"Kein Abseits!" rufen oder nicht?

  • Ich bin in meinen Spielen immer allein unterwegs. Da ist die Bewertung von Abseitssituationen etwas schwierig. In diesen knappen Spielsituationen, bei denen ein Spieler knapp nicht im Abseits steht, kommt von mir meistens ein Ruf: „kein Abseits!“. Man könnte sich es auch ja einfach machen und sagen, Abseits ist wenn ich pfeife. Da würde sich wohl auch keiner beschweren.
    Ich finde es aber einfach besser zu rufen. Da wissen die Spieler, dass sie nicht auf einen Pfiff warten brauchen und bleiben auch nicht mit gehobenen Arm einfach stehen. Es ist dann immer eine unschöne Sache, wenn es kein Abseits war, zwei Abwehrspieler mit erhobenen Arm stehen bleiben und der Angreifer mit dem Ball allein auf das Tor zu läuft. Ich finde auch, man kommt als Schiedsrichter glaubwürdiger rüber. Also man hat gesehen und bewertet, dass die Situation zwar knapp war, aber es sich nicht um eine Abseitsposition gehandelt hat.
    Nun frage ich mich schon länger, ob man da nicht doch einen Einfluss auf das Spielgeschehen nimmt.? Es ist ja schon ein Vorteil für die Abwehrspieler, wenn sie wissen da kommt kein Pfiff. Die Angreifer laufen komischerweise immer durch bis zum Pfiff. Auch wenn sie wissen, dass es klar Abseits war. Im letzten Spiel sagte sogar einer: „Den musste ich versuchen. Der stand so schön frei!“
    Aber der Schiedsrichter ruft ja auch nicht dem TW zu, dass er den Ball jetzt nicht in die Hand nehmen darf, da es sich sonst um einen Rückpass handelt. Man ruft ja aber auch „weiter“ oder „beide“, damit die Spieler wissen, dass sie keinen Pfiff erwarten brauchen. Hier kann ich keinen Vorteil für eine Seite sehen. Weder beim vermeintlich gefoulten Spieler noch beim vermeintlich foulenden Spieler. Was ja beim Ruf: „kein Abseits!“ ja irgendwie anders ist.
    Und wie handhabt ihr das (also als Alleinpfeifer)? Ruft Ihr „kein Abseits“? An den Reaktionen der Spieler merke ich, dass es wohl viele Schiedsrichter gibt die diesen „Service nicht anbieten“.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • Da es nicht vorgesehen ist, mache ich es auch nicht wenn ich alleine unterwegs bin. Spätesdens nach dem ersten stehenbleiben der Verteidiger haben sie es gelernt und beim nächsten mal bleiben sie so lange in Bewegung, bis ein Pfiff kommt.

  • Ich mache es per Handzeichen. Hat sich bei mir mittlerweile auch bewährt. Gibt es eine Situation, in der ich über Abseits nachdenke, pfeife ich entweder Abseits oder zeige per offener Hand an, dass weiter gespielt wird.
    Wenn man sich dies antrainiert an, zeigt man dies relativ schnell an, bevor ein Spieler überhaupt auf die Idee kommt stehen zu bleiben und die Hand zu heben bzw. bevor ein Zuschauer auf die Idee kommt, Abseits zu rufen. Somit ist es, zumindest bei mir, auch ruhiger geworden beim Thema Abseits..


    Man kann auch rufen, bin jedoch kein Freund davon, meine Entscheidungen verbal zu äußern. Dann nutze ich lieber meine Pfeife und benutze ggf. meine Handzeichen, damit die Spieler, Zuschauer und Trainer wissen was ich gesehen habe, was ich gepfiffen habe bzw. was ich entschieden habe. Bei kniffligen Situationen schauen die Akteure sowieso auf dich und schauen wie du agierst. Den Moment nutze ich aus und zeige meine Entscheidungen per Handzeichen an.
    ( wie. z.B Schieben, Ball gespielt, Klammern etc.)

  • Ich habe bei solchen Situationen immer "weiter" gerufen und das mit einen klaren und schnellen Handzeichen angezeigt. Da kommen die dann gar nicht zum reklamieren.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • ..... Hand heben, "Abseits" rufen, stehen bleiben und auf den Pfiff warten.
    Dennoch: Je niedriger die Leistungsklasse und je höher das Alter, desto häufiger sieht/hört man das (siehe Grafik im Dateianhang). Bei Solo-SR natürlich häufiger als bei Gespannspielen aber auch bei den Gespannen kommt das nicht selten vor.


