Was beim Handball dann doch nicht anders ist ...

  • Üblicherweise - und leider oft genug zu recht - wird ja darauf hingewiesen, dass es beim Handball "gesitteter" zugeht, da beispielsweise kein Spieler je auf den Gedanken käme, einen Ball weg zu werfen. Bei Fouls mit Verletzungen gibt es jetzt aber im Handball neue Rechtsprechung, die im Fußball schon lange anerkannter Standard ist - warum sollte es dort auch anders sein: Bericht

  • @ Manfred, Etwas zu früh gefreut oder auch doch nicht...


    Blenden wir mal die übliche Ungenauigkeit der Presse bei der Berichterstattung aus, dann handelt es sich hierbei um ein Foulspiel im Rahmen des 'üblichen Spielbetriebs' bei dem es zu eine Verletzung kam. Das Foulspiel war mit einem FaD zu ahnden.


    Das Urteil ist übrigens nichts neues. Wer sich einschlägige Rechtsgutrachten zu diesem Thema durchliest findet immer wieder den Hinweis darauf, das Verletzungen durch sportart-typische-Handlungen, rechtsansprüche aus Körperverletzungsdelikten generell ausschliessen.


    Zitat von LTO.de - Legal Tribune Online - Aktuelles aus Recht und Justiz

    Damit eine unerlaubte Handlung vorliege, so die Richter weiter, müsse die Handlung über "geringfügigen und häufigen Regelverstoß deutlich hinausgehen und einen Grenzbereich zwischen gebotener kampfbedingter Härte und unzulässiger Unfairness klar überschreiten", so das OLG. Die Spielregeln müssten also grob verletzt werden. Im Handball sei eine grobe Verletzung des Regelwerks jedenfalls erst bei Erteilung einer roten Karte mit Bericht anzunehmen. Da ein solcher in vorliegendem Fall nicht erging, lehnte es das OLG ab, eine unerlaubte Handlung anzunehmen.


    Nichts anderes liegt hier offenbar vor. Wer in den Boxring steigt muss mit einer krummen Nase rechnen. Wer Fussball spieltdarf sich nicht über einen Meniskusschaden beschweren un Gehirnerschütterungen im American Football gehören leider auch zur Tagesordnung.


    Aber Achtung: Viel zu häufig wird aus dieser Rechtseinschränkung bei den Akteuren die Kampfarena gedanklich zu einem "Rechtsfreier Raum" in dem die härteste Strafe nur :rote_karte: ist und im ungünstigstem Falle ein paar Spiele Sperre.

    Dem ist bei weitem nicht so. Wenn der geschädigte Nachweisen kann, das es sich eben nicht gerade um eine "Spieltypische Aktion" handelt, dann gilt wieder der Straftatbestzand der Körperverletzung.


    Während der Trainer Heim nach dem Spiel "Fingerspitzengefühl" anmahnte kommentierte der Trainer [Gast] die Aktion der Beiden mit "Sowas gehört nicht auf den Fußballplatz. Genau damit fängt Gewalt auf den Sportplätzen an." Eine zufällig im Zuschauerbereich anwesende Beisitzerin des Jugendrechtsausschuss kommentierte die Aktion mit : "Je nach Vorstrafe ein bis drei Spiele Sperre"


    Die Aktion fand bereits in der 10. Minute statt, hier merkte der Spielführer [Gast] an, das man für Sowas doch normalerweise nur Gelb geben würde. Mit einem Verweis auf ein Urteil gegen die [Heimmannschaft] vor 14 Tagen bei dem es 6 Spiele Sperre für eine solche Aktion gegeben hat (davon 3 auf Bewährung) trollte der Spielführer sich,wollte aber nicht einsehen,das es sich hierbei um eine Tätlichkeit handelt.


