Beschwerde über den Schiedserichter. So unterschiedlich sind da die Wahrnehmungen.

  • Vor etwas längerer Zeit (etwa Saisonbeginn) gab ich einen FaD wegen Tätlichkeit.


    Offenbar gab es dafür 2 Spiele Sperre in schriftlicher Verhandlung. Am Freitag erreichte mich eine Stellungnahme des Spielers zu dem Vorgang die ich zur Kenntniss nehmen sollte:


    Stellungnahme Spieler:

    Anmerkung zur Freistoßsituation.


    [Heim] verlor den Ball kurz vor dem Strafraum aufgrund eines Foulspieles bei dem der Spieler [Heim] zu Boden ging. Im Moment des Pfiffs versuchte [Heim] den Ball zurück zu erobern wobei der Spieler [Gast] seitlich getroffen wurde und ebenfalls zu Boden ging. Beide Fouls: kein grosses Ding, eher typische Hakeleien für ein Seniorenspiel in den letzten Minuten.
    Es ist also durchaus möglich, das der Spieler angenommen hat, das ich das zweite Foulspiel gepfiffen habe weil die beiden Foulspiele unmittelbar aufeinander folgten. Ein kurzer Blick auf meinen Arm hätte ihn jedoch vom Gegenteil überzeugt.


    Zum beschriebenem Zeitpunkt der Tätlichkeit befand ich mich am Ort der Freistoßausführung und wartete auf den Ball. Eine schnelle Spielfortsetzung (egal welcher Art und in welche Richtung ) wäre also allein schon durch die Anwesenheit meiner Person (auch mit Ball, der im übrigem irgendwo in der linken Strafraumhälfte lag) nicht möglich gewsesen. Zumal die beiden am Boden liegenden Spieler am Ort der Freistoßausführung sich erst einmal wieder aufrappeln mussten.


    Mein Spielbericht zum Feldverweis:

  • So wie du den Feldverweis beschreibst, kann er doch mit zwei Spielen mehr als glücklich sein.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • So wie ich es verstanden habe sind es 3 Spiele. 1 Spiel, das er sich selbst auferlegen würde und noch 2 weitere, die die Spielinstanz oben drauf gegeben hat, wenn ich die Formulierung richtig deute. Natürlich schwierig zu beurteilen, weil hier Aussage gegen Aussage steht. Sollte der SB aber den tatsächlichen Ablauf widergeben, hätte ich als Staffelleiter/Sportgericht auch an 3 Spiele gedacht.

    Einmal editiert, zuletzt von Stefan () aus folgendem Grund: Komplettzitat entfernt, da Folgepost

  • Die Tätlichkeit ist unstrittig. 3 Spiele dafür sind bei der beschriebenen Heftigkeit relativ wenig.
    Der sich hier beklagene SR disqualifiziert sich selbst komplett, indem er die vermeintlich falschen Abseitsentsentscheidungen erwähnt um den hier agierenden SR schlecht dastehen zu lassen. Ganz schwaches Kino.

  • Nein, das ist eben keine Tätlichkeit, sondern unsportliches Verhalten. Daher sind das auch nur 2 Spiele.
    Für eine Tätlichkeit gibt es in der Regel 6 Spiele aufwärts. Hier müsste man dann mal in die Strafordnung des Landesverbandes schauen und die Mindeststrafe für eine Tätlichkeit prüfen. In Hessen sind es 6 Spiele.


    Um zum Urteil einer Tätlichkeit zu kommen, muss der Richter dem fehlbaren Spieler die Absicht unterstellen, dass er seinen Gegner verletzen wollte. Dies ist bei einem "zur Seite schubsen" wohl nicht gegeben. Dies ist im übrigen der Grund dafür, warum der Schiedsrichter den Begriff "Tätlichkeit" nicht im Spielbericht verwenden soll.


    Die Rote Karte ist absolut unstrittig und eine Sperre von 2 Spielen völlig in Ordnung.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Danke Pfeifekopp für Deine sicher korrekten Klarstellungen.


    Nur hat die von Dir hier beschriebene Definition des Begriffes "Tätlichkeit" ( 'Tätlichkeit liegt vor, wenn ein Spieler seinen Gegner verletzen wollte' ) mit der Definition einer Tätlichkeit aus dem Regelwerk nicht mehr viel zu tun. Da sind Missverständnisse vorprogrammiert. Dann soll doch die Sportgerichtsbarkeit bitte eigene Begriffe erfinden und nicht die aus dem Regelwerk eigenmächtig verändern.


    Gemäß Regelwerk lag hier eine Tätlichkeit vor und gemäß der hier vom SR beschriebenen Heftigkeit würde ich eher in die Richtung 6 Spiele Sperre tendieren als in Richtung 3 (hier gab es offenbar 1 Spiel Vorsperre und 2 Spiele on top).


