Regelfragen zu Abpraller vom Schiedsrichter

  • Die Antwort bestätigt meine letzte Vermutung, dass man eben nicht möchte, dass eine wesentliche Veränderung des Spielgeschehens durch einen SR-Abpraller verursacht wird. „Wesentlich“ bzw. „materially“ ist eben ein idF in Tornähe und wahrscheinlich auch wenn der Ball „unmittelbar“ ins Tor geht, auch wenn es im Sinne eines Freistoßes nicht „direkt“ erfolgt.


    Der Eckstoß nach a) scheint zumindest auf DFB-Ebene keine „wesentliche“ Veränderung des Spielgeschehens zu sein und beim Ballbesitzwechsel ist der Ball auch nicht mehr auf dem Spielfeld.


    Man kann beide Situationen mit den drei Punkten aus 9.1 und 5.2 erklären.

  • Spontan würde ich auf Abseits entscheiden. Aber auch ein SR-Ball ist hier durchaus möglich. Wenn ich mich aber entscheiden muss, dann IdF wegen Abseits.

  • Ich wäre hier auch für Abseits.


    Er leitet zwar einen vermeintlich aussichtsreichen Angriff ein, dieser kann aber nicht aussichtsreich sein, wenn der Angreifer im Abseits steht.


    Dementsprechend kann es auch keinen SR-Ball geben, da ja sonst kein weiteres Kriterium dafür um Raum steht.




    Wäre er nicht im Abseits, wäre das aber mMn ein Beispiel für eben jenen aussichtsreichen Angriff, der eingeleitet wird durch die Berührung des SR.

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Rein nach dem Buchstaben der Regel wohl Abseits, weil der Ballbesitz nicht wechselt, gleichwohl fände ich den SR-Ball hier im Sinne des Fußballs die bessere Lösung.

  • Rein nach dem Buchstaben der Regel wohl Abseits, weil der Ballbesitz nicht wechselt, gleichwohl fände ich den SR-Ball hier im Sinne des Fußballs die bessere Lösung.

    Was in dem Fall irgendwie fast aufs gleiche rauskäme. IdF oder SRB mit dem Torwart, also Ballbesitz für die Abwehr bzw. hier Vorteil, da der Torhüter den Ball sicher hält.


    Da wir beim Torabstoß auf Eckstoß entscheiden, wenn der Ball vom SR zurückprallt und die Torlinie überschreitet, ist m. E. grundsätzlich Abseits richtig oder eben Vorteil.

  • Der Zeitpunkt der Unterbrechung ist hier

    ...irrelkevant. SRB gibt es dort, wo der Ball zuletzt von einem Spieler oder Spieloffiziellen berührt wurde. Der Ball ist nämlich nach 9.1 (unter der Annahme, es wäre die Einleitung eines aussichtsreichen Angriffs) bereits mit der Berührung des SR aus dem Spiel.


    Tatsächlich bin ich aber der Meinung, dass durch das Abseits kein aussichtsreicher Angriff eingeleitet wird und idF richtig wäre.

  • KozKalanndok Wenn sich der Ball zum Zeitpunkt der Unterbrechung im Strafraum befindet, gibt es immer SRB mit dem Torwart, egal wo der Ball zuletzt berührt wurde, siehe 8.2. Wann ist aber dieser Zeitpunkt, erst beim Pfiff oder schon bei der Ballberührung?


    Der Zeitpunkt der Berührung durch den Schiedsrichter alleine ist jedoch noch kein Unterbrechungsgrund. Erst wenn feststeht, dass der Ballbesitz wechselt, der Ball ins Tor gegangen ist oder der aussichtsreicher Angriff ausgelöst wurde, muss unterbrochen werden. Und da außer dem im Abseits stehenden Spieler kein anderer Angreifer zu dem Ball ging, wurde eigentlich auch kein Angriff ausgelöst. Selbst wenn der Spieler nicht im Abseits war, hätte ich das Spiel frühestens dann unterbrochen, als absehbar war, dass er den Ball bekommt und da war er bereits im Strafraum.


    In der Tat, die Frage ist tatsächlich kompliziert, wenn ein Angreifer außerhalb des Strafraums den Ball bereist berührt hat, bevor der Pfiff kommt hinsichtlich des Ortes des SRB. Dort wo ihn der SR berührt hat oder der Angreifer?

  • Freut mich, dass die Szene, so viele Diskussionsmöglichkeiten bietet, wie ich es mir gedacht habe ;)


    Bei der Frage, wer den SR-Ball bekommt, kann ich beide Sichtweisen voll verstehen.

    Persönlich wäre ich aber eher bei den Angreifern, weil

    a) sich die Syntax in 9.1 mich für eher so anhört, dass zum Zeitpunkt der SR-Berührung aus dem Spiel ist, wenn danach noch etwas Bestimmtes passiert. Aber in der Tat überhaupt nicht eindeutig

    b) Sinn und Geist von 8.2 eher sein dürfte, dass der Zeitpunkt des Unterbrechungsgrunds zählt, und nicht der Zeitpunkt der Unterbrechung (also des Pfiffs). Außerdem soll ja grundsätzlich der durch den SR-Kontakt verlorene Ballbesitz wiederhergestellt werden - mit der Ausnahme im Strafraum, um SR-Bälle für die Angreifer in zu großer Tornähe zu vermeiden.


