Ohne Zeichengebung ist alles nichts

  • Selbst im Lehrwesen ist oft zu hören, dass der Pfiff die Sprache des Schiedsrichters sei. Grundsätzlich ist das auch richtig, mit dem Pfiff kann man viel (aus)sagen, dennoch ist es nur die halbe Wahrheit. Ein Pfiff in eindeutigen Situationen ist ebenso klar und eindeutig. Anders sieht es aber aus, wenn die Situation nicht eindeutig ist: Hat der Schiri jetzt Foul oder Abseits gepfiffen? Oder war der Ball aus dem Spielfeld? Und im Extremfall: Strafstoß oder Schwalbe?


    Merke: Nichts auf dem Feld ist so gefährlich wie Unklarheit. Natürlich sind viele Dinge eindeutig, jeder weiß, wer nun Einwurf hat, ob es Ab- oder Eckstoß gibt und auch bei vielen Fouls und meist auch beim Abseits ist deutlich, was Sache ist – hier ist die Zeichengebung des SR eher nachrangig, sollte im Sinne der Berechenbarkeit aber ebenso erfolgen. Und auch hier will ich mit einem Vorurteil aufräumen: Ja, manchmal macht alleine die Laufrichtung des SR klar, in welche Richtung das Spiel weitergeht, aber das ist bei weitem nicht immer so. Schwierig – und gefährlich – wird es, wenn Situationen nicht eindeutig sind – und dabei kommt es nicht darauf an, ob dies nach der Wahrnehmung des SR so ist, es genügt völlig, wenn Spieler, Trainer oder Zuschauer nicht wissen, was Sache ist.


    In meinen Anfängertagen war mir das Problem auch nicht bewusst, bis mir irgendwann – leider erst nach etwa zwei Jahren – mein damaliger Lehrwart, der mich das erste Mal besuchte, den Tipp gab, nach einem Pfiff doch die Richtung anzuzeigen; hey, das waren Welten Unterschied. Plötzlich gab es keine Diskussionen mehr, ob nun Heim oder Gast den Freistoß hat, wer einwirft und so weiter. Mittlerweile habe ich mir eine ausdrückliche Zeichengebung angewöhnt, die schnell und leicht entschlüsselbar ist und die mir viele Probleme vom Hals schafft bzw. nicht so groß werden lässt, wie dies früher der Fall war. Gerade letzten Sonntag – ich hatte auf Schwalbe entschieden – habe ich das wieder ganz deutlich gemerkt: Früher wären sofort 2 oder 3 Spieler der verteidigenden Mannschaft auf mich zugestürmt und hätten versucht mich zu überzeugen, dass das doch kein Elfer war. Kam es dann zum indirekten Freistoß, haben alle Angreifer gedacht, ich pfiffe auf Zuruf. Hier kam der Pfiff und ein eindeutiges Richtungszeichen, damit sah kein Verteidiger mehr die Notwendigkeit, mir das Ohr abzulabern und selbst die Angreifer waren zwar von der Richtigkeit meiner Entscheidung nicht unbedingt überzeugt, sahen aber ein, dass sie mit mir nicht diskutieren müssen.


    Ich empfehle daher jedem Neuling, sich ein paar Spiele erfahrener Schiedsrichter anzusehen und auf dieses Detail zu achten – nur bitte nicht Ligen mit Assistenten, da ist manches etwas anders, alleine schon deshalb, weil beim Ball im Aus und beim Abseits eine Fahne mitwirkt. Persönlich zeige ich Einwürfe immer mit angewinkeltem Arm auf Bauchhöhe an, Freistöße mit schräg ein die Luft gestrecktem Arm in die jeweils auszuführende Richtung (mit gestrecktem Zeigefinder), