Torhüter - Regeländerung ohne Mitteilung??

  • Es ist ja schön und gut, wenn der DFB neben dem offiziellen Regelheft der FIFA eine eigene Version mit "Zusätzlichen Erläuterungen des DFB" veröffentlicht.


    Allerdings finde ich es spannend, wenn dort Änderungen vorgenommen werden, die nicht mitgeteilt werden.


    Nachdem ich bei einem Spiel von einem Offiziellen gefragt wurde, warum eigentlich noch der 5m-Raum abgegrenzt werden muss, da der TW kein Sonderrecht darin hat, bin ich der Sache mal nachgegangen.


    Im Regelheft 2011/2012 findet sich als "Zusätzliche Erläuterung des DFB" zur Regel 12 folgendes:


    "16. Der Torwart darf im Torraum nicht gerempelt werden, außer er hält den Ball
    oder hindert einen Gegner."


    Seit der Saison 2012/13 ist dieser Passus nicht mehr im DFB-Regelheft drin. Er wurde stillschweigend "gestrichen".


    Und nun??


    Da diese zusätzliche Erläuterung weggefallen ist, darf der TW im 5m-Raum jetzt wie jeder andere Spieler gerempelt werden. Also auch, wenn er den Ball nicht in der Hand hat, sonder sich auf dem Weg zum Ball befindet.


    Wie seht ihr das?

  • Selbstverständlich darf dieser gerempelt werden, dies ist soweit ich weiß auch bekannt. Zumindest in unserem Kreis.
    Ob du das letztlich so handhabst, dass du eher auch mal den ein oder anderen Rempler für den TW pfeiffst ist deine Sache.
    Das ist scheinbar an dir vorbei gegangen.

  • Dieser Satz war doch ohnehin Unsinn - erlaubt er im Umkehrschluss ein Rempeln eines TW im Ballbesitz, was auch nicht sein kann. Also zurecht rausgenommen, praktisch ändert sich gar nichts.

  • SRtill: du hast Recht - Rempeln im Ballbesitz ist ausgeschlossen.


    Aber der interessante Teil ist ja, dass er gerempelt werden darf, wenn er auf dem Weg zum Ball sich befindet.
    Und wie das heute die TW interpretieren, wenn Sie berührt werden sieht man ja jedes WE im TV und auf jedem anderen Fußballplatz.


    Ich hab mich ja noch weiter schlaugemacht:
    Das ist ja nicht nur an mir vorbei gegangen. Im Sommer beim Lehrgang der DFB-Beobachter ist das vielen Beobachtern zum ersten Mal bewusst geworden, dass das Rempeln erlaubt ist.


    Tenor da: zur Kenntnis nehmen und drüber schweigen

  • warum eigentlich noch der 5m-Raum abgegrenzt werden muss


    Tja, die "Schutzzone" des Torwartes wurde schon vor längerer Zeit vom Torraum auf den Strafraum ausgeweitet (dazu gleich noch mehr). Die seinerzeitige Regelerläuterung des DFB machte übrigens wenig Sinn und wurde deshalb auch so leise gestrichen. Den Torraum brauchen wir übrigens immer noch, zum einen für den Abstoß, zum anderen, wenn für die angreifende Mannschaft ein Freistoß im Torraum zu verhängen ist, der dann auf die Torraumlinie zurückverlegt wird.

    dass das Rempeln erlaubt ist.


    Ganz so ist es ja nicht richtig. Ein Angriff auf den Torwart, der den Ball kontrolliert - und die Ballkontrolle ist bekanntlich weit auszulegen, die reine Ballberührung reicht - ist verboten. Lediglich bis die Ballkontrolle eingetreten ist, darf der Torwart gerempelt werden - aber auch nur in dem Rahmen, wie es beim Kampf um den Ball erlaubt ist, also weder ohne Kampf um den Ball noch mit übertriebenem Einsatz.

  • Tja, die "Schutzzone" des Torwartes wurde schon vor längerer Zeit vom Torraum auf den Strafraum ausgeweitet (dazu gleich noch mehr).


    Das ist ja jetzt mal eine ganz neue Variante.


