Rücknahme, Umwandlung einer roten Karte nach Spielende in gelb

  • Hallo,

    ich war gestern als Zuschauer bei einem A-Jugendspiel (Mannschaft A) als Zuschauer und erlebte folgende Situation.

    83 Spielminute, der Angreifer Mannschaft A bekommt ein Zuspiel im 5 Meterraum und steht alleine vor dem Tormann (Mannschaft B).

    Beim Schussversuch grätscht der Torwart den Angreifer um, Absicht oder nicht war schwer zu sagen.

    Jedenfalls pfeift der Schiedsrichter Elfmeter und gibt dem Torwart eine rote Karte. Meiner Meinung nach vertretbar die rote Karte.

    (beim Stand von 6:3 für Mannschaft B)

    Danach heftige Diskussionen zwischen Schiedsrichter und Trainer (Mannschaft B),

    in einem allgemein unfairem Spiel.

    Torwart wird ersetzt und der Elfer verwandelt.

    Am Ende stellt sich heraus das der Schiedsrichter die rote Karte nach dem Spiel zurückgenommen hat und eine gelbe Karte im Spielbericht vermerkt.

    So steht es heute morgen auch bei Fussball.de im Spielbericht.

    Ich möchte hier den Kollege nicht anschwärzen, aber ich finde so etwas geht überhaupt nicht.

    Wenn ich nach dem Spiel warum auch immer zu dem Entschluss komme das die rote Karte evtl. eine Fehlentscheidung war

    trage ich das im Sonderbericht ein und überlasse die Entscheidung dem Staffelleiter oder Sportgericht.

    Wie seht ihr das?

  • Die Annahme ist m. E. vollkommen richtig. Der FaD kann nach der Spielfortsetzung nicht mehr zurückgekommen werden. Vor der Spielfortsetzung wäre eine Korrektur möglich gewesen (z. B. wenn der SR zur Erkenntnis kommt, dass das Vergehen ballorientiert war).


    Grundsätzlich sollte der Schiedsrichter aber zu seiner Entscheidung stehen und die Situation wie wahrgenommen in der Meldung beschreiben und sich nicht "von außen" beeinflussen lassen.


    Sofern das Foul ballorientiert war, wäre eine Verwarnung und Strafstoß die richtige Entscheidung gewesen. War es nicht ballorientiert, so waren FaD und Strafstoß korrekt.


    Auf eine "heftige Diskussion" mit dem Trainer sollte sich der SR, insb. während des Spiels, aus meiner Sicht ebenfalls nicht einlassen und diese ggf., je nach Situation, mit entsprechender persönlicher Strafe beenden.

  • Ich möchte hier den Kollege nicht anschwärzen, aber ich finde so etwas geht überhaupt nicht.

    Den Vorfall solltest du definitiv melden, da der Kollege hier derjenige ist, der zunächst unkollegial gehandelt hat. Wie die Beeinflussung letztlich zustande kam, muss die zuständige Instanz klären.

  • Sowas habe ich (leider) auch schon sehr oft erlebt, bleibt wohl nicht aus in über 30 Jahren Kreisliga Fußball.

    Sehr oft wurden rote Karten nicht eingetragen oder früher, als es noch keine Sperre gab nur als gelb-rot im Spielbericht vermerkt, weil irgendjemand mit dem SR diskutiert hat. Oftmals auch beide Trainer.


    Bei mir gibt's sowas aber nicht, Ich würde gar nicht auf so eine Idee kommen.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Beim Schussversuch grätscht der Torwart den Angreifer um, Absicht oder nicht war schwer zu sagen.

    Jedenfalls pfeift der Schiedsrichter Elfmeter und gibt dem Torwart eine rote Karte. Meiner Meinung nach vertretbar die rote Karte.

    Hier sagt mein Kopfkino, dass das tendenziell eher eine Verwarnung war, weil ballorientiertes Spiel, mithin greift die Verwarnung, weil es Strafstoß gibt - aber natürlich müsste man das gesehen haben, dennoch ist dieses Detail wichtig.

    Ich möchte hier den Kollege nicht anschwärzen, aber ich finde so etwas geht überhaupt nicht.

    Korrekt, das geht gar nicht und darüber sollte man auch Meldung machen, das poppt ohnehin irgendwann auf - aber ich könnte mir vorstellen, dass man den SR im Kabinengang überzeugt hat, jetzt komme ich zum vorhergehenden Absatz zurück, dass seine Entscheidung bezüglich des FaD falsch war; korrekt wäre es aber gewesen, diesen Fehler im Spielbericht zu notieren anstatt die persönliche Strafe eigenmächtig zu ändern.

