Misslungene Dampframme

  • Bei folgendem Sachverhalt aus meinem gestrigen Spiel stellt sich mir die Frage nach der korrekten persönlichen Strafe (oder eben auch nicht):

    Angreifer führt den Ball noch knapp in der eigenen Hälfte etwa mittig zwischen Seitenlinie und Schiedsrichterlaufkreis. Verteidiger zieht die Schulter leicht schräg nach vorne und läuft mit Schwung und Blickrichtung geradeaus auf den ballführenden Spieler zu - in dieser Position wäre nach meiner Wahrnehmung ein spielen des Balles weder möglich noch beabsichtigt gewesen. Kurz vor dem Kontakt gibt der ballführende Spieler den Ball ab und macht, ohne sich der Gefahr bewusst zu sein, einen kleinen Schritt schräg nach vorne, so dass es zwar noch zum Kontakt kommt, dies aber mehr ein touchieren ist, welches den Spieler dennoch zum straucheln bringt.

  • Kam es zu einer Möglichkeit eines Vorteils durch das derzeit in Angriff befindliche Teams?


    Ansonsten ich es für mich jetzt gerade schwer das vor dem inneren Auge zu sehen was du gesehen hast.


    War es eher fahrlässig oder rücksichtslos?

  • Ich verstehe, worauf Du hinaus willst, und dennoch ist es für mich nicht mehr als ein fahrlässiges Foul, d.h. Freistoß (unter Beachtung der Vorteilsauslegung natürlich) ohne persönliche Strafe.

  • Soviel: Eher ein vager Vorteil, deswegen unterbrechen durfte man also durchaus.

  • Ich verstehe, worauf Du hinaus willst, und dennoch ist es für mich nicht mehr als ein fahrlässiges Foul, d.h. Freistoß (unter Beachtung der Vorteilsauslegung natürlich) ohne persönliche Strafe.

    Sehe ich auch so. Klassischer Fall für einen Präventivpfiff. Erfahrungsgemäß wird der Spieler mir erzählen, dass ich nicht hätte pfeifen dürfen, weil er den Gegner kaum/gar nicht berührt hätte. Ich werde ihm entgegnen, wenn die Aktion getroffen hätte bräuchte er sich keine Gedanken mehr über Freistoß oder nicht machen, weil er dann wegen brutalem Foulspiel Feierabend hätte. Und der Spieler wird sich in der restlichen Spielzeit hüten, so etwas nochmal zu versuchen...;)

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Ich verstehe, worauf Du hinaus willst, und dennoch ist es für mich nicht mehr als ein fahrlässiges Foul, d.h. Freistoß (unter Beachtung der Vorteilsauslegung natürlich) ohne persönliche Strafe.

    sehe ich ähnlich und möchte Hinzufügen:


    Der Unterschied zwischen einem "Volltreffer" und dem "Streifschuss" ist zeitlich so gering, das ein "Präventivpfiff" zeitlich kaum möglich ist. Nur das "Dampframmenähnliche" Anlaufen ist für sich ja noch nicht einmal strafbar.

  • Dann komme ich mal zur Auflösung …


    Der präventive Pfiff ist, wir wissen das alle, leider nicht zulässig. Mit welchem Grund sollte ich unterbrechen und was wäre die Spielfortsetzung? Sorry, das kann es nicht sein.


    Der direkte Freistoß an sich sollte unstrittig sein. Dann steht da aber so ein kleiner, selten beachteter Zusatz: ""Übermäßig hart" bedeutet, dass ein Spieler mehr Kraft einsetzt als nötig und/oder die Gesundheit des Gegners gefährdet. Ein solches Vorgehen ist mit einem Feldverweis zu ahnden."