    Und ich verstehe nicht, warum Du uneingeschränkt die Beschreibung des fehlbaren Spielers übernimmst, Pfeifekopp ("zur Seite schubsen"). Für mich liegen hier mehrere Indizien vor, dem SR mehr zu glauben als dem fehlbaren Spieler. So bleibt es für mich bei "stieß ihn aus vollem Lauf, gezielt und mit Wucht, mit beiden Händen in Höhe der Lendenwirbel in den Rücken". Und das ist gemäß Regelheft, für mich und die beteiligten 2 SR aus dem oben beschriebenen Fall eine Tätlichkeit.


    Wenn sich die Sportgerichtsbarkeit andere Definitionen und Regelwerke bastelt - bitteschön. Aber zum gegenseitigen Verstehen ist das hinderlich.

  • Die Frage ist, wer hier die Begrifflichkeiten verändert ...
    Laut Wikipedia: ... vorsätzliche Einwirkung ... auf die Gesundheit eines anderen Menschen ...

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Seit wann ist Wikipedia eine Referenz wenn das DFB-Regelheft eine exakte Definition liefert? Also nee- jetzt wirds aber komisch hier. Den nächsten Strafstoß erkläre ich auch am besten per Wikipedia-Definition?!?

  • Du sollst gar nichts erklären. Du hast geschrieben, dass sich die Sportgerichtsbarkeit andere Definitionen ausdenkt. Ich denke das Sportgericht hat die richtige Definition dafür genutzt. Über die im Regelwerk lässt sich da wohl eher straiten.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Für eine Tätlichkeit gibt es in der Regel 6 Spiele aufwärts. Hier müsste man dann mal in die Strafordnung des Landesverbandes schauen und die Mindeststrafe für eine Tätlichkeit prüfen. In Hessen sind es 6 Spiele

    Im HFV wird bei den Verhandlungen (im Strafenkatalog) offenbar zwischen

    • einer Tätlichkeit und
    • einer Tätlichkeit in einem minderschwerem Fall

    unterschieden.


    Letztere gibt eine Mindeststrafe von 3 Spielen, wobei die automatisch erfolgten Sperren oft berücksichtigt werden.


    Deckt sich also mMn. mit dem Strafenkatalog von Hessen. Denn für ersteres hat es bisher immer mindestens 6 Spiele und/ oder Zeitstrafen von 6 bis 12 Monaten gegeben.

  • Warum reden hier -mit Ausnahme von Pfeifekopp- alle von Tätlichkeit? So wie ich den SB lese und verstehe, handelt es sich hier um ein heftiges Stoßen und ist somit für mich lediglich eine grobe Unsportlichkeit oder wie es die Spruchkammer ausdrückt, "grob unsportliches Verhalten".
    Ich würde in solchen Fällen bei den mündlichen Verhandlungen immer wieder vom Vorsitzenden gezielt danach gefragt, ob es mehr ein Stoßen war oder doch schon eher ein Schlagen war. Wenn ich dann bestätigt habe, dass es "nur" ein -wenn auch heftiges- Stoßen war, dann ging die Spruchkammer auf unsportl. oder grob unsp. Verhalten = 2 - 4 Spiele Sperre, wobei 2 Spiele das Mindestmaß ist. Sagte ich aber, dass der Spieler geschlagen hatte, dann würde das von der SK als Tätlichkeit bewertet und das bedeutete mindestens 6 Spiele Sperre. Und deshalb ist es so wichtig, dass unsere Berichte so detailliert, wie möglich, sind. Und der Begriff "Tätlichkeit" hat in unseren Berichten nichts verloren. Wir sollen schildern, was wir gesehen haben und nur das. Die Bewertung müssen wir der Spruchkammer überlassen.
    Und wieso ist hier die Rede von "Aussage gegen Aussage"?
    Ein SB des Schiris ist eine neutrale Zeugenaussage und keine Aussage eines Beschuldigten. Wir sind zur Wahrheit verpflichtet im Gegensatz zu dem beschuldigten Spieler.
    Im geschilderten Fall finde ich die Sperre als gerechtfertigt.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Weil das Vergehen "grob unsportliches Verhalten" in den Fußballregeln nicht vorkommt.
    Wenn der SR ein heftiges Stoßen abseits des Balls mit einem FaD bestraft, dann macht er das, weil es im Regelsinne eine Tätlichkeit darstellt.


    Die Spruchkammer gliedert das, was die Regeln als Tätlichkeit definieren, dann offensichtlich noch mal in "grob unsportliches Verhalten", "Tätlichkeit im minderschweren Fall" und "Tätlichkeit" oder in ähnlichen Abstufungen. Das Wort Tätlichkeit hat in dem Kontext also mehrere Bedeutungen. So hab ich es zumindest verstanden.