  • Hallo meine geschätzten Kollegen,

    mit Unbehagen musste ich mich durch den Beitrag und die Antworten lesen.
    Doch eines nach dem anderen.

    pop3

    Wenn ich nach dem Spiel warum auch immer zu dem Entschluss komme das die rote Karte evtl. eine Fehlentscheidung war

    trage ich das im Sonderbericht ein und überlasse die Entscheidung dem Staffelleiter oder Sportgericht.

    Nein. Bloß nicht.
    Bitte niemals im Spielbericht, Sonderbericht oder was auch immer euer Kreis noch für Berichte zulässig hat, angeben dass du eine Fehlentscheidung getroffen hast (auch nicht das du es glaubst/denskt/vermutest).
    Das liegt nicht in der Kompetenz des Schiedsrichters.
    Über die Berichte urteilen die Staffelleiter und falls diese der Ansicht sind das es sich hierbei um einen Fall handelt der vor die Kammer muss, dann die Einzelrichter der Kreiskammer.
    Du darfst als Schiedsrichter während des Spiels alles so sehen und beurteilen wie du auch nur möchtest, doch alles darüber hinaus obliegt der Staffelleitung und den Sportgerichten.

    Ab dem Moment in dem du einen Bericht verfasst, ist es wichtig, diesen komplett ohne Wertung und Urteil zu schreiben.
    Deine Aufgabe ist es, einen Vorfall so detailliert zu beschreiben, dass sich o.g. Personen darüber ein Urteil machen können.
    Beispiel:

    Falsch:
    Rote Karte Rü.Nr. 13, 64. Spielminute:
    Rü.Nr. 13 der Gastmannschaft grätschte böswillig, mit voller Absicht und mit offener Sole, in den Abwehrspieler mit der Rü.Nr. 2 der Heimmannschaft rein.

    Richtig(er):
    Rote Karte Rü.Nr. 13, 64. Spielminute:
    Rü.Nr. 13 der Gastmannschaft grätschte mit offener Sole, ohne Aussicht auf den Ball, von hinten in die Waden des Abwehrspieler mit der Rü.Nr. 2 der Heimmannschaft rein.

    Im Spielbericht bleiben wir objektiv.


    Richtige Vorgehensweise bei einer Fehlentscheidung des SR und er bemerkt es, nachdem das Korrekturfenster vorbei ist (Spielfortsetzung wird ausgeführt):
    Entscheidung genau so im Spielbericht wiedergeben, wie sie im Spiel getroffen wurden.
    Keine Karten reduzieren.
    Keine Karten vergessen.
    Keine Karten weglassen.

    Und ganz wichtig im Spiel: Cool bleiben, weiterspielen.

    Und ganz wichtig nach dem Spiel: Nicht mit den Trainern quasseln und die Entscheidung rechtfertigen.

    Du hast gesagt, dass es ein sehr unfaires Spiel war.
    Warum der Kollege sich da hat bequatschen lassen ist mir schleierhaft.
    Leider sehe ich das auch oft, gerade in den Jugenden und Kreisliga C-A.

    Was ich mir gewünscht hätte pop3:
    Das du den Kollegen, wenn du den gut kennst, darauf aufmerksam machst. Ihm Tipps gibst.
    Ich vermute mal, dass du die Kontrolle in deinen Spielen eher halten kannst - doch das kam ja auch nicht von alleine.

    In meinem Kreis kenne ich jeden einzelnen Schiedsrichter und ich bin jedes Wochenende wo gucken ;)
    Ich liebe den Fußball und dazulernen kann man ja auch immer!
    Doch bei so einem Spiel in der A-Jugend, wo vermutlich ein SR ist der 1. jung ist, 2. nicht die größte Erfahrung hat und 3. nicht die beste Regelkenntnis hat,
    da schreit mein innerlicher Schiedsrichter: Der braucht Hilfe.

    Falls er dich nicht kennt, bloß in Ruhe lassen und bei der nächsten Sitzung in Ruhe Kontakt aufbauen :)

    Korrekt, das geht gar nicht und darüber sollte man auch Meldung machen

    Sorry Manfred aber da muss ich dir widersprechen.
    Hier den Kollegen anschwärzen geht gar nicht und sollte definitiv auch nicht befürwortet werden.

