Regeländerungen 21/22: Handspiel

  • Neue abseits Regel bei eckbällen scheints auch zu geben 🤔

    Ich hab's erst fast gar nicht glauben können, aber die haben tatsächlich Abseits gegeben. Unglaublich! Und beim nächsten Eckball hat der SRA die Spieler vorher draufhingewiesen und da ist der zweite Spieler wieder abgetrabt. Aber sowas auf dem Niveau und keiner hat's auch noch gemerkt. Ich als Spieler wäre ausgeflippt.

  • Die Spieler kennen ja nicht die Regeln, höchstens verwarnung für Italien wegen unerlaubten betreten des Spielfelds und df da wo ins Spiel eingegriffen 😅 aber abseits nie nimmer nicht, es sei denn abseits ist bei Eckball nicht mehr aufgehoben

  • Nach der ersten Halbzeit der EM muss ich zugeben, dass ich die neue Regel noch nicht beherrsche.

    Für mich war das im laufenden Spiel schon direkt, in dem ich mir gedacht habe "Und hier haben wir die Auswirkung der Regeländerung und wer hat von der geänderten Regel mal wieder sowas von keine Ahnung?"

    Da wünsche ich mir bei unseren Fußballkommentatoren mal soviel Elan bezüglich "ihres" Sports wie deren Kollegen von der Formel 1 (sowohl SkyDE als auch SkyUK) an den Tag legen...

  • KozKalanndok Ich brauchte erst noch die Wiederholung und den Kommentar von Lutz 😂.


    Spaß beiseite, ohne einen VAR mit mindestens einem Bachelor in Biomechanik ist das nicht mehr zu bewältigen. Die alte Regelung mit mehr objektiven Kriterien war vielleicht teilweise brutal aber klarer.


    Für uns im Amateurbereich wird es wieder mehr Diskussionen geben.

  • Ok...den Kommentar von Lutz hab ich nicht gehört...ich hatte auf Radiokommentar geschaltet :)


    Die Sache ist halt die:

    Der SR hat dadurch mehr Entscheidungsfreiheit, dass die Entscheidung ob "natürliche Armhaltung oder nicht" eine unanfechtbare Tatsachenentscheidung basierend auf seiner Wahrnehmung ist. Da braucht man auch kein Biomechanik-Studium. Physik-Schulwissen über Pendelbewegungen sollten da reichen :)

    Ein Beispiel für eine unnatürliche Armhaltung wäre das, was die (vor allem) spanischen Verteidiger machen: Hände hintern Rücken während der Bewegung. Da wäre ein Handspiel ist aber auch nicht strafbar, weil keine Vergrößerung der Körperfläche.

  • Mir ist dazu noch ein anderer Gedanke gekommen:

    Es gab ja bisher schon den Begriff "unnatürlich vergrößert" als eigenständigen Grund für ein strafbares Handspiel. Danach folgten diverse weitere Punkte, die ein Handspiel strafbar machen, aber der Begriff selbst wurde nicht definiert.

    Deshalb war es bisher eine relativ freie Interpretation (die dann durch Auslegungsbeispiele etc. geformt wurde), wann der Körper unnatürlich vergrößert wurde. Eine Szene wie gestern wäre da üblicherweise als strafbar bewertet worden, weil der Arm im Moment des Kontakts deutlich vom Körper absteht.


    In der neuen Formulierung gibt es nun aber eine Definition von "unnatürlich vergrößert", nämlich "wenn die Bewegung der Hand bzw. des Armes keine Folge der Körperbewegung des Spielers für diese spezielle Situation ist oder durch diese vertretbar ist"

    Damit haben wir - im Gegensatz zur allgemeinen Tendenz - in diesem speziellen Punkt sogar eine (begrüßenswerte) Präzisierung der Handspielregel.

    Um ein Handspiel als strafbar zu bewerten, muss man nun explizit einen Grund finden, warum die Armhaltung nicht durch die allgemeine Körperbewegung vertretbar ist. Wobei diese Bewertung dann natürlich durch den SR erfolgen muss.

    Da es bei der Szene gestern plausibel ein Teil der normalen Laufbewegung sein konnte, ist es somit nach neuer Regel kein strafbares Handspiel mehr.

