Jeder von uns sollte dieses Thema kennen und hierbei auch sehr kompromisslos handeln.
"Ein Tor ist gefallen" ist zwar ein geflügeltes Wort und nicht umsonst hat Günter Jauch als Kommentator des inzwischen legendären Champions League zwischen Spiel Madrid gegen Dortmund einen Fernsehpreis gewonnen.
Aber in diesem Beitrag geht es nun einmal um die Sicherheit beim Fussballspiel und vor allem um unsere Verpflichtung als Schiedsrichter.
Hintergrund: Am Sonnabend ruft mich einer meiner Schiries an nachdem er mir einige Fotos von Torsicherungen geschickt hat, die ihm als "Ausreichend" verkauft werden sollten. Aus der Erfahrung heraus konnte ich bereits auf dem Foto erkennen, das eine halb mit Sand gefüllte Tüte mit "ALDI" Aufschrift bei weitem nicht ausreichend für ein 5m Tor ist.
Weil der Jung sich an meine eindringlichen Worte erinnerte aber von den Trainern offenbar massiv unter Druck gesetzt wurde riet ich ihm (Nach einem kurzem Blick auf die Uhr) den Trainern mitzuteilen das er das Spiel nicht anpfeifft und jetzt nach Hause fährt. Das mal in Kurzform, denn die Whatsapp Bilder waren bereits 45min alt- und so lange dauerte auch die Märchenstunde, die ich als "Hintergrundgeräuch" beim Telefonat ebenfalls wahrnehmen konnte.
Der Rest zum Spiel war dann ein Sonderbericht und damit sollte es das eigentlich gewesen sein.
Aber nicht für mich, denn dies nahm ich dann mal zu Aufhänger etwas genauer zu recherchieren und vor allem mal Profis zu Fragen, die sich damit auskennen:
Ich bin erschüttert - über das was ich bisher nicht wusste!
Na klar prüfe ich die Tore auf Standfestigkeit und Kipp-Gefahr. Hierbei gehe ich dann auch mit "vollem Körpereinsatz" zur Sache und ich muss mir oft vorwerfen lassen, das "die Kleinen" ja gar nicht so viel Kraft hätten.
Aber das was mir seit heute zur Kenntniss gelangt ist, schlägt dem Fass den Boden aus. Mehr als die Hälfte der Spiele , die ich letzte Saison geleitet habe und bei denen auf 5m Tore gespielt wurde hätte ich trotz meiner gewissenhaften Überprüfung der Torsicherung nicht Anpfeiffen dürfen.
Die Standfestigkeit von Fussballtoren ist in der DIN EN 748 geregelt. - Muss ich das (als Schiedsricher) eigentlich Wissen?
Leider Ja - zumindest sollte ich wissen was per Definition ein "Kippsicherers Fussballtor" ist. Einige legen hier ja besonderen Wert auf Definitionen - Ich in diesem Falle auch, denn diese Definition entscheidet ob ich als Schiedsrichter im Rahmen das Strafrechtes haftbar gemacht werden kann
Zitat von Auszug aus DIN EN 748Alles anzeigen3.4.1 Torrahmen
Die Konstruktion muss sicher genug sein, um den Beanspruchungen, die während des Spiels und wenn sie bewegt wird auftreten, standzuhalten.
Der Bodenrahmen von Typ 4 muss ein befestigtes Gegengewicht aufweisen, das Teil des Bodenrahmens ist.
4.4 Standfestigkeit
Bei der Prüfung nach 5.3.2 dürfen Tore des Typs 4 nicht kippen.
5.3.2 Prüfung der Standfestigkeit Typ 4
Das Tor wird in üblicher Gebrauchsstellung aufgebaut. Ein Rutschen des Tores wird mit Klötzen verhindert und eine horizontale Kraft (F) von 1.100 N auf die obere Mitte der Querlatte 1 mins mit einem 3 000 mm langen Seil aufgebracht (siehe Bild 6). 100+
Es wird jedes Kippen dokumentiert.
- Anmerkung 1 : Bei einem Typ 4 (Fussball)tor handelt es sich um ein sogenanntes "bewegliches" Tor. Üblicher weise sind dies 5m Tore wie sie bei Spielen der D- und E- Jugenden aber auch bei anderen Spielen und im Trainingsbetrieb zum Einsatz kommen und die mit sogenannten Kontergewichten gegen Kippen gesichert werden müssen.
- Anmerkung 2 : Typ 1 bis Typ 3 Tore sind für die spezielle Betrachtung in diesem Beitrag irrelevant, wer aber möchte darf sich das auch gerne mal googeln.
- Anmerkung 3: Der gem 5.3.2 beschriebene Versuchsaufbau beschreibt ein an die Querlatte befestigtes Seil an dem -parallel zum Boden - mit entsprechender Kraft gezogen wird. Die erwähnten Klötze gegen verrutschen sind dabei für den Spielbetrieb irrelevant.
Natürlich kann man von keinem Schiedsrichter erwarten, das er eine Normgerechte Prüfung vornimmt, ich kann aber erwarten das er sich mal damit auseinandersetzt welche Kräfte für eine derartige Prüfung aufgewendet werden müssen und welche Kontergewichte ein Umfallen verhindern.
1.100 Netwon Zugkraft entsprechen etwa einem Gewicht 112 kg bei Erdbeschleunigung. Also in etwa dem Gewicht eines (kräftigen) Ü60 Seniorenspielers oder 2 Frauen Spielerinnen oder zwei kräftigen D-Jugendspielern.
In dieser DIN sind dann in einer Tabelle die vorgeschriebenen Kontergewichte aufgeführt, die ein Umfallen des Tores bei einer derartigen Prüfung verhindern.
Wir reden hier von einem Kontergewicht von 150Kg bis 200 Kg bei Handelsüblichen 5m Toren welches gem 3.4.1 sogar noch fest montiert sein muss. (Seit neuester Änderung der DIN sogar zwingend) Das entspricht je nach Auslage des hinterem Torrahmens zwischen 6 und 8 Zementsäcken (die aber sowieso als Kontergewicht nicht zulässig wären).
Offenbar gibt es auch nach der Novellierung der DIN EN 748 nach der GuV auch keinen Bestandsschutz mehr.
Warum das so wichtig ist?
Leider ist es so das - wenn es eine Vorschrift gibt diese im Zweifel auch angewendet wird.