Jetzt vermengen wir aber zwei Dinge:
1. Was kann/darf/soll/muss der Schiedsrichter tun, nachdem ihm ein solcher Lapsus passiert ist?
2. Was macht ein Sportgericht aus einem solchen Fehler?
Gerade die zweite Frage ist zwar interessant, darf unsere Handlungen auf dem Feld aber nicht beeinflussen, da das Sportgericht weitere Faktoren berücksichtigt, die teilweise erst nach dem Spiel feststehen, wie etwa das Ergebnis des Spieles - hat etwa die Mannschaft, die sich hätte reduzieren müssen, das Spiel dennoch verloren, wird kein Sportgericht eine Neuansetzung anordnen ...
Wir dürfen uns also nur mit dem ersten Aspekt beschäftigen - und der ist m.E. in den Regeln eindeutig: Wir haben den Sachverhalt gesehen, bewertet und geahndet und das Spiel auch entsprechend fortgesetzt; damit ist, wie unser Lehrwart das gerne ausdrückt, die Schranke geschlossen, ein Nachzeigen des Rote-Karte-Anteils, es ist ja keine eigenständige Rote Karte, kommt damit nicht mehr in Betracht. Wirklich spannend - und auch unklar - ist, ob es eigentlich der Roten Karte bedarf:
ZitatSpieler, Auswechselspieler oder ausgewechselte Spieler, die eines der folgenden Vergehen begehen, werden des Feldes verwiesen:
...
zweite Verwarnung im selben Spiel
...
Regel 12 (Seite 78, PDF-Seite 80) sagt damit, dass die zweite Verwarnung eigentlich schon genügt, um den Feldverweis zu verwirken. Dann kommt aber die DFB-Anweisung Nr. 5 zur Regel 12 ins Spiel:
ZitatWird ein bereits verwarnter Spieler während eines Spiels in Folge einer zweiten Verwarnung des Feldes verwiesen, muss der Schiedsrichter ihm zuerst die Gelbe Karte und unmittelbar danach die Rote Karte zeigen. (Damit soll deutlich signalisiert werden, dass der Feldverweis aufgrund des zweiten verwarnungswürdigen Verstoßes und nicht etwa aufgrund eines Verstoßes, der einen sofortigen Ausschluss zur Folge gehabt hätte, ausgesprochen wurde.)
Es ist nun spannend, ob der nach Regel 12 ausgesprochene Feldverweis durch die Regelung storniert wird, wenn der Schiedsrichter die Rote Karte vergisst, andererseits spricht die Anweisung selbst lediglich von einer Signalwirkung. Damit ist deutlich, dass es der Roten Karte für den Ausspruch des Feldverweises gar nicht bedarf.
Nun haben wir aber die Situation, dass wir als SR das Spiel fortsetzen, ohne darauf zu warten/zu bestehen, dass dieser des Feldes verwiesene Spieler das Feld auch verlässt, wir gestatten ihm sogar regelwidrig die weitere Spielteilnahme - und das ist irreversibel. Wir können also, diesbezüglich sind die Ausführungen von Mark schon sinnvoll, den Spieler auf unseren Fehler hinweisen, vielleicht ihm auch verdeutlichen, dass wir dies melden werden und ein freiwilliger Verzicht auf die weitere Spielteilnahme ebenfalls gemeldet würde, was die Entscheidung des Sportgerichtes beeinflussen könnte (bitte bewusst im Konjunktiv bleiben und auch keine Richtung andeuten), mehr können wir aber eben nicht machen, unser Fehler hat Bestand. Für das Nachzeigen des Rote-Karte-Anteils gibt es jedenfalls keine Regelgrundlage.