Auswechselspieler steht im Weg

  • Im Rahmen der blendenden Regelfrage bin ich auf einen anderen Sachverhalt gestoßen, der möglicherweise in den Regeln nicht ganz geklärt ist (oder ich habe die Stelle nicht wirklich gefunden). Nämlich welche Vergehen können Auswechselspieler eigentlich begehen und wie sind sie zu ahnden.


    Sachverhalt:

    Zitat

    Rot 2 wehrt regelkonform einen Torschuss mit dem Fuß ab. Der Ball rollt recht schnell in Richtung Seitenaus. Es ist unzweifelhaft, dass der Ball (sollte er unbeeinflusst bleiben) auch deutlich ins Aus gehen wird. Rot 3 verfolgt den Ball im Vollsprint und könnte ihn gerade so auf der Linie erreichen, es ist aber ebenfalls unzweifelhaft, dass er vor der Linie nicht bremsen darf um das Ziel zu erreichen. Dies wird vom Auswechselspieler Blau 13 wahrgenommen und dieser stellt sich außerhalb des Spielfeldes in die Bahn des Balles so dass Rot 3 entweder von seinem Vorhaben ablassen oder aber Blau 13 brutal über den Haufen rennen muss. Eine ausgewiesene Coaching-Zone ist nicht vorhanden.


    Szenario 1:

    Zitat

    Rot 3 zieht durch und schafft es den Ball im Spielfeld zu halten, dass der Ball auf der Seitenlinie liegenbleibt, jedoch ist kein anderer Spieler nah genug um den Ball unmittelbar zu spielen. Er kollidiert danach jedoch dermaßen heftig mit Blau 13, so dass dieser mit mehreren gebrochenen Rippen ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.


    Szenario 2:

    Zitat

    Rot 3 zieht durch, schafft es jedoch nicht den Ball im Spielfeld zu halten. Er kollidiert danach dermaßen heftig mit Blau 13, so dass dieser mit mehreren gebrochenen Rippen ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.

    Szenario 3:

    Zitat

    Rot 3 gibt die Verfolgung des Balles auf und Blau 13 lässt den Ball ungehindert ins Seitenaus gehen.


    Und jetzt die Fragen für jedes Szenario:


    Welcher Spielberechtigte macht sich welchen Vergehens schuldig?

    Wie ist das Spiel fortzusetzen?

    Gegen wen sind welche persönlichen Strafen auszusprechen?

  • Vielleicht ist mein Kopfkino hier nicht eindeutig, aber: Ein Spieler, der den Vollsprint durchziehen muss, um den Ball vor der Linie zu erreichen und dabei zwangsläufig den nahe der Seitenlinie stehenden Spieler über den Haufen rennen wird, kann eben den Ball zwar noch erreichen und diesen womöglich im Spiel halten, es bleibt aber vollkommen unklar, wer davon profitieren kann, denn der Vollsprint-Spieler hat ja in jedem Fall Brems- und Rückkehrweg (wenn da niemand im Weg stünde); dieses Detail würde meine Entscheidung(en) aber nachhaltig beeinflussen.

  • Immer Gelb für Blau 13, da er sich als AW absichtlich dort hinstellt (Unsportlichkeit) und immer Freistoß für Team Rot auf der Seitenauslinie.


    1. direkter Freistoß, Foulspiel

    3. indirekter Freistoß, gefährliches Spiel

    2. indirekter Freistoß wegen eines unsportlichen Vergehens (Behindern des Gegners ohne Kontakt) außerhalb des Spielfeldes, das einen gegnerischen Spieler beeinträchtigt. Das Vergehen beginnt für mich schon als der Ball noch im Spiel ist bzw. sich Blau 13 deswegen dort hinbewegt.

  • Mark


    Und jetzt sind wir zu den Punkten, auf die ich hinauswollte.

