Die Goldene Ananas und dann 2 mal Tätlichkeit aus heiterem Himmel

  • Komme gerade wieder vom Sportgericht- knapp 10 Tage ist das Spiel her - Die Verhandlung inklusive Urteil, Begründung und Rechtsbelehrung dauerte für Beide Feldverweise nur etwa 15 MInuten.



    Eigentlich war bei dem Spiel wirklich nix los. Trainer und Spielführer war echt nett und wirkten bei den "üblichen Stresse-Szenen" beruhigend auf die Spieler ein. Das Spiel war für Heim nach etwa 20 Minuten deutlich entschieden und glich in weiten Passagen eher einem Trainingskick zwischen Mannschaften eines Vereins.


    Tja, und dann das aus heiterem Himmel:


    Ergebnis: 6 Monate Sperre + 3 Monate Bewährung. Der Vorsitzende nahm zu Gunsten des Spielers an, das er provoziert wurde. Darüber hinaus war er während der Verhandlung geständig und zeigte tätige Reue.



    Ergebnis: 1 Jahr Sperre + Coolnesstage (Kosten zu Lasten des Spielers unter Mithaftung des Vereins). Bei Auflagenverstoß behält sich das Sportgericht eine Strafverschärfung vor.

  • Solche Strafen würde ich mir bei uns auch mal Wünschen.
    Es gab letzte Saison bei unserer Ersten ein Spielabbruch.
    U.A ein Spieler von uns wurde mit einem "Karatekick" aus vollem Lauf in den Rücken getreten (Kurzfassung ich war selbst nicht dabei) und musste hinterher sogar im (ambulant) im Krankenhaus behandelt werden.

    Dabei kommt folgendes raus:
    1. Der Spieler XXX vom Verein AAA wird wegen eines tätlichen Angriffs gegen einen Gegenspieler vom 29.03.2018 bis zum 28.05.2018 gesperrt
    2. Der Spieler YYY vom Verein AAA wird wegen eines tätlichen Angriffs gegen einen Gegenspieler vom 29.03.2018 bis zum 28.07.2018 gesperrt.
    3 Der Spieler ZZZ vom Verein AAA wird wegen eines tätlichen Angriffs gegen einen Gegenspieler, nach einer an ihm begangenen sportswidrigen Handlung vom 29.03.2018 bis zum 28.08.2018 gesperrt.

    Wie gesagt das Spiel wurde deswegen abgebrochen und hinterher mit 2:0 für uns gewertet.
    Aber 3 Monate, 4 Monate und 5 Monate für schlimmere Dinge als du sie schilderst sind schon echt traurig.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Man kann nur hoffen, dass zumindest im 2.Fall eine entsprechende Anzeige wegen Körperverletzung bei der Polizei erfolgt ist.


    Meine persönliches Statement: Bei einem offensichtlich vorsätzlichen Tritt gegen den Kopf eines Spielers am Boden wäre bei mir sofort Schluss.

  • Nicht in jedem Fall. Wenn es bis dahin ruhig war und diese Sache aus heiterem Himmel passiert, sich aber nach den notwendigen Maßnahmen alle wieder schnell beruhigen, muss meiner Meinung nach nicht unbedingt abgebrochen werden.

    Nur weil einer durchdreht, muss ich ja nicht gleich die anderen 21 auf dem Platz plus die AW-Spieler, die einfach nur spielen wollen, mit bestrafen.

    Die Strafen an sich sind schon gesalzen.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Na ja, die erste massive Tätlichkeit geschah gerade fünf Minuten vor dem zweiten Vorfall - sooooo ruhig war es dann irgendwie doch nicht; zumindest hätte sich niemand beschweren dürfen, wäre hier ein Abbruch erfolgt.

  • Darf ich fragen, welche Spielklassen das jeweils waren?


    Die Strafen kommen mir auch gesalzen vor, insbesondere die erste. Ein halbes Jahr für einen Schlag in die Magengrube sind schon ambitioniert, gerade wenn das schon die "gemilderte" Strafe sein soll. Aber ich erlebe auch, dass Strafen, bei denen den Betroffenen mal die Kinnlade runterfällt, leider 1.) notwendig und 2.) erfolgreich sind, wenn sie sich ein wenig herumsprechen.

  • derartige Tätlichkeiten eigentlich nur sportgerichtlich oder auch strafrechtlich (Körperverletzung) verfolgt?

    Das ist genau genommen der Irrtum bei vielen.


    Das Sportgericht ist kein ordentliches Gericht, sondern eine art Schiedsstelle eines eingetragenen Vereins. Deshalb wird hier auch NUR das "unsportliche Verhalten" verhandelt.

    Für eine strafrechtliche Würdigung ist (in diesen Fällen) eine Anzeige wegen Körperverletzung notwendig. Leider werden diese Straftaten aber in den meisten Fällen nicht angezeigt.

  • Leider werden diese Straftaten aber in den meisten Fällen nicht angezeigt.

    Das ist genau das Problem. Ich kenne einen Fall, wo einem SR von hinten in die Beine getreten wurde und dem Täter jeden Monat 50€ vom Gehalt gepfändet wurden, um das Schmerzensgeld abzustottern. Sowas spricht sich rum und sollte abschreckende Wirkung haben ...

  • Ein wenig Offtopic: Wie viel Schmerzensgeld hat der SR denn bekommen? Und wie schwer war er verletzt.
    Weil Schmerzensgeld in Deutschland ist doch eher sehr gering im Normalfall.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Es geht nicht nur um Schmerzensgeld. Wenn es zur Anzeige kommt, dann geht es ja zum Strafgericht und vor's Zivilgericht. Ich hatte einen Fall erlebt, da hat das Strafgericht 18 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung für drei Jahre und eine Geldstrafe von 5000€ verhängt.