    Beide (eigentlich ja alle drei) Feldverweise wirken jetzt kleinlich. Sie stehen hier aber Beispielgebend für Aktionen, die nichts mit sport typischen Aktionen zu tun haben. Stellt der Geschädigte hier Strafanzeige dann kann der Schädiger nicht mehr mit der "besonderen sporttypischen Verletzungsgefaht" argumentieren.

  • Für solche "harmlosen" Schubbser" wird man im Ringen -und das ist immerhin Kampfsport- sofort von der Matte gestellt und der Kampf ist zu Ende. Jedenfalls hab ich das in früheren Jahren bei einem Kampf meines Bruders bei der Deutschen Meisterschaft erlebt, als dieser von seinem Gegner nach Unterbrechung des Kampfrichters weggestossen wurde.

    Reaktion: sofortiger Mattenverweis, Kampf zugunsten meines Bruders beendet und Disqualifikation des Täters.

    Also, durchaus gängige Praxis und eben kein sporttypisches Verhalten.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Letztlich besteht der Unterschied zwischen Handball und Fußball darin, dass im Fußball eine Rote Karte - Ausnahme: Ausschließlich Verhinderung einer klaren Torchance - immer auch eine Grundlage hat, die grundsätzlich für eine Strafanzeige reicht; vom rohen Spiel über die Tätlichkeit bis zur Beleidigung, alles Dinge, die eben nicht sporttypisch sind (ob da immer ein Strafprozess herauskommt, das ist eine ganz andere Frage). Ich fand es nur ganz amüsant, dass man im Handball ausurteilen muss, was im Fußball schon lange anerkannter Standard ist - und dort ist eine Rote Karte mit Bericht ganz offenkundig das, was bei uns eine "einfache" Rote Karte ist (Ausnahme siehe Eingangssatz).

  • [...] Ich fand es nur ganz amüsant, dass man im Handball ausurteilen muss, was im Fußball schon lange anerkannter Standard ist [...]

    Es wird ja nur deswegen ein Urteil gefällt, weil jemand vor einem Zivilgericht geklagt hat, das kann in allen Sportarten immer wieder passieren

  • Ich vergleiche die Rote Karte ohne Bericht im Handball mit der Gelb/Roten Karte im Fussball, wo es ja auch keinen Sonderbericht gibt und deshalb ja auch keine Instanzen tätig werden.

    Wenn trotzdem ein "Geschädigter" vor ein ordentliches Gericht zieht, weil er sich bei dem verwarnungswürdigen Foul, welches dann zu Gelb/Rot geführt hat (2.Verwarnung), verletzt hatte, dann ist ihm das freigestellt.

    Jeder hat das Recht dazu. Ob er aber auch Recht bekommt, ist eine andere Geschichte und sehr fraglich.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Ob er aber auch Recht bekommt, ist eine andere Geschichte und sehr fraglich.

    Stimmt, dennoch ist ein kleines Detail entscheidend: Leider soll es Schiedsrichter geben, die es bei einer Verwarnung belassen, obwohl eine Rote Karte angezeigt wäre, weil sie sich den Aufstand auf dem Platz und den Aufwand mit dem Sonderbericht sparen wollen. Das gilt besonders, wenn es sich dabei um eine Gelb-Rote Karte handelt, der Spieler also "ohnehin" vom Platz muss. In diesen Fällen stehen - lassen wir die Beweisfrage mal außen vor - die Chancen vor Gericht dann gar nicht schlecht. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch für uns Schiedsrichter, dass wir uns darüber klar sein müssen, welche Auswirkungen es haben kann, wenn wir keine oder die falsche Karte zeigen (zumindest wird der Beweis dann ungleich schwerer zu führen).

  • Um das Ganze beurteilen zu können, muss man die Szene gesehen haben.

    Ich war selbst 7 jahre lang Handball-Torhüter und drei Jahre lang Handball-Schiedrichter (ist allerdings im letzten Jahrtausend gewesen), und solche Aktionen sind im Rahmen das "Spielbetriebs" zwar bedauerlich aber halt "möglich".