    Betrachte ich jetzt, dass der Angriff ohne jeden Ansatz eines Zweifels dem Gegner und nicht dem Ball galt, der in dieser Körperhaltung gar nicht spielbar gewesen wäre, selbst wenn der Spieler noch die Ballkontrolle gehabt hätte, wird schon klar, welche Geisteshaltung hier dominiert - und hier sind wir auch schon bei "mehr Kraft einsetzt als nötig", zumal der Spieler trotz der günstigen Umstände noch ins straucheln kommt. Was passiert wäre, hätte der Spieler richtig getroffen, möchte ich mir gar nicht ausmalen, dass ist ohne jeden Zweifel eine massive Gefährdung der Gesundheit des Gegners. Schon das ist also sehr nahe an einem Feldverweis, vielleicht aber - Glück für die Dampframme - wegen des "harmlosen" Treffers noch nicht ausreichend. Dennoch ist hier für mich die Absicht ganz klar, dass hier eben kein spieltypisches Verhalten vorliegt, sondern unter Einsatz roher Gewalt ein körperlicher Angriff erfolgen sollte und es auch zu einem Treffer kam, mithin war das für mich eine Tätlichkeit - und dafür hat der Spieler dann auch die Rote Karte gesehen.

  • Dann komme ich mal zur Auflösung …


    Der präventive Pfiff ist, wir wissen das alle, leider nicht zulässig. Mit welchem Grund sollte ich unterbrechen und was wäre die Spielfortsetzung? Sorry, das kann es nicht sein.

    Na aber selbstverständlich, das Vergehen nennt sich "gefährliches Spiel", die Prävention ist hier gerade entscheidend, um eine Verletzung zu vermeiden (de facto dürfte ein ausreichend präventives Unterbrechen aber selten möglich sein), und die Spielfortsetzung ist der indirekte Freistoß. Persönliche Strafen sind möglich.


    Zu Deiner Auflösung: So, wie ich mir die Situation vorstelle, wäre eine rote Karte sehr überraschend. Tatsächlich ist das ohne die Situation wirklich zu sehen aber wohl kaum zu bewerten. Wie haben denn die Spieler reagiert, also einerseits der des Feldes verwiesene, aber auch der vermeintlich attackierte?

  • Das muss man wohl selbst gesehen haben, um beurteilen zu können, ob ein FaD gerechtfertigt ist. Alternativ könnte man daraus auch eine Unsportlichkeit machen, mit einer klaren Ansage verbunden, und den Spieler verwarnen.

  • das Vergehen nennt sich "gefährliches Spiel"

    Na ja, ich habe mal gelernt, dass ein gefährliches Spiel dann vorliegt, wenn ein Spieler sich nicht traut, in einen Zweikampf etc. zu gehen, weil er befürchten muss, durch die Spielweise des anderen Spielers verletzt zu werden. Sicher, man kann auch in anderen Fällen gefährliches Spiel pfeifen, die Luft ist aber dünn, zumal meist ein Vorteil damit unterbunden wird. Ein Spieler, der mit Wucht auf einen anderen Spieler zurennt und bei dem von Anfang an klar ist, dass es nicht um den Ball gehen wird, sorry, das ist niemals gefährliches Spiel, das ist mindestens eine versuchte Tätlichkeit.

    Tatsächlich ist das ohne die Situation wirklich zu sehen aber wohl kaum zu bewerten.

    Das mag sein. Die Phase des Spiels war - trotz eindeutigem Spielstand von 5:1 - sehr hektisch und es wurde ohnehin gerade "rustikal", dennoch stach die Situation aber heraus, weil alleine die Art und Weise mit der vorgezogenen Schulter, dem klaren Blick und der ersichtlichen Unwilligkeit, den Ball zu spielen, aber aus Körpersprache und Gesichtsausdruck eindeutig ablesbaren Intention "den mache ich jetzt platt", zu erkennen war, wes Geistes Kind der Spieler war.

    Wie haben denn die Spieler reagiert, also einerseits der des Feldes verwiesene, aber auch der vermeintlich attackierte?

    Der des Feldes verwiesene Spieler war natürlich das Unschuldslamm und sich keiner Schuld bewusst, im Gegenteil, er weigerte sich, den Platz zu verlassen. Der getroffene Spieler war noch etwa benommen, der wusste nicht, was ihm da gerade geschehen war und welches Glück er gehabt hatte. Die meisten Spieler hatten die Situation aber nicht mitbekommen, die Trainer draußen aber sehr wohl, von da gab es - ungewöhnlich genug - keinerlei Widerspruch.


