Abseits bei Abwehrversuch des Verteidigers - Zwei Situationen

  • wo der Ball so minimal berührt wurde, dass man es kaum sehen konnte

    Aber das konnte man sehen - und damit kann man so etwas einwandfrei beurteilen. Mit der Einführung eines neuen unbestimmten Begriffes der deutlichen Abweichung holen wir uns wieder vollkommen vermeidbare Diskussionen auf den Platz.

  • Es wird hierzu sicherlich Erläuterungen und Beispiele geben. Im Zweifel war es ein Klärungsversuch.


    Und dadurch ist der aktuelle deutsche Regeltext mit „Ball …absichtlich abgewehrt wurde“ der Auslegung sogar wieder näher. ;)

  • Es gibt neben der deutlichen Richtungsänderung ja noch mehr Kriterien, die dafür sorgen, dass das Abseits nicht aufgehoben wird:

    - Unbedrängt

    - Nicht in einem Zweikampf befindlich

    - Nicht eine Abwehraktion "in höchster Not"


    So wie ich den Text verstehe, ist jedes der vier Kriterien alleine ausreichend.

    Natürlich sind diese auch alle subjektiv, aber ich könnte mir vorstellen, dass in vielen Fällen eines der Kriterien eindeutig erfüllt ist und somit z.B. die Frage nach der Richtungsänderung nicht gestellt werden muss.


    Ich bin aber mal gespannt, wie hier die Kommunikation abläuft. Bisher scheint es nach außen ja noch gar nichts vom DFB dazu zu geben. Mal sehen, ob zumindest 10% der SR in Deutschland diese Anpassung zu Saisonbeginn kennen und umsetzen...

    Natürlich vorausgesetzt, dass dies vom DFB überhaupt gewollt ist.

  • Wobei es die Kriterien, weil selbst allesamt wieder unbestimmt, eher noch schwieriger machen:


    "Unbedrängt" - subjektiv oder objektiv? Und wie nah darf ein Gegner objektiv sein, damit das Kriterium "unbedrängt" gegeben ist, so die Nähe für die Bestimmung überhaupt taugt.
    "Nicht in einem Zweikampf befindlich" - im Ernstfall auch wieder eine mehr als subjektive Empfindung, denn wann beginnt der Zweikampf?
    "Nicht eine Abwehraktion in höchster Not" - wann ist das der Fall? Der letzte Verteidiger an der Strafraumgrenze, mithin der einzige Verteidiger, der das noch verhindern könnte - ist das schon höchste Not?

  • Aber das konnte man sehen - und damit kann man so etwas einwandfrei beurteilen. Mit der Einführung eines neuen unbestimmten Begriffes der deutlichen Abweichung holen wir uns wieder vollkommen vermeidbare Diskussionen auf den Platz.

    Ist das nicht jetzt auch schon ein Problem, dass man als SR entscheiden muss ob der Ball nur berührt oder absichtlich gespielt wurde?

    Das ist doch am Ende genau so umbestimmt wo da genau die Grenze zwischen ist.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Wir (Berliner FV) haben heute vier Seiten per Mail bekommen auf denen alle Regel-/Auslegungsänderungen mit Erklärungen drauf sind. Der Schrieb wurde von Lutz Wagner verfasst. Interessant ist eigentlich nur der letzte Punkt davon und da ist der Text gleich zu dem oben geposteten. Ich bin begeistert ;) . Gerade ohne VAR finde ich das höchst anspruchsvoll. Egal ob als Alleinpfeifer oder im Gespann. Bei letzterem ist hier die Kommunikation (nonverbal) vermutlich ganz maßgeblich um keine Probleme zu bekommen. Ich bin nicht überzeugt, dass der SRA das von außen immer so klar einschätzen kann.


    Es ist ja nicht nur die hier schon angesprochene "klare Richtungsänderung" sondern auch die anderen drei Punkte haben jeweils ihren Ermessensspielraum. Man hat vier Fragen und wenn nur eine verneint wird ist es kein Abseits mehr.