  • Ich bin ehrlich ich seh so langsam nicht mehr durch. Was wäre denn wenn gestern der Kollege der Meinung war das war für ihn doch ein Versuch an den Ball zu kommen oder die Körperfläche zu vergrößern. Hier bleibt mir einfach zu viel Spielraum um das zu entscheiden. Letztendlich muss immer mehr die generalklausel aus 5.2 herhalten. Ich finde dieses hin und her die sich seit Jahren beim Handspiel durch das Regelwerk ziehen nicht gerade förderlich.


    Das macht das bewerten von Situationen immer schwieriger. Irgendwann sind wir soweit das es auch kein Handspiel mehr ist wenn ein Spieler beim Freistoß die Hände hochreisst um sein Gesicht oder Frauen ihre brüste zu schützen analog der dem "sackschutz". Oder der bewegungslegastheniker für dem es zum normalen Laufen dazugehört das die arme über dem Kopf baumeln.

  • Was wäre denn wenn gestern der Kollege der Meinung war das war für ihn doch ein Versuch an den Ball zu kommen oder die Körperfläche zu vergrößern. Hier bleibt mir einfach zu viel Spielraum um das zu entscheiden.

    Dann wäre es Strafstoß gewesen:


    Es gibt eine Regel, die seit Einführung der Handspiel Regel nie verändert wurde: Handspiel ist wenn es absichtlich ist. Alles andere waren immer Ergänzungen um Objetktive Indizien die die subjektiv zu bewertende Absicht Konkretisieren.

    (Ich lasse hier absichtlich mal die Ergänzung um den Sinn, das durch Handspiel -Absicht oder nicht- kein Tor erzielt werden darf weg)

  • Für mich war der jetzt alte Regeltext nichts anderes als die Konkretisierung der Handspielregel, wie sie meines Erachtens schon immer war: Ein Handspiel ist dann strafbar, wenn es vermeidbar war und jetz eben auch wenn dadurch direkt ein Tor erzielt wird.


    Die neue Formulierung macht es nur deswegen komplizierter, da sie suggeriert, dass jede bewegungstypische Armhaltung legal ist.


    Vermeidbar schließt Absicht und Leichtsinn mit ein. Und für mich ist eine bewegungstypische abgespreizte Armhaltung auch dann leichtsinnig, wenn mit einem Treffer gerechnet werden muss.


    Wenn sich ein Spieler in die potenzielle Flugbahn des Ball wirft oder sich blitzschnell dreht, mag ein abstehender Arm eine Folge dieser Bewegung sein, allerdings wäre die Bewegung m. E. nicht gerechtfertigt, um dadurch die Körperfläche legal vergrößern zu dürfen.


    Und für den türkischen Spieler kam die Flanke aufgrund des Blickkontaktes nicht wirklich überraschend. Aber wenn der Regelgeber jetzt jede bewegungstypische Armhaltung legitimiert, dann soll es eben so sein.


    Wichtig ist nur, dass es klare Anweisungen mit vielen Beispielen gibt.

  • Die neue Formulierung macht es nur deswegen komplizierter, da sie suggeriert, dass jede bewegungstypische Armhaltung legal ist.

    Ich glaube, Du versuchst da etwas hinein zu interpretieren was nicht dort steht.


    Als Schiri sollst Du bewerten ob das Handspiel absichtlich war oder nicht. Dies kommentierte vor einiger Zeit mal ein fußballbegeisterter Arbeitskollege meiner Frau (Strafrichter) in einem Gespräch mit mir wie folgt:

    Zitat von Strafrichter in Hamburg

    Absicht, ist das am schwierigsten nachzuweisende Tatmerkmal, da Du dem Täter nicht hinter die Stirn kucken kannst.

    Um jetzt als Schiri eine Absicht nachzuweisen benötigt man eine gute Beobachtungsgabe und vor allem

    1. Erfahrung
    2. Erfahrung
    3. Erfahrung

    Dabei muss dann die gesamte Situation bewertet und eine Fülle an Merkmalen untersucht sowie im Kontext zueinander betrachtet werden.

