Regelfragen zu Abpraller vom Schiedsrichter

  • Passendes Beispiel hierfür ist die aktuelle Auslegung der UEFA beim Abseits und dem „unkontrollierten“ Spielen.

    Naja, dort wird ja eher ein Begriff aus den Regeln mit Inhalt gefüllt (und zwar mit anderem Inhalt als zuvor). Das ist noch ein bisschen was anderes, als wenn eine Entscheidung vorgegeben wird, die sich nicht aus den Regeln ableiten lässt oder diesen sogar widerspricht.


    Dazu analog wäre in unserem Fall, wenn DFB/UEFA/IFAB klarstellen würden, was "der Ball geht direkt ins Tor" heißt, also z.B.

    "Der Ball wird von keinem weiteren Spieler berührt und überquert die Torlinie zwischen den Pfosten" oder

    "Es würde ein Tor gemäß Regel 10.1 erzielt werden, wenn keine andere Regel dies verhindert"

    So etwas hat meiner Meinung nach mehr Aussagekraft als Antworten auf Regelfragen.

    Diese Regelfragen können nämlich eigentlich maximal exakt für die beschrieben Situation gelten. Übertragen auf ähnliche Situationen birgt dann schon Unsicherheit.

    Würdest du dich weiterhin auf die IFAB-Q&A berufen, wenn in unserem Beispiel

    - nicht der TW, sondern ein Feldspieler den Abstoß ausführt?

    - der SR im Strafraum steht?

    - der TW einen Freistoß ausführt?

    Klar ist es schon logisch, dass dann das gleiche gelten sollte, aber kann man einfach davon ausgehen?

  • Zur Bilanz des Themas:

    Bei b) und c) sind sich wohl die meisten einig, wie der Stand der Dinge ist. Z.B. Manfred hat das ja in seinem letzten Beitrag beschrieben.


    Und bei a) schwanken die Meinungen zwischen "eindeutig Eckball" und "Eckball und SR-Ball lassen sich beide aus den Regeln gleichermaßen begründen".

    Dadurch, dass wir die SR-Zeitungs-Antwort mit der DFB-Auslegung "Eckball" haben, sollte klar sein, was hier die richtige Entscheidung ist.

    Und selbst bei der Meinung "Eckball und SR-Ball sind beide von den Regeln gedeckt" (die ich selbst teile), würde dies ja heißen, dass es eine Klarstellung vom Verband braucht, die wir bereits erhalten haben (wenn auch mit unsauberer Begründung).

  • Würdest du dich weiterhin auf die IFAB-Q&A berufen, wenn in unserem Beispiel

    - nicht der TW, sondern ein Feldspieler den Abstoß ausführt?

    - der SR im Strafraum steht?

    - der TW einen Freistoß ausführt?

    Klar ist es schon logisch, dass dann das gleiche gelten sollte, aber kann man einfach davon ausgehen?

    Mangels alternativen Regelfragen oder Auslegungen wäre das zumindest meine Grundlage. Die Varianten sind natürlich interessant und genauso möglich, es ergibt allerdings keinen Sinn, dass eine andere Spielfortsetzung logisch wäre, da sie ähnlich sind.


    Nehmen wir mal den Feldspieler anstelle des TW. Bei beiden Spielern liegt ein vermeintliches Vergehen vor. Weshalb sollte der vermeintlich fällige Strafstoß plötzlich den SRB stechen und der vermeintliche idF durch den TW nicht?


    Schwierig ist allerdings tatsächlich die Variante c. Die Lösung des IFAB liefert leider auch nicht den Grund der Unterbrechung. Die Möglichkeiten, die ich mir erklären könnte sind:


    1. Ball prallt vom Schiedsrichter unmittelbar Richtung Tor,

    2. wie 1. und der Ball wird doppelt berührt,

    3. wie 2 und der Ball bleibt anschließend auf dem Spielfeld,

    4. das IFAB hat sich tatsächlich geirrt.


    1. Könnte schon als aussichtsreicher Angriff ausgelegt werden. Dann wäre aber der SRB auch bei a) fällig und somit auch bei c).

    2. Hat keinerlei erkennbare regeltechnische Grundlage, aber der SRB wäre auch bei c) fällig.

    3. Könnte aufgrund des fälligen IdF als Ballbesitzwechsel ausgelegt werden. Dann würde bei c) das Tor zählen, da es zu keinem Ballbesitzwechsel kommt, der Ball nicht auf dem Spielfeld bleibt und der Ball auch nicht vom SR direkt ins Tor geht.

    4. Dann müsste es idF geben und bei c) Tor, Anstoß.


    Das heißt, dass nach dieser Logik nur 3. und 4. übrig blieben und das Eigentor bei c) zählt.


    Aber, es könnte auch sein, dass (5.) jegliche Abpraller vom SR, die unmittelbar zu einem Freistoß/Strafstoß in Tornähe oder auch einem Tor wegen zweiter Berührung führen würden, als aussichtsreicher Angriff gewertet werden.


    Das heißt, dass die Q&A tatsächlich mehr Verwirrung als Klarheit geschafft hat.

  • Bei Deiner 1 (und der 5) habe ich aber einen Einwand:

    Selbst wenn der Abpraller selbst einen aussichtsreichen Angriff auslösen würde (tut er meiner Meinung nach nicht, weil ein aussichtsreicher Angriff implizit die Aussicht auf einen Torerfolg beinhalten muss, welche aber bei einem Abstoß direkt aber gar nicht vorhanden ist), wäre dieser aussichtsreiche Angriff nicht von einem Team ausgelöst und damit nicht von 9.1 geregelt.

  • Den Wechel des Ballbesitzes (Variante 3) halte ich zwar für argumentierbar, aber auch nicht für korrekt.

    Der Ballbesitz wechselt ja nicht in Folge der SR-Berührung sondern in Folge des technischen Vergehens.


    Die Interpretation, dass der zu verhängende Freistoß den Ballbesitzwechsel im Sinne von 9.1 realisiert, hätte nämlich andere paradoxe Folgen.

    Der Torwart geht nicht zum Ball sondern beleidigt über größere Distanz einen Gegenspieler. Das würde dann genauso einen Ballbesitzwechsel auslösen wie die Doppelberührung.

    Der Eckball wäre dann ebenfalls nicht möglich, weil dadurch würde ebenfalls ein Ballbesitzwechsel ausgelöst. (Im Nachhinein sogar noch krasser: TW schiesst SR an, Ball geht ins Toraus. Dann müsste es nach dieser Interpretation SRB geben, weil der eigentlich notwendige Eckball ein Ballbesitzwechsel nach SR-Berührung wäre).


    Ich halte es hier tatsächlich am ehesten für möglich, dass das IFAB diese konkrete Regelfrage falsch begründet hat.


    Wo Nr.23 aber jetzt mal einen "Normalspieler" als ausführenden des Abstoßes reingebracht hat, vielleicht kommen wir mit einer solchen Situation näher an eine Lösung:

    Angenommen ein Verteidiger schießt den Abstoß gegen den Schiedsrichter außerhalb des Strafraums und der Torwart nimmt den Abpraller mit dem Fuß(!) an bevor er ins Tor geht.

    Ich sehe hier nicht, warum man das Spiel unterbrechen und mit SRB fortsetzen sollte. Das ist für mich eher ein ganz normaler Fall von "weiterspielen".


    Warum sollte es aber dann in dem Fall wo Ausführender und Annehmender die gleiche Person sein plötzlich die Regel 9.1 greifen, während sie nicht greift, wenn es zwei unterschiedliche Personen sind?

  • Der Eckball wäre dann ebenfalls nicht möglich, weil dadurch würde ebenfalls ein Ballbesitzwechsel ausgelöst. (Im Nachhinein sogar noch krasser: TW schiesst SR an, Ball geht ins Toraus. Dann müsste es nach dieser Interpretation SRB geben, weil der eigentlich notwendige Eckball ein Ballbesitzwechsel nach SR-Berührung wäre).

    Das wurde wurde längstens geklärt. Da der Ball nicht auf dem Spielfeld bleibt, geht es normal weiter mit Einwurf, Eckstoß oder Abstoß.


    Das mögliche Verbalvergehen ist eine neue Situation, die mit der Berührung des SR nichts zu tun hat, auch wenn das die Motivation des Täters war.


    Das Beispiel mit dem zweiten Spieler ist sehr gut. Es ist definitiv kein Vergehen und eigentlich kein Grund zur Unterbrechung. Aber da sich das Ganze in unmittelbarer Nähe des Tores abspielt, könnt allein die durch den SR verursachte Position des Ball als aussichtsreicher Angriff gewertet werden. Dann wäre der unmittelbare Ballbesitz des anderen Teams auch nicht notwendig.


    Aber klar dürfte sein, dass solange der Ball nach dem Rückprall nicht mehr berührt wird, keine Unterbrechung durch den SR erforderlich ist. Dementsprechend geht es nach Überschreitung einer Linie mit einer der drei Spielfortsetzungen weiter, außer es wird direkt ein ansonsten korrektes Tor erzielt.

