Zwei Verwarnungen in einem Spiel

  • In einem Spiel der Kreisliga (also ohne neutrale SRA) geht es hoch her und die Karten fliegen nur so nach beiden Seiten, damit der SR das Spiel einigermaßen im Griff behält. Als der SR nach Abpfiff der ersten Halbzeit vom Platz geht, stellt sich ihm ein furchtbar aufgeregter Gästetrainer in den Weg und wirft ihm vor, er habe die Nummer 8 von Heim einmal in der 11.Minute wegen einer Grätsche an der Seitenlinie und einmal wegen Trikotziehens in der 43.Minute verwarnt. Als der SR in der Kabine noch einmal seine Aufzeichnungen prüft, stellt er fest, dass der Trainer von Gast recht hat - er hatte die erste Verwarnung versehentlich bei der Nummer 7 eingetragen, weil er in der Zeile verrutscht ist.


    Frage 1 ist rein rhetorisch: Da das Spiel mittlerweile fortgesetzt wurde, gehe ich davon aus, dass der Vorgang nur noch im Spielbericht eingetragen wird, und die Nummer 8 selbstverständlich keinen nachträglichen Feldverweis mittels :gelbe_karte::rote_karte: bekommen kann. So weit so klar.


    Frage 2: Was passiert nun, wenn sich Nummer 7 seine Verwarnung in der 2.Halbzeit abholt? Dann sollte es doch ebenfalls keine :gelbe_karte::rote_karte: geben, sondern es bleibt bei :gelbe_karte: , richtig? (mit besten Dank an den Gästetrainer, der sozusagen den unberechtigten Platzverweis verhindert hat ;) )


    Frage 3: Wie sieht das nun aus, wenn eine Gelb-Rote Karte ein Spiel Sperre nach sich zieht?

    a) wenn der SR wie oben geschrieben den gesamten Vorgang korrekt gemeldet hat

    b) wenn der genervte SR in der Pause NICHT nochmal nachschaut, weil der Gästetrainer ohnehin bei jeder Entscheidung reingebrüllt hat, und dem SR der Fehler daher nicht aufgefallen ist?

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Frage 1: Fehler passiert, Meldung machen, der Spieler wird zunächst so behandelt, als sei er nur verwarnt.

    Frage 2: Der 7er wurde ja nicht verwarnt, sondern ist nur Opfer eines falschen Eintrags. Wenn der also verwarnt werden soll, ist es natürlich seine erste Verwarnung.

    Frage 3:

    a) Braucht uns zum Glück nicht zu interessieren, wir melden und fertig.

    b) Was wir nicht merken, können wir auch nicht melden - einfach abwarten, ob da eine Rückfrage kommt.

  • Also erstmal vorneweg:

    Das ist ein Regelverstoß mit potenziell spielentscheidender Auswirkung. Das könnte durchaus zu einer Neuansetzung führen.


    Meldung im Spielbericht ist da zwingend notwendig. Aber eine Möglichkeit den Fehler selbst zu korrigieren sehe ich hier nicht mehr.


    Ich glaube das zielführendste wäre, die Situation mit den Spielführern zu besprechen und vorzuschlagen(!), dass der betroffene Spieler in der zweiten Hälfte ersatzlos rausgenommen wird.

    Damit kriegt man zwar den Regelverstoß nicht weg, aber wenn sich die Spielführer darauf einlassen, dann wäre die Beeinträchtigung durch den Regelvertoß gering genug, dass es wenigstens nicht zu einer Neuansetzung kommen muss. Wenn die ihren Mann aber weiterspielen lassen wollen, dann kannst Du das nicht verhindern.

    Wird halt alles neutral im Spielbericht geschildert, auch wer nicht an einer Minimierung der Auswirkung des bereits bewussten Regelverstoßes mitwirken wollte.

  • Ich glaube das zielführendste wäre, die Situation mit den Spielführern zu besprechen und vorzuschlagen(!), dass der betroffene Spieler in der zweiten Hälfte ersatzlos rausgenommen wird.

    Sorry, aber der Versuch, einen Regelverstoß proaktiv durch einen weiteren Regelverstoß zu kompensieren, das geht gar nicht.


    Wenn man einen Bock geschossen hat, dann können wir nur eine Meldung machen, alles Weitere müssen dann die Spruchkammern entscheiden.

  • Hallo.


