Abseits bei Abwehrversuch des Verteidigers - Zwei Situationen

  • Ich greife diesen Beitrag auf, da ich einen Knoten im Kopf habe. Es geht um eine Regeländerung 20/21, die ich nirgendwo erläutert finde:


    In 11.2 wurde nämlich der Begriff „Abwehraktion“ in „Torverhinderungsaktion“ umbenannt. Das ist grundsätzlich eine eigentlich irrelevante Konkretisierung.


    Mein Knoten: Nicht geändert wurde nämlich

    …wenn der Ball:…

    - absichtlich von einem Gegner abgewehrt wurde

    als eine Aktion, die Abseits nicht aufhebt.


    Folglich würde aktuell auch jeder verunglückte absichtliche Versuch der Abwehr einer Flanke oder eines Passes eine Abseitsstellung nicht mehr aufheben.


    Die Lehrmeinung will aber weiterhin, dass jedes absichtliche Berühren des Balles ein absichtliches Spielen sei.


    Daher sind entweder die Regeln nicht korrekt formuliert oder die aktuelle Lehrmeinung ist falsch.


    Rein textlich wird ganz klar zwischen „Ball absichtlich abwehren“ und „Ball absichtlich spielen“ unterschieden. Ersteres hebt Abseits generell nicht auf, zweiteres nur bei einer Torverhinderungsaktion.


    Und wenn mit „Ball absichtlich abwehren“ eigentlich „Torverhinderungsaktion“ gemeint ist, weshalb wurde dann nicht auch dieser Unterpunkt umformuliert?


    Und worin liegt dann der Unterschied zwischen Ball abwehren und Ball spielen? Das würde nämlich bedeuten, dass ggf. bei Situation 1 rein regeltextlich Abseits nicht aufgehoben ist.


    Wer löst den Knoten?

  • Übersetzungsfehler. Im englischen Text wird auch in deinem fettgedruckten Ausschnitt der Begriff "Save" verwendet, also dem Begriff, der im Deutschen wenig später als Torverhinderungsaktion übersetzt wird.

  • Hallo.

    Jein. So wie ich die Argumentation verstanden habe, wurde damit die Intention der Aktion konkretisiert.


    Spielte der Verteidiger bisher mit mittelbarem und ausreichend Abstand zum Tor kontrolliert den Ball, war es nach der alten Definition eine Abwehrreaktion, um den Ball vom Tor weg zu bekommen. Somit wurde der Stürmer, sofern dieser Ball dem Verteidiger dabei verspringt, trotzdem strafbar abseits.


    Nun muss diese Aktion der Torabwehr gelten. Ergo spielen Abstand zum Tor, Anzahl weiterer Verteidiger und Wahrscheinlichkeit der Torerzielung eine direkte und vor allem wichtigere Rolle. Das reine Spielen wird so weniger oft zu Abseits führen, es ergeben sich mehr Torchancen.


    Konkretes Beispiel: Verteidiger steht zwischen Strafraum und Außenlinie auf Höhe der Strafstoßmarke. Den parallel gespielten Ball versucht er vor Überschreiten der Außenlinie raus zu schlagen. Das mißlingt und der Ball kommt zum Abseits stehenden Stürmer. Das war nach alter Lesart eine Abwehrreaktion und somit Abseits. Da jetzt aber kein Torschuss unterbunden wird, nicht mehr. Passiert dies nun beim Versuch, den Ball, der auf das Tor geschossen wird, wegzuschlagen, wird es Abseits.

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

    Einmal editiert, zuletzt von jambala ()

  • Die naheliegende Lösung ist tatsächlich die schlampige Übersetzung ins Deutsche. Es wurde nämlich nur im deutschen Regeltext das englische „a save“ von „Abwehraktion“ in „Torverhinderungsaktion“ geändert.


    Die Erläuterung der Begriffe bezüglich Tornähe und Abwehr bleibt identisch.


    Der Sinn der Änderung bleibt mir aber immer noch rätselhaft, da sich „Torabwehraktion“ begrifflich eben noch weiter von „Ball absichtlich abwehren“ unterscheidet als „Abwehraktion“.


    Und eigentlich wollen die meisten beim Abseits ja auch genau diese Auslegung wieder zurück, dass eben der Abwehrspieler, der tatsächlich nur versucht ein Zuspiel abzuwehren, nicht bestraft werden darf, wenn er den Ball dabei nur unglücklich ablenkt oder weiterleitet.