    (Anmerkung: Nachstehende Aufstellung steht nirgendwo in einem Regelwerk. Es ist eine Zusammenstellung meiner Merkmale, nach denen ich seit gefühlten Ewigkeiten aus meiner ureigensten Erfahrung heraus vorgehe)

    • die Bewegung der Hand relativ zum Ball
    • die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwarteter Ball, Vermeidbarkeit, Reaktionszeit)
    • die Position der Hand
    • Natürlichkeit im Bewegungsablauf (gesamter Körper weil Arm und Handbewegungen im Kontext zur Körperbewegung stehen)
    • Bewegung des Balls nach Kontakt
    • Bewegung der Hand nach Kontakt
    • Vermeidbarkeit (Reaktionszeit, Entfernung)
    • Vermeidungswillen
    • Vorteilsnahme durch Kontakt
    • Spielsituation
    • Erwartbarkeit der Ballbewegung
    • Vergrößerung der Körperfläche
    • Wahrnehmbarkeit des Balls
    • Fahrlässige/Sorglose (Hand)Bewegungen
    • Körperkontrolle
    • Reaktionszeit

    In der Vergangenheit habe ich viel zu häufig beobachten können, das sich Schiedsrichter in ihrer Argumentation auf ein einziges Indiz gestürzt haben um ihre Sicht der Absicht zu verargumentieren.


    Es genügt aber nicht sich nur auf ein einziges Merkmal zu stürzen, sondern man muss diese Merkmale immer in Kombination betrachten, bewerten und vor allem gegeneinander abwägen. Am ende des Tages (Also kurz vor dem Pfiff oder dessen Unterlassung) Entscheidet dann der Schiedsrichter nach seinem (wohlgemerkt) subjektivem Empfinden ob der Spieler absichtlich gehandelt hat.


    Wenn man sich nun besagte Szene im Spiel der Türken gegen die Italiener vor Augen führt, dabei gedanklich anhand oben aufgeführter Liste analysiert und bewertet kommt man zu irgendeiner Entscheidung.


    Der Kollege Danny Makkelie hat gestern entschieden, das keine Absicht vorlag. Mit Sicherheit hätten -gerade in dieser Situation- einige anders entschieden.


    Es gibt aber nur eine einzige Wahrheit und zum Abpfiff sollte die Diskussion für die Italiener - wenn überhaupt- nur akademisch geführt werden.

  • SixthSCTF


    Anhand der Länge deines Beitrags erkennt man offenkundig, dass du sehr viel hineininterpretierst, das nicht im neuen Regelwerk steht. ;)


    Ich fasse die drei unabhängigen Kriterien der neuen Regel zusammen:


    1. Absicht

    2. Unnatürliche Vergrößerung des Körpers

    3. Direkter Torerfolg


    Die reine Absicht im Sinne des deutschen Strafrechts war noch nie die Intention des Regelgebers, insbesondere da man den Begriff „deliberately“ nach meiner Recherche im britischen Strafrecht auch gar nicht findet. Insofern ist die Meinung eines deutschen Richters für die Auslegung der deutschen Übersetzung irrelevant bzw. die Ursache unseres Problems.


    Offensichtlich hat man das Problem erkannt und die Regel textlich so angepasst, dass es keinerlei Missverständnisse mehr gibt, was die Regelhüter mit „deliberately“ eigentlich schon immer meinten.


    Und für mich sind die Begriffe „vermeidbar“ oder „leichtsinnig“ sehr gut geeignet, die ersten beiden Kriterien mit nur einem Wort zu beschreiben.


    Wie beim Foulspiel wird es auch jetzt beim Handspiel weiterhin Grauzonen geben.

  • Anhand der Länge deines Beitrags erkennt man offenkundig, dass du sehr viel hineininterpretierst, das nicht im neuen Regelwerk steht.

    Das habe ich niemals behauptet, sondern wenn ich eine Handspielsituation bewerten will, dann bewrerte ich automatisch viele Details in Kombination sopei im Kontext zueinander, die ich hier einmal aufgeführt habe. Keinesfalls interpretiere ich hier etwas hinein, sondern es sind dinge die ich (notgedrungen) halt beobachte


  • Bzgl. Absicht ist das richtig.

    Aber spätestens mit den neuen Regeln gibt es einen weiteren Punkt, der auch hinreichend ist.

