Führt der Videobeweis zur 2. Chance? Eine philosophische Betrachtung

  • Mal "Um die Ecke gedacht"......


    Und vorab, es geht hierbei nicht um die Regelauslegung oder wie der ein oder andere das handhabt.

    Es geht um ein Gedankenexperiment welches ich mit einer provozierenden These einleiten möchte:


    Der Videobeweis führt in absehbarer Zukunft dazu das der Strafstoß

    nicht mehr durch den Schiedsrichter auf dem Feld

    sondern erst durch den VAR quasi "nachträglich" gegeben wird.



    Die Zeiten ohne VAR.

    Binnen Bruchteilen von Sekunden entschied der "Man in Black" auf Strafstoß oder Weiterspielen. In den Stunden oder Wochen danach diskutierten die selbsternannten Fachleute die Situation und

    • der Kollege war der Depp der Nation weil er auf die Schwalbe hereingefallen war
    • dem Kollegen wurde ein wahrlich gutes Auge bescheinigt
    • der Kontakt rechtfertigte niemals eine Strafstoß oder erforderte zwingend einen - je nach Vereinsbrille und Situation
    • der Kollege hat es aus seiner Perspektive einfach anders gesehen als die zig Kamerabilder der Übertragungsanstalten - und war natürlich auch der Depp der Nation.

    Aber es wurde eine nahezu unumkehrbare Entscheidung getroffen - egal wie richtig oder falsch sie sich im nachhinein herausstellte.


    Jetzt gab es noch einen Sonderfall. Nachpfeifen oder Vorteil?

    Ich möchte hier nicht die feinheiten Diskutieren, da gibt es genug Threads an anderer Stelle. Ich möchte nur darauf hinweisen, das der Kollege in einem gewissem Zeit- und Ermessensrahmen erstmal die Entwicklung der Situation abwarten kann und nicht gleich in´s Horn stoßen muss. Dennoch eine wichtige Überlegung für diese Gedankenexperiment.


    Teil-Resumee für dieses Gedankenexperiment: Der Kollege entscheidet und liegt in einigen Fällen unter Garantie falsch.


    Die Zeiten mit VAR

    Strafstoßentscheidungen - ob Strafstoß gegeben oder nicht ist hierbei irrelevant - werden durch den VAR überprüft. Dies soll zu folgendem Ergebnis führen:

    • Der gegebene Strafstoß soll bestätigt werden oder -als fehlerhafte Wahrnehmung enttarnt- zu einem SR-Ball führen.
    • Der nicht gegebene Strafstoß soll nachträglich dann doch gegeben werden.
    • Die Ermessensentscheidung soll dabei unangetastet bleiben - wenn also die Videobilder nicht eindeutig die Feld-Entscheidung wiederlegen bleibt es bei der Feld-Entscheidung.

    So weit so gut. Im Sinne der Regelanwendung sicherlich ein Schritt in die Richtung zu mehr "Objektivität".


    In der Ableitung der Regeln für den VAR folgt die Begründung meiner Eingangsthese.


    Der "Nicht Pfiff" in einer strafstoßverdächtigen Situation hat zunächst einmal keinerlei Konsequenzen

    • Stellt der VAR dennoch fest das es ein Strafstoß war kann ja noch bis zur nächsten Spielfortsetzung "nachgepfiffen werden" Der berechtigte Strafstoß geht den Angreifern also nicht verloren, er kommt nur halt deutlich später als bisher.
    • Stellt der VAR fest das es ein Strafstoß war und die Angreifer erzielen dennoch unmittelbar darauf ein Tor kann man das getrost als "Vorteilsentscheidung" gelten lassen.
    • Stellt auch der VAR fest das es kein Strafstoß war ist ja alles richtig gelaufen.

    In jedem Fall hat der VAR bei Sichtung der Videobilder deutliche mehr Zeit und bessere Perspektiven als der Kollege auf dem Feld - die Entscheidung wird auf alle Fälle richtiger als wenn es nur einer Entscheiden muss.


