Vorteilsregel bei elfmeterwürdigem Foul

  • Hallo zusammen,


    ich hatte zuletzt eine Situation, die ich vor 2 oder 3 Saisons schon einmal hatte und ich würde gerne wissen, wie ihr diese lösen würdet.

    Ein Spieler hat im gegnerischen Strafraum den Ball an ungefährlicher Position, wird dort aber dennoch gefoult, es gäbe also Elfmeter. Der Ball gelangt aber durch kurz vor dem Foul gespieltem Pass zu einem anderen Stürmer, der dadurch eine große Chance hat. Ich habe in beiden Fällen Vorteil laufen lassen und angezeigt, jedoch war es beide Male so, dass der 2. Stürmer das Spielen durch das Foul praktisch eingestellt hat und auf den Elfmeterpfiff gewartet hat, die Chance wurde vertändelt. Es gab dann beide Male Diskussionen, warum nicht gepfiffen wurde.


    Wie handhabt ihr das? Pfeift ihr sowas konsequent sofort ab und gebt Elfmeter oder lasst ihr auch Vorteil laufen?

  • Sofern der Spieler nicht sofort auf das Tor schießen kann oder einer sehr gute Torchance vorfindet, pfeife ich vorher ab, da ein Strafstoß ein größerer Vorteil ist als ein Spieler der am Strafraumrand den Ball hat und zwischen ihm und dem Tor noch 4 Gegenspieler. Außerdem wird dadurch das Spiel beruhigt, weil die Entscheidung dann für alle verständlicher ist.

  • Wenn der Spieler, zu dem der Pass kommt, die mögliche Chance nicht verwerten will sondern auf den Pfiff wartet, so ist der Vorteil nicht eingetreten und ein Nachpfiff möglich. Anders sieht es aus, wenn er die Chance vertändelt, in welcher Art und Weise auch immer, dann ist der Vorteil eingetreten. Blöd sind solche Situationen für den Schiri aber dennoch häufig …


    Übrigens ist es hier sicher eine Überlegung wert, ob man überhaupt sofort Vorteil anzeigt und nicht - analog zum Pfiff - einige Sekunden wartet, was denn nun passiert (wohlwissend, dass das in einer solchen Situation eine halbe Ewigkeit ist).

  • Man kann durchaus ganz (!) kurz warten, aber wenn nicht unmittelbar ein Torschuss aus sehr guter Position entsteht (also auch wenn die Spieler das Spielen komplett einstellen) dann hau in die Tröte!


    Du musst immer dran denken: Wenn du Vorteil gibst, sollte die entstehende Situation besser sein als die Situation nach einem Pfiff.

    Und es gibt wenige Dinge die ausichtsreicher sind, als ein ungestörter, freier Schuss aus 11m ;)

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Wenn der zweite Angreifer das Spielen einstellt und den Vorteil nicht haben will, dann hat m.E. der Pfiff zu erfolgen. Ich halte das - auch außerhalb des Strafraums - für ein erlaubtes taktisches Mittel, den Schiedsrichter durch Nichtannahme des Vorteils dazu zu "zwingen", das Vergehen zu ahnden.

  • Eine "Vorteilsregel" gibt es nicht, es liegt immer im Ermessensraum des SR, ob er Vorteil anwendet oder nicht. Im Strafraum, gerade in den unteren Ligen, sollte der Vorteil schon 1000 %tig sein, wenn der Spieler dann das Tor nicht trifft, hat man sicherlich Probleme.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Bei vergehen im Strafraum die einen Strafstoß zufolge haben pfeife ich immer ab - da bin ich auf der sicheren Seite denn geht der Vorteil verloren ist das Geheule >richtig< groß.


    Für mich persönlich ist der Strafraum ein sehr sensibler Bereich - da bin ich von Anfang an sehr streng und lass die Regeln wörtlich sprechen.
    Das macht es dir schlicht einfacher im Verlauf des Spiels wenn du da eine klare Linie ziehst und die Spieler das bemerken, dann wirst du kein Trikot gezerre oder Beinstellen mehr erleben - glaub mir.


    Bei einem Foul zum Strafstoß pfeif ich also immer - für mich ist das wie ein Foul mit FaD -> da gibst du auch niemals Vorteil.

  • Und was meinst Du, wie groß das Geheule ist, wenn der Ball ins Tor geht, weil das "klar" war und der Strafstoß versemmelt wird. Verallgemeinerungen sind selten hilfreich, auch hier ist die individuelle Entscheidung gefragt - und sicher muss hier der Vorteil klarer sein als in anderen Situationen, aber generell abpfeifen ...

  • Und was meinst Du, wie groß das Geheule ist, wenn der Ball ins Tor geht, weil das "klar" war und der Strafstoß versemmelt wird.

    Ja Manfred, genau das ist dann die Situation, die keiner gerne haben möchte aber irgendwie jeder mal über kurz oder lang erleben wird.


    Quasi international übereinstimmende Lehrmeinung ist es, das nur der Torerfolg ein grösserer Vorteil gegenüber einem Strafstoß oder einem FaD ist. Dennoch muss man gar nicht so lange Pfeifen um irgendwann ein Situation zu erleben in der man vor der Entscheidung steht die "100-Prozentige" abzupfeifen um Strafstoß zu geben oder den Vorteil laufen zu lassen.


    Ja, natürlich gibt es Tipps um Kniffe wie "man sich um diese Entscheidung drückt". Die sind aber hier nicht gefragt.


    Und darum argumentieren wir nach Regelwerk. Da gibt’s halt nur Vorteil oder Strafstoß.


    Dumm nur....

    • wenn man auf Vorteil entscheidet und die 100-Prozentige versemmelt wird.
    • wenn man auf Strafstoß entscheidet trotzdem es die "100-Prozentige" gab. - Ach ja, Statistisch werden nur etwa 75%-80% aller Strafstöße überhaupt verwandelt, womit auch der Strafstoß keine "100-Prozentige" sein kann.


    Viel Spass bei der Entscheidung wischen Pest und Cholera

  • Och, meist verlasse ich mich auf meinen Bauch, der diesbezüglich ein guter Ratgeber ist - und nutze zudem, weil ich das immer verkaufen kann, die Sekunde, bis die Pfeife im Mund ist, um noch zu schauen.


    Klar, meist kommt der Pfiff sofort, die Situation ist aber ebenso klar. Aber ich erinnere mich gerne an einen Eckstoß, bei dem ein Verteidiger aufsteigt und den Ball (vermutlich, ich hätte erst einmal vor dem inneren Auge die Wiederholung abspielen müssen) mit der Hand berührt, viele Angreifer blöken denn auch gleich "Hand", aber einer ist so clever und drischt den herunter fallenden Ball volley ins Tor - Wiederholung gestrichen aber lustigerweise eine ganze Weile gebraucht, bis ich den Reklamierern klar gemacht hatte, dass das Tor doch wohl besser als ein Strafstoß sei. Nachdem der Groschen dann endlich gefallen war - "alles gut Schiri" und grinsend und zufrieden abgezogen.

  • Und was meinst Du, wie groß das Geheule ist, wenn der Ball ins Tor geht, weil das "klar" war und der Strafstoß versemmelt wird. Verallgemeinerungen sind selten hilfreich, auch hier ist die individuelle Entscheidung gefragt - und sicher muss hier der Vorteil klarer sein als in anderen Situationen, aber generell abpfeifen ...

    Gar nicht soweit kommen lassen, direkt zurückpfeifen beim Vergehen - ob du da jetzt einen Strafstoß gibst oder nicht das weißt du direkt und musst nicht erstmal 10 sec drüber nachdenken und warten, genau so wie du weißt ob du Vorteil geben kannst, das sind alles Sekunden Entscheidungen.


    Sobald man Strafstoß geben kann, dann einfach auch machen, zumal das des Öfteren auch meist ein Foulspiel ist was Rot ist, von auf dem Hinterkopf schlagen bis hin zu beinen weg ziehen hab ich alles gesehen.

    Bei Vergehen die eine Rote Karte erfordern gibt es ohnehin die Vorteil Regel nicht, da unterbricht man auch.

  • Die Probleme sind:

    1. Es gibt eine Vorteilsbestimmung, wenn ich immer direkt abpfeife, ignoriere ich dies.

    2. Ich brauche einen Augenblick, um die Pfeife in den Mund zu bekommen - warum soll ich diese Zeit nicht nutzen.

    3. Des Öfteren sind die Regelverstöße, die mit Strafstoß zu ahnden sind, so banal, dass alle - Heim, Gast, Schiedsrichter und Zuschauer - froh sind, wenn es gerade keinen Strafstoß gibt, weil man auf Vorteil entscheiden kann. Warum soll ich ohne Not ein Spiel zerstören, wenn ich das sowohl regelkonform als auch zur allgemeinen Zufriedenheit lösen kann?