  • Das wurde wurde längstens geklärt. Da der Ball nicht auf dem Spielfeld bleibt, geht es normal weiter mit Einwurf, Eckstoß oder Abstoß.

    Nach Deiner Variante 3 wäre das aber ein aussichtsreicher Angriff, der durch den Abpraller ausgelöst würde und es würde gar nicht soweit kommen, dass der Ball das Spielfeld verlässst :)

    außer es wird direkt ein ansonsten korrektes Tor erzielt.

    Falsch! Laut Regel genau dann, wenn der Ball ins Tor geht.#

    Wenn der Regelgeber "ansonten ein Tor erzielt würde" hätte er "ansonsten ein Tor erzielt würde" geschrieben und nicht "und danach ins Tor geht".

  • Und wo kommt das "erzielen" eines Tores her?

    9.1 verlangt nicht, dass ein Tor erzielt würde sondern lediglich, dass der Ball ins Tor geht. Ein Ball kann ins Tor gehen, ohne dass ein Tor erzielt wird (z. B. wenn ein Abstoß direkt ins eigene Tor geht).

  • Aus einem Abstoß kann man doch kein Eigentor erzielen. Die Aussage von Mark ist daher sowas von richtig.

    @Kaef

    Ich glaube Ihr redet aneinander vorbei. (Zumindest habe ich den Eindruck das es so ist)

    Natürlich kann aus einem Abstoß kein Eigentor erzielt werden, die Spielfortsetzung ist - und war es auch immer schon - Eckstoß

    Nachdem jetzt die SR Ball Regelung bei Ballkontakt eine Spieleoffiziellen eingeführt wurde hat man für den Fall, das ein Ball durch einen Spieleoffiziellen berührt wurde und er danach ins Tor geht die Regelung (Spezialfall) eingeführt, das es dann SR Ball gibt (Regel 9.1)
    Diese Sonderregelung ist unabhängig von irgendwelchen Vorgängen, die vorher irgendwie passiert sien. Einzige Voraussetzu8ng ist, das der Ball vor der berührung des Spieleoffiziellen IM SPIEL war.

  • Na ja. Weil man halt kein Eigentor erzielen kann, ist es völlig unerheblich, ob der Ball zwischen den Pfosten ins Aus geht, auch über den Umweg Schiedsrichter. Es kann hier nur Eckball geben.

  • auch über den Umweg Schiedsrichter. Es kann hier nur Eckball geben.

    Und diese Situation (Umweg SR) ist halt in 9.1 explizit als SRB geregelt.

    Ich hatte auch erst Eckstoß im Kopf, erinnerte mich dann aber an 9.1 und die Intention, das durch die berührung des Balls durch einen offiziellen kein Tor erzielt werden darf (war ja früher anders). Und das git für ALLE Berührungen und zu jeder Zeit.


    Den Regeltext dazu hatte ich hier schon einmal in diesem Thread verlinkt.


  • Es ist doch logisch, dass mit „Ball ins Tor“ kein Eigentor aus einem ruhenden Ball gemeint sein kann, weil sowas die Regel kategorisch ausschließt.

  • Was mich daran noch etwas stört:


    Wenn der TW den SR aus dem laufenden Spiel anschießt und der Ball geht ins Tor, gibt es SR-Ball.

    Wenn der TW den SR beim Abstoß anschießt und der Ball geht ins Tor, gibt es Eckball.

    Der TW steht also besser da, wenn ihn das aus dem laufenden Spiel passiert.


    Wenn der TW den Ball aus dem laufenden Spiel ohne SR-Kontakt ins eigene Tor schießt, gibt es Tor.

    Wenn der TW den Ball beim Abstoß ins eigene Tor schießt, gibt es Eckball.

    Der TW steht also schlechter da, wenn ihm das aus dem laufenden Spiel passiert.


    Oder anders gesagt: Beim Abstoß ist es vollkommen egal, ob er den SR anschießt oder nicht. Aus dem laufenden Spiel macht das einen großen Unterschied, nämlich Gegentor oder eigener Ballbesitz.


    Das ist für mich nicht logisch.

  • Nr.23 Ich glaube, dass es hier weniger darum geht, was bei diesen Sonderfällen im Einzelfall gerechter ist, sondern dass es logische Spielfortsetzungen gibt und der „mitspielende“ SR kein unmittelbares Tor oder eine Torchance verursacht. Ein Eckball ist auch keine echte Torchance.

  • Wenn der TW den SR aus dem laufenden Spiel anschießt und der Ball geht ins Tor, gibt es SR-Ball.

    Wenn der TW den SR beim Abstoß anschießt und der Ball geht ins Tor, gibt es Eckball.

