Gegner abgeräumt, irgendwie Ball gespielt und dann Strafstoß?

  • Hallo,
    ich musste in meinen letzten Spielen leider öfter auf Strafstoß entscheiden. Meistens waren es Dinger bei denen es für mich eine klare Sache war. Was hinterher immer kam war: „Hey Ich hab doch den Ball gespielt!“ oder „Das war nur Ball!!! Nur Ball!!!“ Der kullerte dann tatsächlich in eine andere Richtung als er vorher gespielt wurde. Was aber auch klar ist, wenn von der Seite jemand reinspringt. Ich tue mich sehr schwer damit, wenn zu 10 Prozent der Ball ja irgendwie „gespielt“ wird, aber zu 90 Prozent der Gegner. Also die Fälle, wo der Ball mit ein Fuß noch berührt wird und mit dem anderen Bein oder dem Körper nur noch der Gegner abgeräumt wird. Was mir auch hierbei schwerfäll, ist einzuschätzen, ob nur erst der Ball und dann der Gegner getroffen wurde, oder umgekehrt. Es kann doch nicht richtig sein, wenn der Verteidiger so in den Angereifer hinein rutscht, damit klar irgendwie noch den Ball trifft, aber auch so den Gegner abräumt, dass dieser auch keine Chance hat sich noch auf den Beinen zu halten. Ich hoffe ich konnte das einigermaßen beschreiben. Jetzt zu meiner Frage. Wieviel Ball oder wie wenig Gegner muss bei euch gespielt werden um nicht auf Strafstoß zu entscheiden? Mir ist schon klar, dass die Übergänge hier fließend sind und das es fast unmöglich ist eine klar Grenze zu ziehen. Aber vielleicht findet ja der ein oder andere erfahrene Sr - Kollege eine Beschreibung an der man sich entlang hangeln kann. Danke schon mal im Voraus.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • Nicht leicht zu beantworten. Ich verstehe, was du meinst. Die Fälle, die du schilderst, gehen einher mit einer rücksichtslosen Spielweise. Und das ist einer meiner Maßstäbe zur Bewertung. Wenn also einer reingrätscht und eher zufällig den Ball ein wenig berührt, es ihm aber völlig egal ist, dass er dabei mit dem anderen Fuß die Beine des Gegners weghaut, dann geht's auf den Punkt. Oder übertrieben hartes Spiel. Dabei spielt es dann keine Rolle mehr, ob der Ball zuerst gespielt/ berührt worden ist.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

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  • Jetzt zu meiner Frage. Wieviel Ball oder wie wenig Gegner muss bei euch gespielt werden um nicht auf Strafstoß zu entscheiden?

    Ich weis, das diese Antwort rein Regeltechnisch nicht unbedingt hilfreich ist, dennoch sehe ich das So:

    • Berührt der Ball im Strafraum die Hand oder
    • gibt es im Strafraum ein wie auch immer geartetes Kontaktvergehen

    muss sich die Mannschaft nicht beschweren wenn der SR nach seiner Situationsbeurteilung einen Strafstoß gibt. Sie darf sich eher darüber freuen, wenn es keinen Strafstoß gibt.


    Mann kann darüber streiten ob es nun zu 30% oder 47,9% ein/kein Strafstoß war oder nicht. Der SR kann nur auf 0% oder 100% Entscheiden -es ist eben eine Tatsachenfeststellung.

  • Wieviel Ball oder wie wenig Gegner muss bei euch gespielt werden um nicht auf Strafstoß zu entscheiden?

    Das hier ist eine sehr schwere Frage.


    Ich denke das ist immer vom Spiel abhängig aber auch von der Art des Zweikampfes. Merke ich z.B. es ist ein sehr ruhig geführtes Spiel welches ich fast ohne Fouls hinbekomme und ein Spieler geht im Zweikampf bei einer 50/50 Situation zu Fall lasse ich eher weiterlaufen, als wenn ein Spiel von Anfang an eine härtere Linie hat und somit viele Fouls nach sich zieht. Dann reicht auch der kleinste Kontakt um auf Strafstoß zu entscheiden.


    Wichtig hierbei finde ich nicht von vorne herein Festzulegen, ab wann ein Foul Strafstoßwürdig ist oder oder nicht. Ich denke es ist immer Situationsabhängig und gerade im Strafraum, auf welchen du dich beziehst lässt du dir lieber die Situation nochmal im Kopfe durchgehen bevor du dich entscheidest. Das du am Ende sowieso die falsche Entscheidung für eine Mannschaft triffst ist klar.