    Man kann hier nicht davon ausgehen, dass der SR-Kollege hier die Entscheidungen regelmäßig zurücknimmt.
    Klar ist die Herabstufung einer roten Karte zu einer gelben Karte nachträglich im Spielbericht unzulässig - doch eine Meldung darüber empfehle ich aus folgenden Punkten nicht:

    1. KSA wird es dir nicht danken:
    Der Kreisschiedsrichterausschuss wird dich jetzt nicht als guten Samariter im Hinterkopf behalten.
    Jemand der einen Kollegen verpetzt wird es nie weit schaffen.
    Alle machen das hier Ehrenamtlich und eine Meldung zu machen bei einem einfachen Regelverstoß ist arg übertrieben.

    2. Das Problem löst sich von selbst:
    Du hast es schon selbst gesagt: Das fällt früher oder später auf.
    Die andere Mannschaft, der gegnerische Trainer - irgendeiner wird das schon bemerken und seinen Mund aufmachen.
    Sollte der Kollege das also öfter machen, so wird es zu 100% auffallen.
    Spannend wird es ja auch, wenn ein Live-Ticker konträre Angaben gemacht hat und die ersten Zuschauer geladen werden.
    Aller spätestens würde so ein Verhalten, sollte es der Regel entsprechen, bei einer Beobachtung auffallen.

    3. Kein Kampf untereinander:
    Wo kämen wir da hin, wenn sich die Schiedsrichter untereinander auch noch an die Gurgel gehen.
    Ich sage nicht, dass er Narrenfreiheit genießen sollte, weil er ein Kollege ist, sondern wir nicht auch noch Spiritus ins Feuer gießen sollten.


    _____________________

    Ich habe in meiner Zeit schon so viele Fehler von Schiedsrichtern wahrgenommen....das ist der Wahnsinn.
    Von betrunken zum Spiel bis hin mit Corona gepfiffen habe ich alles, wirklich alles, gesehen.
    Gerade letzteres ist aufjedenfall Meldepflichtig.

    Doch egal ob ich auf dem Feld stehe, die Zuschauertribüne unsicher mache oder im Sportgericht rumgrüble : Ich bin Teil der Schiedsrichtergemeinschaft.
    Als Mitglied dieser habe ich vor allem eines Gelernt über die Jahre hinweg: Man muss die Kirche im Dorf lassen.
    Es gibt kaum noch Respekt untereinander - sei es zwischen den Spielern und Schiedsrichtern, den Schiedsrichtern untereinander oder anderen offiziellen des Kreises und Verbandes gegenüber den Schiedsrichtern.

    Alle neuen SR Kollegen werden zu Einzelgängern und wir wundern uns wie solche Fehlentscheidungen zustande kommen.
    Alle SR schwärzen sich untereinander an und wir fragen uns wieso es so viele Einzelgänger gibt.
    Jedes Jahr geben deutschlandweit tausende Schiedsrichter auf - viele davon in den ersten 12 Monaten.

    Ein so tolles Ehrenamt und keiner der es Schätzt.
    Ihr scheint alle dem Glauben einheim gefallen zu sein, dass so eine lächerliche Fehlentscheidung, wie die Reduzierung einer roten Karte auf eine gelbe, dem Weltuntergang gleiche.
    Oder warum hält man hier ein volles Tribunal darüber ab, wie man dem SR bestrafen sollte, statt ihm Hilfe anzubieten?

    Damals war alles besser! - Nein wirklich.
    Hast du kacke gebaut kam der Obmann zu dir und meinte: "Jung, nicht nochmal" und ist mir dir ein Bierchen trinken gegangen.
    Heute laden wir von der Kammer die Leute ein, schauen in die Rechts- und Verfahrensordnung rein, verhängen Strafen und Sperren und diskutieren ob man wegen einer Fehlentscheidung den Lappen verlieren sollte.


    Tut mir leid, ich habe hier etwas weit ausgeholt.
    Schaut einfach auf die Kollegen mit einem anderen Blickwinkel und helft.
    Dieses Forum z.B. ist eine so tolle Idee damit alle SR sich untereinander helfen können - nutzen wir es auch entsprechend.

  • mit Unbehagen musste ich mich durch den Beitrag und die Antworten lesen.

    Du nimmst mir die Worte aus dem Mund - aber bezüglich Deiner Antwort.

    Bitte niemals im Spielbericht, Sonderbericht oder was auch immer euer Kreis noch für Berichte zulässig hat, angeben dass du eine Fehlentscheidung getroffen hast (auch nicht das du es glaubst/denskt/vermutest).

