch Spieler B in der 89. Spielminute noch die gelbe Karte dafür zeigen, wenn er das gleiche macht.

    Ein anderer Punkt, der auch eine klare Linie definiert:

    In die Bewertung, ob Du jetzt gelb gibst oder nicht, gehört unter absolut keinen Umständen die Überlegung rein, ob der Spieler schon gelb hatte oder nicht (ich rede aber von "normalen" Spielen...bei Jugendspielen mit Zeitstrafe kann das noch etwas anders aussehen).

    Gewöhn Dir an die Entscheidung "verwarnungswürdig oder nicht" zuerst zu treffen und danach die daraus entstehenden Konsequenzen rigoros abzuarbeiten.


    Beispiel:

    Ein AW-Spieler läuft zu früh rein.

    Du gibst ihm Gelb.

    Auf dem Weg wieder runter fängt er an zu protestieren (Schlüsselwort im Sinne des Regelwerks...da komme ich gleich zu).

    Dann hast du ihn erneut zu verwarnen. Das ist eine Pflichtverwarnung und dabei ist es egal, ob er kurz vorher schon gelb gesehen hat oder nicht. Da gibt es keinen Entscheidungsspielraum.


    Wo Du jedoch den Entscheidungsspielraum hast ist beim Punkt vorher. Nämlich ob das, was du wahrgenommen hast ein protestieren war oder doch nur unverständliches Gemurmel. Wenn Du aber zu dem Schluss gekommen bist, dass er protestiert hat, dann muss der Spielführer sich einen anderen AW-Spieler aussuchen oder die Auswechslung sein lassen.

  • Doch, wenn ich jedes mal in den letzten Jahren eine gelbe Karte gezeigt hätte, wenn jemand meine Entscheidung kritisierte, dann hätte der Kreis keine Spieler mehr.

    Das wiederum darf kein Kriterium sein - ich kann zwar, durchaus nicht unkritisch, vielleicht differenzieren, wann jemand seine persönliche Meinung vor sich hinmurmelt und wann jemand meckert, aber wenn ich zu der Erkenntnis komme, dass hier eine regeltechnische Meckerei vorliegt, dann muss auch die Karte kommen, auch wenn ich Collina-like den Spieler rhetorisch sogar wirksamer in den Senkel stellen kann (und ja, ich könnte das meistens). Und das hat auch nichts mit Linie zu tun, die Linie hat der Regelgeber gezogen.

  • Ein anderer Punkt, der auch eine klare Linie definiert:

    In die Bewertung, ob Du jetzt gelb gibst oder nicht, gehört unter absolut keinen Umständen die Überlegung rein, ob der Spieler schon gelb hatte oder nicht

    Das würde ich in der Absolutheit so auch nicht unterschreiben.


    Typisches Beispiel: Mehrere Spieler begehen ein Vergehen (Meckern, Verzögern beim Stellen der Mauer...). Als "Spielleiter" möchte ich manchmal lieber nur klar machen, dass das jetzt aufzuhören hat und manchmal jemanden entsorgen. Die Wahl, wen ich von mehreren Optionen verwarne, ist dann nicht unabhängig davon, ob jemand schon gelb hatte. Ist das immer fair? Steht das in den Regeln? Nein, nach den Regeln könnte ich alle verwarnen. Muss ich aber nicht, und mache es normalerweise auch nicht.

  • nach den Regeln könnte ich alle verwarnen. Muss ich aber nicht

    Das ist falsch.


    Laut Regeln ist jeder Spieler, der protestiert, zu verwarnen. Ausnahmslos.

    Du kannst bestenfalls das Geplapper von einigen der Spielern nicht als "meckern" wahrnehmen, aber dann hast Du nicht fünf Meckerer um Dich rum sondern nur einen.

    Wenn Du aber fünf Meckerer um Dich rum wahrgenommen hast, dann sind fünf Verwarnungen regeltechnisch Pflicht.


    Den Regelverstoß wird Dir zwar keiner nachweisen können, weil niemand Deine Wahrnehmung nachweisen kann, es bleibt aber (wenn Du eben tatsächlich 5 Protestierer wahrgenommen hast) dennoch eine unzulässige Beugung der Regeln.


    Sich entgegen seiner Wahrnehmung nur einen rauszupicken, den man entsorgen will oder einen rauszupicken, dem man die rote Karte ersparen will, ist reine Willkür und hat mit Durchsetzung der Spielregeln nicht mehr zu tun.