    Wie gesagt ich hab die Erfahrung gemacht ein Spiel so zu leiten wie es die Mannschaften zulassen und so entscheide ich auch bei fast gleichen Situationen je nach Spiel anders ob es ein Foul war oder eher nicht. Das bezieht sich vor allem auf 50/50 Situationen da besonders dann Vorsicht geboten ist.

  • Mein Merksatz ist immer:
    Spielt er wirklich den Ball und ist der Treffer des Gegners echt nur dummer Zufall oder war von vornherein klar, dass es ohne - natürlich regelwidrigen - Kontakt des Gegners nicht möglich sein wird, den Ball zu spielen. Im ersten Fall ist ein Strafstoß zwar im Einzelfall dennoch erforderlich, in der Regel aber eher nicht, während in der zweiten Fallkonstellation immer ein Strafstoß zu verhängen ist.

  • Ich schreibe mal aus dem Blickwinkel eines Jugend- und Amateur-SRs. Dass im Leistungsbereich andere Maßstäbe gelten, dessen bin ich mir bewusst, aber es ist mir bei meinen Spielleitungen Wurst.


    Ich klopfe 3 Dinge ab:


    1. Vehemenz des Einsteigens.
    Habe ich den Eindruck, dass die Grätsche heftig und/oder unkontrolliert kommt, pfeife ich immer ab. Auch wenn ausnahmsweise nur der Ball getroffen wurde oder der Spieler komplett vorbeigerutscht ist. Im letzteren Fall gibt es eben indirekten Freistoß und neben der Gelben Karte einen ernsten und auf und neben dem Platz hörbaren Hinweis, was ich mit Spielern mache, die anderen durch wüste Grätschen Knochen und Bänder ruinieren.


    2. Wenn die Grätsche an sich in Ordnung war, ist die nächste Frage: Ball zuerst gespielt oder Gegner zuerst getroffen?
    Im zweiten Fall: Pfiff und Strafstoß. Das Risiko beim Einfliegen trägt der Verteidiger. Ausnahme: Der Stürmer fädelt ein oder fällt nach meinem Eindruck nicht durch den Kontakt, sondern weil er sich hinschmeißt. Ich glaube Lutz Fröhlich hat vor ca. 20 Jahren mal gesagt "Der Stürmer muss dem Verteidiger auch die Chance auf ein Foul geben."


    3. Wenn der Ball zuerst gespielt wurde und der Stürmer erst danach zu Fall kommt, bleibt als dritte Frage: War der Kontakt zum Stürmer eine Folge des sauberen Tacklings?
    Strafstoß gibt es, wenn der Stürmer quasi aufgrund einer weiteren Aktion des Verteidigers zu Fall kommt. Beispielsweise in dem der Verteidiger das Bein nochmal hochzieht, damit der Stürmer nicht drüberspringen kann. Oder das zweite Bein gewollt nachzieht und dem Stürmer dadurch die Beine wegzieht. In den Fällen, wo der Stürmer über das ausgestreckte Bein des Verteidigers stolpert oder der ganze Körper im Laufweg liegt, würde ich weiterspielen lassen. Rutscht der Verteidiger gegen die Beine des Stürmers, würde ich im Zweifel auch eher weiterspielen lassen, aber hier gibt es keine feste Regel mehr, sondern das ist Gefühlssache.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Danke euch für eure Antworten. Es waren wie immer einige hilfreiche Tipps dabei.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • "Wichtig hierbei finde ich nicht von vorne herein Festzulegen, ab wann ein Foul Strafstoßwürdig ist oder oder nicht."


    Tut mir leid, aber bei dem Satz sträuben sich mit Nackenhaare. Foul im Strafraum ist ein Strafstoß!!!!!!
    Wenn wir mehr den Mut hätten, das durchzusetzen, dann wäre manche Spiele ruhiger.

  • gebi ich denke da liegt oft das "Beschwerdepotenzial" und die Unverständnis bei den Beteiligten. Ein Strafstoß ist auch nur ein Freistoß mit besonderen Regeln.
    Aber die Proteste in den letzten Spielen haben mich schon verunsichert. Man Spieler können aber auch überzeugend sein.