    Wie schon geschrieben, Sachverhalt im Rahmen einer Meldung an den Verband schildern. Sobald ich Kenntnis davon habe, dass hier ein Bock geschossen wurde, muss ich zumindest prüfen, um wahrheitsgemäß die notwendige Meldung abgeben zu können, daher muss ich 3 b) als Lösung mental streichen, auch wenn mir als SR der Trainer unangenehm ist. Denn dass in so einem Fall ein Einspruch kommen wird ist relativ sicher, und je besser der Vorgang dokumentiert wird und ich meinen Pflichten als SR nachgekommen bin, umso einfacher kann der Fall entschieden werden.


    Die Verwarnung für die 7, da fälschlicherweise notiert, hat für den Spieler keine Bewandtnis. Daher die Notiz korrigieren. Ob der unterlassene Feldverweis nun wirklich spielentscheidende Wirkung hat oder nicht hängt von mehreren Faktoren ab, für die das Sportgericht die Entscheidung treffen muss, nicht ich als SR. Das, was ich in solch einer Situation mitteilen werde, ist, dass eine Falschnotiz gemacht wurde und das an den Verband melden werde. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn die Mannschaften das unter sich regeln soll mir das Recht sein, ich werde auf irgend welche vermeintliche Fair-Play-Aktionen aber aktiv mich nicht einlassen, da das wiederum einen aktiven Eingriff ins Spiel bedeutet, auch wenn die Absicht löblich ist.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Die Nr.7 ist natürlich nicht verwarnt. Was haben wir:


    Der SR hat ein verwarnungswürdiges Vergehen als Tatsachenentscheidung durch die Nr. 8 erkannt und bestraft. Er hat auch der Nr. 8 die zweite Gelbe Karte für alle Beteiligten erkennbar gezeigt.


    Somit hat das Schiedsrichterteam auch ein feldverweiswürdiges Vergehen erkannt. Und solche können seit „Zidane“ auch offiziell später mit Rot geahndet werden.


    Meines Erachtens könnte man die späte Rote Karte auch in der Halbzeit noch zeigen und irgendwie im Sinne der Regel argumentieren.


    Natürlich muss der Vorfall gemeldet werden und was das Sportgericht daraus macht bzw. wer dann überhaupt Einspruch einlegt, wissen wir nicht.

  • Mark, es ist ein Einzelschiedsrichter, der den Fehler durch den Gästetrainer nach Beendigung der Halbzeit als Reklamation bekommt. Steht genau so im Eingangspost.


    Bei Zidane ging es um das Einwirken des 4. Offiziellen, was zum Zeitpunkt des Finales so eigentlich nicht hätte stattfinden dürfen. Plus der FaD wurde in der Situation, vor Spielfortsetzung, auf Grundlage der Aussage des 4. Offiziellen getroffen und nicht nach erfolgter Spielfortsetzung und Beendigung des Spielabschnittes.

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    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

    Einmal editiert, zuletzt von jambala ()

  • jambala Das stimmt. Somit besteht das „Team“ nur aus einer Person.


    Entscheidend ist, dass der SR selbst eindeutig ein Vergehen der Nr. 8 gesehen und auch bestraft hat. Ob er dann einen Hinweis des Trainers bekommt oder es ihm plötzlich von alleine auffällt, dass er den Feldverweis noch nicht ausgesprochen hat, ist irrelevant.


    Wie geschrieben, der verspätete Feldverweis ist regeltechnisch nicht grundsätzlich unmöglich. Wichtig ist, dass das Vergehen auch von einem SO wahrgenommen wurde.

  • Kaef jain, denn ein zweites verwarnungswürdiges Vergehen ist automatisch auch ein feldverweiswürdiges.


    Das Spiel ist im Ar…, allerdings besteht noch eine minimale Chance der „Heilung“ bzw. Wertung, wenn das benachteiligte Team wenigstens die zweite Halbzeit in Überzahl spielt.


    Und die verspätet gezeigte Rote Karte könnte man ggf. so rechtfertigen.

  • Macht der Trainer Dich nicht darauf aufmerksam, das ist das, was aus der Ursprungsschilderung zu lesen ist, wäre es nicht aufgefallen. Daher ist diese Aussage Unsinn. Sorry, das ist eine konstruierte Begründung. Wieder mal von der ursprünglichen Konstellation der Eingangsfrage abgewichen, um fragwürdig zu begründen.


    Grade von Dir geäußert, ist das Pharisäertum. Wie sagst Du immer wieder: Auf welcher Regel begründet Du das nachträgliche Zeigen nach erfolgter Spielfortsetzung?