    Der Pfiff unterbricht in jedem Fall das Spiel und stellt der VAR Strafstoß fest ist' s egal. Interessanter sind aber die Situationen in denen der VAR zur Überzeugung kommt das es kein Strafstoß war.

    • Dann wird den Angreifern womöglich die Chance genommen einen "Zweiten Ball" zum Torerfolg zu bringen.
    • Dann wird den Verteidigern die Chance genommen einen Konter einzuleiten und womöglich erfolgreich abzuschließen.

    Sieht man sich diese beiden möglichen Szenarios - Der "Nicht Pfiff" und Der Pfiff - einmal genau an und untersucht die Wirkung kommt man sehr schnell im Bereich der Fehlerminimierung zu folgender Überzeugung.


    Für die Fehlerminimierung ist es in jedem Falle besser in einer Strafstoßsituation nicht zu pfeiffen als durch Pfiff das Spiel zu unterbrechen.


    In der Übertreibung liegt wieder einmal die Veranschaulichung: Wenn ich einen VAR habe, der mir nachträglich sagt das ich auf Strafstoß entscheiden sollte und dieser auch noch die Zeit hat sich Viodeobilder aus allen möglichen Perspektiven anzusehen ist es doch allemal besser nicht zu Pfeiffen und lieber abzuwarten was der Kollegen in Köln so sagt. Ein Prozess der sich - aus der Natur der Sache ergebend - schleichend entwickeln wird.


    Dieser "schleichende Prozess" führt aber -in der Übertreibung liegt die Veranschaulichung - zu einer Bevorteilung der Angreifer.


    Hierfür müssen wir nur noch folgende Situation betrachten.

    Zwecks Fehlerminimierung pfeift der Schiri nicht sofort und wartet auf die "besseren " Videobilder des Kollegen aus Köln. Während der aber überprüft erhält der Angreifer eine weitere Torchance oder eben den 2.Ball.

    • Versenkt er ihn wird auf Tor entschieden
    • Versenkt er ihn nicht gibt's Strafstoß

    Mit der "Vorteilsauslegung" ist das aber nicht mehr vereinbar. Entscheide ich nach einer Regelwidrigkeit im Strafraum auf Vorteil kann es keinen Strafstoß mehr. (ich rede nicht vom "verzögertem" Pfiff) In dem hier geschildertem Fall läuft dann der "Vorteil" aber so lange bis der VideoRef zuschlägt und sagt "Kollege, Du hast da einen Strafstoß überesehen"


    Ein "schleichende Prozess" der bei Abseitsentscheidungen (mit Torgefahr) übrigens schon sehr deutlich zu beobachten ist.


    Nachtrag für die Dipfelescheisser

    Mir ist bewusst das der SR und nicht der VAR die Entscheidung trifft. Ändert aber nichts am Ergebnis meiner Überlegungen.

  • Stimmt, mit der Vorteilsauslegung ist das nicht mehr vereinbar, besagt die doch, dass der SR einige Sekunden zögern darf, um nachzupfeifen. Hier müsste also nachgesteuert werden, dass auch der VAR innerhalb weniger Sekunden zumindest melden muss, dass hier der Strafstoßverdacht besteht, verbunden mit der Gefahr, dass es dann eben doch zum SR-Ball kommen könnte.


    Welche Obskuritäten der VAR noch generieren kann, sehen wir doch auch gerade bei der WM:
    Es soll nur noch bei gravierenden Fehlentscheidungen eingegriffen werden - nur: Was ist gravierend? Ein Beispiel: Im Deutschlandspiel wurde ein - zugegebenermaßen denkbar knappes - Abseits der Mexikaner nicht gepfiffen, so dass es einen Eckstoß gab. Ja, nicht gravierend, aber was wäre, wenn daraus dann ein Tor entstünde? Jetzt noch auf Abseits zu entscheiden ist regeltechnisch unmöglich, aber gravierender als ein Tor ist wohl kaum ein Ereignis. Wird hingegen direkt aus der fraglichen Situation ein Tor erzielt, würde der VAR eingreifen, obwohl nach meinem Empfinden keine klare Fehlentscheidung vorlag (klar war für mich die Spuckattacke gegen Völler, aber nicht ein halbes Knie des Mexikaners).