    Spruch von: Jan-Aage Fjörtoft
    Der Trainer hatte nach den ganzen Ausfällen im Angriff nur noch die Wahl zwischen mir und dem Busfahrer. Da der Busfahrer seine Schuhe nicht dabei hatte, habe ich gespielt.

  • Hmmm... lieber Nikolaus ....
    Ich war jahrelang Handballer, wenn ich auf die auf die Idee gekommen wäre, gegen eine Strafwurf zu protesieren, dann hätte ich die nächsten zwei Minuten auf der Bank verbracht (villeicht hätte sich dann der andere Torhüter gefreut, die Feldspieler bestimmt nicht, weil dann einer runter muss). Nach em dritten Mal darf ich frühzeitig duschen gehen.

  • "Wichtig hierbei finde ich nicht von vorne herein Festzulegen, ab wann ein Foul Strafstoßwürdig ist oder oder nicht."


    Tut mir leid, aber bei dem Satz sträuben sich mit Nackenhaare. Foul im Strafraum ist ein Strafstoß!!!!!!
    Wenn wir mehr den Mut hätten, das durchzusetzen, dann wäre manche Spiele ruhiger.


    Ich würde sagen, dass ich tendenziell im Strafraum auch weniger pfeife als außerhalb. Das liegt aber an den unterschiedlichen Schwerkraftfeldern auf dem Platz. Während ich im Mittelfeld am ganzen Bewegungsablauf des Angreifers sehen kann, ob er getroffen wird und dadurch aus dem Tritt kommt, sinken die Stürmer im Strafraum beim leisesten Kontakt nieder, und vom Todessalto bis zur zehnfachen Rolle ist dabei alles vertreten. Und wenn ich nicht mehr klar erkennen kann, ob wirklich die Berührung Ursache des Sturzes ist, muss ich eben weiterspielen lassen, weil ich nicht "auf Verdacht" pfeife.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Das ist versträndlich, das der Pfiff ausbleibt, wenn mann sich nicht sicher ist. Aber dann liegt eben auch kein vom SR wahrgenommes Foul vor.

  • Ich würde sagen, dass ich tendenziell im Strafraum auch weniger pfeife als außerhalb. Das liegt aber an den unterschiedlichen Schwerkraftfeldern auf dem Platz.


    Das Problem ist doch (nicht nur) die erhöhte Schwerkraft im Strafraum, sondern generell, dass "leichtere Fouls" viel öfter im Strafraum nicht gepfiffen werden.
    Klassisches Beispiel dafür ist für mich immer das leichte Schubsen bei einem Kopfball Duell.
    Wird im Mittelfeld viel eher abgepfiffen als im Strafraum.
    Kann ich ja verstehen, im Mittelfeld reicht eine 80% Sicherheit, dass es ein Foul war.. im Strafraum muss es dann schon 99% sein.
    Weil man mit so einem Pfiff oft einen recht großen Einfluss auf das Spiel hat.



    Ich war jahrelang Handballer, wenn ich auf die auf die Idee gekommen wäre, gegen eine Strafwurf zu protesieren,


    Man muss aber dazu sagen, das ein Strafwurf im Handball "weniger schlimm" ist als ein Strafstoß im Fußball.
    Der SR im Fußball hat mit einer (einzelnen) Strafstoß Entscheidung meistens weit mehr "Einfluss" auf das Spielergebnis als im Handball.
    Deswegen kann ich das "mehr an Meckern" bei so einer Entscheidung auf dem Fußballplatz schon nachvollziehen.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert

  • Foul oder kein Foul - ob straffstosswürdig oder nicht, ist mir egal. Wenn du an der Mittellinie ein Foul pfeifst, gibts Freistoss. Wenn im Strafraum gefoult wird, gibts eben Strafstoss. Ob und wieweit der Ball gespielt wird, ist natürlich immer subjektiv aber wenn von hinten der Verteidiger den erst den Ball und dann die Beine des Stürmers weghaut, ist es für mich immer Foul. Es gibt allerdings auch in den unteren Ligen saubere Grätschen von hinten, die nur den Ball treffen (kein Foul).

  • Klassisches Beispiel dafür ist für mich immer das leichte Schubsen bei einem Kopfball Duell.
    Wird im Mittelfeld viel eher abgepfiffen als im Strafraum.
    Kann ich ja verstehen, im Mittelfeld reicht eine 80% Sicherheit, dass es ein Foul war.. im Strafraum muss es dann schon 99% sein.
    Weil man mit so einem Pfiff oft einen recht großen Einfluss auf das Spiel hat.