    Das Opfer erzählte mir, das die Klage beim Zivilgericht bereits anhängig war, wo es dann um Schadensersatz und Schmerzensgeld und noch einiges mehr ging. Dazu kommen die Verfahrenskosten etc. Aber das können die Juristen hier im Forum besser erklären.

    Jedenfalls ist es so, dass wenn es vor Gericht geht, sind die Strafen von der Spruchkammer Kindergarten.

    Am Ende heißt es: vorbestraft und einen Haufen Schulden am Bein. Und das wegen eines Amateurfussballspiels.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Die Anzeige hat mit dem zivilrechtlichen Anspruch nichts zu tun. Kommt es zu einer strafrechtlichen Anklage, kann man sich mit dem zivilrechtlichen Anspruch dranhängen (dann entscheidet der Strafrichter über den Anspruch); muss man aber nicht, man kann auch getrennt vor einem Zivilgericht klagen oder es ganz sein lassen.

  • Die Anzeige hat mit dem zivilrechtlichen Anspruch nichts zu tun.

    Glatt: Jein. Wenn ein Sachverhalt vorliegt und idealerweise auch strafgerichtlich festgestellt wurde, ist jeglicher zivilrechtliche Prozess um Klassen einfacher, kommt doch zur "klassischen" Anspruchsgrundlage des § 823 Abs. 1 BGB noch die weitaus schärfere Variante des Absatzes 2 hinzu, mittels derer sich Ansprüche sehr leicht durchsetzen lassen.

  • Ich will ja hier kein Seminar abhalten, aber das stimmt nicht, weil der Zivilrichter nicht an die Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils gebunden ist. Er ist frei in seiner Beweiswürdigung und nur an die Feststellungen anderer zwischen den Parteien (inter partes) ergangener Urteile gebunden, wozu Strafurteile nicht gehören. Und tatsächlich gibt es Fälle wie diesen, in denen der Zivilrichter die Beweise anders würdigt als der Strafrichter (was z.T. auch an den unterschiedlichen Beweisregeln liegen kann). Andersrum braucht es für 823 II aber auch kein Strafurteil. Und warum Absatz 2 "weitaus schärfer" sein soll, erschließt sich mir auch nicht - für alle Vergehen gegen die in Absatz 1 genannten Rechtsgüter ist Absatz 1 so gut wie Absatz 2, die Rechtsfolge (Schadensersatz und dessen Umfang) ist exakt die gleiche, und mit Absatz 1 sind wohl auch alle fußballtypischen Rechtsverletzungen (insb. Körperverletzung und Sachbeschädigung) abgedeckt.


    Dass man mit einem Strafurteil erstmal gute Karten im Zivilprozess hat, steht außer Frage. Bei klarem Sachverhalt aber auch ohne.

  • Ich erinnere an meinen Fall vor Jahren, als ein gegen mich tätlich gewordener Funktionär vor dem Königlich Bayerischen Amtsgericht zu 900.- Euro Geldstrafe verurteilt wurde. Das Zivilgericht verurteilte ihn zu 900.- Euro Schmerzensgeld. Dieser"Titel" hat 30 Jahre Gültigkeit, nur der Verurteilte hebt 3 Finger und somit ist bei dem nichts zu holen! Der Gerichtsvollzieher besucht ihn alle 3 Jahre, um mir dann mitzuteilen, nöö!

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Ich will ja hier kein Seminar abhalten, aber das stimmt nicht, weil der Zivilrichter nicht an die Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils gebunden ist. ...


    Dass man mit einem Strafurteil erstmal gute Karten im Zivilprozess hat, steht außer Frage. Bei klarem Sachverhalt aber auch ohne.

    Auch hier: Jein. Wie in dem von Dir zitierten Urteil ganz klar steht, darf der Zivilrichter das strafgerichtliche Urteil nicht außer Acht lassen. Außerdem sind wir hier wieder bei dem Punkt: Kein Grundsatz ohne Ausnahme. Gerade im Bereich Notwehr, Nothilfe und Co. weisen die straf- und zivilrechtlichen Maßstäbe tatsächlich größere Differenzen aus (eine Provokation sorgt hüben allenfalls für ein geringeres Strafmaß, drüben aber mindestens für geringeren, vielleicht aber auch den Ausschluss von Schadenersatz), im Verkehrsrecht (insbesondere beim Thema (Mit)Verschulden) gibt es noch einen ähnlichen Sektor und ich will nicht ausschließen, dass es hier oder da noch eine Sonderlocke geben könnte, aber bei der größten Zahl der Straftatbestände kann es schon rein faktisch keine Abweichungen in der Beurteilung geben - und bei vorsätzlichen Körperverletzungen in einem Fußballspiel sollte der Fall eigentlich beidseitig sonnenklar sein (da hilft auch die Gefährlichkeit des Spiels nicht). Garantiert ist das aber nicht, wobei das dann vor allem daran liegt, dass manche Richter(innen) recht absonderliche Ansichten haben, die dann in der nächsten Instanz korrigiert werden (wir haben hier z.B. am Verwaltungsgericht einen Richter der dafür bekannt ist, abweichende und teilweise absonderliche Meinungen zu vertreten und entsprechend urteilt, dessen Urteile aber fast regelmäßig die Berufung nicht überstehen).


    Die Sache mit dem § 823 sollten wir hier nicht vertiefen, das gehört definitiv nicht mehr ins Forum. Aber einig sind wir uns in dem Punkt, dass ein Strafurteil die eigene Position garantiert nicht verschlechtert.