    Was ich hierbei nicht verstehe:
    Ein Stürmer hat das selbe Bewusstsein über seine mögliche Abseitsposition wie ein Verteidiger. Warum läuft dann der Stürmer weiter, während der Abwehrspieler einfach stehen bleibt? (Rhetorische Frage)


    Was dieses Verhalten besonders Fatal macht:

    • Gerade bei Solo-SR darf man sich als Verteidiger nicht darauf verlassen, das der SR auch eine Abseitsposition erkennt. Sobald dieser Frontal auf die Abwehrkette schaut ist es mangels Tiefenwahrnehmung oft überhaupt nicht möglich knappe Abseitspositionen zu erkennen. Selbst wenn der SR noch so gut postiert ist, wenn aus irgendeinem Grund zum Zeitpunkt des Abspiels der Blick nicht in der Abseitslinie war ist das sogar unmöglich.
    • Sobald mehrere Spieler (Stürmer) dem Ball hinterher laufen bleibt der Pfiff sowieso zunächst aus sobald einer von denen nicht im Abseits war. Also noch fataler, selbst wenn einer von denen Abseirts war und der SR dies erkannt hat, der Andere war es nicht!

    Die Mathematik macht das besonders deutlich. Wir haben das bei uns im Rahmen einer SR-Weiterbildung getestet.


    • 85% aller SR-Abseitsentscheidungen bei Solo Spielen sind richtig. Davon sind die Hälfte Abseits die andere Hälfte nicht.
    • 15% der Abseitsentscheidungen sind falsch, übrigens ebenfalls mit einer 50/50 Verteilung.

    Trotz allem bleibt es bei ziemlich genau 50% aller Abseitspositionen bei denen der Pfiff ausbleibt. Was bleibt: In der Hälfte aller "Handhebeaktionen" bleibt der Pfiff (richtig oder nicht ist hierbei egal) aus und der Stürmer steht alleine vor dem Torwart.



    Übrigens: Wie Du es machst, machst Du es verkehrt. Die eine Hälfte der Spieler wird Dich für Dein "Gutes Auge" loben, die andere Hälfte wirft Dir eine "Krasse Fehlentscheidung" vor.

    Zitat

    Einer von Gestern aus der Senioren Landesliga (Nachholspiel)
    In der HZ Pause kommt #10 von [Gast] mir entgegen: Schiri, ich stell mich als Letzter Mann auf die Abseitslinie und hebe doch die Hand damit Du sehen kannst ob Abseits ist oder nicht...
    Meine Antwort: "Ich wusste gar nicht das wir heute mit SRA spielen und warum trägst Du dann kein Schwarz. Du hast ja nicht einmal ´ne Fahne in der Hand und stehst mitten im Spielfeld. Spiel lieber Fussball! Als SRA taugst Du nix!"

    Manchmal rufe ich als Antwort auf die vielen Handheber "Nummer 5 hebt auf!"


    Helfen tut´s eh nix weil meist die Nummer schon aus reinem Kolletivismus auch die Hand hebt.

  • Wir haben von unseren Coaches und BEOs immer geraten bekommen, dass wir zusätzlich zu einem Handzeichen ( z.B. bei Vorteilsentscheidungen) auch im besten Fall noch etwas dazu zu sagen/rufen sollen.


    Also bei "kein Abseits-", "Vorteil-", "kein Foul-", "kein Aus-" Situationen etc. etwas entsprechend passendes dazu rufen.


    Denn in den meisten Fällen befinden wir uns als SR ja nicht im Sichtfeld der Spieler, die in der Situation beteiligt sind. Da ist ein Zuruf, dann immer ein besseres Mittel als nur ein Handzeichen, oder sogar gar keine "Rückmeldung" an die Spieler.


    So haben die Spieler eine Rückmeldung vom SR und wissen sofort was los ist und bleiben nicht stehen o.ä.


    Zum Beispiel weiß ein gefoulter Spieler dadurch, dass das Foul an ihn wahrgenommen wurde und auf Vorteil entschieden worden ist und er fühlt sich wahrgenommen und fängt nicht gleich an zu reklamieren.


    Natürlich steht nirgends in den Regeln, dass dieses Zurufen Pflicht ist, aber es ist ein Mittel um seine Spielleitung zu verbessern.

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Manchmal rufe ich als Antwort auf die vielen Handheber "Nummer 5 hebt auf!"