    Aber wir sind hier nicht bei Wünschdirwas.


    Die Abseitsauslegung/-Regel hat sich nicht geändert, sondern es wurde nur die textliche Beschreibung verschlimmbessert.

  • Es ist sehr bedauerlich, dass man es nicht schafft, rein sprachlich-textlich eine klare und eindeutige Formulierung zu treffen, aber wir haben hier m.E. den Klassiker von Sinn und Geist der Regel.


    Ich denke, wir alle wissen, wie die Sache gemeint ist, nämlich das der Ball*** eines Abwehrspielers nicht zur Aufhebung der Abseitssituation führt, wenn dies zur *** des Spielers gehörte. Die Sterne habe ich jetzt ganz bewusst gesetzt, um eben nicht in irgendwelchen begrifflichen Untiefen zu versinken.

  • Das ist das Typische "kein" Abseits was man definitiv nicht pfeifen darf!

    Weil es kein Abseits ist wenn der Verteidiger den Ball berührt hat.


    Diese Regel verstehen 98 % der Spieler und Teamoffizielle leider immer noch nicht!

  • Ex-User-2022-04-13 Das steht außer Frage. Leider lässt sich das aus dem aktuellen deutschen Regeltext auf Grundlage der Formulierung nicht ableiten, eher sogar das Gegenteil.


    Und was sollen denn die 98 % der fußballinteressierten Nichtschiedsrichter denn bitte alles Lesen müssen, um eine der wichtigsten Regeln zu verstehen, die zumal von der Mehrheit auch noch als ungerecht und nicht im Sinne des Fußballs angesehen wird?


    Paradox ist sogar:

    Ein Verteidiger versucht in höchster Not einen tiefen Pass mit einer Grätsche aufzuhalten und wird dann bestraft, wenn er dabei den Ball nicht richtig trifft und dadurch Abseits aufhebt.


    Im Gegenzug darf ein Verteidiger den Ball aber mit einer strafbaren, unnatürlichen Vergrößerung der Körperfläche blocken? Siehe HSV:Werder, da gab es zwar Strafstoß aber das Handspiel hätte auch außerhalb stattfinden können.


    Wer bitte soll die aktuelle Lehrmeinung anhand des Regelwerks auch nur ansatzweise verstehen?

  • Ein Verteidiger versucht in höchster Not einen tiefen Pass mit einer Grätsche aufzuhalten und wird dann bestraft, wenn er dabei den Ball nicht richtig trifft und dadurch Abseits aufhebt.

    Genau so....Wir haben weder die technischen Fähigkeiten eines Spielers zu beurteilen nach sind wir in der Lage wirklich zu Bewerten wo er einen Ball hinspielen wollte.

    Wir sollten uns daran gewöhnen, das uns das Regelwerk einen Rahmen zur Entscheidungsfindung gibt. Den (grossen) Rest müssen wir Schiries im Geiste der Regel entscheiden.

  • Nun wir sollten uns da keine Gedanken machen, ich verstehe viele Regeln nicht

    doch das ist auch egal ich muss Sie nur Umsetzen.


    Bsp Handspiel, eigentlich ganz einfach, jedes mal wenn der Ball an der Hand ist wird gepfiffen fertig.

    Aber Nein man muss ja Handspiel zu lassen... :cursing:


    Zum Abseits allerdings pfeifen es nicht mal die Hälfte aller Schiedsrichter richtig.

    Noch heute gibt es Schiedsrichter die Pfeifen Abseits wenn der Ball grade mal 2 Meter weg ist

    vom Passgeber... Da frag ich mich ob der ein oder andere Kollege eher Hellseher als Schiedsrichter ist... :/

  • Da frag ich mich ob der ein oder andere Kollege eher Hellseher als Schiedsrichter ist...

    Das mache ich auch - wenn ich mir sicher bin, dass nur der im Abseits stehende Spieler den Ball erreichen kann; ist halt dummerweise im Regelwerk so vorgesehen. Und warum soll ich den Spieler laufen lassen und dann erst pfeifen - den Unsinn hatten wir auch schon ganz oben mal, der wurde nicht umsonst wieder abgeschafft.

  • Confed Cup 2005...