    (ich habe hier keine Musterlösung, weil ich selbst gar keine so richtige Idee habe was das eigentlich ist)


    Zu 1: Warum ein direkter Freistoß? Er stellt sich da hin und bleibt dort unbewegt stehen. Das ist nicht mal ansatzweise in den Vergehen für die ein direkter Freistoß (gegen Spieler) verhängt wird erwähnt. Das "Sperren des Gegners mit Körperkontakt" ist laut Regeltext ausschließlich für Spieler strafbar. Ich weiss 12.4 beschreibt, dass es ein AW-Spielers, der einen Spieler mit einem Vergehen behindert, mit einem Freistoß zu ahnden wäre. Aber welches freistoßrelevante Vergehen wäre das? Bestenfalls wäre es eine sonstige Unsportlichkeit für die das Spiel unterbrochen wird und da wäre dann nur idF. Dazu fehlt die Beeinträchtigung von Rot 3. Der lässt sich da ja gerade nicht von beeindrucken.


    Die Frage, die sich für mich hier stellt: Wäre es einem Spieler verboten eine derartige Aktion auf dem Feld durchzuführen (also einfach den Ball zu ignorieren und nur stehenbleiben und auf den Ball zu warten)?


    Zu 2: Der Ball ist aber im Moment des Kontakts schon im Aus. Also wird nicht wegen der Unsportlichkeit unterbrochen.


    Zu 1 und 2: Fehlt da nicht der Feldverweis gegen Rot 3? Er rennt (Schlüsselwort!) brutal einen Nicht-Spieler außerhalb des Spielfeldes über den Haufen, so dass dieser ins Krankenhaus muss. Dazu fehlt die Beeinträchtigung von Rot 3. Der lässt sich da ja gerade nicht von beeindrucken. So wie ich Dich verstehe würdest Du also schon unterbrechen in dem Moment, in dem der Blau 13 sich positioniert?


    Zu 3: Um gefährlich spielen zu können müsste der Auswechselspieler aber Spieler sein. idF wegen nicht geregeltem Vergehen könnte ich mir hier vorstellen, weil er den Spieler beeinflusst.

  • Unbekannte Ereignisse müssen innerhalb von Sekunden gelöst werden. Und das geht nur, indem man sich schnell an den Regeln orientiert.


    Du schreibst, dass sich Blau 13 absichtlich genau deswegen dort hinstellt. Das ist schon das Vergehen. Ein AW darf sich nicht irgendwo hinstellen. Und der Schiedsrichter trifft Tatsachenentscheidungen.


    Den Körperkontakt kann ich als Zusammenprallen oder als Foulspiel eines der beiden beurteilen. Ich entscheide mich für Foulspiel von Blau 13, weil er absichtlich den Zusammenprall in Kauf nimmt und der Auslöser ist.


    Auch wenn die strafbaren Vergehen von AW und Teamoffiziellen nicht explizit genannt sind, kann es sich natürlich nur um die in 12.1 bis 12.3 genannten handeln. Ansonsten könnte eine AW formal außerhalb keine dF wegen eines Foulspiels verursachen.


    Hinsichtlich des Blendens bin ich mittlerweile auch der Meinung, dass man bei einem unsportlichen Vergehen außerhalb durch eine AW, das nicht in den Regeln erwähnt wird, dementsprechend den idF geben kann.


    Das Regelwerk ist leider textlich nicht immer so gut formuliert, wie es ausgelegt wird.

  • Wenn du der Auffassung bis, dass das „brutale Umrennen“ ausschließlich von Rot 3 bewusst in Kauf genommen wird, dann musst du ihn natürlich des Feldes verweisen. Das kann man aus der Formulierung der Fragestellung so ableiten.


    Die Spielfortsetzung wäre trotzdem dann idf für Team Rot, da das unsportliche in den Weg Stellen das erste Vergehen ist.


    Mein (falsches) Kopfkino sieht nur den Blauen, der jederzeit auch ausweichen kann und das brutale Umrennen nur als Folge.