    Ich würde noch einen Aspekt ergänzen:

    Durch das Abseits wechselt ja effektiv der Ballbesitz von den Angreifern zu den Verteidigern - und die Strafbarkeit des Abseits ist eine unmittelbare Folge der Ballberührung durch den SR.

    Wäre das nicht eine Begründung für den SR-Ball trotz Abseits?

    (Ich glaube wir hatten so eine ähnliche Diskussion schon mal beim Thema Doppelberührung nach Standardsituation)


    Und als Nebenbetrachtung: Der SRA hat scheinbar die Abseitsstellung nicht wahrgenommen. Insofern musste der SR (aus seiner Perspektive) so entscheiden, wie es ohne Abseits der Fall gewesen wäre. Deshalb ist es überraschend, dass im Spiel kein SR-Ball gegeben wurde.

  • Durch das Abseits wechselt ja effektiv der Ballbesitz von den Angreifern zu den Verteidigern

    Das ist leider kein valides Argument, denn wenn der Ball nach dem SR-Kontakt aus dem Feld geht, wechselt der Ballbesitz ja auch, dennoch gibt es dann keinen SR-Ball.


    Eigentlich belegt der Fall nur, dass die Regel nicht wirklich durchdacht ist und man über das Ziel hinausgeschossen ist. Es wäre für meine Begriffe einfacher, wenn man den Status quo ante wieder herstellte (die Berührung mit dem SR ist Luft) und lediglich ausschlösse - analog zum Handkontakt -, dass daraus unmittelbar ein Tor entsteht, meinetwegen auch noch bei Kontakten im Strafraum.

  • Das ist leider kein valides Argument,

    Genau:

    Das mit dem Ballbesitzwechsel war zunächst (bei Regeleinführung) etwas irreführend (sie Beispiel des Ausballs). Seinerzeit wurde klar gestellt, das für den Ballbesitzwechsel auch der Ball "im Feld" bleiben muss, was die eigentliche Intention der Regel auch erklärt. Der Ballbesitzwechsel muss aus dem Spiel heraus resultieren und nicht duirch eine andere Regel (bspw. Ausball) erzwungen werden.


    Aber wie das so ist, sind auch hier nicht alle Möglichkeiten restlos geklärt.


    Die Regel besagt, das ein SR Ball gegeben wird, wenn ein aussichtsreicher Angriff eingleitet wird.

    Im vorgegebenem Fall kann (wegen Abseitsposition) aber gar kein aussichtsreicher Angriff eingeleitet werden!

  • Das ist leider kein valides Argument, denn wenn der Ball nach dem SR-Kontakt aus dem Feld geht, wechselt der Ballbesitz ja auch, dennoch gibt es dann keinen SR-Ball.

    Das ist aber auch kein Argument, da der Ball in der Situation auf dem Spielfeld bleibt. :)


    Durch das Abseits wechselt der Ballbesitz, meiner Ansicht nach (und wir haben die Szene auch innerhalb unserer Regel-WhatsApp Gruppe in der Vereinigung diskutiert) sind die beiden Voraussetzungen der Regel 9 erfüllt, entsprechend kann man die SR Ball verargumentieren.


    Das ist m.E. auch die Entscheidung, "die das Spiel erwartet".

  • Das ist aber auch kein Argument, da der Ball in der Situation auf dem Spielfeld bleibt. :)

    Das ist aber ebenfalls kein Argument, denn dann wäre jede Doppelberührung nach einer Spielfortsetzung, wenn der Ball vom SR zurückprallt, ein SRB.🤔

  • Im vorgegebenem Fall kann (wegen Abseitsposition) aber gar kein aussichtsreicher Angriff eingeleitet werden!

    Aber wenn sich die Nr.20 von Napoli von der Situation entfernt und dafür einer der beiden Angreifer, die neben dem SR stehen, nachsetzen, dann wäre es doch kein strafbares Abseits.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Das ist aber ebenfalls kein Argument, denn dann wäre jede Doppelberührung nach einer Spielfortsetzung, wenn der Ball vom SR zurückprallt, ein SRB.🤔

    Der Vergleich "Doppelberührung nach ruhendem Ball" vs. "Situation im laufenden Spiel" ist aber jetzt ziemlich an den Haaren herbei geholt.

  • mfs67227 Es spielt doch keine Rolle, wie wahrscheinlich das ist. Es sind doch gerade Lehrwarte, die sich solche Fragen ausdenken wie, dass ein Spieler beim Freistoß/Abstoß den Schiedsrichter triff und abschließend den Abpraller annimmt. Die Lehrware wollten da den IdF wegen Doppelberührung, Ausnahme nur beim Torwart, der den Ball kurz vor der Torlinie hält (Auslegung IFAB).


    Und jetzt zu deiner Argumentation. Durch das Abseits entsteht ein vermeintlicher Ballbesitzwechsel, weil der Spieler den Ball unerlaubt berührt und dadurch einen idF für den Gegner verursacht. Nichts anderes passiert bei der Doppelberührung.


    Und jetzt der wahrscheinliche Denkfehler. Durch die unzulässige Berührung ist das Spiel zunächst nämlich nur erst einmal unterbrochen. Der Ballbesitzwechsel findet formal aber erst unmittelbar nach der bzw. durch die Spielfortsetzung statt. Dann kann man aber rückwirkend keinen SRB mehr geben für ein Ereignis, das vor der Unterbrechung stattgefunden hat.