    Aber ganz bestimmt - wenn ich erkenne, dass ich eine Fehlentscheidung getroffen habe, so habe ich nach Regel 5 sogar zwingend darüber zu berichten, denn der Schiedsrichter hat über alle wesentlichen Dinge des Spieles Bericht zu erstatten. Wenn ich hier also, nicht schön, aber Fehler können passieren, den falschen Spieler des Feldes verwiesen habe oder aus anderen Gründen im Nachgang klar wird, dass das ein eindeutiger Fehler von mir war, so habe ich darüber ungefragt Bericht zu erstatten - woher sollten die weiteren Instanzen sonst wissen, dass es potenziellen Handlungsbedarf gibt, es widerspricht meinen Vorstellungen über den Geist des Fußballs, hier auf einen Einspruch des Vereins zu warten.


    Allerdings trifft das natürlich nur auf Dinge zu, bei denen mir in der Nachbetrachtung aus eigener Erkenntnis klar wird, dass ich sicher einen Fehler gemacht habe, glauben oder vermuten, da muss man gut überlegen, ob man das wirklich meldet.

    Hier den Kollegen anschwärzen geht gar nicht und sollte definitiv auch nicht befürwortet werden.

    Entschieden: Nein!

    Wenn ich mitbekomme, dass ein Kollege manipuliert - und der Umstand, dass aus einer gezeigten Roten Karte im Spielbericht plötzlich eine Verwarnung oder eine Ampelkarte wird ist eine klare Manipulation, das halte ich sogar für meldepflichtig. Unsere Autorität als Schiedsrichter basiert auch auf Dingen wie Objektivität, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit, eine solche "Änderung" verletzt diese Grundprinzipien im erheblichen Maß - mache Dir klar, dass so etwas im Zweifel sogar reicht, um von der Schiedsrichterliste gestrichen zu werden, solche Kollegen machen uns allen am Ende das Leben schwer. Und wenn der KSA das negativ notiert, dann ist der falsch besetzt - übrigens bin ich mir sehr sicher, dass ein guter KSA froh über solche Dinge ist, eben weil wir die Zahl der schwarzen Schafe so klein wie möglich halten müssen. Und ich gehe damit keinem Kollegen an die Gurgel, sondern stelle mich schützend vor die Gemeinschaft, denn solche Dinge sind die ersten Schritte in Richtung Bestechlichkeit, zielgerichteter Manipulation etc.


    Der wesentliche Unterschied liegt an einem anderen Punkt: Was muss ich bemerken? Ein Kollege, der betrunken pfeift - wenn es nicht zu auffällig ist, nein, dann muss ich das nicht bemerken. Jemand, der mit Corona pfeift - hallo, wenn der mir das nicht explizit sagt, woran sollte ich das merken? Wobei: Wenn der mir das explizit sagt, dann melde ich den auch dem KSA, denn der gefährdet auch andere Schiedsrichter, in dem er die Viren in der Kabine hinterlässt. Fehlentscheidungen etc., die spreche ich, wenn überhaupt, unmittelbar beim Kollegen an, es sei denn, ich bemerke, dass der Kollege hier objektiv keine Ahnung hat und die Fehlentscheidung aus fehlender/falscher Regelkenntnis resultiert. Und Meldung und Meldung unterscheiden sich, ich kann eine offizielle Meldung machen oder es dem Lehrwart, dem KSO o.ä. im lockeren Gespräch stecken.


    Ja, wir Schiedsrichter sind eine tolle Gemeinschaft - aber genau deswegen sind wir gut beraten, auf deren Qualität zu achten. Die jungen SR, die schnell wieder aufhören, hören in der Regel wieder auf, weil sie dem äußeren Druck nicht gewachsen sind, manchmal aber wohl auch, weil sie die Regeln nicht akzeptieren - aber die Hauptaufgabe des SR ist, Regeln umzusetzen, d.h. er muss die aber auch akzeptieren. Meine erste SR-Prüfung habe ich 1980 gemacht, ich kann also sehr wohl die Verhältnisse damals mit denen heute vergleichen - und vieles hat sich verändert, manches ist komplizierter/formaler geworden, die meisten Dinge sind heute aber wesentlich klarer strukturiert und den Zusammenhalt empfinde ich heute als weit höher als damals. Wir sind auf dem Platz ganz zwangsläufig Einzelgänger - aber als Gruppe werden wir nur wahrgenommen, wenn wir einheitlich auftreten (was die Regeln angeht); wer da ausschert, schadet unserer Gemeinschaft.