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    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Sorry, aber der Fall ist eindeutig: Der Schiedsrichter hat ja das Vergehen selbst wahrgenommen, bewertet und sogar bestraft - mit der zweiten Verwarnung -, es liegt also kein "Fehler" im Sinne einer Nicht- oder Falschwahrnehmung vor. Der Schiedsrichter kann also den Umstand, dass er nach der zweiten Verwarnung nicht noch den Ampelteil Rot gezeigt hat, nach der Spielfortsetzung nicht mehr korrigieren, ganz egal ob er das selbst merkt oder von anderer Seite darauf aufmerksam gemacht wird.

  • Mir ist das Ganze grundsätzlich klar. Die Frage ist, ob sich die besch… Situation wirklich verschlechtert, wenn der SR folgenden Regeltext aus 5.2 anwendet und etwas anders auslegt:


    Zitat

    Vorbehaltlich von Regel 12.3 und des VAR-Protokolls darf eine Disziplinarmassnahme nach Fortsetzung des Spiels nur ausgesprochen werden, wenn ein anderer Spieloffizieller das betreffende Vergehen ausgemacht und dem Schiedsrichter vor Wiederaufnahme des Spiels zu melden versucht hat. In diesem Fall wird das Spiel nicht gemäss der für dieses Vergehen vorgesehenen Spielaufnahme fortgesetzt.


    Ich weiß, dass es sehr weit hergeholt ist und dem Wortsinn nach eine Rote Karte in der HZ nicht möglich ist, er selbst ist kein „anderer“ SO und er hat auch nicht versucht, sich selbst darauf aufmerksam zu machen.


    Formal darf man einen Regelverstoß nicht durch einen weiteren Regelverstoß versuchen zu heilen. Daran müssen wir festhalten.


    Die Frage, insbesondere in den ganz unteren Klassen, ist trotzdem nicht ganz unberechtigt, ob es im Sinne des Spiels nicht besser ist, Regeln etwas eigenwillig auszulegen und als SR dann ggf. die Konsequenzen zu tragen.


    Eines steht fest, wenn die benachteiligte Mannschaft nicht punktet, ist die Wiederholung bei einem Einspruch sicher.


    Ob dann auch ein Einspruch der Mannschaft des Achters Erfolg hätte, wäre interessant.

  • Meines Erachtens könnte man die späte Rote Karte auch in der Halbzeit noch zeigen und irgendwie im Sinne der Regel argumentieren.

    Damit hast Du Deinen Titel "Regelkönig" aber schwer beschädigt. Nach erfolgter Spielfortsetzung ist nichts mehr möglich. Sorry

  • BestRefinTown Das habe ich doch weiter unten erläutert und auch die dementsprechende Regelpassage zitiert.


    Nach erfolgter Spielfortsetzung ist tatsächlich nicht alles nicht möglich, es gibt nämlich eine Ausnahme, die hier selbstverständlich nicht wortwörtlich zutrifft.


    Mir geht es nur um das Gedankenspiel. Es gibt genügend offizielle Auslegungen, deren Grundlage noch weniger im Regelwerk zu finden sind.

  • Nach erfolgter Spielfortsetzung ist nichts mehr möglich. Sorry

    Na ja. Ganz so ist's nun doch nicht. Eine rote Karte ist wohl noch möglich --> siehe Zitat von Mark in seinem letzten Post.

    Beim "Alleinpfeifer" hast Du natürlich recht.

  • Als Alleinpfeifer greift allein der Absatz davor, geht mir was in der Situation durch und ich stelle das im Nachhinein nach Fortsetzung fest, kann ich es im Spiel nicht korrigieren. Und nichts anderes macht grade in den unteren Klassen Sinn, da das im Regelfall inflationäre Selbstinterpretation diverser SR-Spezln zur Folge hat, weil es dann plötzlich "so gewollt ist", "im Sinn der Regeln" unbeschränkt nachzuziehen.


    Mark, erst mit so einem Manöver ist die Wiederansetzung vorprogrammiert, weil hiermit faktisch ein Regelverstoß begangen wird, der nicht durch die von Dir zitierte Stelle der Regel 5 gedeckt ist. Abhängig von Spielstand und weiteren Faktoren bedeutet eine Reduzierung der Spieler eben nicht zwangsläufig eine Neuansetzung. Solange die zuständige Sportgerichtsinstanz hier nicht von einem spielentscheidenden Fehlverhalten des SR überzeugt ist, heißt das noch lange nicht, dass das Spiel bei ordnungsgemäß gegebenem Abschluss des Spiels auch neu ansetzen wird.