  • Bezüglich Feldverweis würde ich sagen, dass der Stürmer nicht übermäßig hart agiert, weil er davon ausgehen kann, dass der Auswechselspieler aus dem Weg geht (Da er ja nicht um den Ball kämpfen darf).


    Tatsächlich würde ich sogar dazu tendieren die Aktion als übermäßig hart vom Auswechselspieler zu beurteilen, da er den Zusammenprall erzwingt, indem er sich dorthinstellt und nicht aus dem Weg geht.

  • Hallo.

    Gehe ich von der ursprünglichen Schilderung aus, ergibt sich für mich:


    a) Rot kann in keinen Zweikampf mit Blau gehen, da Blau außerhalb steht und nicht uns Spiel eingreifen darf, während Rot ausschließlich auf den Ball abzielt und dies, bevor der Ball das Feld verlässt. Daher kann aus meiner Sicht Regel 12 hinsichtlich Foulspiel für Rot nicht greifen, da Rot nicht zum Zwecke des Kontaktes mit Blau das Feld verlässt sondern in Folge des Versuchs, den Ball zu spielen. Bloß weil das Aufeinandertreffen der beiden Spieler aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Stürmers von Rot schwerwiegende Folgen hat, sind diese von Rot aus meiner Sicht weder fahrlässig noch in der Ausführung mit übertriebener Härte herbeigeführt, sondern aufgrund des grob fahrlässigen Verhaltens von Blau, das man gemäß Regel 12 mindestens als rücksichtslos bei Eintreten des Kontaktes bewerten muss (da der Ersatzspieler in Anbetracht des Sprints davon ausgehen muss, dass er selbst oder eben sein Gegenspieler sich verletzen können).


    b) befindet sich Blau zum Zeitpunkt des Kontaktes außerhalb des Bereichs, in dem er sich aufhalten darf. Ansonsten wäre ein Hinweis da, der dies klarstellen würde. Ergo begeht Blau zwei Vergehen: Er befindet sich außerhalb des vorgesehenen Bereichs und er riskiert wissentlich und willentlich den Kontakt mit Rot. Also ein fahrlässiges Vergehen mit der klaren Intention, Blau in seinem Spiel aktiv zu beeinflussen.


    Und da bin ich dann bei Mark, sowohl hinsichtlich der persönlichen Strafen als auch der Spielfortsetzung. Das Vergehen geht von Blau aus, Rot versucht regelkonform den Ball zu spielen und kommt nur durch das regelwidrige Verhalten von Blau mit diesem in physischen Kontakt. Die Schwere der Verletzung von Blau darf hier nicht von der Ursache ablenken.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Der Reihe nach:
    Der erste regelwidrige Akt geht immer vom Spieler Blau aus, der sich bewusst und gewollt in den Weg stellt. Allerdings stellt sich die Frage, ob das unsportlich im Sinne des Regelwerkes ist, was ich aber bejahen würde, mithin bekommt Blau eine Verwarnung, egal in welchem Szenario.

    Bei Szenario 1 bin ich bezüglich der Spielfortsetzung direkter Freistoß bei Mark, für mich ist das ein Einwirken, mithin ein direkter Freistoß für Rot. Bei der persönlichen Strafe sehe ich auch eine Verwarnung für Rot, weil der Spieler trotz der regelwidrigen Handlung nicht das Recht hat, hier rücksichtslos zu agieren.

    Bei Szenario 2 greift die Unsportlichkeit, mithin gibt es einen indirekten Freistoß für Rot, aber, analog zur Situation 1, auch eine Verwarnung für Rot.

    Bei Szenario 3 gibt es analog zu 2 den indirekten Freistoß, aber keine persönliche Strafe für Rot.

  • Manfred, aufgrund der Schilderung der Szenarien sehe ich hier keine rücksichtslose Spielweise, da der Spieler ja grade das Verhindern des Überschreitens der Linie durch den Ball als Ziel hat, also eigentlich nicht aus dem Spielfeld will. Bin da eher bei fahrlässig denn bei rücksichtslos gespielt und somit ohne persönliche Strafe.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles