Gleich richtig viel auf einmal.

  • Hm. Dann wird es schwer mit einer einheitlichen Regelauslegung. Ich bleibe bei Strafstoß.

    Deine Version funktioniert nur, wenn ich erst gar nicht über Vorteil nachdenke und das Ding gleich wegpfeifen ohne abzuwarten, was in der Mitte passiert.

    Dann gehe ich mit.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Dass der Stürmer auf den Ball geht macht die geschilderte Situation noch nicht zum strafbaren Abseits, auch wenn der Verteidiger sich zum Halten genötigt fühlen sollte, ist noch kein Eingreifen des Stürmers gegeben.


    Ganz ehrlich, aus einem Foulspiel des Verteidigers ein aktives Eingreifen zu konstruieren in der geschilderten Situation, ist schon etwas abenteuerlich. Da hier nicht der Stürmer aktiv den Zweikampf sucht, sondern der Verteidiger.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • In der Regelfrage steht klar, dass der Rote 2m vom Ball entfernt ist, also kann seine Anwesenheit nicht dafür den Ausschlag gegeben haben, dass der Blaue hinter ihm den Ball nicht spielen kann.


    Beide Aspekte dieser Fragestellung sind eigentlich ziemlich klar, wenn man sie einzeln betrachtet:


    - Abseitsregel ohne den Vorteil: Wer nur passiv im Abseits steht, kann "Opfer" eines strafbaren Foulspiels sein, bevor er eben ins Spiel eingreift. Das ist eben genau der Fall, der in der oben gelb markierten Regel steht.

    - Vorteil ohne die Abseits-Besonderheit: Solange der Schiedsrichter den Vorteil abwartet, kann die verteidigende Mannschaft eine schwerere Spielstrafe verwirken. Hätte der Angreifer nicht im Abseits gestanden, wäre der Strafstoß ja wohl unstreitig.


    Es ist allein die Kombination beider Aspekte, die das hier schwierig erscheinen lässt. Ist es aber eigentlich nicht.


    Bei der :gelbe_karte: bin ich mittlerweile der gefestigten Ansicht, dass beide falsch wären. Die erste, weil kein aussichtsreicher Angriff verhindert wird und für eine Rücksichtslosigkeit nichts ersichtlich ist. Die zweite, weil ebenfalls kein aussichtsreicher Angriff verhindert wird und das Textilvergehen sicherlich nicht rücksichtslos ist. Und aus einem Textilvergehen pauschal eine Unsportlichkeit zu machen, ist sicherlich auch nicht richtig.


    Wie gesagt, als Regelfragenantwort. Das bedeutet nicht, dass man da auf dem Platz keine gelbe Karte verkauft bekommt oder das gar ein Regelverstoß wäre.

  • Ich will aber mal sehen, wie das in der Realität funktioniert.


    Foulspiel - passt.
    Du zeigst Vorteil an - passt.
    Der Ball wird in die Mitte gespielt - passt.
    Nun greift der im Abseits stehende Spieler ein und wird gefoult, während der Assistent die Fahne hebt. - es wird knifflig.

    Um die Situation zu klären, gehst du zum Assistenten raus. Ihr besprecht euch und entscheidet auf Abseits. Ihr bemerkt, dass Ihr Vorteil gegeben habt, was nicht eintritt. Also entscheidet Ihr zurück und gebt Freistoß. Logisch!

    Wenn es jetzt einen Schiedsrichter gibt, der diese Passage (siehe SixtCHF) im Kopf hat und DIREKT anwendet, der verdient tatsächlich einen Orden! Ich sage immer noch, dass das so keiner entschieden hätte - AUF DEM PLATZ!

  • Dass der Stürmer auf den Ball geht macht die geschilderte Situation noch nicht zum strafbaren Abseits, auch wenn der Verteidiger sich zum Halten genötigt fühlen sollte, ist noch kein Eingreifen des Stürmers gegeben.


    Ganz ehrlich, aus einem Foulspiel des Verteidigers ein aktives Eingreifen zu konstruieren in der geschilderten Situation, ist schon etwas abenteuerlich. Da hier nicht der Stürmer aktiv den Zweikampf sucht, sondern der Verteidiger.

    Im Grunde genommen sucht jeder Stürmer mit dem Hinlaufen zum Ball den Zweikampf. Automatisch.

    Ich gebe euch hier am Monitor recht, bin aber noch immer überzeugt davon, dass das auf dem Platz von viel zu wenigen "richtig" entschieden worden wäre.

  • Paddy, hier geht's aber um die Regelfrage und da ist eben so, dass es kein Abseits ist und das schwerere Foul zu ahnden ist.


    Die gelbe Karte begründe ich mit der Unsportlichkeit eben weil eigentlich nichts passieren kann. Kommt der Angreifer an den Ball wird Abseits gepfiffen, also warum wird er festgehalten? Ergo : Unsportlichkeit

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Ich gebe dort aber den fälligen Freistoß. Egal wie oft ich mir den Fall durchlese.

    Dies ist sicherlich die "Pragmatische Lösung", aber die ist hier nicht gefragt, sondern die Auflösung einer Regelfrage gem. der Fußball Regeln. In einem Regeltest kann man sich schließlich nicht mit Pragmatismus herausreden wenn man eine Frage falsch beantwortet. Da geht es um Punkte die man für eine richtige Antwort bekommt und nicht um Außenwirkung auf dem Feld.



    Ich fasse die wesentlichen Punkte der Regelfrage nochmal zusammen, damit sie nicht untergehen [in Klammern Ergänzungen wie der Teil interpretiert werden soll].


    1. Ein Angreifer ist ballführend vor der linken Strafraumecke in einem Zweikampf, bei dem der Verteidiger ihn am Bein trifft

    [Da hier nix besonderes beschrieben wird soll es sich um eine Allerwelts Foul handeln welches ohne Verwarnung auskommt und auch nicht um ein taktisches Foulspiel]


    2. Der Angreifer kommt zwar in´s stolpern, kann aber einen kontrollierten Pass Richtung 11m Punkt spielen.

    [Der SR denkt über eine Vorteilssituation nach und wartet die Entwicklung ab - kein "absiochtlich" verzögerter Pfiff sondern tatsächlich beobachten der Situationsentwicklung, denn er sieht wie der Miuttelstürmer den Ball erreichen könnte.]


    3. Der Mittelstürmer versucht den Ball zu erreichen befand sich aber zum Zeitpunkt des Pass-Spiels in Abseitsposition.

    [Das sieht der SR nicht, aber wofür gibts den SRA]


    4. Der Mittelstürmer wird aber durch festhalten am Trikot daran gehindert überhaupt in die Richtung des Balls zu laufen.

    [Das hierbei schon ein sehr kräftiges Textilvergehen vorliegen muss um einen Mittelstürmer zu bremsen sollte eigentlich klar sein. Man kann also schon über Gelb reden, aber das wäre dann eher nachgelagert]



    Herausforderungen (wenn wir die Aktionen im einzelnen betrachten):


    1. Hier sofort abzupfeiffen ist ja grundsätzlich nicht falsch, die Vorteilsregel ist schließlich keine MUSS-Bestimmung. Jedoch zeichnet es den Besseren gegenüber dem Guten Schiri aus ein besonderes Gespür für die Vorteilssituation zu bekommen. Zu diesem Zeitpunkt ist überhaupt noch nicht klar was danach passiert, Vorteil kann man erst erkennen wenn man weiter laufen lässt. Pfiff und Gut! Keiner würde sich bis hierhin besonders aufregen weil alles 08/15 Standard ist.
    2. Der Pass in die Mitte auf den Strafstoßpunkt könnte so ein Vorteil sein wenn da einer steht der den Ball verwenden kann. Das ist der Zeitpunkt des Besseren Schiries noch einmla Luft zu holen bevor man ins Horn stösst um nochmal genauer hinzusehen was da passiert.
    3. Die Abseitsposition hat der SR vermutlich nicht erkannt, denn die Foulspielsituation hat bestimmt mehr Aufmerksamkeit gefordert. Aber dafür hat er ja einen zuverlässigen SRA. Lassen wir den Kollegen an der Seitenlinie aber erstmal weg. Der SR erkennt das der Pass möglicher Weise zu einem Vorteil führen kann, also abwarten. Doch nun kommt der Lappen des SRA. Betrachten wir die Regelfrage jetzt bis hierhin ist der Vorteil wegen Abseits nicht eingetreten, daher ist auf Foulspiel an der Strafraumecke zu entscheiden. (Übrigens ist diese Regelumsetzung für viele Schiries bereits eine Herausforderung)
    4. Nun kommt das Foulspiel des Verteidigers gegen den Mittelstürmer hinzu, welches aus einer Abseitsposition einen Strafstoß macht


    Was bleibt ist natürlich das hier:

    bin aber noch immer überzeugt davon, dass das auf dem Platz von viel zu wenigen "richtig" entschieden worden wäre.

    Aber genau deshalb machen wir ja theoretische Regelfragen um auch mal in Ecken des Regelwerks zu leuchten, die meist verstauben.

  • Paddy: Wenn der Verteidiger stark festhalten kann, ist er nicht automatusch auch so weit weg, dass er den Stürmer nicht stellen kann vor dem Ballkontakt, auch wenn es nur zwei Meter bis zum Ball sind. Hinzu kommt, dass das Halten in der Situation nicht erst eingetreten sein kann, als der Ball erst zwei Meter entfernt ist, da er in dem Moment bereits behindert wird durch den Verteidiger (anhand der Schilderung). Daraus schließt sich, dass das Halten bereits zu einen Zeitpunkt stattfindet, da der Stürmer noch nicht ansatzweise in spielbarer Nähe ist.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Nicht für die Antwort auf die Regelfrage relevant, aber: Idealerweise hätte der SRA hier gar nicht die Fahne gehoben, weil ja nie eine aktive Abseitsstellung eingetreten ist.

    Aber der SR kann diesen Fehler des SRA noch korrigieren, indem er abwartet, was passiert und in diesem Fall dann erkennt, dass kein strafbares Abseits vorliegt.

  • Ich lasse mich überzeugen, dass in gewisser Weise ein Vorteil, den es wegen der Abseitsstellung eigentlich nicht gibt, durch die Verhängung des Strafstoßes eingetreten ist, die Verhinderung eines aussichtsreichen Angriffs ist damit obsolet. Aber ein einer Stelle hake ich immer noch:

    "am Bein trifft" ist für mich eindeutig oberhalb des Knöchels - und da sind wir immer in einem kritischen Bereich. Stünde da heftig am Bein trifft, wäre das eine glasklare Rote Karte, Treffer oberhalb des Knöchels sind eigentlich immer geeignet, die Gesundheit des Gegners zu gefährden und damit eine Verwarnung wert - oder handelt es sich um eine sprachliche Ungenauigkeit?

  • Wenn es jetzt einen Schiedsrichter gibt, der diese Passage (siehe SixtCHF) im Kopf hat und DIREKT anwendet, der verdient tatsächlich einen Orden! Ich sage immer noch, dass das so keiner entschieden hätte - AUF DEM PLATZ!

    Es ging um die Beantwortung einer Regelfrage.


    Die Regel, dass ein passiv im Abseits stehender Spieler einen Freistoß (oder Strafstoß) bekommen kann, hätte ich wohl präsent gehabt. Dass der Assistent die Fahne oben hat, ist in der Praxis natürlich Mist. Für die Regelfrage aber irrelevant.


    Falsch finde ich jedenfalls auch für die Praxis, der Mannschaft einen fälligen Strafstoß zu stehlen, weil der Freistoß sich besser verkaufen lässt. Ich meine ja auch, dass man nicht immer mit dem Regelbuch unterm Arm pfeifen muss, aber spielentscheidende Grundregeln wie den Strafstoß sollte man schon nach bestem Wissen richtig anwenden. Zumal sich das Ergebnis für mich auch nicht unfair anfühlt. Da wird ein Angreifer im Strafraum gehalten, da ist der Strafstoß im Bereich des für jeden Erwartbaren. Genau genommen ließe er sich auch problemlos verkaufen, wenn nicht der Assistent die Fahne oben hätte. Das ist aber kein Problem dieser besonderen Konstellation, sondern es ist eben immer schwierig, in einer spielentscheidenden Situation den Assistenten zu überstimmen.


    Ich denke durchaus, dass das auch viele Schiedsrichter so entschieden hätten. Beim Lesen der Regelfrage hatte ich die Lösung jedenfalls im Kopf. Ob sie mir in der Hektik des Spiels eingefallen wäre, vermag ich natürlich nicht zu sagen. Aber ich bin ja auch noch nicht der Benchmark ;)

  • Wenn es jetzt einen Schiedsrichter gibt, der diese Passage (siehe SixtCHF) im Kopf hat und DIREKT anwendet,

    Ich muss (zu meiner Schande) zugeben, ich hatte diese Passage auch bis gestern nicht im Kopf. Wir hatten über den Klassiker des "Abseits Steilpasses" gesprochen bei dem Verteidiger und Angreifer dem Ball hinterher jagen und der Verteidiger dabei unsportlich zu Werke geht.

    Da hat man uns dann mit der Nase auf diese Passage gestoßen (gefühlt 80% der Kollegen hatten die Passage ebenfalls nicht präsent)

    Dann hatten wir da noch die Situation mit dem Vorteil der zu einem Abseits wird (erster Teil dieser Regelfrage)


    Daraus haben wir dann - quasi in Bierlaune - beide Fragen sinnvoll miteinander kombiniert.