  • Zwecks Fehlerminimierung pfeift der Schiri nicht sofort und wartet auf die "besseren " Videobilder des Kollegen aus Köln. Während der aber überprüft erhält der Angreifer eine weitere Torchance oder eben den 2.Ball.

    • Versenkt er ihn wird auf Tor entschieden
    • Versenkt er ihn nicht gibt's Strafstoß

    Mit der "Vorteilsauslegung" ist das aber nicht mehr vereinbar. Entscheide ich nach einer Regelwidrigkeit im Strafraum auf Vorteil kann es keinen Strafstoß mehr. (ich rede nicht vom "verzögertem" Pfiff) In dem hier geschildertem Fall läuft dann der "Vorteil" aber so lange bis der VideoRef zuschlägt und sagt "Kollege, Du hast da einen Strafstoß überesehen"

    Ich verstehe das Problem nicht ganz.
    Wenn es sich um einen "echten" Vorteil handelt und der Stürmer trifft das leere Tor nicht, muss doch kein Elfmeter mehr gegeben werden auch wenn der VAR vorher ein Foul gesehen hat.
    Dann entscheidet der SR halt, dass das ein Vorteil war und gut ist. Ein echter Vorteil beim Elfmeter kommt ja eher selten vor.
    Dazu muss aber auch erst mal zu einer zweiten Torchance kommen, was an Sich auch schon nicht so oft vorkommt.



    Ich verstehe nicht ganz wo nun der Unterschied zur "normalen Vorteilsauslegung" ist.
    Wenn die Überprüfung natürlich 5 Minuten dauern würde, wäre das problematischer.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Ich verstehe das Problem nicht ganz.

    Ja, das ist bestimmt auch auf den ersten Blick gar nicht so ersichtlich.

    Darüber hinaus amfa sei Dir verziehen weil sich für die meisten erst erschließt, wenn man selber auf dem Feld steht uns derartige Situationen entschieden hat.

    Wenn es sich um einen "echten" Vorteil handelt und der Stürmer trifft das leere Tor nicht, muss doch kein Elfmeter mehr gegeben werden auch wenn der VAR vorher ein Foul gesehen hat.

    Ganz genau! Wird bei einem Foul im Strafraum die Vorteilsregel angewendet, dann darf es keinen Strafstoß mehr geben (Auch wenn der Stürmer dann das leere Tor nicht trifft oder anderwärtig den Vorteil vergeigt). Ist halt wie beim Freistoß auch.

    Bitte nicht verwechseln mit dem "Nachpfeiffen" bei der der SR über "Wait and see" noch in der Entscheidungsphase ist ob ein Vorteil entsteht. Beim Pfiff des "Nachpfeiffens" wird ja nur "etwas verspätet" das Foulspiel geahndet.

    Das ist die Situation, wie sie sich ohne VAR darstellt und allgemein auf dem Fußballplätzen der Republik Anwendung findet


    Die Herausforderung die ich hier aufdecke entsteht aber durch den zu diesem Zeitpunkt unterschiedlichen Informations-Status von Schiedsrichter und VAR.

    Dann entscheidet der SR halt, dass das ein Vorteil war und gut ist. [...]
    Dazu muss aber auch erst mal zu einer zweiten Torchance kommen, was an Sich auch schon nicht so oft vorkommt.

    Folgendes bezeichne ich als "schleichenden Prozess" denn der SR entscheidet nicht auf Vorteil sondern wartet das Informationsergebnis der VAR ab.

