Regelfrage zum Einwurf

  • Ein Spieler, der verletzungsbedingt das Spielfeld mehrere Minuten verlassen hat, möchte wieder am Spiel teilnehmen und erhält auch die Zustimmung des Schiedsrichters. Da der Gegner den Ball unmittelbar neben ihm ins Seitenaus gespielt hat, möchte dieser Spieler direkt den Einwurf von ca. einem Meter außerhalb ausführen. Darf er das oder muss er vorher das Spielfeld betreten?

  • Er muss vorher zumindest einen kleinen Bogen über das Feld machen, darf ihn also nicht direkt von außerhalb einwerfen und wieder mitspielen.

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Ich bin der Meinung, dass er nicht erst das Feld betreten muss, da er vorher schon Spieler war.

    Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute sehr
    wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung
    angesehen.

  • Ich bin da bei David, es geht um die Zustimmung, das Feld wieder zu betreten, ergo muss der Spieler, bevor er sich wieder am Spiel beteiligt - sprich den Einwurf ausführt -, auch auf das Feld begeben. Allerdings: Sollte der Spieler bei der Ausführung des Einwurfes auch nur mit einem Teil eines Fußes die Seitenlinie berühren - und das ist bei einem regelkonformen Einwurf ja zulässig -, wäre die Bedingung erfüllt.

  • Bei den Live-Situationen habe ich mich als nicht aktiver SR ja zurückgehalten, aber hier haben wir wieder reine Regeltheorie :)


    Ich denke hier muss unterschieden werden:

    1. Der Spieler braucht eine Erlaubnis zum Wiederbetreten.

    2. Der Spieler braucht eine Erlaubnis zur aktiven Spielteilnahme.


    Wenn man einen Spieler im laufenden Spiel mit den Worten "komm wieder rein" (oder auch reinwinken) das Wiederbetreten erlaubt, erlaubt man ihm implizt auch die weitere Spielteilnahme. In der Regel fallen die beiden Momente auch zusammen, hier im Einwurf-Fall aber nicht. Hier haben wir den Fall, dass die aktive Spielteilnahme vor dem Wiederbetreten erfolgen soll.


    (Analog dazu: Darf ein Spieler, der neben dem Spielfeld steht und dem die Erlaubnis zum Wiederbetreten gegeben wurde den Ball von außerhalb des Spielfelds spielen, beispielsweise weil dieser nur noch gerade so im Spielfeld liegt und der Spieler ihn von der Außenseite des Spielfelds anspielt?)


    Manfred, 96David96 Welche Regel bindet aber eurer Meinung nach das Recht der aktiven Spielteilnahme an die vorherige Ausübung des Rechts das Spielfeld wiederzubetreten?


    Meine Meinung dazu: Wenn dem "geheilten" Spieler das Wiederbetreten (und damit die weitere Spielteilnahme) erlaubt wurde, darf er den Einwurf ausführen, auch wenn er nicht am Ende mit den Füßen auf der Linie steht. Abzugrenzen ist das aber von einem Auswechselspieler der gerade eingewechselt wird. Da ist nämlich festgelegt, dass dieser erst mit Betreten des Spielfeldes zum Spieler (und damit zur aktiven Spielteilnahme berechtigt) wird.



    PS:

    Ganz hardcoremäßig könnte man sogar noch ganz anders argumentieren (falls ich nicht eine Regelstelle übersehen habe):

    Dem geheilten Spieler ist es nur verboten das Spielfeld ohne Erlaubnis wiederzubetreten. Für das Ausführen eines Einwurfes muss man das Spielfeld nicht betreten (ist übrigend die einzige Standardsituation bei der das so ist). Welche Regel hat diesem Spieler eigentlich die Ausführung des Einwurfes auch ohne Erlaubnis des Wiederbetretens untersagt? Die Bedingungen um einen Einwurf auszuführen erfüllt er ja...er ist Spieler, er kann (hoffentlich) stehen und den Ball von hinten über den Kopf werfen...

    Wo genau ist eigentlich untersagt, dass ein Spieler, der eine Wiedereintrittserlaubnis braucht, nicht den Ball im laufenden Spiel von außerhalb des Spielfeldes spielen darf?


