Regeländerungen 21/22: Handspiel

  • Andere Frage zur neuen Regel:


    Bedeutet „direkt ins generische Tor treffen“ direkt im Sinne eines idF oder zählt der Treffer auch dann nicht, wenn er z. B. vom TW noch leicht berührt wird?

  • Nr.23 Meiner Meinung greift genau dann der "unmittelbar danach"-Punkt nicht.

    Es hilft hier ungemein, die Stichpunkteliste mal aufzulösen und jeden Stichpunkt zu einem eigenen vollwertigen Satz zusammenzusetzen. Dann kommen insgesamt vier Konditionen zustande, unter denen ein Handkontakt strafbar ist.


    1. Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand/dem Arm berührt [...].
    2. Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler den Ball mit der Hand/dem Arm berührt und seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößert. [...]
    3. Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler ins gegnerische Tor trifft direkt mit der Hand/dem Arm [...]
    4. Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler ins gegnerische Tor trifft unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat [...].


    Für 1 und 2 treffen wir für das konkrete Fallbeispiel einfach die Annahme, dass diese Punkte nicht vorliegen.

    Punkt 3 liegt nicht vor. Der Spieler mit dem Handkontakt trifft nicht direkt ins gegnerische Tor.

    Punkt 4 liegt ebenfalls nicht vor. Dazu müsste der Spieler mit dem Handkontakt selbst ins gegnerische Tor treffen, tut er aber nicht. Das macht der gegnerische Torwart.

    Was wohl ebenso nicht mehr strafbar ist: Ein Spieler berührt den Ball erlaubterweise mit der Hand und der Ball springt von der Hand direkt zu seinem Mitspieler, der den Ball volley versenkt.


    Die englische Fassung ist da aber nochmal etwas anders. Dort ist nirgendwo die Rede von "direkt". Dort heisst es nur "scores in the opponent's goal". Von daher würde ich sagen: Je nachdem, ob wir den Torwart als Eigentorschützen sehen oder den Handspieler als "Torschützen" ist es entweder nicht strafbar oder strafbar. Aber wenn das Tor zählt, dann muss es ein Eigentor des Torwarts gewesen sein.

  • Das sehe ich schon etwas anders:

    Ich stelle mir jetzt einfach mal vor, ein Spieler lenkt den Ball unabsichtlich mit der Hand in Richtung Tor und der Torwart berührt den Ball zwar noch, kann aber nicht verhindern, dass der Ball ins Tor geht. Für mich besteht dabei kein Zweifel, dass dieses Handspiel im Sinne der Regel eben gerade nicht dazu führen darf, dass dieses Tor gilt.

    Gleiches gilt, wenn durch das Handspiel der Ball dem Stürmer auf den Fuß fällt, der den Ball nur noch einschieben muss.

    Genau das sagt der Regeltext übrigens auch, man muss ihn nur mal statt in der textlichen Reihenfolge in der spielerischen Reihenfolge lesen:

    Zitat

    Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler ins gegnerische Tor trifft unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat


    Zunächst ist da also der Ballkontakt, bei dem es übrigens nicht auf die Absicht ankommt (nachdem er den Ball) - und hier steht das "er", obgleich da eigentlich "ein Spieler" stehen müsste.
    Dann kommt ein Spieler ins Spiel, der den Ball im Tor unterbringt.
    Bis hierhin ist klar, dass das Tor nicht gelten darf. Unglücklich ist jedoch die textliche Aussage "nachdem er", aber ich halte das für eine unglückliche Nutzung der Sprache, denn ohne jeden Zweifel - siehe bisherige Handregel aber auch die Analogien etwa zum Abseits - möchte der Regelgeber, dass keine Tore aus vorher potenziell regelwidrigem Verhalten entstehen.

    Korrekt formuliert - und so ist es m.E. im Sinn des Regelgebers - müsste es heißen:
    Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler den Ball mit der Hand oder dem Arm berührt und unmittelbar im Anschluss ein Tor erzielt wird.

  • Dass grundsätzlich strafbare Handspiele ausgeschlossen sind, sollte logisch sein.


    Es klingt schlüssig, dass das Tor nur dann nicht zählt, wenn der Handspieler auch der offizielle Torschütze wäre. Das führt aber zum nächsten Problem: Es fehlt eine offizielle Regelung, unter welchen Kriterien der Torschütze festgelegt wird.


    Als Beispiel meine ich, dass es bei der EM ein formales Eigentor gab, als ein Schuss unglücklich vom Pfosten an den TW und dann ins Tor prallte. Das würde dann ebenfalls wieder zählen. Aber ob das so gemeint wäre?


    Logisch wäre auch eine Analogie zum Abseits und neuer Spielsituation. Abpraller und Torabwehrversuche wären dann noch „unmittelbar“.


    Für mich weiterhin noch eine offener Punkt.


    PS: Bei der alten Regel war das irrelevant, da die Torchance als Kriterium schon ausgereicht hat.

  • Manfred Das sehe ich wiederum anders. Durch die Regeländerung sind nur noch Handspiele des Torschützen relevant. Wenn dies einem Mitspieler (Gegenspieler natürlich erst recht) ist das nun kein Grund mehr, das Tor abzuerkennen.


    • Ein unabsichtliches Handspiel eines Mitspielers, infolgedessen das Team dieses Spielers ein Tor erzielt, oder ein unabsichtliches Handspiel, infolgedessen es zu einer Torchance kommt, sind keine Vergehen mehr.


    Die Problematik bzgl. des konkreten Torschützen bei möglichen Eigentoren sehe ich auch. Ich würde im Moment (also ohne Klarstellung dazu) sagen, dass dort der SR bewerten muss, wer der Torschütze ist. Da es dazu keine Hinweise in den Regel gibt, muss dies wohl subjektiv nach Spielverständnis des SRs geschehen.

