Ersatzball auf Spielball geworfen

  • Unter der Voraussetzung, dass der SR nicht weiß, wie der 2. Ball aufs Spielfeld gekommen ist:


    Persönliche Strafe sollte Gelb sein. Ist klar eine Unsportlichkeit (und wohl die Verhinderung eines aussichtsreichen Angriffs) und für Rot sehe ich keine Grundlage.

    Bei der Spielfortsetzung wäre ich bei SR-Ball (für Rot/Gelb), weil "2.Ball auf dem Spielfeld" vor "Spieler wirft Ball auf Ball" eintritt. Vielleicht könnte man aber auch auf gleichzeitiges Vergehen und somit Bestrafung des schwereren Vergehens argumentieren.

  • Ganz so einfach ist es m.E. nicht:

    Nehmen wir also einmal an, der SR weiß nicht, wie der Ball auf das Feld gekommen ist - demnach kann also auch keine Spielstrafe für das "einwirken" verhängt werden. Allerdings stört der Ball auf dem Feld zunächst nicht, ergo ist keine Unterbrechung erforderlich und der SR-Ball scheidet aus. Der Ball "greift" erst ins Spiel ein, als der Spieler diesen bewusst wirft - und damit komme ich zum direkten Freistoß, weil wir dann doch beim "einwirken" sind (zugleich schwereres Vergehen).

    Bei der persönlichen Strafe gehe ich aber weiter:

    Der Spieler handelt zunächst schon einmal unsportlich, in dem er den Ball mit den Händen aufnimmt und statt diesen aus dem Feld zu befördern, rennt er damit weiter und hat auch offensichtlich ein Ziel - hier kann man aber noch Vorteil laufen lassen und da der Ball keine Auswirkung zeigt, ist auch keine Spielunterbrechung nötig. Der "Austausch" des Balles und damit die Verhinderung eines aussichtsreichen Angriffs ist für mich aber eine zweite Aktion, ergo komme ich zu Gelb und Gelb-Rot.

  • Bei der Spielfortsetzung bin ich bei Manfred. Den SR-Ball sehe ich nur, wenn der Ersatzball schon vorher das Spielgeschehen beeinflusst, was man trotz des kurzen Videos doch fast ausschließen kann.


    Bei der persönlichen Strafe habe ich aber Schwierigkeiten damit, daraus zwei verwarnungswürdige Vergehen zu machen. Wenn ein Spieler seinem Gegner hinterherrennt und "offensichtlich ein Ziel" hat, diesen zu foulen, wird aus der vollendeten Tat auch nicht gelb-gelb/rot. Und dass er den Ball in die Hand nimmt und nicht sofort aus dem Feld befördert, als unsportlich zu betrachten, halte ich auch nicht für überzeugend. Was würdest du machen, wenn er einfach unbeteiligt mit dem Ersatzball in der Hand stehen bleibt?

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Stefan

    Der Vergleich mit dem "hinterherrennen" ist gut und doch unpassend: Wenn ein Spieler dem Gegner hinterherrennt und die klare Absicht hat, diesen zu foulen, sind wir - darüber haben wir doch gerade in einem anderen Thema diskutiert - tendenziell sogar bei "Rot".


    Wenn der Spieler unbeteiligt mit dem Ersatzball stehen bliebe, wäre das keine Unsportlichkeit, sondern nur Dummheit, denn die reine Aufnahme kann ja auch dem Zweck dienen, den Ball wieder aus dem Feld zu befördern - im Zweifel für den Angeklagten. Die Unsportlichkeit liegt hier für meine Begriffe aber in dem Umstand begründet, dass er den Ball aufnimmt und eben nicht, was im Sinne des Fußballs wäre, den schnellstmöglich aus dem Spielfeld befördert, zumal ihn der Ball beim rennen ja auch eher stört - genau dieser Aspekt ist für mich die Unsportlichkeit. Die Nutzung des Balles, um einen aussichtsreichen Angriff zu verhindern, ist das zweite Vergehen - aber das ist ja unstrittig.