  • Ab dem Moment in dem du einen Bericht verfasst, ist es wichtig, diesen komplett ohne Wertung und Urteil zu schreiben.
    Deine Aufgabe ist es, einen Vorfall so detailliert zu beschreiben, dass sich o.g. Personen darüber ein Urteil machen können.

    Diese Leier wieder.. hab ich nie verstanden was das "ohne Wertung" soll.

    Schon in der Tatsache, dass du eine rote Karte gegeben hast ist eine Wertung und vorallem ein Urteil. Und wenn ich als SR der Meinung bin, dass die Grätsche mit voller Absicht nur gegen den Gegner ging dann soll das auch so geschrieben werden in der Hoffnung, dass die Strafe höher ausfällt.


    Das ist meiner Meinung nach ein relevantes Detail ganz einfach weil die Personen die ein Urteil sprechen müssen nicht dabei waren.

    Nichts an einem Spielbericht ist wirklich objektiv.. da es immer nur um die subjektive Wahrnehmung des SR geht.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Grätsche mit voller Absicht

    Es geht um die Absicht - das können wir nicht beurteilen.


    Wir schreiben, was wir gesehen haben. "Hohes Tempo, Ball konte nicht gespielt werden, da der getroffene Spieler ihn sich 1-2m vorgelegt hatte, heftiger Tritt mit offener Sohle im Bereich der Achillessehne" ...


    Dann wird auch das Urteil entsprechend ausfallen.

  • Es geht um die Absicht - das können wir nicht beurteilen.

    Die Absicht (deliberately) müssen wir z. B. beim Handspiel und Abseits sehr wohl beurteilen. Auch bei einer Tätlichkeit müssen wir die Absicht unterstellen.

  • Auch bei der Tätlichkeit unterstelle ich keine Absicht, sondern bewerte die Fakten und schreibe die entsprechend in den Spielbericht.

  • Um eins zu klären: Wenn ich eine Rote Karte wegen einer Tätlichkeit, unterstelle ich in der Situation schon Absicht, sonst würde ich nicht rot geben. Aber im Spielbericht darf ich nichts von Absicht schreiben, weil ich diese nicht nachweisen kann.

  • Gerade bei Vergehen, die eine Absicht als notwendige Bedingung haben, ist aber wichtig, dass der SR in der Schilderung auch erwähnt, dass er eine Absicht wahrgenommen hat.

    Ansonsten kann man daraus einen Regelverstoß ableiten eben wegen des in der Dokumentation fehlenden notwendigen Kriteriums für eine Strafe.


    Natürlich schreibt man dann nicht "Rot 10 hat Blau 24 absichtlich die Faust gegen die linke Schläfe geschlagen" sondern "Rot 10 hat Blau 24 nach eigener Wahrnehmung absichtlich die Faust gegen die linke Schläfe geschlagen".

    Ersteres ist eine Wertung.

    Letzteres ist die Schilderung über die Wertung einer vergangenen Aktion.

  • Nicht wirklich: Uns wurde beigebracht, dass das Wort Absicht nichts im Sonderbericht zu suchen hat.

  • Natürlich schreibt man dann nicht "Rot 10 hat Blau 24 absichtlich die Faust gegen die linke Schläfe geschlagen" sondern "Rot 10 hat Blau 24 nach eigener Wahrnehmung absichtlich die Faust gegen die linke Schläfe geschlagen".

    Weder noch, richtig ist "Rot 10 schlug Blau 24 die Faust gegen die linke Schläfe." - fertig. Da ein solcher Schlag nicht aus Versehen passiert, steht die Absicht respektive meine Unterstellung von Absicht implizit im Satz, wird jedoch explizit nicht erwähnt. Bin ich der Auffassung, dass das aus Versehen geschah, vermerke ich das in der Schilderung entsprechend, etwa durch den Zusatz "im Rahmen einer Drehbewegung, bei der er den anderen Spieler nicht sehen konnte".

  • Wenn ich hier also, nicht schön, aber Fehler können passieren, den falschen Spieler des Feldes verwiesen habe oder aus anderen Gründen im Nachgang klar wird, dass das ein eindeutiger Fehler von mir war, so habe ich darüber ungefragt Bericht zu erstatten

    Das ist der wichtige Punkt.
    Das du darüber berichtest ist richtig, doch obliegt es dir im Nachgang nicht mehr diese Entscheidung zu bewerten.
    Beispiel einer Fehlentscheidung die du im Nachgang im Bericht vermerkst:
    Rü.Nr. 16 Heim hat Rü.Nr.2 Gast mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Ich habe daraufhin Rü.Nr. 5 Heim die rote Karte gezeigt.