    D.h., wenn der SR zu dem Ergebnis kommt, dass der Arm die Körperfläche unnatürlich vergrößert hat, sind sämtliche Überlegungen zur Absícht hinfällig.

    Und es kann durchaus Situationen geben, wo dieser Punkt leichter analysiert werden kann als der Punkt mit der Absicht.

  • Auch wenn Schiries ein Anatomiestudium brauchen.....

    Zitat von Lutz Wagner: Kompaktversion Regeländerungen vom 15.05.2021

    [...]den Ball mit der Hand/dem Arm berührt und seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößert. Eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung weder die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist noch mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann. Mit einer solchen Hand-/Armhaltung geht der Spieler das Risiko, dass der Ball an seine Hand/seinen Arm springt und er dafür bestraft wird.

    Wir sollten uns tatsächlich mal wieder auf die gute alte und ehrliche Bewertungsarbeit besinnen, anstatt mit Zeitlupen und Vergrößerungsgläsern jede einzelne Szene auseinander zu pflücken.

    • Foul ist, wenn der Schiri etwas als Foulspiel bewertet und pfeift
    • Hand ist es wenn der Schiri etwas als Handspiel bewertet und pfeift

    und gut iss....


    Mal ehrlich! Wird von mir tatsächlich erwartet, das ich mit Tiefenpsychologie ergründe warum die Hand gerade da ist wo sie ist und was der Spieler möglicherweise gedacht hat als er sie da hingehalten hat wo er sie hingehalten hat.


    Wir alle haben mehr oder weniger viel Erfahrung. Erfahrung um zu wissen, das wir eines nie wissen werden. War das nun wirklich Absicht oder nicht.


    Warum?

    Weil wir einem Spieler nie hinter die Stirn sehen können.


    Also werden wir, so lange das Wort Absicht (ich finde übrigens die englische Version "deliberate" besser)im Regelwerk steht, und mit unserer Erfahrung voran Arbeiten müssen und somit immer nur zu 90% richtig liegen weil die letzten 10% immer ein Geheimnis des Spielers bleiben werden.


    Von "gefühlt" 10.000 Handkontakten ist vielleicht ein einziger so wie der hier zitierte.



    Auch mit der etwas provokanten Frage von Dir @ Mark

    Absicht liegt definitiv nicht vor.

    wirst du in einer Community von Schiri Experten keine einstimmige Meinung bekommen.


    Wir sollten endlich damit aufhören, das Haar in der Suppe zu suchen und Ermessens- bzw. Bwewertungs Entscheidungen der Kollegen als das zu respektieren was sie nun einmal sind:

    Subjektive Ermessens und Bewertungsentscheidungen

  • Zur Szene aus dem CL-Finale: Nein, keine Absicht, aber ich bin mir relativ sicher, dass so etwas als unnatürliche Vergrößerung des Körpers gewertet werden soll. Die Vergrößerung dürfte nur durch zum Spiel gehörige Bewegungen "natürlich" werden. Steht dort zwar nicht explizit, sollte aber doch eindeutig den Sinn der Regel darstellen.


    Edit, um es doch mit dem Regeltext zu begründen: Die Armhaltung ist sicherlich keine Folge der (sonstigen) Körperbewegung des Spielers.

    Vielleicht ist das der entscheidende Punkt auch für andere Situationen: Wenn die Armhaltung nicht zur sonstigen Bewegung passt, ist die Vergrößerung der Körperfläche strafbar. Insbesondere ist dies somit immer der Fall, wenn der Spieler still steht (weil es dann keine Körperbewegung gibt).

  • So ist es. Ich wollte damit wieder zum Nachdenken anregen. 😉


    Im Endeffekt ist es doch so, dass sich für uns in der Praxis bis auf die direkte Torerzielung hinsichtlich der Auslegung seit Jahren nichts geändert hat. Die neuen Formulierungen der letzten Jahre wurden als Regeländerung verkauft, waren aber nichts anderes als der Versuch die gelebte Auslegung textlich zu konkretisieren bzw. diese Konkretisierung dann wieder zu relativieren.


    Hand ist, wenn der SR pfeift. Und das ist in der Praxis neben der offenkundigen Absicht nunmal ein zu weit abgespreizter Arm, der getroffen wird.