    Im Wissen um den Kollegen in Köln der aus zig Kameraperspektiven mit Vergrösserungsgläsern und Zeitlupen eine Situation analysieren kann entscheidet der SR auf dem Feld eben gerade nicht sondern wartet generell ab was der Kollege in Köln dazu sagt.

    Da dies dann aber erfahrungsgemäß deutlich länger dauert als eine übliche Vorteilsauslegung oder das Nachpfeiffen entstehen neue Situationen bei denen es auch zu einer zweiten Torchance kommen kann.

    • Diese Torchance wäre aber beim unmittelbarem Pfiff überhaupt gar nicht erst entstanden.
    • Diese Torchance wäre aber auch mit der Vorteilsregel in Kombination mit Nachpfeiffen (weil komplett neue Situation und zeitlich mit viel zu viel Abstand) gar nicht erst entstanden.


    Ohne VAR entscheidet der SR quasi sofort auf Strafstoß oder wendet -in wohlgemerkt sehr wenigen Ausnahmefällen- die Vorteilsregel an.

    Mit VAR (schleichender Prozess) lässt der SR weiterlaufen und wartet auf die Info seines VAR. Nach gefühlten Ewigkeiten geht dann der Schuss am Tor vorbei und es wird nachträglich auf Strafstoß entschieden.


    Ich verstehe nicht ganz wo nun der Unterschied zur "normalen Vorteilsauslegung" ist.
    Wenn die Überprüfung natürlich 5 Minuten dauern würde, wäre das problematischer.


    Bedeutet:

    • Ohne VAR wäre es quasi sofort zu einem Strafstoß gekommen der mit einer Wahrscheinlichkeit von 70%-80% zum Torerfolg führt.
    • Mit VAR warten wir bis zur nächsten Spielunterbrechung und erst dann gibts nachträglich einen Strafstoß (also eine 2. Chance)

    Es sind zwar keine "5 Minuten" ist aber dennoch deutlich länger als eine "normale" Vorteilsanwendung.


    Darüber hinaus ist es auch gar keine "Vorteilsanwendung" sondern eine indirekte Verlagerung der Entscheidung auf den VAR (auch wenn der SR letzten endes wieder die Entscheidung auf dem Feld fällt)


    Übrigens im American Football gang und gäbe.

    Erkennt der Quarterback, das eine Strafe für seine Mannschaft angezeigt ist (gelbe Flagge) nutzt er das für ein sogenanntes Freeplay meist mit einem Hochrisikopass in die Tiefe.

    Geht dieser Pass "in die Hose" wird die Strafe wirksam

    Ist der Pass erfolgreich lehnt seine Mannschaft die Strafe ab (Vorteilsregel)

  • Naja.. oft (oder vielleicht meistens) ist es doch aber sowieso so, dass nach einem Foul im Strafraum entweder direkt eine Torchance ensteht (somit "normaler" Vorteil) oder aber die Abwehr/der TW in Ballbesitz kommt oder der Ball ins Aus geht z.B.
    Somit entsteht meistens gar keine echte Chance für den Angriff.
    Somit kann der VAR mehr oder weniger in Ruhe gucken.

    Und ja evtl führt das dazu, dass weniger direkt gepfiffen wird, und mehr abgewartet wird.

    Ich sehe darin ingesamt trotzdem kein Problem, wie heißt es immer so schön, für den Gefoulten den größtmöglichen Vorteil gewähren.. so in etwa ;)
    Wenn sie dann halt nach 20 sekunden das Tor machen ohne Elfmeter ist doch auch gut, wenn nicht gibt's halt den Elfmeter.

    Muss der Verteidiger halt kein Foul begehen ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Allerdings würde sich damit der Spielcharakter gravierend ändern. Und zu "der Verteidiger halt kein Foul begehen": Genau, Spieler, die ein Foul begehen, sind nicht würdig am Spiel teilzunehmen, ergo raus mit Ihnen - oder ginge Dir das dann zu weit?