  • Gleiches gilt, wenn durch das Handspiel der Ball dem Stürmer auf den Fuß fällt, der den Ball nur noch einschieben muss.

    Exakt das wollte der Regelgeber aber ausdrücklich nicht mehr verboten wissen (Erklärungen zu den Regeländerungen):

    Ein unabsichtliches Handspiel eines Mitspielers, infolgedessen das Team dieses Spielers ein Tor erzielt, oder ein unabsichtliches Handspiel, infolgedessen es zu einer Torchance kommt, sind keine Vergehen mehr.



    Und zur Textanalyse:

    Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler ins gegnerische Tor trifft unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat


    Da ist genau das formuliert. Ausschließlich der Spieler, der mit der Hand dran war, wird bestraft, wenn er unmittelbar danach einlocht. Genau das, was der Regelgeber wollte.


    Die Frage mit dem Torwart, der die Fingerspitzen dranhält ist jetzt nur noch:

    Ist es noch der (Hand-)Spieler, der ins gegnerische Tor trifft oder nicht. Und das wird meiner Meinung nach am ehesten durch die Antwort auf die Frage "Wer würde denn als Torschütze im Spielbericht stehen?" gelöst, auch wenn es dafür keine explizite Regel gibt.


    und hier steht das "er", obgleich da eigentlich "ein Spieler" stehen müsste.

    Abgesehen davon, dass der Regelgeber selbst geschrieben hat genau das nicht zu wollen, würdest Du mit der Formulierung ein Spieler zwei absolut groteke Grenzfälle schaffen, die der Regelgeber beim besten Willen nicht gewollt haben kann:

    1. Der Spieler, der das Handspielvergehen begeht, wäre derjenige, der das Tor erzielt. Der würde für ein Handspielvergehen bestraft ohne jemals mit der Hand am Ball gewesen zu sein.
    2. Der Torwart von Blau (fällt doch wohl klar in die Definition von ein Spieler) versemmelt einen Abwurf, der Ball kommt zu einem Stürmer von Rot, der zieht ab, Ball im Tor, aber Handspielvergehen des Stürmers, weil ein Spieler unmittelbar vorher mit der Hand dran war.
  • Bzgl. der ebenfalls in diesem Thread diskutierten Handspiel-Situation aus dem EM-Eröffnungsspiel gibt es neue Erkenntnisse:

    Rosetti would even have liked to have seen one more penalty awarded. He said Italy should have been awarded a penalty for handball against Turkey in the opening game.

    Für die UEFA war das Handspiel also doch strafbar. Dies gibt denjenigen Recht, die sagen, dass sich praktisch durch die neue Formulierung nichts an der Auslegung ändert. Auch die Video-Beispiele in der oben von mir verlinkten Präsentation deuten ja in die Richtung, dass für die unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche letztlich doch die Kriterien aus der Vorsaison gelten sollen, auch wenn diese jetzt nicht mehr explizit in den Regeln stehen.


    Da DFB-Lehrwart Lutz Wagner die Entscheidung auf Weiterspielen in der ARD als korrekt bewertet hat, besteht hier aber offensichtlich noch Klärungsbedarf zwischen den Verbänden.

  • Nr.23


    # Direkte Torerzielung


    Solange es keine offizielle Klarstellung gibt, ist für mich die Analogie zur Abseitsregel am naheliegendsten. Abpraller und Torabwehrversuche heben das Handspiel nicht auf.

  • Kuriosum/Verunsicherung bei der EM im Verbindung der (neuen?) Handspielregel


    Mir ist bei einigen EM-Spielen aufgefallen, dass Abwehrspieler mit Blick zum Ballführenden zur demonstrativen Vermeidung eines Handspiels die Arme hinter den Rücken halten. So weit so gut.


    Doch unmittelbar vor oder während des Schusses, wahrscheinlich um den Ball nicht ins Gesicht zu bekommen, drehen sie sich plötzlich und verbreitern gerade eben durch die nach hinten verschränkten Arme dann doch die Körperfläche. Es wurde bisher noch kein Arm getroffen, aber dennoch spannend, was wäre wenn.

  • Für mich trifft das die Definition von "made their body unnaturally bigger".

    Wohlgemerkt es geht nicht um die Körperfläche sondern um den Körper als solches.


    Meiner Meinung nach wäre ein in der natürlichen Bewegung seitlich pendelnder Arm wenn er getroffen würde nach der neuen Regel nicht strafbar, das krampfhafte Vermeiden der Pendelbewegung mittlerweile hingegen schon (weil unnatürlich).

  • Für mich trifft das die Definition von "made their body unnaturally bigger".

    Zählt die Wampe die ich mir durch jahrelanges Burger essen an trainiert habe eigentlich schon als unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche? ^^

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Zählt die Wampe die ich mir durch jahrelanges Burger essen an trainiert habe eigentlich schon als unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche?

    Selbstverständlich, schließlich bist Du nicht von alleine dick geworden, sondern musstest Dich kräftig anstrengen. Bei Frauen wäre dies komplizierter zu beurteilen, eine Schwangerschaft müsste man wohl unter "natürliche Vergrößerung" buchen ...:P


    Ist denn „den Ball mit der Wampe zu spielen“ strafbar?

    In der Sache bringt Kaef das aber auf den Punkt - die Wampe wäre aber bei der Abseitsbeurteilung zu berücksichtigen.

  • Ist denn „den Ball mit der Wampe zu spielen“ strafbar?

    Nur wenn da schon eine dritte Hand rauswächst vermutlich.


    Wobei das eine interessante Regelfrage wäre.. was ist mit einer dritten Hand die irgendwie aus dem Körper wächst. :clown:

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D