    Und noch eine Kuriosität:

    Ein Spieler, der beim Einwurf so weit im Feld steht, dass er mit der Hinterkante der Ferse gerade noch so auf der Seitenlinie steht und den sich senkrecht über dem Kopf befindenden Ball noch nicht losgelassen hat, begeht eigentlich ein Handspielvergehen. Der Ball wäre nämlich schon seit dem Moment im Spiel, in dem sich ein Teil von ihm über der Linie befindet.

  • Problem:
    Was machst Du, wenn der Spieler den Einwurf quasi neben seiner Behandlungsstätte zwei Meter vom Spielfeldrand entfernt ausführt? Ist dann für jeden Spielteilnehmer ersichtlich, dass der einen zur Spielfortsetzung gültigen Einwurf ausführt? Oder wäre es nicht legitim anzunehmen, dass der Spieler den Ball nur einem Mitspieler zuwerfen will? Solche Zweifelsfälle darf es nicht geben, das ist nicht im Sinn und Geist des Fußballs und der Fairness. Es muss daher allen klar sein, dass der Spieler, der eben noch behandelt wurde, jetzt wieder aktiv am Spiel teilnimmt - und die einzig unzweifelhafte Form hierfür ist, dass der Spieler das Feld wieder betritt.

    Sicher, es gibt Grenzfälle, theoretisch könnte der Schiedsrichter so laut rufen, dass es jeder auf dem Platz mitbekommt, dass der eben noch behandelte Spieler jetzt wieder am Spiel teilnimmt - aber wie realistisch ist so etwas. Den weit näherliegenden Grenzfall, dass der Spieler den Einwurf so ausführt, dass mindestens ein Teil eines Fußes eine Linie berührt (und damit das Feld betritt), hatte ich schon beschrieben, weiter ausdehnen darf man das m.E. nicht.

    Für das Ausführen eines Einwurfes muss man das Spielfeld nicht betreten (ist übrigend die einzige Standardsituation bei der das so ist).

    Nein. Ein Eckstoß, bei dem der Ball so weit über der Linie liegt, dass er nur noch in Breite einer dünnen Scheibe über der Linie, ansonsten aber außerhalb liegt, ist regelkonform platziert - und es ist problemlos möglich, hier einen Eckstoß auszuführen ohne auf dem Feld zu sein (der kann ja auch kurz ausgeführt werden). Und jetzt stellen wir uns einmal vor, genau dieser Sachverhalt liegt vor: Können die Gegenspieler dann wissen, ob der Eckstoß ausgeführt wurde oder ob der eben noch behandelte Spieler den Ball nur seinem Mitspieler positionieren will?

    Ein Spieler, der beim Einwurf so weit im Feld steht, dass er mit der Hinterkante der Ferse gerade noch so auf der Seitenlinie steht und den sich senkrecht über dem Kopf befindenden Ball noch nicht losgelassen hat, begeht eigentlich ein Handspielvergehen. Der Ball wäre nämlich schon seit dem Moment im Spiel, in dem sich ein Teil von ihm über der Linie befindet.

    Ein ganz anderer Sachverhalt, bei dem aber zu klären wäre, wann der Ball beim Einwurf eigentlich im Spiel ist - und das ist keineswegs eindeutig. Einerseits kann der Ball erst im Spiel sein, wenn er die Linie überquert, andererseits jedoch nicht bevor er die Hände des Werfenden verlässt - ergo ist klar, dass der Ball formal schon im Spielfeld, aber eben nicht im Spiel ist, damit kann auch kein Handspiel vorliegen.

  • Die Frage war für mich neu, da ich sie bisher nur in ähnlicher Form mit der einem Einwechselspieler kenne.


    Manfred hat die Frage vollkommen korrekt beantwortet. So will es das IFAB, nachzulesen auf dessen Facebook-Seite am 22.02.2022. Leider wird ausgerechnet das „vorher Betreten Müssen“ regeltechnisch nicht begründet.