    Ist der Abwehrspieler unbedrängt? (Ab wann wird man eigentlich bedrängt? Reicht es wenn ein Gegenspieler heranspurtet aber noch einige Meter entfernt ist und den Verteidiger dadurch zu einer Aktion zwingt?)

    Ist der Abwehrspieler im Zweikampf? (Genau das gleiche wie beim Bedrängen. Wann fängt der Zweikampf an? Wobei der Zweikampf in meinen Augen die intensivere Version des Bedrängens ist)

    Handelt es sich um eine Abwehraktion "in höchster Not"? (Wann fängt die "höchste Not an"? Vermutlich muss das schon halbwegs in Tornähe und ein nicht eingreifen würde zumindest eine klare Torchance bedeuten. Wobei das, wenn der Stürmer dahinter im Abseits steht, sich eigentlich auch wieder relativiert)

    Lag eine deutliche Richtungsänderung des Balls vor? (Dazu wurde ja schon einiges gesagt. Ich muss das glaube ich nicht wiederholen)

  • Ich sehe kein Problem, da wir im Wesentlichen zur Auslegung zurückkehren, die wir vor 10 Jahren angewandt haben. Vereinfacht und vielleicht nicht ganz korrekt:


    Es muss erkennbar sein, dass der Verteidiger den Ball kontrolliert stoppen will oder dem Ball ein neues Ziel geben möchte. Wenn er nur zu verhindern versucht, dass der Ball sein eigentliches Ziel nicht erreicht, geht es weiter.


    Und ja, es gibt Graubereiche wie bei vielen anderen Entscheidungen auch. Aber: Diese Auslegung möchte die Mehrheit der Beteiligten; das konnte man regelmäßig auf dem Sportplatz, Stammtisch und den Medien entnehmen.

  • Man hat vier Fragen und wenn nur eine verneint wird ist es kein Abseits mehr.

    Achtung! Wenn eine der Fragen verneint wird, ist es Abseits.



    Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es nun in den meisten Fällen Abseits sein wird, wenn der Ball zuletzt vom Verteidiger berührt wurde.* Wir haben ja auch schon das Abfälschen und die Torabwehraktion, die das Abseits nicht aufheben. Und so wie die neue Auslegung formuliert ist, sind die verbleibenden Fälle eigentlich nur die groben Patzer der Verteidiger, wenn sie den Ball unbedrängt zum Gegenspieler spielen.

    Selbst wenn der Verteidiger den Ball nach herkömmlichen Maßstäben kontrolliert spielt (also erkennbar ist, dass genau das passiert, was er vorhat), aber dabei vom Gegner bedrängt wird, ist es Abseits.


    *Es geht natürlich insgesamt nur um Situationen, wo beim vorherigen Pass der angreifenden Mannschaft ein Spieler im Abseits stand. Eigentlich klar, darf man aber bei der Diskussion auch nicht vergessen. Wenn z.B. aus einer kontrollierten Ballbesitzphase der Verteidiger heraus ein Pass unter Bedrängnis und in höchster Not zum Angreifer gespielt wird, ist es -wie bisher - nie Abseits.

  • Ich sehe kein Problem, da wir im Wesentlichen zur Auslegung zurückkehren, die wir vor 10 Jahren angewandt haben.

    Das war auch mein Gedanke - was gut war kommt wieder.


    Und wir sind auch wieder näher "am Geist der Regel". Diese Superzeitlupen, in denen man dann kaum nachvollziehen konnte, ob der Ball noch die Wade des Verteidigers minimal touchiert hatte (oder nicht) gehören jetzt der Vergangenheit an. Wenn der Verteidiger unbedrängt einen Stockfehler begeht oder das Timing beim Sprung zum Kopfball nicht stimmt, dann hat er Pech gehabt und geht es weiter. Und alle Situationen, die zweideutig sind, werden als Abseits bewertet. Das macht es für die Gespanne wieder einfacher.