  • Nein, er darf sich nur nicht beschweren, wenn es dann halt (evtl erst später) Elfmeter gibt.
    Ich versteh ja zum Teil was ihr mir sagen wollt, sehe da aber irgendwie gar kein soo großes Problem.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Ich versteh ja zum Teil was ihr mir sagen wollt, sehe da aber irgendwie gar kein soo großes Problem.

    Naja, das Problem entsteht dadurch wenn man es mit der herkömmlichen Methode ohne VAR vergleicht.


    Manfred hat da schon recht


    [...]würde sich damit der Spielcharakter gravierend ändern[...]

    Durch das Weiterspielen während der VAR Überprüfung entstehen neue Situationen, die bei normaler Vorteilsanwendung oder "Nachpfeiffen" (ohne VAR) nicht entstehen würden. Wir reden hier also von einem quasi schwebendem Verfahren.

    Natürlich darf sich der Verteidiger nicht beschweren wenn es dann Strafstoß gibt


    ABER

    Bei Vorteilsanwendung gibts eben keinen Strafstoß hinterher. Durch den (wohlgemerkt schleichenden) VAR eingriff in der nächsten Unterbrechung entsteht aber eine quasi Vorteilssituation die eben doch keine ist - bzw. sein darf.

    Durch diesen schleichenden Prozess kann es aber zur 2. Chance kommen, die es bei normaler Vorteilsauslegung eben nicht gibt.


    Besonders Kurios ist das wie Manfred bereits beschreibt bei Abseitsentscheidungen


    "Wait an See" ist ja OK. und Fahne unten lassen wenn ess (vermutlich weil der SRA sich nicht zu 100% sicher ist) nur die Kniescheibe im Abseits ist ist auch OK. Aber nur wenn es zum Torerfolg oder kommt, der dann überprüft wird.

    Kurios wird es aber dann wenn beim Abseits die Fahne unten bleibt und es zu einer Strafstoßsituation kommt.


    Der VAR überprüft nur Abseits wenn aus einer strafbaren Abseitsposition ein Tor erzielt wird.

  • Der letzte Punkt ist meines Wissens nach falsch. Auch bei Strafstößen kann eine Abseitsentscheidung vom VAR gemeldet werden, wie jedes andere Vergehen der angreifenden Mannschaft in der Entstehung auch.


    Aber noch ein Aspekt, der deine These (von der Bervorteilung der Angreifer) unterstützt: In der Zeit der Überprüfung kann die Mannschaft des foulenden Spielers selbst kein Tor erzielen, das gewertet werden würde (falls dann noch auf Strafstoß entschieden wird).


    Ich finde also, dass du recht mit deiner Argumentation ist. Die Frage ist, welche Schlussfolgerung man daraus zieht. Für mich besteht dort kein Problem, dass irgendeinen Handlungsbedarf nach sich ziehen würde. Insofern wirklich eine "philosophische" Diskussion. :)

  • Ich finde also, dass du recht mit deiner Argumentation ist. Die Frage ist, welche Schlussfolgerung man daraus zieht. Für mich besteht dort kein Problem, dass irgendeinen Handlungsbedarf nach sich ziehen würde. Insofern wirklich eine "philosophische" Diskussion.

    Naja, die Diskussion ist natürlich rein akademisch. Ob in Zukunft Handlungsbedarf besteht wird die Zukunft zeigen müssen.


    Dennoch denke ich das man (also die Verantwortlichen) die Entwicklung im Auge behalten sollte.

    Es kann nicht sein, das sich der Schiedsrichter irgendwann bei seinen Strafstoßentscheidungen nur noch von seinem VAR leiten lässt - "Wait and See?". Denn genau dies würde zu der Entwicklung führen die zu dem führt was ich hier zu beschreiben versuche.