    Nein, eine Schutzzone des Torhüters gibt es nicht. Weder der Torraum, noch der Strafraum werden irgendwo als Schutzzone definiert. Genau aus diesem Grund wurde 2013 auch die verwirrende DFB-Anweisung gestrichen. Ansonsten gelten bzgl. Regel 12 für den Torhüter dieselben Regeln wie für jeden anderen Spieler auch. Einzige Ausnahme ist die Situation, dass der Torwart den Ball sicher in den Händen hält: Dann darf er nicht mehr angegriffen werden (was allerdings selbstverständlich ist). Darüber hinaus ist irgendwo noch erwähnt, dass das unfaire Bedrängen nicht erlaubt ist, das gilt aber für jeden Feldspieler gleichermaßen.


    Kein Bestandteil der Regeln, aber des sinnvollen Pfeifens ist natürlich: Spieler müssen in gewissen Situationen besonders geschützt werden. Das gilt bspw. für die Situation, dass ein Torwart hochspringt und die Arme über dem Kopf hat. Der Körper ist ungeschützt, kleine Kontakte gegen den Torwart müssen daher bereits als Foul abgepfifen werden. Aber das ist keine Sonderregel.


    Springt der Torhüter in einen Stürmer, kann das keinen Freistoß für den Torhüter bedeuten! Leider wird das immer noch viel zu häufig gepfiffen.


    @ wällter: "Rempeln" an sich ist bereits problematisch, es wird nämlich in den Regeln an verschiedenen Stellen der Regeln unterschiedlich ausgelegt. Einerseits ist Rempeln gem. Regel 12 generell verboten, an anderen Stellen spricht das Regelwerk aber von "erlaubtem Rempeln" (und meint damit einen gewöhnlichen Zweikampf). Daher sollte man mit diesem Begriff etwas differenziert umgehen.

  • Zitat

    Einerseits ist Rempeln gem. Regel 12 generell verboten, an anderen Stellen spricht das Regelwerk aber von "erlaubtem Rempeln"

    Das ist nicht richtig. Wenn mans genau nimmt verbietet Regel 12 fahrlässiges/rücksichtsloses/brutales Rempeln. Ansonsten gibt es eben noch korrektes Rempeln. Was korrektes Rempeln ist wird, glaube ich, nicht in den Regeln konkretisiert (also anliegende Arme, Schulter an Schulter, Ballnähe).

  • Einzige Ausnahme ist die Situation, dass der Torwart den Ball sicher in den Händen hält:


    Und genau das ist doch der entscheidende Unterschied: Die sichere Ballkontrolle liegt bereits dann vor, wenn der Torwart den Ball auch nur mit einem Finger berührt - sicher sieht eigentlich anders aus. Eben dies soll den Torwart schützen - und zwar im ganzen Strafraum (und nicht mehr nur im Torraum - und verlass Dich darauf, ich war in den 1970ern Torwart, da sah die Regellage noch anders aus).

  • @ smirk_mirkin: Stimmt. Am Ende wird man mit dem Begriff aber eben doch allein gelassen. Was korrektes und was fahrlässiges Rempeln ist, wird nicht weiter beschrieben.


    @ Manfred: Sichere Ballkontrolle ist genau das. Ein Torwart, der durch die Luft fliegt und dabei den Ball mit einem Finger berührt, hat den Ball gewiss nicht sicher unter Kontrolle. Und wo definiert sich jetzt der Strafraum als Schutzraum für den Torhüter? Kannst Du das mal bitte anhand der Regeln belegen?


    Und dass in den 70ern der Torraum als Schutzraum für den Torhüter ausgewiesen wäre, ist mir neu. Glaube ich auch nicht. Aber werden wir wohl nicht mehr rausfinden können. Übrigens glaubt auch 2015 die Mehrheit der Schiedsrichter, dass der "Fünfer" Schutzzone des Torhüters sei. Was das jetzt damit zu tun hat, dass Du mal Torhüter warst, verstehe ich nicht.

  • Nein, explizit steht das nicht im Regelbuch, ist aber implizit ableitbar: "Kontrolliert der Torhüter den Ball mit seinen Händen, darf er von einem Gegenspieler nicht angegriffen werden." (IFAB-Anweisung zur Regel 12) Da er den Ball nur im eigenen Strafraum mit den Händen kontrollieren darf ... muss ich das jetzt bis zu Ende ausführen? Wenige Zeilen tiefer ist dann auch noch beschrieben, was als Ballkontrolle durch den Torwart gilt.