  • Wenn ein Spieler dem Gegner hinterherrennt und die klare Absicht hat, diesen zu foulen, sind wir - darüber haben wir doch gerade in einem anderen Thema diskutiert - tendenziell sogar bei "Rot".

    Na ja, da macht es ja auch das Hinterherrennen in Verbindung mit dem anschließenden Tritt und nicht das Rennen selbst. ;)


    Wenn der Spieler unbeteiligt mit dem Ersatzball stehen bliebe, wäre das keine Unsportlichkeit, sondern nur Dummheit, denn die reine Aufnahme kann ja auch dem Zweck dienen, den Ball wieder aus dem Feld zu befördern - im Zweifel für den Angeklagten. Die Unsportlichkeit liegt hier für meine Begriffe aber in dem Umstand begründet, dass er den Ball aufnimmt und eben nicht, was im Sinne des Fußballs wäre, den schnellstmöglich aus dem Spielfeld befördert, zumal ihn der Ball beim rennen ja auch eher stört - genau dieser Aspekt ist für mich die Unsportlichkeit. Die Nutzung des Balles, um einen aussichtsreichen Angriff zu verhindern, ist das zweite Vergehen - aber das ist ja unstrittig.

    Du sagst, das reine Aufnehmen des Balles hältst du noch nicht für unsportlich. (Bei der Dummheit gebe ich dir Recht. :)) Daraus folgere ich, dass du für das Losrennen mit dem Ball schon das Spiel unterbrechen und ihn verwarnen würdest (vorausgesetzt es liegt kein Vorteil für den Gegner vor)?


    Damit habe ich halt Bauchschmerzen. Der Wurf des Balles als Unsportlichkeit ist unstrittig, richtig.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Lass es mich mal anders formulieren:

    Der Umstand, den Ball aufzunehmen und dann damit los zu laufen, ist gewissermaßen Tatvorbereitung - und es entspricht nicht dem Geist des Fußballs, sich für eine später folgende Regelübertretung bereits "zu bewaffnen". Stellen wir uns mal ein anderes Bild vor: Auf schneebedecktem Feld nimmt ein Spieler eine Hand voll Schnee auf, formt die zu einem Schneeball (bis hierhin wären wir wieder bei gehört zwar auch nicht zum Spiel, aber wir können noch nichts nachweisen, also im Zweifel will der nur schauen, ob er das Geländer, hinter dem auch kein Zuschauer steht, trifft) und nimmt eindeutig Peilung auf einen anderen Spieler - das ist ohne jeden Zweifel doch schon eine klare unsportliche Absicht, selbst wenn er womöglich den Schneeball dann doch noch fallen lässt.


    Zweifellos schwierig und man kann beide Standpunkte argumentativ begründen - vielleicht bin ich da aber eher ein Vertreter der Fraktion "Wie spielen Fußball", der alles, was eben nicht zu einem fairen Spiel gehört, als nicht im Geist des Spieles ansieht.

  • Das Thema mit den Ersatzbällen - oder mit Bällen allgemein.


    Am besten ist, wenn man abstrahiert:


    1. Per Definition gibt es im Spiel nur einen Ball. Alles andere sind Gegenstände (die zufällig vielleicht auch wie der Spielball aussehen, ähnliche Eigenschaften haben und möglicher weise als Spielgeräte-Ersatz dienen können.)
    2. Der Ball kann nur während einer Spielunterbrechung mit Genehmigung des SR ausgetauscht werden. Damit wird das aktuelle Spielgerät zu einem Gegenstand und ein "ballartiger Gegenstand" zum zukünftigem Spielgerät.

    Damit kann ein Spieler nur mit einem Gegenstand werfen oder einen Gegenstand in den Händen halten, der auf dem Feld nicht erlaubt ist.