    Und tada hier ist auch meine Anwendung.
    Jetzt ernsthaft wenn ich jedes mal rufe mache ich mir meine ganze Stimme kaputt. Sollte mich jedoch jemand in normalem Ton fragen (ja passiert auch mal) weiße ich darauf hin das jemand aufhob. Dies kann auch im Spiel geschehen ist jedoch eher selten da man oftmals bei langen Bällen z.B. mitlaufen muss.


    Wenn du dir diesen Ruf mit dem Abseits jedoch so antrainiert hast und die Mannschaften sich nicht darüber beschweren kannst du diesen ruhig beibehalten. Ich finde das ändert nichts an der Spielsituation und macht nur für jeden deutlich das du du die Situation siehst und klar wertest

  • Jetzt ernsthaft wenn ich jedes mal rufe mache ich mir meine ganze Stimme kaputt. [...]

    Das macht halt den Unterschied. 12 Jahre beim Trachtenverein und Du hast eine durchtrainierte Stimme. Und ehrlich so oft kommt das nun auch nicht vor.

    Wenn du dir diesen Ruf mit dem Abseits jedoch so antrainiert hast und die Mannschaften sich nicht darüber beschweren kannst du diesen ruhig beibehalten. Ich finde das ändert nichts an der Spielsituation und macht nur für jeden deutlich das du du die Situation siehst und klar wertest

    Nö, stimmt. An der Situation ändert es nichts. Wer meckern will der meckert mit oder ohne diesen Ruf.


    Es ist vielmehr so wie es David ganz gut auf den Punkt bringt.

    So haben die Spieler eine Rückmeldung vom SR und wissen sofort was los ist [...]
    fühlt sich wahrgenommen und fängt nicht gleich an zu reklamieren.
    [...] aber es ist ein Mittel um seine Spielleitung zu verbessern.

    Es ändert zwar nichts an der Tatsache aber es signalisiert den Spielern das man aufpasst und die Situation bewertet hat.

  • Ganz grundsätzlich: Wir sind nicht die Erklärbären, kommt kein Pfiff, muss jeder Spieler wissen, dass es weiter geht - gleich ob Abseits oder nicht, gleich ob der Schiri zu blind war oder nicht, gleich ob doch noch ein anderer Abwehrspieler weiter hinten stand oder nicht und so weiter.


    Hilfreich, aber nicht zwingend, ist der Ruf "Weiter" - aber der sollte nur kommen, wenn es definitiv weiter geht, also keine Gefahr mehr besteht, dass ein Spieler, der im Abseits stand, doch noch an den Ball geht und in Kürze auch nicht mit einer weiteren Abseitsstellung zu rechnen ist; nichts ist so doof wie ein "Weiter", um dann eine Sekunde später doch Abseits pfeifen zu müssen.


    "Nummer X hebt auf" - nur im Einzelfall und dann auch nur in gemäßigter Lautstärke, während ein "Weiter" doch mehr oder weniger auf dem Platz zu hören sein sollte. Auch hier gilt, es muss klar sein, dass es nicht in Kürze zu einer erneuten Abseitsstellung kommen kann. Macht Euch bitte bewusst, dass man das als nette Erklärung, aber eben auch als Rechtfertigung und damit als Einstieg in Diskussionsrunden auffassen kann; von daher hängt eine solche Aussage vom Spielcharakter ab.

  • Es ist vielmehr so wie es David ganz gut auf den Punkt bringt.
    Zitat von »96David96«
    So haben die Spieler eine Rückmeldung vom SR und wissen sofort was los ist [...]
    fühlt sich wahrgenommen und fängt nicht gleich an zu reklamieren.
    [...] aber es ist ein Mittel um seine Spielleitung zu verbessern.
    Es ändert zwar nichts an der Tatsache aber es signalisiert den Spielern das man aufpasst und die Situation bewertet hat.

    Das meinte ich ja mit der Aussage: "klar wertest"

    Jetzt ernsthaft wenn ich jedes mal rufe mache ich mir meine ganze Stimme kaputt. [...]
    Das macht halt den Unterschied. 12 Jahre beim Trachtenverein und Du hast eine durchtrainierte Stimme. Und ehrlich so oft kommt das nun auch nicht vor.

    Naja kommt immer darauf ja ne nach Spiel hab ich da ganz ehrlich keine Lust zu. Aber ich muss es ja auch nicht machen, wenn man es sich angewöhnt hat oder gewöhnt ist kann man dies gerne.

