Falsch ausgeführter indirekter Freistoß

  • Ich hatte gestern eine Situation, bei der ich mir ziemlich sicher bin, dass ich sie logisch und verkaufbar, aber regeltechnisch falsch aufgelöst habe:


    Indirekter Freistoß ca. 20 m vor dem Tor. Ein Spieler setzt den Fuß auf den Ball und nimmt denselben wieder herunter, wobei der Ball etwas wackelt, sich aber nicht (wirklich) von der Stelle bewegt (also letztlich auf den Originalzustand zurückfällt). Danach läuft ein weiterer Spieler an und drischt den Ball in Richtung Tor.


    Wie ist jetzt zu entscheiden und warum? Und bitte keine pragmatischen Lösungen, die hatte ich selbst auf Lager, sondern regeltechnisch korrekte Varianten.

  • Alles außer Wiederholung. Die eindeutige Bewegung ist eine Tatsachenentschiedung.

    Stimmt, aber das ist so einfach das es sich fast schon wieder gefühlt irgendwie falsch anfühlt.:flieh:


    Gut das wir mal d´rüber gesprochen haben.


    Ob das "Antippen" eine "Eindeutige Bewegung ist" ist natürlich eine Tatsachenentscheidung. Aber spätestens das "Ball richtung Tor dreschen" ist eine Eindeutige Bewegung und damit ist der Ball Regelkonform im Spiel.

  • Vielleicht zur Klarstellung: Das Wackeln des Balles war aus meiner Sicht eben gerade keine eindeutige Bewegung des Balles, mithin war der Ball in diesem Moment für mich zweifelsfrei noch nicht im Spiel. Aber wie ist die Sache mit dem Fuß zu werten? Handelt es sich um eine - ausdrücklich erlaubte - Finte oder ist das eher analog zum Strafstoß zu sehen, bei dem Finten ja auch erlaubt sind, aber eben nur bis zu dem Moment, bis der Fuß neben dem Ball steht.


    Machen wir uns die Konsequenzen klar:
    Ist das - wie ich es wahrgenommen habe - keine Bewegung des Balles, müssen die Gegner noch auf Abstand bleiben und es kann kein Tor direkt erzielt werden, so weit, so klar. Aber wie ist das mit dem Fuß zu bewerten? Müssen die Gegner nicht davon ausgehen - auch aus mangelnder Regelkenntnis -, dass der Ball bereits im Spiel ist und dürfen angreifen, obwohl sie den Abstand damit - unzulässig - verkürzen, ggf. sogar mit der Folge einer Verwarnung? Oder ist das mit dem Fuß eine unsportliche Täuschung und wenn ja, wie ist die Spielfortsetzung?

  • Wo war denn der Fuss beim Pfiff ? Schon auf dem Ball ? Wenn ja, sollte man das als SR vielleicht anders regeln.

  • Genau da haben wir ja die Merkwürdigkeit:
    Der Spieler stellt gewissemaßen den Fuß auf den Ball, bewegt diesen kaum merklich und nimmt den Fuß wieder herunter - aber nicht etwa, während der zweite Spieler schon im Anlauf war, sondern der begann seinen Anlauf erst.

  • Raum für Verwarnungen sehe ich da auf keiner Seite. Der Spieler führt den idF so aus, weil er glaubt, das sei ordentlich, und wenn der Ball sich tatsächlich bewegt hat, wäre er damit bei einem anderen Schiri vielleicht auch durchgekommen ("deutlich erkennbar" ist eben auch eine Ermessensfrage). Das gleiche denken die Spieler, die zu früh den Abstand verkürzen. Die laufen ja nicht vor, um sich einen Vorteil bei der Ausführung des Freistoßes zu verschaffen, sondern weil sie glauben, der sei schon ausgeführt.


    Wenn das Vorlaufen eine Auswirkung hatte, kann man den Freistoß ohne Verwarnung wiederholen lassen, ansonsten weiterspielen. Wenn man bei ersterem an einen Beobachter gerät, dem man diese Entscheidung (Verzicht auf Pflichtverwarnung, weil ausnahmsweise nicht unsportlich) nicht verkaufen kann, hat man wohl Pech gehabt.


    Oder man lässt es eben von vornherein laufen, denn wenn die ausführende und die verteidigende Mannschaft beide davon ausgehen, dass der Ball im Spiel ist, gibt es ja auch eigentlich keinen Grund, das Ermessen über die deutlich erkennbare Bewegung des Balls anders auszuüben.

  • kann man den Freistoß ohne Verwarnung wiederholen lassen,

    Nein, genau das geht nicht. Bei Wiederholung musst du einen verwarnen. Entweder den ersten aus der Mauer wegen zu frühem rauslaufen oder den mit dem Fuß auf dem Ball wegen unsportlicher Täuschung. Sonst musst du weiterlaufen lassen.