    "Kondition ist nicht alles, aber ohne Kondition ist alles nix."
    Gerhard Theobald, ehemaliger Bundesliga-SR, zum Thema Grundlagen des Stellungsspieles

  • Das mache ich auch - wenn ich mir sicher bin, dass nur der im Abseits stehende Spieler den Ball erreichen kann; ist halt dummerweise im Regelwerk so vorgesehen. Und warum soll ich den Spieler laufen lassen und dann erst pfeifen - den Unsinn hatten wir auch schon ganz oben mal, der wurde nicht umsonst wieder abgeschafft.

    Es gibt aber genug SR, die quasi schon beim Abspiel pfeifen, wenn auch nur 1 Spieler im Abseits steht.. vollkommen egal ob der Spieler überhaupt ins Spiel eingreift oder aber die Möglichkeit besteht (in der Kreisliga nicht mal unwahrscheinlich) dass ein Verteidiger den Ball so blöd spielt, dass er dadurch das Abseits aufhebt.


    Uns wurden schon direkt erzielte Freistoßtore abgepfiffen weil am 16er ein Stürmer mit der Fußspitze im Abseits stand.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Es gibt aber genug SR, die quasi schon beim Abspiel pfeifen, wenn auch nur 1 Spieler im Abseits steht..

    Habe ich auch schon gemacht, war 1980 noch Regellage ... 8o

  • Richtig.. aber die machen das 2022 noch immer so.

    Und manche von denen sind noch nicht sooo alt ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Es gibt aber genug SR, die quasi schon beim Abspiel pfeifen, wenn auch nur 1 Spieler im Abseits steht.. vollkommen egal ob der Spieler überhaupt ins Spiel eingreift oder aber die Möglichkeit besteht (in der Kreisliga nicht mal unwahrscheinlich) dass ein Verteidiger den Ball so blöd spielt, dass er dadurch das Abseits aufhebt.


    Uns wurden schon direkt erzielte Freistoßtore abgepfiffen weil am 16er ein Stürmer mit der Fußspitze im Abseits stand.

    Genau das meine ich und das geht einfach nicht!

  • Heute bei C. E. entdeckt:


    In der nächsten SZ wird auf diese neue Auslegung (1/2) der UEFA bezüglich „absichtlichen Spielens“ hingewiesen, die ab der nächsten Saison in Kraft treten soll. Damit wäre auch Situation 1 neuerdings Abseits.


  • Und damit wird die Regel wieder einmal - und ohne Not - noch ein Stück komplizierter, denn was um alles in der Welt ist eine deutliche Richtungsänderung? Laufen wir demnächst mit einem Winkelmesser über den Platz? Realitätsfern ist das ohnehin, nein, es wird immer realitätsferner, der Alleinpfeifer ist doch schon gut, wenn er die Abseitsstellung klar und richtig identifiziert ...


    Um den Irrsinn einmal zu verdeutlichen:
    Schon eine Veränderung der Flugbahn des Balles um wenige Grad kann den entscheidenden Unterschied zwischen Tor und Pfosten ausmachen, in der Wirkung also eine mehr als deutliche, im Winkel aber eine vollkommen unerhebliche Richtungsänderung - und umgekehrt ... Und ein Spieler, der - unbedrängt - sein Bein in die Schussbahn hält und dabei die Flugrichtung des Balles deutlich verändert, spiel


    Wobei:
    Seit wann ist die UEFA für so etwas zuständig?

  • Manfred Vorab, tatsächlich sind die untergeordneten Verbände berechtigt die Regeln „auszulegen“. Es bleibt natürlich weiterhin eine Grauzone, aber wir sind wieder da, wo wir einmal waren mit einer Regelung, die auch auf mehr Zustimmung und Verständnis stößt.

  • Nur mal zu Manfred: Der Schütze schießt aus 16 m Entfernung, der Pfosten ist maximal 15 cm breit, da reicht eine Abweichung von nicht einmal einem Grad (cos unter 0.01). Und wer bitte sieht das mit freiem Auge?

  • Wenn man es nicht erkennen kann, ist es sicherlich keine deutliche Richtungsänderung. Es geht ja gar nicht um eine entscheidene Richtungsänderung, also ob Tor oder Pfosten, sondern nur darum, ob man klar erkennen kann, dass der Ball die Richtung geändert hat.

    Insbesondere dürfte es um Szenen wie im Pokalspiel zwischen Dortmund und Paderborn gehen, wo der Ball so minimal berührt wurde, dass man es kaum sehen konnte.