Das Dilemma eines Neulinge.

    Hallo,


    seit knapp 2 Wochen bin ich nun ohne Coach auf den Fußballplätzen unseres Kreises unterwegs.


    Nach meiner Anmeldung hier im Forum habe ich fleißig die vielen Beiträge konsumiert. Mangels eigener Erfahrung passiv natürlich.


    Darf ich meine gesammelten Eindrücke nun kurz in zwei Bemerkungen kundtun?

    1. Ich bin fasziniert, aus wie vielen Blickwinkeln man die verschiedenen Spielsituationen betrachten kann und welche nuancierten Entscheidungen aus den Regeln abgeleitet werden können. Boah sage ich nur.
    2. Gleichzeitig verwirrt das mich als Neuling, der natürlich gerne eine klare Richtschnur für die ersten Schritte im Schiedsrichterwesen gehabt hätte. Denn manche Bewertungen bzw. Begründungen scheinen mir das Ergebnis eines doch längeren Nachdenkens und sehr konstruiert zu sein. Dabei müssen wir doch Entscheidungen in den verschiedensten Spielsituationen innerhalb von Sekunden treffen.

    Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass ich in irgendeiner Form die Diskussionen schlecht finde, im Gegenteil, das hilft die eigene Leistung besser zu reflektieren. Ich wollte nur auf das Dilemma eines Neulings hinweisen. 😉


    Danke euch allen.

    Hallo Paulelmar,


    selbstverständlich darfst Du Deine Eindrücke hier posten, dafür ist so ein Forum da ...


    Ja, einige Diskussionen zu Regelfragen hier sind schon sehr außergewöhnlich und können leicht verwirrend wirken, zumal die Fallkonstellationen abwegig sind oder zumindest so erscheinen. An dieser Stelle gebe ich Dir aber einen Satz wieder, den unser damaliger stellvertretender Lehrwart (heute FIFA-SRA) von einem Lehrgang mitbrachte: Erwarte das Unerwartete.


    Vorab: Klar, die große Masse der Entscheidungen ist absolut klar und die wenigen Fälle, die mal so total aus dem Raster fallen, haben Seltenheitswert - aber dann ist man froh, wenn man nicht total überrascht/überrumpelt wird, sondern sicher und regelkonform entscheiden kann, wenn etwas sicher ist, dann der Umstand, dass es nichts gibt, was es nicht gibt, es ist letztlich nur eine Frage wann so etwas mal passiert.


    Ich erinnere mich sehr gut an eine Diskussion hier, bei der es darum ging, wie zu entscheiden sei, wenn Äste über das Spielfeld ragen und der Ball diese trifft. Ich gestehe, ich habe innerlich die Augen gerollt, kannte ich schlicht keinen Platz, wo das auch nur ansatzweise passieren könnte - und eines Tages hatte ich dann tatsächlich eine Spielleitung, bei dem genau das der Fall war und zu allem Überfluss fabrizierte einer eine Kerze und traf den Baum ... man, was war ich froh, dass ich wusste, was zu tun ist, ich hätte womöglich einfach weiterspielen lassen; klar, vielleicht hätte das niemand gemerkt, richtig wäre es aber eben nicht gewesen. Und auf Eckstoßvarianten verschiedenster Art stößt man auch immer öfter ... da steht man ganz schnell dumm da, wenn man darauf nicht vorbereitet ist, im Neulingslehrgang wird das aber ebenso wenig besprochen wie auf Lehrveranstaltungen, letztlich sind da immer noch Ausnahmen.


    Es ist eben wie im Berufsleben: Im Laufe der Berufsjahre - hier mit zunehmender Zahl gepfiffener Spiele - sammelt man Erfahrungen, sowohl was die Standards angeht als auch was die Ausnahmen betrifft. Und je sicherer Du bei den Standards wirst, alleine mit denen hat ein Neuling genug zu tun, desto mehr Kapazität hast Du für die Exoten ... Von daher: Nimm manche Diskussion zur Kenntnis, aber konzentriere Dich zunächst auf das Alltagsgeschäft und denke daran: Solange die Zahl Deiner Fehler auf dem Platz kleiner ist als die der Spieler, ist eigentlich alles in Ordnung, auch wenn man damit natrülich nicht zufrieden sein sollte.