  • Ich bin weder Spieler noch Schiedsrichter, sondern nur interessierter Zuseher, also vergebt mir mein mögliches Unwissen ;)


    Was mich vor allem interessiert, ist die Situation im Spiel Schweden gegen Südkorea. Da gab es im koreanischen Strafraum eine Elfmeter-verdächtige Szene (mögliches Foul), der Schiedstrichter pfiff aber nicht und ließ weiterlaufen. Der VAR überprüfte die Szene, die Südkoreaner kamen währenddessen zu einem aussichtsreichen Konterangriff. Kurz, bevor sie in den schwedischen Strafraum eindrangen, pfiff der Schiedsrichter ab, um sich die Szene selbst nochmals anzusehen, schließlich entschied er auf Strafstoß. Dadurch, dass auf Strafstoß entschieden wurde, war die Tatsache, dass mit dem Pfiff ein aussichtsreicher Angriff der Koreaner verhindert wurde, nicht so "wichtig".

    Was wäre aber gewesen, wenn die Entscheidung dann "kein Strafstoß" gewesen wäre? Dann wäre es mit einem Schiedsrichterball weitergegangen, aber es wäre ein enormer Nachteil für Südkorea entstanden. Meiner Ansicht nach war es ein grober Fehler des Schiedsrichters, nicht bis zur nächsten Spielunterbrechung zu warten (also wenn beispielsweise der Ball ins Tor oder Aus geht) und dann erst den Videobeweis für den möglichen Elfmeter heranzuziehen. Liege ich damit richtig?

    Eigentlich war der SR nach diesem Fehler ja quasi gezwungen, den Elfmeter zu geben, um nicht als Volldepp dazustehen, oder?

    Hätte eine solche falsche Anwendung des Videobeweises, insbesondere wenn hier nicht auf Elfmeter entschieden worden wäre, irgendwelche Konsequenzen z.B. für den Schiedsrichter, abgesehen von viel Kritik und negativer Presse?

  • Was mich vor allem interessiert, ist die Situation im Spiel Schweden gegen Südkorea. Da gab es im koreanischen Strafraum eine Elfmeter-verdächtige Szene (mögliches Foul)

    Die Szene ist inzwischen aufgeklärt - Alex Feuerherd (bekannt für den n-tv Blog "Collinas Erben"- googel mal) hat sehr engen Kontakt zu den Schiedsrichtern und dies in einem Tweet erklärt.


    Demzufolge (Alex Feuerherd) hat der VAR dem SR mitgeteilt, das er diese Situation gerade überprüft. Als dann klar war das es Strafstoß war hat er ihm geraten sofort abzupfeifen - Der GAU wäre nämlich gewesen Südkorea macht aus dem Konter ein Tor und es gibt Strafstoß für Schweden.


    Was wäre aber gewesen, wenn die Entscheidung dann "kein Strafstoß" gewesen wäre? Dann wäre es mit einem Schiedsrichterball weitergegangen, aber es wäre ein enormer Nachteil für Südkorea entstanden.

    Genau das wäre dann passiert. Jedoch hatte der VAR bereits mitgeteilt das es sich nach seinen Bildern um einen klaren Strafstoß handelt.


    Hätte eine solche falsche Anwendung des Videobeweises, insbesondere wenn hier nicht auf Elfmeter entschieden worden wäre, irgendwelche Konsequenzen z.B. für den Schiedsrichter, abgesehen von viel Kritik und negativer Presse?

    Nein, weil es keine Falsche Anwendung des Videobeweises ist sondern eine Tatsachenfeststellung eines SR-Assistenten - So lange es sich nicht um einen Regelverstoß handelt sondern um eine Tatsachenfeststellung, gibts zwar Stress von der Presse und vor allem von den betroffenen aber nach Regelwerk lief dann alles korrekt.