    OK, Man kann auch das Spielgerät regelkonform werfen dazu sind aber ein paar Sonderbedingungen notwendig die bei dieser Fragestellung aber nicht in Betracht kommen.


    Es befindet sich also kein 2. Ball auf dem Spielfeld, sondern ein Gegenstand (der dem Spielgerät zum verwechseln ähnlich sieht.)


    Der Rest wird daher als Wurfvergehen abgearbeitet

  • Wenn man den Spieler unbedingt loswerden will, dann hat man einfach die Wahrnehmung, dass der Spieler den Ball nach dem Gegner geworfen, aber nicht getroffen hat. Peng, glatte :rote_karte:, , Tschüss...


    Mir persönlich würde die Verwarnung ausreichen, aber ich würde mich auf gar keinen Fall lächerlich machen und da mit Gelb-Rot rumwedeln.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Der Rest wird daher als Wurfvergehen abgearbeitet


    Der Wurf geht aber auf den Ball, nicht gegen einen Spieler (so wäre jedenfalls meine Interpretation - wenn man das als Wurf gegen eine Person interpretiert, hast Du recht, siehe auch Ente).


    Ich wäre daher eher beim Handspiel. Spannend ist die Frage aber dennoch - handelt es sich zusätzlich zum Handspiel um ein unsportliches Betragen in Tatmehrheit (wie von Manfred geschildert), also wäre gelb/gelb+rot hier möglich? Ich bin sehr hin- und hergerissen, für ja und nein finde ich Argumente ...

  • Der Wurf geht aber auf den Ball, nicht gegen einen Spieler (so wäre jedenfalls meine Interpretation - wenn man das als Wurf gegen eine Person interpretiert, hast Du recht, siehe auch Ente)

    Das ist unerheblich, - siehe die ganzen Regelfragen bei denen Schienbeinschoner umständlich aus dem Strupf hervorgekramt und gegen den Ball geworfen werden! Auch das sind Wurfvergehen

  • Hm, für ein Handspiel müsste er aber den Ball mit der Hand berühren, wobei man sicher, analog zur Torwartkappe o.ä., den geworfenen Ersatzball als Verlängerung der Hand ansehen könnte - wobei der Unterschied unerheblich ist, auch ein Handspiel würde zur Verhinderung eines aussichtsreichen Angriffs und damit zu direktem Freistoß und Verwarnung führen, die Frage, ob die - gewissermaßen längere - Vorbereitung ein gesondertes Vergehen ist, damit aber offen bliebe …


    Wenn ich das als missglückte Tätlichkeit sehe, ist natürlich direkter Freistoß wo getroffen werden sollte und Rote Karte zwingend, nur geben die Bilder das m.E. nicht her - klar, als Alleinpfeifer ohne Beobachtung kann ich das machen, aber bevor ich mir das antue, finde ich einen anderen Weg, einen Spieler, der mir lästig ist, regelkonform abzuräumen.

  • zettelbox und Manfred, Werfen auf den Ball wird nicht mehr wie früher als Handspiel ("verlängerte Hand") gewertet, sondern ist nun als eigenständiges Vergehen in Regel 12 aufgeführt:


    "Werfen eines Gegenstandes in Richtung des Balls, eines Gegners oder eines Spieloffiziellen oder Berühren des Balls mit einem in der Hand gehaltenen Gegenstand"


    Das hat auch den charmanten Vorteil, dass im Gegensatz zum Handspiel bereits der Versuch strafbar ist ("in Richtung des Balls").

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Womit wir dann aber womöglich tatsächlich zwei getrennte Vergehen haben:

    Die Unsportlichkeit, den Ball aufgenommen und eben nicht, was im Geiste des Fußballs wäre, sofort aus dem Feld zu befördern, sondern mitzunehmen, sowie das Handspiel, welches einen aussichtsreichen Angriff unterbindet …?!?