    Trotz ein paar Tagen Abstand und dieser Diskussion bin ich aber noch immer der Auffassung, dass meine Entscheidung richtig war und ich würde jederzeit wieder so entscheiden, alleine auch deshalb, weil die Art und Weise jedem Grundgedanken des Fußballs entgegensteht. Ob ich vorher wegen gefährlichen Spiels hätte unterbrechen sollen? Dafür spräche, dass ich die Gefahr vielleicht verringert hätte, dagegen, dass das nun niemand auf dem Feld mehr verstanden hätte.


    Dennoch war die Diskussion für mich wertvoll, einfach weil mir noch ein anderer Aspekt des gefährlichen Spiels wieder mehr ins Bewusstsein gerufen wurde, den ich zukünftig wohl dann und wann wieder öfter nutzen werde (allerdings habe ich da einige andere Szenen vor Auge).

  • Zum gefährlichen Spiel: Per Definitionem hast Du völlig Recht, aber der Übergang ist ja fließend. Entscheidende Frage bei der Bewertung: Ab wann hat der Gegenspieler einen Nachteil aufgrund der Gefährlichkeit des gefährlichen Spiels? Einmal natürlich, wenn er zurückzieht aus Angst sich zu verletzen, aber nach meinem Verständnis auch dann, wenn der SR davon ausgehen muss, dass der angegriffene Spieler eben genau das tun muss (zurückziehen, ausweichen etc.) oder aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung davontragen wird. Das wäre hier nach der Beschreibung ja der Fall gewesen. In der Praxis bleibt aber das Problem, dass zwischen der Entstehung einer solchen Situation, der Schaltsekunde für den SR und dem Pfiff vermutlich zu wenig Zeit bleibt, um die gefährliche Situation wirklich zu unterbinden und gleichzeitig nicht zu früh einzugreifen.


    Zur konkreten Situation: Nur Du hast die Situation gesehen. Formal gibt es gegen Deine Argumentation nichts einzuwenden. Wenn Du immer noch der Meinung bist, dass der FaD richtig war, dann wird es auch so sein.

  • Na aber selbstverständlich, das Vergehen nennt sich "gefährliches Spiel", die Prävention ist hier gerade entscheidend, um eine Verletzung zu vermeiden (de facto dürfte ein ausreichend präventives Unterbrechen aber selten möglich sein), und die Spielfortsetzung ist der indirekte Freistoß. Persönliche Strafen sind möglich.

    Nur mal Interesse halber, Manfred hatte doch bei der Situation geschrieben das der Spieler, wenn auch nicht mehr mit voller Kraft, da laufweg verändert und Ball weggespielt war, dennoch getroffen wurde.


    Da ein körperlicher Kontakt vorlag ist doch die Fortsetzung direkter Freistoß :/ und nicht idf.


    Was mich an solchen Situationen etwas mehr nervt ist dieses Spa und Dogso (oder wie das sich schimpfte) unter Umständen wäre dann, die aus Manfreds Sicht glasklare rote karte, plötzlich wieder gelb. Und dann erkläre mal dem dicken atemlosen "paule" der am Ende wie immer 3 Meter vor dem Tor den Ball Richtung Eckfahne gedroschen hat das hier eine offensichtliche Torchance vorhanden war.

  • Nur mal Interesse halber, Manfred hatte doch bei der Situation geschrieben das der Spieler, wenn auch nicht mehr mit voller Kraft, da laufweg verändert und Ball weggespielt war, dennoch getroffen wurde.


    Da ein körperlicher Kontakt vorlag ist doch die Fortsetzung direkter Freistoß :/ und nicht idf.


    Ja, das stimmt. Ich bezog mich auf die generelle Aussage von Manfred, dass ein präventiver Pfiff nicht möglich sei (siehe Zitat im Ursprungsbeitrag - leider ist die Zitierfunktion in diesem Forum sehr umständlich und teilweise defekt).


    Für die konkrete Situation hast Du völlig recht: Mit dem Körperkontakt wird aus gefährlichem Spiel verbotenes Spiel und damit kann die Spielfortsetzung nur "direkter Freistoß" lauten.