    Da braucht nichts von Fehlentscheidung stehen. Hat da auch nichts zu suchen. Du gibst einfach die Fakten wieder.
    Bist du dir nicht sicher wer den Schlag ausgeführt hat, dann bist du gut daran gelegen deine Entscheidung einfach so 1 zu 1 im Bericht zu erwähnen.
    Ob das richtig war und nicht das klärt die Kreiskammer dann in einem Verfahren, sollte sich der Spieler oder der Verein beschweren.

    Die Wertungsbefugnisse eines Schiedsrichters hören ab dem Spielbericht auf.
    Was auf dem Feld passiert, auf dem Weg zum Feld oder vom Feld zur Kabine kannst du alles sanktionieren und bewerten wie du willst, doch im Bericht nun eben nicht

    So wird das von den Verbandssportgerichten und den Ausschüssen auch "gelehrt" - bzw weitergetragen in den Tagungen.

    Diese Leier wieder.. hab ich nie verstanden was das "ohne Wertung" soll.

    Das ist das Problem mit Deutschland.
    Ein Spielbericht ist eben ein Bericht. Ein Bericht, ob er nun von der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder eben vom Schiedsrichter kommt soll lediglich berichten.
    Mit Wertung und eigene Meinung ist es eher ein Kommentar. Mit einem Kommentar kann sich aber ein Dritter keine objektive Meinung darüber bilden.

    Wenn du also im Spielbericht schreibst:
    "Ich hatte angst, da so viele Spieler mich nach dem Freistoß umzingelt hatten und ich lieber schnell nachhause wollte, deshalb abbrach"
    Ist das zwar voll verständlich für den Staffelleiter, jedoch von Gefühlen so vollgepackt, dass immer ein Teil der Wahrheit fehlt.
    Nicht unbedingt zum Nachteil des Schiedsrichters!

    Darum soll man den Spielbericht auch alleine, nach dem Spiel, auf dem Platz schreiben wo die Erinnerung daran noch klar ist und man das gesehene auch direkt niederschreiben kann.
    Die Gefühle wirst du auch in 2 Wochen noch wissen, doch den genauen Sachverhalt eher weniger.

  • Rü.Nr. 16 Heim hat Rü.Nr.2 Gast mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Ich habe daraufhin Rü.Nr. 5 Heim die rote Karte gezeigt.

    Siehst Du: Ich habe einfach das Format, hier die Attribute "versehentlich" und/oder "fälschlicherweise" mit aufzunehmen - und das hat immense Wichtigkeit, wird nämlich der Klassenleiter vermutlich schon vor dem sportgerichtlichen Urteil die "Vorsperre" (bei uns ist man nach einer Roten Karte bis zur sportgerichtlichen Entscheidung gesperrt) aufheben, besonders jetzt, wo auch gerne unter der Woche stattfinden, kann das erhebliche Auswirkungen haben, weil da eben sofort und ohne langen und womöglich missverständlichen Denkprozess erkannt wird, dass da ein Fehler passiert ist; da bricht sich niemand einen Zacken aus der Krone.

  • Ich denke dass da auch mit reinspielt, dass so mancher Klassenleiter gerne die Interpretationshoheit über Sachverhalte behalten möchte und daher den Schiedsrichtern ankreidet, wenn die ihre Wahrnehmung dokumentieren.


    Die Wahrheit ist aber:

    Der Klassenleiter oder das Sportgericht haben (beispielsweise) an der Wertung einer Aktion als "absichtlich" überhaupt nichts mehr rumzuinterpretieren.

    Diese Wahrnehmung als "absichtlich" ist eine Tatsachenentscheidung und das ist die Grundlage für die im Spiel getroffene Entscheidung gewesen. Damit ist sie im Rahmen eines Berichtes eben gerade nicht mehr wertend sondern nur noch begründend. Und im Rahmen eines vollständigen Berichts ist es nunmal wichtig, dass die Wahrnehmung als "absichtlich" erfolgt ist, denn ohne Wahrnehmung einer Absicht wäre beispielsweise die rote Karte gegen den Trainer wegen Flaschenwurf aufs Feld für denjenigen, der den Bericht liest nicht nachvollziehbar oder sogar eine Fehlentscheidung/Regelverstoß. Und zwar nicht, weil der Leser den Bericht falsch liest, sondern einfach nur, weil der Bericht informativ unvollständig ist.