    Der TW steht also besser da, wenn ihn das aus dem laufenden Spiel passiert.

    Doppelter Denkfehler:
    1. In beiden Fällen ist der Ball im Spiel.

    2. Es ist eben ein Unterschied ob das Ergebnis Tor oder Eckstoß lautet - zwar ist der SR-Ball anstatt Tor sicher vorteilhafter als ein Eckstoß, aber das ist eben ein Klassiker von "Die Regel ist so.", auch wenn das nicht unbedingt gerecht ist.


    Was für mich aber entscheidender ist:
    Konstellation a ist, auch wegen der Aussage in der SR-Zeitung, abgeschlossen und auch aus dem Regelwerk ableitbar, darüber sollten wir die Diskussion beenden.


    Offen bleibt, warum das IFAB bei b - und vermutlich auch bei c - den SR-Ball als richtig ansieht, aus dem Regelwerk ist das nicht ableitbar.

  • Wir sollten langsam zum Abschluss kommen.


    a) Auch wenn das Regelwerk ggf. zwei Möglichkeiten zulässt, ist die einzige SF offiziell über die SZ klargestellt. Punkt.


    b) Lässt sich über den Wortlaut des Regelwerks nicht direkt ableiten, ist aber durch das IFAB klargestellt. Leider ohne Begründung. Entweder es liegt ein Fehler vor oder das IFAB möchte durch Einwirken des SR keine unmittelbare Benachteiligung in Form eines Tores oder Tor nahen idF, wenn der Ausführende in der Regel hier eher reflexartig handelt.


    Die Grundlage für einen SRB ist jedoch, dass der Ball nicht direkt das Spielfeld verlässt. Somit muss der Ball wenigstens nochmals berührt werden, womit a) hierbei nicht im Widerspruch steht (Eckball ist auch keine unmittelbare Torchance).


    c) Nach langem Überlegen kann aufgrund von b) auch hier im Geiste des Fußballs nur der SRB die Antwort sein. Der SR erzielt zwar nicht direkt ein Tor im Sinne eines indirekten Freistoßes, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass der Regelgeber hier dann bei einem erfolglosen Torabwehrversuch das Tor will, wenn er bei b) keinen idF möchte.


    Aber wie Nr.23 schon schrieb, kann die Antwort anders lauten, wenn sich die Randbedingungen ändern. Zum Beispiel wenn sich bei einem Freistoß das Ganze außerhalb des Strafraums abspielt.


    Eine Aufarbeitung in der SZ wäre hilfreich. Wenn man schon a) thematisiert, gehören mindestens die Varianten b) und c) dazu.


    KozKalanndok Ja, wir können das Regelwerk stundenlang sezieren und werden die Lösung nicht finden.

  • Doppelter Denkfehler:
    1. In beiden Fällen ist der Ball im Spiel.

    2. Es ist eben ein Unterschied ob das Ergebnis Tor oder Eckstoß lautet - zwar ist der SR-Ball anstatt Tor sicher vorteilhafter als ein Eckstoß, aber das ist eben ein Klassiker von "Die Regel ist so.", auch wenn das nicht unbedingt gerecht ist.

    zu 1.: Ja, eben. Warum sollte das gleiche Ereignis (Ball fliegt gegen SR und dann ins Tor) dann ein unterschiedliches Ergebnis bringen? Sehe zumindest keinen Widerspruch zu meiner Aussage.

    zu 2.: Das ist ja auch in Ordnung. Aber vorher wurde teilweise gesagt, dass der Eckstoß in Fall a) auch logischer sei als der SR-Ball. Und dazu wollte ich ein Gegenargument bringen. Nicht mehr, nicht weniger.


    Ansonsten hat Mark mit seiner Zusammenfassung Recht.

  • Ich hatte ja bei lawenquires@theifab.com nachgefragt spezifisch zu Situation b (Torhüter fängt den Abpraller mit der Hand) zu der Grundlage und da tatsächich auch gerade eine Antwort bekommen. Muss aber gestehen, die Begründung des IFAB lässt nicht wie dort angegeben auf eine Entscheidung nach 9.1 und 8.2 schließen sondern benötigt zur korrekten Lösung auch noch Regel 5.2.


    Zitat von Antwort des IFAB

    The ‘spirit’ of the Law is that the ball rebounding off the referee has materially changed the play and unfairly so.


    "Materially changed the play" würde ich am ehesten mit "die Spielsituation in nennenswerten Ausmaß verändert" übersetzen. Mit der Begründing kann man also in allen drei von unseren Fällen eigentich auf SRB entscheiden.