Regeländerungen 2018/2019

  • Ich muss das Thema nochmal aufgreifen, weil sich das Gerücht erhärtet, dass der TW einen haltbaren vorsätzlich abgeklatschten Ball anscheinend wieder aufnehmen darf. Da ich es noch nirgends offiziell gelesen habe, kann ich den Regeltext trotzdem bis auf weiteres nur nach dem Wortsinn auslegen und nicht nach Hörensagen:


    Es gibt nur die Regeländerung in Form einer Wortstreichung bei der Definition „TW kontrolliert den Ball mit den Händen“.


    Im Regelwerk ist jedoch ausdrücklich nur erwähnt, dass der TW nicht von einem Gegner angegriffen werden darf, wenn er „den Ball mit den Händen kontrolliert“. Durch die Regeländerung ist damit eigentlich nur klarer beschrieben, dass ein nicht festgehaltener Ball wieder frei ist und vom Angreifer gespielt werden darf, wenn er nicht mehr vom TW mit der Hand berührt wird.


    Einen Zusammenhang zwischen „TW gibt den Ball frei“ und „TW kontrolliert den Ball mit den Händen“ finde ich nicht im Regelwerk. Weiter oben im Regeltext ist das verbotene Spiel des TW, nämlich die Ballberührung mit der Hand nach Freigabe, weiterhin unverändert. Eine eindeutige Definition für den Begriff „Freigabe“ finde ich nicht.


    Insofern ist alles, was im Zusammenhang mit der Regeländerung und der Ballaufnahme geschrieben wird, nur Auslegung.


    Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass der Regelgeber es zulassen möchte, dass z. B. ein von einem Abwehrspieler seitlich neben das Tor zurückgeköpfter Ball vom TW mit den Händen nach vorne gepritscht und dann mit der Hand aufgenommen werden darf.


    Hierfür spricht eigentlich auch die Erläuterung auf Seite 167, wo nur der erfolglose Versuch den Ball zu fangen beschrieben wird. Das absichtliche Pritschen ist kein erfolgloser Versuch den Ball zu fangen.

  • Uns ist das ausdrücklich vom Lehrstab so kommuniziert worden. Im Gegenzug ist es aber natürlich richtig, dass der TW dann den Ball eben noch nicht kontrolliert, mit all den - zugegebenermaßen meist aber eher theoretischen - Folgen, die eine fehlende Ballkontrolle mit sich bringt.

  • Da das Wort "Freigabe" in der Tat in den Regeln nicht definiert ist, muss man wohl die herkömmliche Definition benutzen, die ja eine Statusänderung von "nicht frei" zu "frei" darstellt. Da der Ball im Moment der Wiederaufnahme in der Regel "frei" sein dürfte, ist also die entscheidende Frage, wann der Ball "nicht frei" ist. Dort würde es Sinn ergeben, den Ball als "nicht frei" zu betrachten, wenn er vom Torwart kontrolliert wird. Dann könnte man den entsprechenden Absatz zur Kontrolle als Definition heranziehen.

    Aber das wäre schon eine Regelinterpretation, eine gesicherte Ableitung ist aus dem Regeltext (übrigens unabhängig von der aktuellen Änderung) nicht möglich.


    Also müssen wir danach gehen, was von unseren Lehrwärten dazu mitgeteilt wird (wie bei Manfred geschehen) - und hoffen, dass das möglichst einheitlich geschieht und wir nicht wieder neue Verbandsspezifika erhalten.

  • Ich denke, man muss hier dsa Pferd von hinten aufzäumen: Das Regelwerk definiert recht klar, wann der Ball nicht frei ist, nämlich immer dann, wenn der TW den Ball kontrolliert. Zusätzlich ist die Ballkontrolle detailliert geklärt, in dem es beispielsweise als Ballkontrolle gilt, wenn der TW den Ball auch nur mit einem Finger der Hand berührt. Im Umkehrschluss gilt daher, dass der Ball frei ist, wenn keine Ballkontrolle vorliegt. Lässt also der TW einen Ball abklatschen, liegt keine Ballkontrolle vor, ergo ist dieser frei.

  • [..] Zusätzlich ist die Ballkontrolle detailliert geklärt, in dem es beispielsweise als Ballkontrolle gilt, wenn der TW den Ball auch nur mit einem Finger der Hand berührt. [..]


    Ist das wirklich so gemeint? Bitte anhand des Regeltextes (hier 2017/2018) argumentieren, wenn möglich.