    Es gilt wohl der ungeschriebene Grundsatz, dass nur Spieler am Spiel teilnehmen dürfen, die sich auf dem Spielfeld befinden, wobei ein Spieler, der in der Spielbewegung eine Begrenzungslinie überschreitet, kein Vergehen begeht und zum Spiel gehört. Darunter fällt auch das Ball Holen oder die Ausführung einer Spielfortsetzung insbesondere des Einwurf.


    Um das Spielfeld in der Spielbewegung also verlassen zu können, muss der Spieler logischerweise vorher darauf gewesen sein oder eben den Einwurf die Linie berührend ausführen. Woher sonst sollte der Gegner formal wissen, dass der Spieler formal wieder mitspielt?


    Laut Regel 3.8 wird auch explizit die Genehmigung nur für den Wiedereintritt gegeben und nicht nur für das wieder Mitspielen dürfen.


    KozKalanndok Ich habe deine Antwort sinngemäß vorausgesehen 8o

  • In Regel 3.8 steht ja "Wenn ein Spieler, der die Erlaubnis des Schiedsrichters benötigt, um das Spielfeld wieder betreten zu dürfen...".

    Wo genau ist eigentlich geregelt, dass dies bei jeder Verletzungsbehandlung der Fall ist?

    Ich habe es in 5.3 nur für blutende Spieler gefunden.

  • Regel 5.3 "Verletzungen" in Verbindung mit Regel 12 "Verwarnungswürdige Vergehen":

    Zitat

    Betreten, Wiederbetreten oder absichtliches Verlassen des Spielfelds ohne die Erlaubnis des Schiedsrichters

    Grundsätzlich braucht also jeder Spieler, der das Feld betreten oder verlassen will, die Zustimmung des Schiris - oft sehen wir die als implizit erteilt an, dieser Fall muss aber eindeutig sein.

  • Nr.23 sehr umständlich aus


    5.3: „Ein verletzter Spieler darf nicht auf dem Spielfeld behandelt werden und darf dieses erst nach der Spielfortsetzung wieder betreten.“


    12.3: Betreten, Wiederbetreten oder absichtliches Verlassen des Spielfelds ohne die Erlaubnis des Schiedsrichters

  • So will es das IFAB, nachzulesen auf dessen Facebook-Seite am 22.02.2022.

    Da frage ich mich dann, wann genau Facebook Teil der "Laws of the Game" geworden ist.

    Wenn das IFAB das so gepfiffen sehen will, dann sollen sie's doch in die Regeln schreiben.




    Zu der anderen Kuriosität

    Ein ganz anderer Sachverhalt, bei dem aber zu klären wäre, wann der Ball beim Einwurf eigentlich im Spiel ist

    Was ist an dem Satz "Der Ball ist im Spiel, wenn er sich innerhalb des Spielfelds befindet." noch für Klärungsbedarf? Der ist doch eindeutig. Wenn in dem Moment dann noch eine Hand dran ist, dann haben wir einen Ball-im-Spiel und absichtlich eine Hand dran.

    Mit dem Eckstoß das ist mir übrigens zu spät noch eingefallen :)

  • Was ist an dem Satz "Der Ball ist im Spiel, wenn er sich innerhalb des Spielfelds befindet." noch für Klärungsbedarf? Der ist doch eindeutig. Wenn in dem Moment dann noch eine Hand dran ist, dann haben wir einen Ball-im-Spiel und absichtlich eine Hand dran.

    Na ja, so eindeutig ist das nicht ... Es macht schlicht keinen Sinn, dass das Regelwerk zulässt, sich in einer Art und Weise beim Einwurf aufzustellen, dass es faktisch unvermeidlich ist, dass der Ball die Hand noch berührt, obgleich der Ball sich zumindest teilweise im Spielfeld befindet, wenn die - regelkonforme - Ausführung dann wiederum einen Verstoß gegen die Regel 12 darstellen soll. Ich betrachte das daher als Sonderregel, welche die allgemeine Regel zum Handspiel in Regel 12 dominiert, da ausdrücklich zugelassen, zumal das auch dem Sinn und Geist der Regel entspricht, unabhängig vom formalen Wortlaut.

  • Da frage ich mich dann, wann genau Facebook Teil der "Laws of the Game" geworden ist.

    Wenn das IFAB das so gepfiffen sehen will, dann sollen sie's doch in die Regeln schreiben.