    Ich habe zu Hause noch ein Regelbuch von etwa 1980 - ich schaue gerne bei Gelegenheit mal nach, wie die Regelung damals war.

  • Dann ergibt der Begriff "Schutzzone" aber nur im Zusammenhang mit der Ballkontrolle Sinn. Wichtig ist doch, dass der Torhüter gerade KEINE Sonderrechte im Strafraum (und auch nicht sonst wo auf dem Spielfeld) genießt, wenn er den Ball nicht bereits mit der Hand kontrolliert.

  • Der Fünfmeterraum ist auch 2015 Schutzzone. Von der Kreisliga bis zur Bundesliga, es gibt einen gewissen Konsens wie der TW angegangen werden darf und wie nicht. Im Torraum ist der Konsens anders als außerhalb. Wer jetzt eigenmächtig gegen diesen Konsens pfeift, macht den Torhütern das Leben aufgrund von Regelunklarheit unnötig schwer.

  • Was korrektes und was fahrlässiges Rempeln ist, wird nicht weiter beschrieben.

    Das kann man auch schwer beschreiben, es gibt Anhaltspunkte (Blick zum Ball, Sprung zum Ball Rücken an Rücken, Armhaltung der Spieler etc.). Die Auslegung hängt sicherlich auch vom Spielcharakter und von der Spielklasse ab. Inbesondere beim TW-Spiel sollte man genau darauf achten, wer zum Ball geht und evetuell auch das bessere Timing hat. Wenn der Stürmer eben einen Tick eher in der Luft ist und der TW entsprechend nicht mehr an den Ball kommt, ist das eine erlaubte Spielweise und der TW hat Pech gehabt, umgekehrt würde ich den TW schützen wollen und die Aktionen dann auch konsequent unterbinden.

  • Der Fünfmeterraum ist auch 2015 Schutzzone. Von der Kreisliga bis zur Bundesliga, es gibt einen gewissen Konsens wie der TW angegangen werden darf und wie nicht. Im Torraum ist der Konsens anders als außerhalb. Wer jetzt eigenmächtig gegen diesen Konsens pfeift, macht den Torhütern das Leben aufgrund von Regelunklarheit unnötig schwer.


    Das halte ich für Unsinn. Der Torhüter ist in gewissen Situationen schutzbedürftig, besonders dann, wenn er - anders als die Feldspieler - seine Arme nicht zum Schutz seines Oberkörpers einsetzen kann, weil er damit den hohen Ball fängt. Dann bekommt er halt sehr schnell einen Freistoß gepfiffen, wenn er von einem Spieler, auch nur minimal, angegangen wird. Ob das jetzt 4, 5, 6 oder 7 Meter von der Torlinie entfernt passiert, ist völlig unerheblich. Einen solchen Konsens behauptest Du, es gibt ihn aber nicht.


    @ mfs: Das klingt vernünftig.


    @ Manfred: Die Regelung im Jahr 1980 würde mich tatsächlich sehr interessieren, also falls Du demnächst ein paar Minuten findest ... :top:

  • Leider habe ich schon oft erlebt, das wenn ein TW gefoult wird, immer der Spruch kommt das war doch gar nicht im 5m Raum.
    Torhüter dürfen weder ausserhalb noch innerhalb des 5m Raums gefoult werden.
    Gerade unterlaufen wird oft nicht für Torhüter gepfiffen, was man ausserhalb des 16m Raums beim Kopfballduellen oft pfeift wird bei Torhüter nicht gepfiffen. Natürlich hat der Tw einen besonderen Schutz im Strafraum, er ist der einzige der mit der Hand den Ball spielen darf und alleine dadurch gibt es häufig Situationen, wo man pfeifen muss weil der Torwart mit der Hand zum Ball, was andere eben nicht können.
    Ausser Andreasen! :ironie:

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Ansonsten sind wir (mal wieder) bei der Diskussion, dass meiner Meinung nach aber zu oft für den Torwart entschieden wird und dieser im Strafraum und noch mehr im 5er Narrenfreiheit hat.
    Ball verfehlt und nur den Stürmer beim "wegfausten" getroffen?
    Egal.
    Stürmer mit beiden Händen weggeschubst?
    Egal.
    Nach dem der Ball gefangen wurde, nochmal den Stürmer (absichtlich) umrennen?
    Egal.


    usw. ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • @ Manfred: Die Regelung im Jahr 1980 würde mich tatsächlich sehr interessieren, also falls Du demnächst ein paar Minuten findest ...