    Es handelt sich hierbei um keine "Falsche Anwendung des Videobeweises" sondern eine Wahrnehmung eines Schiedsrichterassistenten (VAR) die zu einer Entscheidung (Tatsachenentscheidung) führte. Das ist Regelkonform.


    Das ganze jetzt bitte nicht damit verwechseln das man die ein oder andere Entscheidung "je nach Brille" so oder so treffen kann.

    Deshalb behaupten die einen ja immernoch das in der 101. Minute des Wembley Finals von 1966 das 3:2 erzielt wurde und die anderen behaupten das gegenteil. (ist jetzt nicht ganz so treffend aber in der Übertreibung liegt die Veranschaulichung)

  • Dazu kommt, dass der VAR (zumindest bei der aktuellen Anwendung) ja davon überzeugt ist, dass der Schiedsrichter seine Entscheidung ändern wird. Insofern versucht er natürlich, schnellstmöglich für die Unterbrechung zu sorgen, damit eben nicht noch ein Tor für die andere Mannschaft fallen kann. Generell bis zu der nächsten Spielunterbrechung zu warten, könnte ja unter Umständen dazu führen, dass minutenlang "umsonst" gespielt wird bzw. auch der von SixthSCTF beschriebene Vorteil so lange anhält.


    Generell können falsche Anwendungen des Videobeweises sich natürlich in den künftigen (Nicht-)Ansetzungen des Unparteiischen widerspiegeln, wenn die FIFA diese auch als klar falsch ansieht.

  • Wird bei einem Foul im Strafraum die Vorteilsregel angewendet, dann darf es keinen Strafstoß mehr geben (Auch wenn der Stürmer dann das leere Tor nicht trifft oder anderwärtig den Vorteil vergeigt).

    Die verschärfte Version hatten wir ja neulich erst diskutiert. Wirklich irre wird das, wenn der Schiedsrichter das Vergehen gar nicht wahrnimmt, danach aber Umstände eintreten, die objektiv einen Vorteil darstellen (klarer Torabschluss), ohne dass der Schiedsrichter den "gegeben" hat. Derzeit scheint es gewollt zu sein, auf Hinweis des VAR hin den Strafstoß zu geben und damit der angreifenden Mannschaft einen doppelten Vorteil zu verschaffen.

  • [...]Wirklich irre wird das, wenn der Schiedsrichter das Vergehen gar nicht wahrnimmt, danach aber Umstände eintreten, die objektiv einen Vorteil darstellen (klarer Torabschluss), ohne dass der Schiedsrichter den "gegeben" hat. Derzeit scheint es gewollt zu sein, auf Hinweis des VAR hin den Strafstoß zu geben und damit der angreifenden Mannschaft einen doppelten Vorteil zu verschaffen.

    Klasse, Prinzip verstanden. Genau das meinte ich, wobei ich diese Situation noch gar nicht im Kopf hatte - aber stimmt.

  • Wäre immerhin konsequent, was den Grundsatz "Den größtmöglichen Nutzen für die Mannschaft, gegen die die Regelübertretung stattfand und den größtmöglichen Schaden für die regelübertretende Mannschaft" angeht - befriedigend finde ich das aber dennoch nicht.

  • Wäre immerhin konsequent, was den Grundsatz "Den größtmöglichen Nutzen für die Mannschaft, gegen die die Regelübertretung stattfand und den größtmöglichen Schaden für die regelübertretende Mannschaft"

    Klingt auch logisch, führt aber um so mehr zu der These meines Eingangsbeitrags

    Für die Fehlerminimierung ist es in jedem Falle besser in einer Strafstoßsituation nicht zu pfeiffen als durch Pfiff das Spiel zu unterbrechen.

    [...]

    Dieser "schleichende Prozess" führt aber -in der Übertreibung liegt die Veranschaulichung - zu einer Bevorteilung der Angreifer.

    Also wie beim Abseits bereits "gelebte Praxis"? Wait for Goal and VAR and see then"? (/Provokation)