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    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Wenn eine Mannschaft punktet, die nachweislich wegen eines Regelverstoßes des Schiedsrichters länger als eine Halbzeit einen Spieler zu viel auf dem Spielfeld hat, sollte es bei einem Protest kaum Argumente geben, die eine Wiederholung ausschließen.


    Anderes Beispiel:


    Bei einem Massenwechsel in der 30. Minute bemerkt der SR nicht, dass zwar 4 Spieler eingewechselt werden aber nur 3 das Spielfeld verlassen (z. B. bei Spielen mit Rückwechsel möglich, da ausgewechselte Spieler nicht gemeldet werden).


    Erst in der Halbzeit bemerkt er, dass Heim seit der 30. zu zwölft spielt. Darf Heim jetzt auch die zweite HZ mit 12 Spielern weiterspielen, da das Spiel mittlerweile ja mehrmals fortgesetzt wurde? Wohl kaum.


    Ähnlich sehe ich es mit dem Achter. Durch seine zwei vom SR geahndeten Gelbvergehen hat er gemäß Regelwerk für dieses Spiel keine Spielberechtigung mehr und hat den Innenraum zu verlassen, sobald der SR seinen „Buchhaltungsfehler“ bemerkt.


    Der eher unwahrscheinliche* Fall ist meines Erachtens so klar garnicht.


    *die Proteste sollten schon vor der Spielfortsetzung so deutlich sein, dass der SR den Irrtum entweder gleich korrigiert oder eben gar nicht, weil er sich das ausschließlich auf seine Notizen verlässt.

  • Schmeiß bitte nicht wieder mal zwei Dinge durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben. Und die vor allem wieder mal nichts mit dem ursprünglichen Szenario zu tun haben, ergo zur Lösung der ursprünglichen Frage nicht beitragen.


    Das nachträgliche Erteilen des Feldverweis ist schlicht nicht möglich. Warum versuchst Du das weiterhin herbeizureden? Im ursprünglichen Beispiel bemerkt es der allein pfeifende SR erst durch den Hinweis des Trainers nach Beendigung der Halbzeit und stellt es erst in der Kabine als zutreffend fest. Durch die stattgefundene Fortsetzung des Spieles lässt Regel 5 hier keinerlei Spielraum:

    Wenn das Spiel fortgesetzt wurde oder der Schiedsrichter die erste oder zweite

    Halbzeit (einschließlich der Verlängerung) beendet und das Spielfeld verlassen

    oder das Spiel abgebrochen hat, darf der Schiedsrichter eine Entscheidung zur

    Spielfortsetzung nicht ändern, wenn er feststellt, dass diese nicht korrekt ist,

    oder er von einem anderen Spieloffiziellen einen Hinweis erhält.

    Sofern das Spielfeld noch nicht verlassen worden wäre und der SR die Spieler nochmals aufs Feld beordert hätte, wäre es sogar noch möglich:

    Verlässt der Schiedsrichter das Spielfeld nach Ende einer Halbzeit jedoch, um sich in den

    Schiedsrichter-Videobereich (SVB) zu begeben oder um die Spieler auf das Spielfeld zurückzubeordern, darf er eine Entscheidung zu einem Vorfall, der sich vor Ende der Halbzeit zugetragen hat, ändern.

    Davon ist aber im ursprünglichen Beispiel keine Rede, also auch kein gültiges Argument für die Verhängung des FaD.


    Der von Dir zitierte Passus ließe es nur zu, wenn der SR es noch vor der Spielfortsetzung hätte mitgeteilt bekommen sollen durch einen anderen Spieloffiziellen, dieser Versuch aber nicht bemerkt wurde. Mangels weiterer Spieloffizieller ist der Passus nicht anwendbar.


    Das Thema Wechsel ist in der Regel 3 klar geregelt. Die Reduzierung auf 11 Spieler ist unabhängig vom Zeitpunkt des Feststellens klar vorgegeben. Bemerke ich es erst nach Beendigung der Halbzeit und vor Fortsetzung des Spiels, ist ein überzähliger Spieler vom Feld zu nehmen und das Spiel erst dann mit dem Anstoß zur 2. Hälfte fortzusetzen. Hier wird die verzögerte Anwendung sogar explizit in verschiedenen Zusammenhängen beschrieben und sogar vorgegeben. Anders als in Regel 5 mit der persönlichen Strafe.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Ich finde das eine wirklich spannende Frage.