  • Richtig. Den Begriff “grob unsportliches Verhalten“ gibt es in den Regeln nicht aber meines Wissens im Strafenkatalog der Spruchkammern durchaus. Deshalb sollen solche Begriffe in den Sonderberichten von uns ja auch nicht benutzt werden.
    Kurzbeispiel:

    Ich habe beobachtet, dass Spieler XX seinem Gegenspieler in einer Spielruhe heftig ins Kreuz gestoßen hat, so dass dieser zu Fall kam. Dafür verwies ich den Spieler XX durch Zeigen der Roten Karte des Feldes... ( als Kurzbeispiel zu verstehen ), reicht völlig aus. Ob das jetzt eine Tätlichkeit ( schwere oder minderschwere ) oder nur eine Unsportlichkeit oder grobe Unsportlichkeit war, können und sollen wir nicht beurteilen, das macht die Spruchkammer. Wir können nur schreiben, was wir gesehen haben und wie wir es geahndet haben, mehr nicht. Es steht uns im Übrigen auch gar nicht zu, eine Beurteilung abzugeben, was jedoch nichts mit der Bewertung der Situation im Spiel und der daraus resultierenden Entscheidung zu tun hat.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Ein Teil der Problematik liegt hier doch eindeutig in der Formulierung der Regeln. Das einzige der sieben feldverweiswürdigen Vergehen, das für ein Stoßen in Frage kommt, ist die "Tätlichkeit". Laut Definition braucht es für eine Tätlichkeit aber explizit "übermäßige Härte oder Brutalität". Wenn man diese Definition benutzt, sind Sperren von 6 Spielen oder mehr absolut gerechtfertigt. Nach gängiger Auslegung werden aber auch Vergehen mit einem Platzverweis geahndet, die nicht wirklich übermäßig hart sind, wie eben ein Stoßen, Ins-Gesicht-Fassen, leichtes Nachtreten etc. Und dann muss das Sportgericht eine gerechte Lösung dafür finden und benutzt dafür neue Begrifflichkeiten. Streng genommen, dürfte es nur Tätlichkeit oder keine Tätlichkeit (mit der Konsequenz Freispruch) geben.


    Ich denke, diese Problematik ist auch der Grund dafür, warum im Profibereich die Messlatte für einen Platzverweis höher liegt (siehe z.B. diverse Ribery-Fälle). Dort wird mittlerweile scheinbar eine gewisse Härte des Vergehens benötigt, damit es Rot gibt, was laut Regeltext ja auch durchaus korrekt ist.


    Um nicht zu sehr abzuschweifen:
    In der Schilderung des Ausgangsfall ist die übermäßige Härte wohl gegeben, wenn das vom Sportgericht als Tätlichkeit (im minderschweren Fall) eingestuft wurde, erscheint mir alles in Ordnung.

  • Ich habe beobachtet, dass Spieler XX seinem Gegenspieler in einer Spielruhe heftig ins Kreuz gestoßen hat, so dass dieser zu Fall kam. Dafür verwies ich den Spieler XX durch Zeigen der Roten Karte des Feldes... ( als Kurzbeispiel zu verstehen ), reicht völlig aus.

    Meine Rede....

    Nach gängiger Auslegung werden aber auch Vergehen mit einem Platzverweis geahndet, die nicht wirklich übermäßig hart sind, wie eben ein Stoßen, Ins-Gesicht-Fassen, leichtes Nachtreten etc. Und dann muss das Sportgericht eine gerechte Lösung dafür finden und benutzt dafür neue Begrifflichkeiten. Streng genommen, dürfte es nur Tätlichkeit oder keine Tätlichkeit (mit der Konsequenz Freispruch) geben.

    Ja, und in den meisten Fällen sind das dann auch die Hitzköpfe, die es auf dem Feld nicht braucht. Ich denke 'Der Pfeifer' bringt es mit diesem Zitat auf den Punkt:

    Ob das jetzt eine Tätlichkeit ( schwere oder minderschwere ) oder nur eine Unsportlichkeit oder grobe Unsportlichkeit war, können und sollen wir nicht beurteilen, das macht die Spruchkammer. Wir können nur schreiben, was wir gesehen haben und wie wir es geahndet haben, mehr nicht. Es steht uns im Übrigen auch gar nicht zu, eine Beurteilung abzugeben, was jedoch nichts mit der Bewertung der Situation im Spiel und der daraus resultierenden Entscheidung zu tun hat.

    Als SR bin ich für die Durchführung eines Spieles verantwortlich. Der Fussball-Verband ist für die Organisation eines Wettbewerbs verantwortlich.


    Wir stellen nur fest, das ein Spieler sich während eines Spieles nicht benehmen kann. Das ist eine Tatsachenfeststellung.
    Wir sind aber nicht der verlängerte Arm der Wettbewerbsorganisatoren für Disziplinarmassnahmen.


    Ob es also notwendig ist, einen Spieler im Rahmen des Wettbewerbs eine längere Abkühlphase zu gönnen liegt nicht mehr in unserem Aufgabenbereich und sollte uns auch völlig egal sein. Das ist meine Grundeinstellung. Wenn mir der Spieler dann etwas mehr "auf den Sack gegangen" ist, muss ich mich halt etwas länger hinsetzen um geeignetere Prosa zu formulieren.