    Leider ist es nicht das Original-Regelbuch, sondern - aber das ist wahrscheinlich weitaus besser - das Handbuch für Schiedsrichter aus dem Jahr 1976. Dort gibt es zwei Passagen:
    "Außerhalb des Torraums darf der Torwart wie ein Feldspieler angegriffen werden. Daraus ergibt sich, daß Rempeln und Sperren im Kampf um den Ball als die einzigen erlaubten körperlichen Angriffsmöglichkeiten gelten. ..." und
    In seinem Torraum genießt der Torwart besonderen Schutz. Er darf hier nur gerempelt werden, wenn er den Ball besitzt, also nicht, wenn er sich erst bemüht, ihn zu bekommen. ..."
    Beide Texte stehen dort so im Original und das entspricht auch dem Zustand, den ich in meiner Zeit als Torwart (Ende der 1970er) und in meinem ersten SR-Lehrgang 1980 gelernt habe. Mittlerweile ist die Situation bekanntlich anders.

  • Ich denke die Fragestellung bezieht sich auf eine Regelauslegung bezüglich der Angriffe auf den Torwart.
    Wie Manfred hier beschreibt....

    [...]
    In seinem Torraum genießt der Torwart besonderen Schutz. Er darf hier nur gerempelt werden, wenn er den Ball besitzt, also nicht, wenn er sich erst bemüht, ihn zu bekommen. ..."
    Beide Texte stehen dort so im Original und das entspricht auch dem Zustand, den ich in meiner Zeit als Torwart (Ende der 1970er) und in meinem ersten SR-Lehrgang 1980 gelernt habe. Mittlerweile ist die Situation bekanntlich anders.

    Seinerzeit genoss der Torwart im 5m Raum einen besonderen Schutz. Er durfte im 5m Raum nicht angegriffen (bspw. Rempler die im normalem Zweikampf erlaubt sind) angegriffen werden, wenn er sich in der Luft befand.


    Diese Regelauslegung ist aber aufgehoben worden. Ich suche schon ne ganze zeit danach wann das war. Ist schon länger her, aber der Zeitraum, den der Fragesteller angibt könnte in etwa passen.


    Den besonderen Schutz (in der Luft) hat man seinerzeit -meines Wissens nach- deshalb aufgehoben weil durch die stärkere Einbindung des Torwartes als "spielender Abwehrspieler" keine Bevorzugung mehr erlauben wollte. (So hab ich das zumindest noch im Kopf)


    Zeitgleich hat man den Angriff auf den Torwart als strafbar hinzugefügt, sobald dieser den Ball mit der Hand kontrolliert. Das macht ja auch Sinn, denn entgegen eines üblichen Zweikampfes hat der Gegenspieler in diesem Fall ja gar keine Chance den Ball überhaupt regelkonform dem TW abzujagen.
    Das hierbei bereits von Ballkontrolle gesprochen wird sobald der TW den Ball mit der Hand nur berührt, macht die Arbeit für den Schiri nur einfacher. Es erspart Interpretationen und Diskussionen ob der Ball "unter Kontrolle" ist.

    Zur Frage an sich:


    Regelkunde ist eine Holschuld. Sie ist in geeigneter Form durch die Regelverantwortlichen zu kommunizieren. Das Regelheft ist hierfür zunächst einmal ausreichend. Wir Schiedsrichter haben uns prinzipiell erst einmal selbst im Regelwerk schlau zu machen und dürfen nicht erwarten alles auf dem Silbertablett vorgekaut zu bekommen.
    Wenn dann darüber hinaus noch Klärungsbedarf ist, darf man selbstverständlich auch entsprechende Fragen stellen.