    Der Torhüter kontrolliert den Ball in den Händen, wenn er

    • den Ball mit beiden Händen festhält oder ihn mit einer Hand gegen eine

    Oberfläche hält (z. B. am Boden, gegen den eigenen Körper) oder mit einem

    Teil der Hand oder des Arms berührt, es sei denn, der Ball springt

    versehentlich vom Torhüter ab oder der Torhüter hat den Ball abgewehrt,

    • den Ball in der ausgestreckten, offenen Hand hält,

    • den Ball auf den Boden prellt oder diesen in die Luft wirft.

  • @ Manfred: sehe ich genauso. Während der Berührung kurz vor dem Ball Abprallen gilt der Ball, wenn auch nur kurzzeitig, als kontrolliert und der TW darf nicht angegriffen werden. Nach dem Abprallen gilt die kurzzeitige Berührung beim Versuch den Ball zu halten als nicht kontrolliert - für die nicht explizit im Regelwerk verankerte Auslegung- dass der Ball als Freigegeben gilt, nachdem ihn der TW kontrolliert hat.


    Der DFB erklärt die Regeländerung wiefolgt:

    • Auch wenn der Ball von den Händen/Armen des Torhüters abprallt, darf dieser den Ball ein zweites Mal aufnehmen, selbst wenn bereits der erste Versuch, den Ball zu fangen oder festzuhalten, absichtlich erfolgte.

    Wie die Lehrstäbe daraus ableiten, dass ein „absichtliches Abrallen lassen“ gleichbedeutend mit „Versuch den Ball zu fangen...“ ist, erschließt sich mir nicht.


    Natürlich darf ein TW einen strammen Schuss sicherheitshalber erst einmal absichtlich abprallen lassen, um ihn dann unmittelbar danach sicher festzuhalten auch wenn er fünfmal nach nachfassen muss. Aber spätestens wenn er den Ball unbedrängt erst einmal liegen lässt oder gar mit den Füßen kontrolliert, ist das für mich eine Freigabe.

  • Zitat

    Zusätzlich ist die Ballkontrolle detailliert geklärt, in dem es beispielsweise als Ballkontrolle gilt, wenn der TW den Ball auch nur mit einem Finger der Hand berührt

    Zitat

    Im Regelwerk ist jedoch ausdrücklich nur erwähnt, dass der TW nicht von einem Gegner angegriffen werden darf, wenn er „den Ball mit den Händen kontrolliert“. Durch die Regeländerung ist damit eigentlich nur klarer beschrieben, dass ein nicht festgehaltener Ball wieder frei ist und vom Angreifer gespielt werden darf, wenn er nicht mehr vom TW mit der Hand berührt wird.

    Widerspruch! Genau da liegt meiner Meinung nach ein Denkfehler (schon bezüglich der alten Regelversion).

    Der Regelgeber will eben nicht, dass die "Berührung vor dem Abspringen" Ballkontrolle darstellt.

    Im Gegenteil: Wenn der Ball wegen einer Parade (absichtlich oder unabsichtlich) wegspringt, dann war er eben nicht unter Kontrolle und darf deswegen im Nachfassen aufgenommen werden.


    Zitat


    Einen Zusammenhang zwischen „TW gibt den Ball frei“ und „TW kontrolliert den Ball mit den Händen“ finde ich nicht im Regelwerk.


    Natürlich bezieht sich Freigabe auf Kontrolle durch den TW - worauf denn sonst?


    Zitat

    Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass der Regelgeber es zulassen möchte, dass z. B. ein von einem Abwehrspieler seitlich neben das Tor zurückgeköpfter Ball vom TW mit den Händen nach vorne gepritscht und dann mit der Hand aufgenommen werden darf.



    Das wäre eine Umgehung der Rückpassregel und damit verboten.


    Zitat


    Das absichtliche Pritschen ist kein erfolgloser Versuch den Ball zu fangen.

    Stimmt, ich glaube das ist missverständlich formuliert und es geht entweder um "Wegfausten" oder "mit der Hand Stoppen" - das ist genau der Streitpunkt in diesem Thema.

  • Zitat

    Widerspruch! Genau da liegt meiner Meinung nach ein Denkfehler (schon bezüglich der alten Regelversion).

    Nein: zu dem Zeitpunkt wo der Ball berührt wird gilt er tatsächlich erst einmal als kontrolliert, da noch keiner weiß, dass er kurz danach abprallt. Erst nach dem Abprallen wird im Nachhinein die Berührung als nicht kontrolliert erklärt.