    Zunächst: Mir wird hier zu viel Fokus auf den Trainer gelegt. Natürlich gibt der Trainer den Impuls für den SR, den Sachverhalt in der Halbzeitpause nochmal zu überprüfen. In dem Ausgangsbeitrag steht aber: "Als der SR in der Kabine noch einmal seine Aufzeichnungen prüft, stellt er fest, dass der Trainer von Gast recht hat" - der Schiedsrichter bemerkt seinen Fehler also selbst, muss sich nicht auf die Info vom Trainer verlassen, auch wenn dieser den entscheidenden Impuls zur Überprüfung gibt. Das ist erstmal wichtig.


    Bleibt also die Frage, ob er die rote Karte zu einem späteren Zeitpunkt nachziehen kann und/oder sollte. Und ich glaube, das ist eine derart verzwickte Frage, dass man da eine lange Abhandlung und Abwägung zu verfassen könnte.


    Intuitiv würde ich fast sagen: Der Spieler ist durch die zweite Verwarnung de-facto vom Platz gestellt, denn die rote Karte hinter der zweiten gelben Karte ist keine "Entscheidung" im eigentlichen Sinne durch den Schiedsrichter. Lediglich eine Handlungsfolge, die er vergisst. Diese könnte er also jederzeit nachholen, wenn er bemerkt, dass der Spieler nicht mehr mitspielen darf. Aber dieses intuitive Gefühl ist vermutlich nicht durch die Regeln gedeckt.


    Aber anders herum: Verhängt der der Schiedsrichter mit dem Zeigen einer GRK denn gleich zwei persönliche Strafen? Ich meine nein, denn so tragen wir das ja auch nicht im Spielbericht ein. Hier wird aber so getan, als hätte der SR in der 43. Minute erst die korrekte Entscheidung "Verwarnung" und dann die nicht korrekte Entscheidung "kein Feldverweis trotz zweiter Verwarnung" getroffen. Mich überzeugt das nicht, und ich halte es für einen Unterschied zu nahezu allen anderen Entscheidungen, die ein SR natürlich nach der Spielfortsetzung nicht mehr korrigieren kann - eben weil ich nicht glaube, dass es sich hier um eine "Korrektur einer Entscheidung" handelt, sondern eher um die "(verzögerte) Durchsetzung einer bereits gefällten Entscheidung".


    Dementsprechend gehe ich auch nicht mit, was die Prognose angeht, dass das Nachziehen der roten Karte in der Halbzeitpause sicher zu einer Neuansetzung führen würde: In dem Fall würde der SR schlimmstenfalls gleich zwei Regelverstöße begehen, die gesamte Auswirkung auf das Spiel wären aber nur zwei Minuten Spielzeit in Überzahl - wenn da nicht gerade ein Tor gefallen ist, dürfte man das als "nicht spielentscheidend" auslegen. Demgegenüber würde ohne diese "Korrektur" das Spiel über eine Halbzeit lang mit einem eigentlich nicht mehr spielberechtigten Spieler stattfinden - da wäre die Neuansetzung wohl ziemlich sicher, wenn der SR seinen Irrtum zweifelsfrei feststellt und zugibt.


    Fazit: Meiner Einschätzung nach haben wir es hier mit einer absolut einzigartigen Situation zu tun, die wegen des Charakters der gelb-roten Karte bei zweiter Verwarnung nicht mit anderen Situationen vergleichbar ist. Die von Ente eher als "rhetorische" Frage aufgeworfene Frage 1 finde ich daher super spannend. Richtig interessant wäre es, wenn da ein (möglichst etwas höheres) Sportgericht mal ein Urteil zu gefällt hat, wenn der SR die fällige rote Karte zu einem späteren Zeitpunkt nachgezogen hat.


    Edit: Ich muss zugeben, dass ich beim Lesen des Threads etwas nachlässiger geworden bin. Stelle gerade fest, dass der Beitrag #18 von Mark ziemlich meinem Gefühl entspricht. "Buchhaltungsfehler" ist ein nettes Wort, ich sehe das im Prinzip ähnlich: Die Entscheidung zum Spielausschluss ist quasi gefallen, wurde nur nicht rechtzeitig signalisiert/kommuniziert und umgesetzt. Aber dass diese Argumentation auf mehr als wackeligen Beinen steht, ist klar. Aber der umgekehrte Weg (d.h. der SR weiß, dass Nr. 8 nicht mehr mitspielen darf, weil zweimal regelgerecht verwarnt nur eben die Hinausstellung vergessen wurde, und lässt ihn daher eine komplette Halbzeit wider besseren Wissens mitspielen) überzeugt mich noch weniger.