    Wie ich entschieden hätte, kann ich nicht sagen ohne das "Wackeln" gesehen zu haben. Wenn die Wackelei mir nicht ausreicht, bleibt keine andere Möglichkeit als auf Gelb und Wiederholung zu entscheiden, mit deutlichem Hinweis darauf, dass ein eventuell erzieltes Tor auch nicht gezählt hätte und die Verteidiger warten müssen, bis sich der Ball deutlich bewegt. Verwarnung für die Angreifer sehe ich in keinem Fall, weil ja beim Freistoß (anders als beim Schuss beim Strafstoß) das Antäuschen nicht verboten ist.


    Das bezieht sich jetzt ausdrücklich auf den von Manfred geschilderten Fall.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Nein, genau das geht nicht. Bei Wiederholung musst du einen verwarnen.

    Immer diese apodiktischen Aussagen. Natürlich geht das, man muss es nur tun. Das lässt sich verkaufen und auch regeltechnisch verargumentieren, wobei ich darauf, dass man nicht an jemanden geraten darf, für den Pflichtverwarnungen ohne Rücksicht auf ihren Zweck sakrosant sind, bereits hingewiesen hatte. Wenn beide Mannschaften dem gleichen Irrtum (aus Sicht des Schiedsrichters) unterliegen und sich dementsprechend verhalten, ist daran nichts unsportlich. Dann klärt man den Irrtum auf und weiter gehts.


    Der (wohl vorzugswürdigen) Alternative, das von Vornherein laufen zu lassen, hatte ich ja auch schon zugestimmt. Wenn man beim idF da aber ganz genau drauf achtet, kommt einem der Gedanke in der Situation auf dem Platz vielleicht nicht, da etwas großzügig zu sein.

  • In grauer Vorzeit (also zu meiner) galt mal, der Ball ist erst korrekt im Spiel, wenn er die Länge seines Umfangs zurückgelegt hat. Das gilt ja heute nicht mehr, sondern es reicht eine Berührung aus. Also reicht es aus, den Fuß auf den Ball zu stellen, um diesen korrekt ins Spiel zu bringen.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Das gilt ja heute nicht mehr, sondern es reicht eine Berührung aus. Also reicht es aus, den Fuß auf den Ball zu stellen, um diesen korrekt ins Spiel zu bringen.

    Haste wohl nicht aufgepasst bei der letzten Regelschulung wie? :flieh::)


    "Der Ball ist im Spiel wenn er berührt wird und sich deutlich bewegt." (Was immer dann auch "deutlich Bewegt" bedeutet)


    Aber ja, früher gab es mal die Regelung mit dem Ballumfang.....

  • Och, früher genügte es auch mal, dass der Ball einfach von einem Spieler berührt wurde ... Daher wurde aus dem berührt ein Ball bewegt und - solchen Spezialisten wie bei mir auf dem Feld sei Dank - letztlich das heutige "deutlich" bewegt.


    Ich komme dann mal zur Auflösung:
    Im ersten Durchgang liefen die Verteidiger tatsächlich los, so dass ich habe wiederholen lassen - und ich habe bewusst auf die Verwarnung verzichtet, weil die sich m.E. im Verbotsirttum befanden. Da nicht nur ich keine Gedanken der Spieler lesen kann (obwohl manchmal scheint mir sogar das zu gelingen), so können auch die Spieler meine Gedanken nicht lesen. Wenn nach den Umständen jemand davon ausgehen kann/muss, dass der Ball damit im Spiel sein könnte, darf ich das aus der Mauer laufen nicht bestrafen.

    Gerade um Unklarheiten zu beseitigen habe ich also tatsächlich den ersten Durchgang wiederholen lassen, selbstverständlich nicht ohne mitzuteilen, dass sich der Ball deutlich bewegen müsste. Das Ende vom Lied habe ich ja bereits beschrieben, für mich war das definitiv keine deutliche Bewegung des Balles. Daher habe ich dann den zweiten Versuch genau in dem Moment unterbrochen, als der zweite Spieler gegen den Ball trat und auf idF für den Gegner entschieden, da die erneute mehr als zweifelhafte Durchführung aus meiner Sicht unsportlich war - und dabei habe ich mich bewusst analog an den Strafstoß angelehnt, bei dem Finten ja auch explizit erlaubt sind, wenn der Fuß aber neben dem Ball steht ist Schluss mit lustig. Mir ist klar, dass man mir das vorwerfen kann, aber jede andere Entscheidung wäre nach meinem Empfinden weder im Sinne der Regeln noch des Fußballs gewesen. Und jetzt sucht Euch aus, welche Unsportlichkeit das war ... Der einzige Fehler den ich gemacht habe ist der, dass ich hier eine Verwarnung hätte aussprechen müssen, shit happens.

    Allerdings muss ich zugeben, dass mich meine Lösung nicht zufriedenstellt, die Alternativen erneute Wiederholung oder Zulassung der Ausführung aber eben genau keine Alternativen waren.