    Somit liegt kein Widerspruch vor. ;)

  • Wo ist jetzt das Problem? Ich stehe auf der Leitung ...

    na ja- einerseits wird beschrieben "mit beiden Händen" / "ausgestreckte Hand" / "gegen eine Oberfläche" - und am Ende soll es doch nur die Fingerkuppe sein? Das macht so keinen Sinn.


    Wie es in der Praxis ausgelegt wird ist unstrittig. Den Regeltext finde ich widersprüchlich.

  • @BRT: Du hast in deiner Aufzählung das entscheidende Wort „halten“ vergessen. Sobald der Ball (deutlich) gehalten wurde, gilt er als kontrolliert, auch wenn er anschließend losgelassen wird und wieder frei ist.


    Im Moment der ersten Berührung gilt er zunächst nur für kontrolliert (quasi auf Probe) bis er entweder abprallt oder dann tatsächlich gehalten wird.


    Rein textlich hätte man im Regelwerk durch klügere Kommasetzung und Absätze tatsächlich, wie in vielen anderen Absätzen, eine bessere Formulierung wählen können.

  • Nochmal für die Praktiker unter uns: Die Regel erfordert keine Unterscheidung mehr zwischen absichtlichem und unabsichtlichem Prallen lassen, der Ball ist dann aber in beiden Fällen für den Gegenspieler spielbar, das ist das Risiko des TW. Fängt der TW den Ball, ist die Kontrolle im Gegensatz zum Prallen lassen gegeben und die 6 Sekunden Regel zieht, eine erneute Aufnahme des Balles ist nicht mehr vom Regelwerk gedeckt.

  • Klar, aber kontrolliert der TW den Ball während der Berührung bevor er ihn prallen lässt, so wie von Manfred und Mark vertreten?

    Ich habe das nie so verstanden, für mich durfte der TW angegriffen werden, bis er den Ball sicher gefangen, gegen eine Oberfläche gedrückt ... hat.

  • Bin immer noch nicht klar mit dem Regeltext:


    Ein "Halten" / eine "ausgestreckte Hand" ein "gegen eine Oberfläche Halten" ist alles schön und gut- aber da die Regel auch von "[der TW] kontrolliert den Ball in den Händen" spricht sobald der TW [den Ball] mit einem Teil der Hand oder des Arms berührt, hätte man die vorherigen Beschreibungen ("ausgestreckte Hand" ein "gegen eine Oberfläche Halten") einfach weglassen können. Mathematisch gesehen sind diese Beschreibungen echte Teilmengen von "mit einem Teil der Hand oder des Arms" Berühren.


    Aber vielleicht bin ich da auch zu technisch unterwegs.

  • @ BRT:ja, sehe ich genau so. „Mathematisch“ hätte es gereicht:


    Der TW kontrolliert den Ball in den Händen, wenn er den Ball

    - mit einem Teil der Hand oder des Arms berührt, es sei denn, der Ball springt vom Torhüter ab oder der Torhüter hat den Ball abgewehrt,

    - auf den Boden prellt oder diesen zum Abschlag in die Luft wirft.

  • kontrolliert der TW den Ball während der Berührung bevor er ihn prallen lässt,

    Das Problem ist, dass wir nicht sicher wissen können, ob der TW den Ball abprallen lassen wird oder nicht. Daraus folgt, dass wir in dem - sehr kurzen - Moment des Kontaktes Ball <-> Hand zunächst davon ausgehen müssen, dass eine Ballkontrolle vorliegt, zumal ja auch eine Kontrolle insoweit stattfindet, dass der Ball abgeklatscht wird. Sollte also ein Spieler just in diesem Moment den TW attackieren, muss davon ausgegangen werden, dass eine Ballkontrolle und damit ein verbotener Angriff vorlag.

  • Im Original gibt es die Erklärung. Seite 165, "theifab.com"

    Explanation

    Goalkeepers often unsuccessfully attempt to catch/hold/stop or ‘parry’ the ball

    but as this is a ‘deliberate’ touch with the hand(s) they have technically

    controlled the ball so cannot pick it up. This is not the Law’s intention and is not

    enforced; removal of ‘accidentally’ clarifies the Law.

  • Ja, und auch in der deutschen Übersetzung steht das so auf S. 167.


    Aber in der DFB-Version wurde die Regeländerung, also das Streichen von „versehentlich“ gar nicht übernommen. Somit gibt es formal in Deutschland gar keine Regeländerung ? und der TW darf formal weiterhin einen nicht festgehaltenen Ball nicht mehr mit der Hand berühren.