    4. Ja, ein Strafstoß zieht häufig auch eine Karte nach sich - und eine Karte hat Nachwirkungen. Ich habe damit keinen Stress, aber warum … siehe Punkt 3.

  • Würde da kein Vorteil draus machen, Foulspiel im Strafraum egal wo = Strafstoß!

    Daher direkt abpfeifen und auf den Punkt zeigen.

    Den auch Verteidiger stellen nach einem klaren Foulspiel das Verteidigen ein, sowie auch der Torwart.

  • Ich halte diese Pauschal-Aussagen für schwierig. Natürlich sollte die Vorteilsanwendung beim Strafstoß auf ein Minimum reduziert werden. Aber grade der 2. Punkt von Manfred sehe ich hier als entscheidend an. Ich bin ein SR, der bei sowas immer etwas Zeit braucht. Und in dieser kurzen Zit kann halt der entscheidende Pass kommen. Deshalb rate ich von Null-Oder-Eins-Denken ab und betrachte lieber die Szenen fü sich selbst.

  • Versteh die Diskussion mal wieder nicht. Also es geht um eine (fast) 100%ige Situation im Strafraum? Das Foul ist unstrittig und eine mögliche Vorteilssituation auch nicht? Dann lass doch die 2 - 3 Sekunden laufen. Wenn der Ball ins Tor geht... Alles gut. Tor, Anstoß. Wenn der Ball nicht ins Tor geht... Strafstoß und je nach Foul auch noch eine passende Karte. Natürlich mit dem Zusatz, dass man klar noch kurz gewartet hat, wie die Situation weiter entwickelt. Ich hatte damit noch nie Stress. Also jedes Foul immer gleich abpfeifen, ohne (bei einer aussichtsreichen Situation) abzuwarten wie es weitergeht halte ich für nicht richtig.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • Ich halte diese Pauschal-Aussagen für schwierig. Natürlich sollte die Vorteilsanwendung beim Strafstoß auf ein Minimum reduziert werden. Aber grade der 2. Punkt von Manfred sehe ich hier als entscheidend an.

    Das ist der Punkt. Der eine lässt lange laufen um vorteil (geht hier argumentativ sogar bis zum Torerfolg) abzuwarten und dann Strafstoß nachzupfeiffen, der andere sagt generell sofort auf den Punkt zeigen. Weder das eine noch das andere ist im "Sinn der Fussball Regeln".

    Dann lass doch die 2 - 3 Sekunden laufen. Wenn der Ball ins Tor geht... Alles gut. Tor, Anstoß. Wenn der Ball nicht ins Tor geht... Strafstoß und je nach Foul auch noch eine passende Karte. Natürlich mit dem Zusatz, dass man klar noch kurz gewartet hat, wie die Situation weiter entwickelt. Ich hatte damit noch nie Stress.

    Das ist zwar die pragmatische Lösung aber eben nicht Regelkonform. Und genau darum geht es. Es gibt halt nur Entweder Vorteil oder Strafstoß aber nicht beides.

  • Scheine da wohl echt was nicht zu verstehen. Auf Seite 35 Regel 5 steht unter Vorteil:

    das Spiel bei einem Verstoß oder Vergehen weiterlaufen zu lassen, sofern das regelkonforme Team dadurch einen Vorteil erhält, und eine Strafe für den Verstoß auszusprechen oder das Vergehen zu bestrafen, wenn der mutmaßliche Vorteil nicht sofort oder innerhalb weniger Sekunden Eintritt.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • Scheine da wohl echt was nicht zu verstehen. Auf Seite 35 Regel 5 steht unter Vorteil

    Nein Nein, Du verstehst das schon richtig. Aber das bedeutet halt eben


    Entweder Vorteil ODER Strafstoß.


    Pragmatisches 'Abwarten' und schauen ob der Ball bei einem Vorteil in´s Tor geht und dann erst Strafstoß geben wenn es doch kein Tor wird ist nicht im Sinne dieser Regel.

  • Da hat Sixth Recht, denn es wäre eine Art doppelter Vorteil. Die Torchance ist ja erfolgt. Wenn ich dann den Strafstoß gebe, dann gebe ich den Angreifern noch eine Torchance. Und das ist, wie schon erwähnt, halt nicht Sinn der Sache. So eine ähnliche Diskussion hatten wir ja schon beim VAR.