  • Mit den ersten Teil dáccord. Dass Du Dir mit der Gesamtsituation mehr Probleme bereitest, als nötig ist, wirst Du ja selbst wissen und es bewusst trotzdem machen.


    Der zweite Teil, naja. Ich kann da keine Unsportlichkeit erkennen. Aber wenn die zweimal zu blöd sind, den Freistoß ordentlich auszuführen, dann geht's halt andersrum weiter - wie beim Einwurf. Das steht zwar auch nicht in den Regeln, aber im Ergebnis hört sich das nach einer Lösung an, die man verkaufen kann.

  • Verstehe ich das richtig? Der Spieler hat den Ball auch beim zweiten Mal nur leicht angetippt, ohne dass er sich eindeutig bewegt hat und als ein anderer Spieler - in der Annahme, dass der Ball sich bewegt hat - gegen den Ball getreten hat, hast du abgepfiffen und idF für den Gegner gegeben?

    Wenn dem so war, auf welcher regeltechnischen Grundlage gab es den idF für den Gegner?

  • Natürlich geht das, man muss es nur tun. Das lässt sich verkaufen und auch regeltechnisch verargumentieren, wobei ich darauf, dass man nicht an jemanden geraten darf, für den Pflichtverwarnungen ohne Rücksicht auf ihren Zweck sakrosant sind, bereits hingewiesen hatte.

    Dass man das in der Praxis verkauft kriegt, stelle ich gar nicht in Frage. Manfred wollte aber ausdrücklich

    Und bitte keine pragmatischen Lösungen, die hatte ich selbst auf Lager, sondern regeltechnisch korrekte Varianten.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Sorry, Ente, hatte Manfreds Frage fälschlicherweise genau andersrum im Kopf.


    Regeltechnisch ist eine Verwarnung für den Verteidiger nur mit dem Argument verzichtbar, dass der Fall der Pflichtverwarnung nicht vorliegt, weil das Verkürzen des Abstands nicht einen regelwidrigen Vorteil bringen soll, sondern auf einer Fehlwahrnehmung (oder falschen Regelkunde, irgendwo in der Mitte, wenn Manfred eine hohe Messlatte für "erkennbar" hat) beruht und somit nicht unsportlich ist.


    Edit: Regeltechnisch begründen lässt sich der idF andersrum und die Verwarnung gegen den Ausführenden m.E. überhaupt nicht. Spätestens der zweite Angreifer hat den Ball ja ordnungsgemäß ins Spiel gebracht. Für eine "analoge" Anwendung der Straßstoßfintenregel sehe ich weder Raum noch Grund. Und wenn der Ball nicht ordnungsgemäß ins Spiel gebracht worden wäre, kann es sowieso nicht anders weitergehen als mit einer Wiederholung, weil die Angreifer in der Spielruhe natürlich keinen idF gegen sich verwirken können.

  • Regeltechnisch kann ich das immer begründen - wahlweise als Zeitspiel oder als unsportlichen Vorteil (wie bereits gesagt analog zum Strafstoß). Aber eigentlich war das für den Moment auch nur eine pragmatische Lösung, nicht umsonst suche ich nach einer, die mich auch regeltechnisch überzeugen kann.

  • Ich sehe hier gar keinen Grund zum eingreifen. Wo steht in der Regel, das ich den Ball zu einem Mitspieler spielen muss? Ich kann ja einen indirekten Freistoß auch direkt aufs Tor hämmern, in der Hoffnung, das irgendein Dummbatz seinen Fuß hinhält oder der TW den Ball abfälscht :)

    Geht er unberührt ins Tor, gibt es eben Abstoß, ansonsten ist er im Spiel, sobald ein weiterer Spieler berührt. Sicherlich kann man dem ausführenden Spieler einen Hinweis geben, dass ein direkt erzieltes Tor nicht gezählt hätte, weil sich der Ball beim "Abspiel" nicht bewegt hat - natürlich nur, wenn die Mannschaft sich normal verhält. Mit Spielern die unangenehm auffallen pflege ich wenig zu sprechen ;)


    Eine Unsportlichkeit kann ich hier nicht erkennen.


    Verkürzen die Spieler aus der Mauer vorzeitig den Abstand, gibt es selbstverständlich gelb für das Vergehen. Wenn die Spieler davon ausgehen, dass der Ball mit der Berührung im Spiel ist, ist das deren Problem. "Ich habe gedacht..." war für mich noch nie ein Argument.


    Sorry Manfred, aber hier liegst Du nach meinem Empfinden komplett daneben.

  • Regeltechnisch kann ich das immer begründen - wahlweise als Zeitspiel oder als unsportlichen Vorteil

    Regeltechnisch ist deine Variante absolut falsch und auch nicht zu begründen Bei Zeitspiel kannst du nicht eine Spielstrafe für den Gegner geben und wo hier ein unsportlicher Vorteil sein soll, erschließt sich mir nicht.