Neue Regeln 12.14 Tätlichkeit - Kontakt mit dem Kopf/Gesicht

  • Neuer Text:
    Ein Spieler, der ohne Kampf um den Ball einem Gegner oder einer anderen Person
    absichtlich mit der Hand oder dem Arm an den Kopf oder ins Gesicht schlägt,
    begeht eine Tätlichkeit, es sei denn, die eingesetzte Kraft war vernachlässigbar.


    Fragen:
    Gibt es irgendwelche Kriterien, wie man entscheidet, ob die eingesetzte Kraft vernachlässigbar war?
    Wenn die Kraft vernachlässigbar war, wäre der natürliche Gedanke ja Gelb zu geben. Aber gibt es da eine Regelgrundlage für, ich finde nämlich keine?


    Bemerkung:
    Meines Wissens nach war die Auslegung bei Tätlichkeiten im DFB-Bereich bisher schon strenger als im Regeltext vorgegeben. Die Regeln verlangten ja eigentlich auch zuvor schon "übermäßige Härte oder Brutalität" für das Vorliegen einer Tätlichkeit. Es wurden aber durchaus auch leichte Wischer oder ein Griff ins Gesicht als Tätlichkeit gewerter, obwohl das eigentlich nicht diese Kriterien erfüllt. Ändert sich da etwas?


    Praxisbeispiel


    Wurde dieser Punkt bei euren Schulungen thematisiert?

  • Wurde nicht angesprochen, hier geht es m.E. um das "tätscheln", was zwar ggf. wie eine Ohrfeige aussieht, aber eben mit nur wenig Kraft ausgeführt wird. Da dies aber in aller Regel durchgeführt wird, um den Gegner verächtlich zu machen, ist diese Unsportlichkeit die regeltechnische Grundlage für die fällige Verwarnung.


    Im verlinkten Beispiel sehe ich eigentlich nicht einmal ein Foul, der TW muss ja irgendwie landen und es fehlt jede Absicht, den Gegner zu treffen - eher behindert der Gegner den Torwart sogar in unzulässiger Art und Weise.

  • Da solltest Du Dir aber mal das Video genauer ansehen Manfred.

    Im verlinkten Beispiel sehe ich eigentlich nicht einmal ein Foul, der TW muss ja irgendwie landen und es fehlt jede Absicht, den Gegner zu treffen - eher behindert der Gegner den Torwart sogar in unzulässiger Art und Weise.

    In Originalgeschwindigkeit habe ich die Tätlichkeit auch nicht gesehen. Sie war aus der Kameraperspektive durch den Körper des TW verdeckt bzw. nicht gut zu sehen.
    Da sieht es tatsächlich so aus, als ob der Torwwart sich den Ball an den Körper zieht und dabei sein Arm oder Ellenbogen im Gesicht des Stürmers landet. - Da passiert aber gar nichts.


    In der Zeitlupe sieht man aber sehr deutlich, das nachdem der TW bereits einen Schritt nach vorne macht, er die Hand nach hinten ausfährt.
    Hierbei sieht es so aus als ob er den Spieler im Gesicht trifft. Das gibt die Zeitlupe nicht ganz so gut her und ein wenig Schauspielerei ist auch dabei.

  • Okay, nach dem Hinweis - das Video ist leider nicht besonders scharf -, ja da ist noch ein Schlenker mit der Hand mehr zu erahnen als zu sehen - und das auch nur aus der anderen Kameraperspektive. Wenn, das gibt für mich die mangelnde Bildschärfe nicht wirklich her, hier der Kollege eine Tätlichkeit erkannt hat, muss das ein bewusstes "Mitgeben" gewesen sein; dann aber nur eine Gelbe Karte? Selbst nach der neuen Regelfassung sind wir da einer Roten Karte näher als der Verwarnung, es sei denn, wir unterstellen dem Getroffenen auch noch ein kleines Schwälbchen.

  • Meine Frage ist, ob man hier auch mit weiterspielen agieren kann, da ich das eher als einen (etwas misslungenen) freundlichen Klaps o.ä. gesehen habe, oder muss da zwingend die VW oder der FaD kommen.
    Und: Wenn es FaD sein sollte, könnte man dann in der Jugend mit einem FaZ arbeiten?

  • Meine Frage ist, ob man hier auch mit weiterspielen agieren kann, da ich das eher als einen (etwas misslungenen) freundlichen Klaps o.ä. gesehen habe, oder muss da zwingend die VW oder der FaD kommen.


    Hier sind wir beim Punkt Wahrnehmung durch den SR/SRA und Interpretation des Vorfalls. Wenn ich das als "freundlichen Klaps" wahrnehme und interpretiere, lasse ich weiterspielen. Habe ich eine Tätlichkeit oder einen Schlag gesehen, gibt's Strafstoß und FaD.


    Gruß Jörg


    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    "Jetzt wechselt Jamaika den Torhüter aus!"
    (Gerd Rubenbauer, als der FIFA-Beauftragte am Spielfeldrand eine Minute Nachspielzeit anzeigte)

  • Und: Wenn es FaD sein sollte, könnte man dann in der Jugend mit einem FaZ arbeiten?



    Der FaZ ersetzt nicht den FaD in der Jugend! Das wäre der falsche pädagogische und regeltechnische Ansatz.
    Eine Tätlichkeit ist in jeder Altersklasse eine :rote_karte: , egal ob E-Jugend, C-Jugend oder A-Jugend. Hier greift ganz einfach auch der Spurch: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr.