  • "Nummer X hebt auf" - nur im Einzelfall und dann auch nur in gemäßigter Lautstärke, während ein "Weiter" doch mehr oder weniger auf dem Platz zu hören sein sollte. Auch hier gilt, es muss klar sein, dass es nicht in Kürze zu einer erneuten Abseitsstellung kommen kann. Macht Euch bitte bewusst, dass man das als nette Erklärung, aber eben auch als Rechtfertigung und damit als Einstieg in Diskussionsrunden auffassen kann; von daher hängt eine solche Aussage vom Spielcharakter ab.


    In diesem Zusammenhang kann ich dir vllt. noch dieses Thema ans Herz legen. Da habe ich vor gut einem Jahr eine ähnliche Frage gestellt.


    :guckst_du: http://www.fussball-sr.de/17819-kein-abseits-nr-x-hebt-s-auf.html

  • Kann dazu nur ein Beispiel aus der Kreisliga liefern:


    Heim stürmt, Ball kommt, ich achte genau auf den Angreifer, der zu dem Zeitpunkt auf einer Höhe mit dem Verteidiger läuft. Ich rufe sofort "gleiche Höhe - kein Abseits!", die Verteidiger bleiben mit gehobenem Arm stehen, der Torwart geht halbherzig hin und der Ball ist im Tor.
    "SCHIRI!! WAS SOLLN DAS?!? DA MUSST DU PFEIFEN!"


    Muss man echt drüber schmunzeln.

  • Bei Abseits / nicht Abseits halte ich generell meine Klappe. Das merken die Spieler meist beim ersten Mal, und wenn nicht hat's der Trainer kapiert und brüllt meistens rein "Wenn der Schiri nicht pfeift, geht's weiter! Nicht einfach Stehenbleiben!!!"


    Ich will mir ersparen, dass irgendwann die Mannschaften verlangen dass man immer ruft "kein Abseits" (und pfeift bei Abseits).


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    "Jetzt wechselt Jamaika den Torhüter aus!"
    (Gerd Rubenbauer, als der FIFA-Beauftragte am Spielfeldrand eine Minute Nachspielzeit anzeigte)

  • Ich gehöre auch eher zu den Schiedsrichtern, die nicht nur mit der Pfeife kommunizieren. Erstens erspart mir der Ruf "Weiter", "Links hebt auf" oder "Kein Abseits" viele Diskussionen. Natürlich gibt es den ein oder anderen Spieler, der trotzdem hinterher ankommt, aber die meisten sehen ein, dass es nicht nur am SR liegt, dass der Ball im Tor liegt, wenn der unmissverständliche Ruf schon erfolgte, wenn der Ball noch 40 Meter vom Tor entfernt war. Zweitens steigert es die Akzeptanz. Wenn sich nämlich der Abwehrchef auf meinen Ruf hin umdreht und sieht, dass die Schnarchnase mit der Trikotnummer 3 in seinem Rücken tatsächlich 5 Meter hinter seine schöne Abseitslinie gelaufen ist, wird er meine Entscheidung mit größerer Wahrscheinlichkeit ohne Reklamationen hinnehmen, wenn es mal wirklich knapp wird und ich im Zentimeterbereich entscheiden muss. Liegt der Ball erst im Tor, können die Verteidiger das kaum noch nachvollziehen, wer von ihnen das Abseits aufgehoben hat. Und dann war es im Zweifel nämlich keiner...


    Und so oft muss man gar nicht rufen - wenn es hoch kommt, rufe ich vielleicht dreimal pro Halbzeit. Bei den klaren Situationen muss ich nicht rufen, und wenn die wirklich mit Abseitsfalle anfangen und immer irgendein Depp die aufhebt, dann geben sie nach ein paar Versuchen auf. Dafür muss natürlich Voraussetzung 2 erfüllt sein, dass die Spieler mir glauben. Wenn die Abseitsfalle funktioniert, habe ich erst recht keine Probleme, denn dann kommt ja zuverlässig der Pfiff. ;)

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Danke schon mal für eure Beträge. Es sind schon wieder einige Denkanstöße dabei, die man für seine eigene Spielleitung übernehmen kann. Und auch hier gibt es (wie bei fast allen Dingen) ein Für und Wieder. Was zeigt, dass es wohl keine Musterlösung gibt. Es muss wohl zum Stil einer Spielleitung passen. Aber was wohl am wichtigsten ist, ist dass man seine Linie beibehält.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.