    Im Normalfall ergeben sich die Strafraumsituationen ja auch auf beiden Seiten, da muss man als SR nur eine klare Linie verfolgen. Und wenn man so einen leichten Schubser wahrnimmt und dem "Übeltäter" dann klar macht, dass man das Ganze gesehen hat und der Ball beim nächsten Mal statt zum Abstoß auf dem Torraum auf dem Strafstoßpunkt liegen wird, wirkt da manchmal Wunder.


    Wenn man ein Spiel über 90 Min betrachtet, geht es ja nicht nur um das einzelne Vergehen, sondern um die generelle Linie, die der SR einem Spiel "aufdrückt". Wenn ein Spiel härter oder hektischer wird, kann man als SR ja mit ein paar kleinlicheren, teilweise taktischen Pfiffen im Mittelfeld das Spiel wieder beruhigen, sowas wird man kaum bei Strafraumsituationen praktizieren.

  • Und wenn man so einen leichten Schubser wahrnimmt und dem "Übeltäter" dann klar macht, dass man das Ganze gesehen hat und der Ball beim nächsten Mal statt zum Abstoß auf dem Torraum auf dem Strafstoßpunkt liegen wird, wirkt da manchmal Wunder.


    So etwas mag ich nicht. Im Gegensatz zu einer Verwarnung ist ein Strafstoß für mich immer eine Einzelentscheidung. Also entweder ist eine Aktion ein Foul und damit im Strafraum ein Strafstoß oder nicht.

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Hi bin neu hier, und würde euch gerne mal um Rat Fragen.


    Ich diskutiere mit einigen Freunden wegen einer Szene aus der Bundesliga vom Wochenende.


    Das Spiel Bayern gegen Augsburg, in der 12. Minute kommt es zu einer Szene im Augsburger Strafraum zwischen Verhaegh und Ribery.
    Verhaegh grätscht seitlich in Richtung Ball und trifft diesen, aber erst nachdem er Ribery getroffen hat. Das wiederum passiert weil Ribery mit einem leichten Ausfallschritt in Richtung Verhaeg den Ball abschirmen will.
    Christian Dingert steht mit guter Sicht auf die Szene nur ein Paar Meter entfernt, und entscheidet auf weiterspielen.


    https://picload.org/image/rcrdlrdw/test.gif


    Ich persönlich vertrete die Meinung das weiterspielen die richtige Entscheidung war. Verhaegh geht zum Ball, und Ribery versucht den Ball abzuschirmen dabei treffen sich beide in der Mitte. Aber natürlich kann man auch sagen das Verhaegh geht zu riskant rein, und trifft erst Ribery und dann den Ball. Und zu guter letzt
    Ribery ist ein Tickchen zu spät beim abschirmen und trifft mit offener Sohle Verhaegh.


    Wie würdet ihr diese Szene beurteilen? Danke im voraus für eure Meinungen. :)

  • Ganz schwierig:
    Natürlich ist da die offene Sohle von Ribery - allerdings folgt die der normalen Laufbewegung und geht in eine Richtung, in der sich (zunächst) kein Spieler befindet. Dies als Foul zu pfeifen würde mir doch sehr weh tun. Hingegen ist der weitere Ablauf genau das, was ich meine: Da wird der Gegner (hier also Ribery) in einer Art und Weise attackiert, dass der Ballkontakt insoweit zur Nebensache gerät, dass klar ist, dass es ohne "abräumen" des Gegners nicht gehen wird, was aus meiner Sicht ein klares Foul ist.
    Allerdings: Mich irritiert die Fallrichtung von Ribery, die so gar nicht zum Treffer am Bein passt, allemal, da er den Ball zunächst mit dem anderen Fuß noch spielt, man könnte also durchaus auf den Gedanken kommen, dass hier jemand völlig unnötig "abhebt".
    In der Konsequenz kann ich hier eigentlich alles vertreten, weil nichts wirklich zwingend ist - und gerade Situationen, in denen das Verhalten beider Spieler nicht ganz sauber ist, bieten sich für die "Könnte-ich,-muss-ich-aber-nicht-zwingend-pfeifen"-Entscheidung an.