Mal "Um die Ecke gedacht"......
Und vorab, es geht hierbei nicht um die Regelauslegung oder wie der ein oder andere das handhabt.
Es geht um ein Gedankenexperiment welches ich mit einer provozierenden These einleiten möchte:
Der Videobeweis führt in absehbarer Zukunft dazu das der Strafstoß
nicht mehr durch den Schiedsrichter auf dem Feld
sondern erst durch den VAR quasi "nachträglich" gegeben wird.
Die Zeiten ohne VAR.
Binnen Bruchteilen von Sekunden entschied der "Man in Black" auf Strafstoß oder Weiterspielen. In den Stunden oder Wochen danach diskutierten die selbsternannten Fachleute die Situation und
- der Kollege war der Depp der Nation weil er auf die Schwalbe hereingefallen war
- dem Kollegen wurde ein wahrlich gutes Auge bescheinigt
- der Kontakt rechtfertigte niemals eine Strafstoß oder erforderte zwingend einen - je nach Vereinsbrille und Situation
- der Kollege hat es aus seiner Perspektive einfach anders gesehen als die zig Kamerabilder der Übertragungsanstalten - und war natürlich auch der Depp der Nation.
Aber es wurde eine nahezu unumkehrbare Entscheidung getroffen - egal wie richtig oder falsch sie sich im nachhinein herausstellte.
Jetzt gab es noch einen Sonderfall. Nachpfeifen oder Vorteil?
Ich möchte hier nicht die feinheiten Diskutieren, da gibt es genug Threads an anderer Stelle. Ich möchte nur darauf hinweisen, das der Kollege in einem gewissem Zeit- und Ermessensrahmen erstmal die Entwicklung der Situation abwarten kann und nicht gleich in´s Horn stoßen muss. Dennoch eine wichtige Überlegung für diese Gedankenexperiment.
Teil-Resumee für dieses Gedankenexperiment: Der Kollege entscheidet und liegt in einigen Fällen unter Garantie falsch.
Die Zeiten mit VAR
Strafstoßentscheidungen - ob Strafstoß gegeben oder nicht ist hierbei irrelevant - werden durch den VAR überprüft. Dies soll zu folgendem Ergebnis führen:
- Der gegebene Strafstoß soll bestätigt werden oder -als fehlerhafte Wahrnehmung enttarnt- zu einem SR-Ball führen.
- Der nicht gegebene Strafstoß soll nachträglich dann doch gegeben werden.
- Die Ermessensentscheidung soll dabei unangetastet bleiben - wenn also die Videobilder nicht eindeutig die Feld-Entscheidung wiederlegen bleibt es bei der Feld-Entscheidung.
So weit so gut. Im Sinne der Regelanwendung sicherlich ein Schritt in die Richtung zu mehr "Objektivität".
In der Ableitung der Regeln für den VAR folgt die Begründung meiner Eingangsthese.
Der "Nicht Pfiff" in einer strafstoßverdächtigen Situation hat zunächst einmal keinerlei Konsequenzen
- Stellt der VAR dennoch fest das es ein Strafstoß war kann ja noch bis zur nächsten Spielfortsetzung "nachgepfiffen werden" Der berechtigte Strafstoß geht den Angreifern also nicht verloren, er kommt nur halt deutlich später als bisher.
- Stellt der VAR fest das es ein Strafstoß war und die Angreifer erzielen dennoch unmittelbar darauf ein Tor kann man das getrost als "Vorteilsentscheidung" gelten lassen.
- Stellt auch der VAR fest das es kein Strafstoß war ist ja alles richtig gelaufen.
In jedem Fall hat der VAR bei Sichtung der Videobilder deutliche mehr Zeit und bessere Perspektiven als der Kollege auf dem Feld - die Entscheidung wird auf alle Fälle richtiger als wenn es nur einer Entscheiden muss.
Der Pfiff unterbricht in jedem Fall das Spiel und stellt der VAR Strafstoß fest ist' s egal. Interessanter sind aber die Situationen in denen der VAR zur Überzeugung kommt das es kein Strafstoß war.
- Dann wird den Angreifern womöglich die Chance genommen einen "Zweiten Ball" zum Torerfolg zu bringen.
- Dann wird den Verteidigern die Chance genommen einen Konter einzuleiten und womöglich erfolgreich abzuschließen.
Sieht man sich diese beiden möglichen Szenarios - Der "Nicht Pfiff" und Der Pfiff - einmal genau an und untersucht die Wirkung kommt man sehr schnell im Bereich der Fehlerminimierung zu folgender Überzeugung.
Für die Fehlerminimierung ist es in jedem Falle besser in einer Strafstoßsituation nicht zu pfeiffen als durch Pfiff das Spiel zu unterbrechen.
In der Übertreibung liegt wieder einmal die Veranschaulichung: Wenn ich einen VAR habe, der mir nachträglich sagt das ich auf Strafstoß entscheiden sollte und dieser auch noch die Zeit hat sich Viodeobilder aus allen möglichen Perspektiven anzusehen ist es doch allemal besser nicht zu Pfeiffen und lieber abzuwarten was der Kollegen in Köln so sagt. Ein Prozess der sich - aus der Natur der Sache ergebend - schleichend entwickeln wird.
Dieser "schleichende Prozess" führt aber -in der Übertreibung liegt die Veranschaulichung - zu einer Bevorteilung der Angreifer.
Hierfür müssen wir nur noch folgende Situation betrachten.
Zwecks Fehlerminimierung pfeift der Schiri nicht sofort und wartet auf die "besseren " Videobilder des Kollegen aus Köln. Während der aber überprüft erhält der Angreifer eine weitere Torchance oder eben den 2.Ball.
- Versenkt er ihn wird auf Tor entschieden
- Versenkt er ihn nicht gibt's Strafstoß
Mit der "Vorteilsauslegung" ist das aber nicht mehr vereinbar. Entscheide ich nach einer Regelwidrigkeit im Strafraum auf Vorteil kann es keinen Strafstoß mehr. (ich rede nicht vom "verzögertem" Pfiff) In dem hier geschildertem Fall läuft dann der "Vorteil" aber so lange bis der VideoRef zuschlägt und sagt "Kollege, Du hast da einen Strafstoß überesehen"
Ein "schleichende Prozess" der bei Abseitsentscheidungen (mit Torgefahr) übrigens schon sehr deutlich zu beobachten ist.
Nachtrag für die Dipfelescheisser
Mir ist bewusst das der SR und nicht der VAR die Entscheidung trifft. Ändert aber nichts am Ergebnis meiner Überlegungen.