    Facebook, Twitter & Co. sind (leider) die aktuellen Plattformen, mithilfe derer offensichtlich die Öffentlichkeit erreicht wird. In immer mehr Firmen gibt es daher auch eigene Abteilungen, die nichts anderes machen. Wer da nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.


    Aber ich stimme dir zu, dass der „Fisch vom Kopf stink“. Auch schon das IFAB könnte Klarstellungen und Auslegungen regelmäßig im Regelwerk niederschreiben und dafür unsinnige Passagen streichen, z. B. „der idF, wenn der TW den Eckstoß ausführt und anschließend den Ball ein zweites Mal im eigenen Strafraum mit der Hand berührt“.

  • Facebook, Twitter & Co. sind (leider) die aktuellen Plattformen, mithilfe derer offensichtlich die Öffentlichkeit erreicht wird. In immer mehr Firmen gibt es daher auch eigene Abteilungen, die nichts anderes machen. Wer da nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

    Dann gehe ich gerne mit der Zeit - und immer mehr Firmen ziehen sich übrigens aus verschiedensten Gründen aus dieser Art der Öffentlichkeitsarbeit zurück. Und nicht jeder Schiri weltweit nutzt solche Medien, von der Zugänglichkeit, die in diversen Ländern ja durchaus eingeschränkt ist, ganz abgesehen. Aber unabhängig davon, drehen wir auch hier - wie in einem anderen Thema - den Kreis zu: Wie müssen Regel(auslegungs)änderungen eigentlich kommuniziert werden?

  • Und die Qualität dieser Öffentlichkeitsarbeit ist häufig grottig, selbst bei nominellen Selbstläufern. Bloß weil Social Media als Must have angesehen wird, ist es aus diversen Gründen für die Verbreitung von Lehrarbeit nur beschränkt nutzbar.


    Mit Verlaub, das hatte ich schon geschrieben, was von FIFA, UEFA und IFAB kommt ist nicht uneingeschränkt auch das, was auf Gruppen- oder Kreisebene im deutschen Landesverband umgesetzt werden soll.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Es sollte hier um die Regelfrage an und für sich gehen und nicht, wie diverse Institutionen wichtige Informationen verbreiten. Die Frage selbst war für mich neu und die Antwort lässt sich schlüssig aus dem Regelwerk ableiten.


    Ich habe eine Quelle genannt, die überprüfbar ist. Gesehen habe ich diesen „practical advice for match officials“ übrigens auf Twitter, da ich dem IFAB folge. So bleibe ich immer aktuell informiert;). Alle dort veröffentlichten Informationen sind für mich bindend, solange es keine aktuelle ausdrücklich andere Lehrmeinung vom DFB, Verband oder Kreis gibt.


    Und der Internetauftritt inkl. Anbindung an Twitter und Facebook sowie der App ist bei „theifab“zurzeit der beste im Vergleich zu unseren Verbänden.

  • Ist doch unstrittig und die Regelfrage sollte damit zweifelsfrei gelöst sein - aber manchmal entwickeln sich Themen eben mit einer gewissen Eigendynamik weiter, was auch nicht unbedingt ein Problem ist ...

  • Mark, da liegt genau der Hase im Pfeffer. Über Jahrzehnte hinweg war die klare Ansage, dass Regeländerungen bzw. Auslegungen erst nach Mitteilung durch die Lehrkremien des DFB umzusetzen sind. Deshalb sind Mitteilungen des IFAB nice to know, können aber, sofern nicht durch den DFB oder Landesverband abgesegnet, nicht als mehr als eine mentale Richtschnur genommen werden, nicht jedoch als zwingend anzuwendende Anweisung. Wobei im Fall des Einwerfens nach Verletzung Deckungsgleichheit besteht.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Ich kenne schon diese „klare Ansage“ mangels Quelle nicht. Wenn das IFAB regelmäßig Q&A sowie praktische Ratschläge veröffentlicht, dann ist die Zielgruppe nicht der DFB, sondern alle Fußball Interessierten.


    Und da sich der DFB hierzu nicht äußert, gehe ich von dessen impliziter Zustimmung aus.