    Das Paradebeispiel für einen pädagogischen Einsatz des FaZ in der Jugend sind Szenen, in denen es um heftige Reklamationen geht, die wir im Herrenbereich nur mit einer Verwarnung ahnden könnten, aber doch sehr vehement sind. Den Spieler können wir ohne Vorwarnung zum Abkühlen schicken und holen sie dann wieder rein (oder eben auch nicht, wenn der Trainer schlau ist und seinen Hitzkopf auswechselt).

  • Leider wieder einmal etwas schwammig und wir haben den interpretationsspielraum umzusetzen.

    Neuer Text:
    Ein Spieler, der ohne Kampf um den Ball einem Gegner oder einer anderen Person
    absichtlich mit der Hand oder dem Arm an den Kopf oder ins Gesicht schlägt,
    begeht eine Tätlichkeit, es sei denn, die eingesetzte Kraft war vernachlässigbar.

    Vor 14 Tagen (Jugend)Sportgerichtsverhandlung gehabt aus der ich einmal aus der Urteilsbegründung des Vorsitzenden Zitieren möchte:
    [Zitat]"Die Hand hat im Gesicht des Spielers nichts zu suchen. Wir gehen aber von einer Tätlichkeit in einem minderschwerem Fall aus......"[Zitat Ende]
    Vorausgegangen war in der Verhandlung die Aussage des geschlagenen Spielers, das er die von mir mit FaD geahndete Tätlichkeit nicht als Schlag, sondern eher als "Wischer" empfunden hat.


    Ich vermute mal, es geht hierbei um die Fälle, bei denen das berühmte "Tätscheln im Gesicht" mit dem Zweck "Kollege! alles ist Gut" gemeint ist, und der Getätschelte anschliessend eine Notarztverdächtige Schauspieleinlage hinlegt.


    Allerdings:
    Hier folge ich dann wieder der Argumentation des Jugendsportrichters: "Die Hand hat im Gesicht nichts zu suchen."
    Derartige Aktionen passieren leider häufig eben nicht im Hauptfokus des SR sondern meist abseits des Balls und eher am Wahrnehmungsrand und werden oft quasi "Nur aus dem Augenwinkel" wahrgenommen. Da ist es dann nicht immer einfach die "eingesetzte Kraft" auch vernünftig zu beurteilen.
    Wenn dann die Gesamtsituation auch noch das Gegenteil von "Streichelzoo" ist, muss man sich über einen FaD für das "Freundschaftliche tätscheln" nicht wundern.

  • Der FaZ ersetzt nicht den FaD in der Jugend! Das wäre der falsche pädagogische und regeltechnische Ansatz.
    Eine Tätlichkeit ist in jeder Altersklasse eine , egal ob E-Jugend, C-Jugend oder A-Jugend. Hier greift ganz einfach auch der Spurch: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr.


    Ist mir bewusst. Ein FaZ ist regeltechnisch genauso wenig FaD wie Gelb/Rot. Es ging hier eher um die Frage, ob man, wenn man das als freundlichen Klaps sieht und im Aktiven-Bereich dafür den FaD aussprechen müsste (Danke Altschiri, für deine Klarstellung) man im Jugendbereich mit einem FaZ hantieren könnte. Die Frage ist also mit dem Post von Altschiri bereits mitbeantwortet. (Sorry, Frage war etwas missverständlich gestellt)

  • Einen wunderschönen Morgen :) ,


    Ein Spieler, der ohne Kampf um den Ball einem Gegner oder einer anderen Person
    absichtlich mit der Hand oder dem Arm an den Kopf oder ins Gesicht schlägt,
    begeht eine Tätlichkeit, es sei denn, die eingesetzte Kraft war vernachlässigbar.


    Fragen:
    Gibt es irgendwelche Kriterien, wie man entscheidet, ob die eingesetzte Kraft vernachlässigbar war?
    Wenn die Kraft vernachlässigbar war, wäre der natürliche Gedanke ja Gelb zu geben. Aber gibt es da eine Regelgrundlage für, ich finde nämlich keine?

    Inwiefern ein Foul ausgelegt wird und ob eine Disziplinarstrafe notwendig ist (mit der Frage ob :gelbe_karte: oder :rote_karte: ) ist grundsätzlich vom Ermessen des Schiedsrichters abhängig. Eine Ausnahme bilden hier selbstverständlich die Pflichtverwarnungen.


    Um auf das von dir vorgegebene Beispiel einzugehen und deine Frage(n) zu beantworten, möchte ich vorab auf den Beitrag von Manfred verweisen. Er hat die Situation bereits gut analysiert und zu dem auf eine Unsportlichkeit hingewiesen (was in dem Falle die einzig richtige Regelungsgrundlage bildet.)


    Der Torwart hat meines Erachtens nach grob fahrlässig gehandelt.
    ("Grob fahrlässig ist derjenige, der unbekümmert und leichtfertig handelt und die Sorgfalt außer Acht lässt [...].")




    Eine klare Tätlichkeit kann man ihm sicherlich nicht unterstellen und da lässt sich auch mit Erfahrung erkennen, dass es eine vernachlässigte Handlung war. Wenn er weiß, dass sich ein Spieler unmittelbar hinter ihm befindet und er seinen Arm soweit nach hinten in die Richtung des Spielers ausschert, muss er damit rechnen, dass er ihn trifft. Insofern ist :gelbe_karte: durchaus gerechtfertigt. Meiner Ansicht nach, entwickelst du mit der Zeit ein Gefühl dafür. Auf das Regelbuch kannst du dich dabei nicht beziehen.


    Du kannst dich allerdings daran orientieren, dass ein Foul fahrlässig verursacht wurde und nicht einer Tätlichkeit galt, in dem sich ein Arm in einer "unnatürlichen" Bewegung befand und dabei die Entfernung zum Gegenspieler sehr gering war (z.B. Zweikampf). Des Weiteren auf die Härte achten und selber einschätzen.