Zweimal Höchsstrafe

  • Meine Sportrichterkarriere ist mit knapp 5 Jahren zwar noch nicht unendlich lang, aber ich kann trotzdem sagen, dass ich das noch nicht hatte: Innerhalb von 8 Tagen zwei Fälle mit Höchststrafe, 1 Jahr Sperre.


    Im ersten Fall hatte ein Spieler der Mannschaft, die soeben den 1:2-Anschlusstreffer erzielt hatte, den gegnerischen Torwart, der am Boden lag und den Ball festhielt (um einen schnellen Anstoß zu unterbinden), mit voller Wucht und Stollen voraus gegen den Kopf getreten. Der Keeper kam mit Schädelprellung und heftigem Bluterguss ins Krankenhaus. Für den schuldigen Spieler wurde neben der Sperre der Verbandsausschluss auf Zeit (2 Jahre) beantragt. Der Spieler erschien nicht zur mündlichen Verhandlung, ließ sich aber schriftlich ein, er habe nur das Gleichgewicht verloren und dem Keeper versehentlich ins Gesicht getreten.


    Im zweiten Fall hatte der schuldige Spieler (nach einem verwarnungswürdigen Bodycheck gegen ihn) dem Gegenspieler mit einer weiten Ausholbewegung eine heftige Kopfnuss verpasst und den dann am Boden liegenden Gegenspieler noch zweimal mit der Picke (mit mäßiger Intensität) in den Rücken/Nacken getreten. Der Spieler ist Spielertrainer, 39 Jahre und ehemaliger Oberligaspieler. Obwohl es von der Szene ein (in jedem Sinne des Wortes) hochauflösendes Video gab, blieb der Spieler bei der Version, die Köpfe hätten sich zufällig in die gleiche Richtung bewegt und getreten habe er nicht. Er hatte außerdem in dieser Saison bereits einen Spielabbruch verursacht, indem er nach einem Innenraumverweis seine Mannschaft vom Platz holte.

  • Was hat jetzt der Spieler im 1. Fall bekommen? 1 Jahr Sperre, oder 2 Jahre Sperre? Bei 1 Jahr könnte ich nur den Kopf schütteln.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Ich muss sagen, dass mir diese Ausreden denn Morgen echt verbessert haben. Also sowas blödes hab ich das letzte Mal bei diesem französischen Schiedsrichter gehört, wobei die vermutlich sogar noch besser sind:hammer::hammer::hammer:

  • Wobei ich mich gerade frage, ob in Situation 1 - der Tritt gegen den Kopf geschah nach Wahrnehmung von dennosius mit voller Absicht gegen den Kopf - nicht auch ein Abbruch angezeigt gewesen wäre. Erstens wird hier ein Spieler ins Krankenhaus abtransportiert und zweitens muss ich als SR - trotz Roter Karte - doch damit rechnen, dass das Klima derart vergiftet ist, dass ein ordentliches Spiel nicht mehr möglich ist. Sicher mag das eine situationsbedingte Einzelfallentscheidung sein, aber irgendwie war das eben der erste Gedanke, der mir durch den Kopf zuckte.


    In Situation 2 - so etwas hatte ich leider in ähnlicher Form auch schon einmal - gab es zwar auch eine massive Gewalteinwirkung, die aber zumindest körperlich folgenlos geblieben zu sein scheint, was die Sache ganz wesentlich von Situation 1 unterscheidet; hier wäre ein Abbruch wohl nur unter ganz besonderen Umständen angebracht.

  • Was hat jetzt der Spieler im 1. Fall bekommen? 1 Jahr Sperre, oder 2 Jahre Sperre? Bei 1 Jahr könnte ich nur den Kopf schütteln.

    Das Sportgericht kann im NFV bis 1 Jahr sperren. Dazu kann das Sportgericht beschließen, beim Verbandspräsidium den Ausschluss des Spielers aus dem Verband auf Zeit oder auf Dauer beantragen, und es wurde der Ausschluss auf Zeit für 2 Jahre beantragt. Das Präsidium hat darüber noch nicht entschieden (ich hatte so einen Fall vorher überhaupt erst einmal, und da hat das Präsidium dem Antrag entsprochen - ob die das immer so machen, weiß ich nicht).

    Kannst Du hier vielleicht auch die anonymisierten Sonderberichte dazu einstellen?


    Die sind beide nicht von mir - ich war in beiden Fällen Mitglied des Sportgerichts und nicht der Schiedsrichter. Die Unterlagen sind vertraulich, auch wenn sie anonym sind (ich weiß, das wird andernorts anders gehandhabt, und ich würde wegen der Generalprävention auch gern Urteile anonymisiert veröffentlichen, soll bei uns aber nicht sein). Außerdem wurden beide Fälle mündlich verhandelt, so dass der Bericht jeweils nicht ausschlaggebend war, sondern (auch) die Einlassung des jeweiligen Schiedsrichters als Zeuge in der Verhandlung.


    Dazu war der Sonderbericht im zweiten Fall auch nicht sehr vorbildlich. Das heißt, eigentlich doch, das Gespann hatte sich in der Reaktion auf die Tat und die folgende Rudelbildung nicht mit Ruhm bekleckert und u.a. einen weiteren FaD ausgesprochen und dann wieder zurückgenommen (was sich immerhin im Ergebnis auch als richtig herausgestellt hat). Aber wenigstens - deswegen führe ich es nochmal aus - dazu gestanden. Als Sportrichter nervt es mich bisweilen, dass manche Schiedsrichter ganz offensichtlich Fehler machen und dazu nicht stehen. Kein Sportgericht, das bei Trost ist, wird einem Amateurschiedsrichter auf Kreis- oder Bezirksebene den Kopf abreißen, wenn er klar dazu steht, dass er da auch irgendwas nicht ganz richtig gemacht hat. Ich kann sogar mit Gewissheit sagen, dass das nicht einmal den Aufstieg bis in die Bundesliga verhindert ;) Die Sportrichter waren nicht dabei und sind darauf angewiesen, vom Schiedsrichter einen ehrlichen und fairen Eindruck der Situation beschrieben zu bekommen, und dazu gehören eben auch selbstkritische Dinge.


    Wobei ich mich gerade frage, ob in Situation 1 - der Tritt gegen den Kopf geschah nach Wahrnehmung von dennosius mit voller Absicht gegen den Kopf - nicht auch ein Abbruch angezeigt gewesen wäre.

    Ich war Sportrichter und nicht Schiedsrichter in diesem Fall und hatte deswegen gar keine direkte Wahrnehmung. In der Tat wurde das Spiel noch die restliche knappe Viertelstunde lang fortgesetzt. Näheres kann ich dazu nicht sagen, weil wir das in der Verhandlung nicht thematisieren mussten. Ich stimme Dir zu, dass das ein Abbruchgrund sein kann, aber nur, wenn die Mannschaft des betroffenen Spielers darum bittet. Wenn die weiterspielen wollen, sehe ich keinen Grund, das Spiel abzubrechen.


    Der erste Fall war übrigens in der 2. Kreisklasse, der zweite Fall in der Kreisliga.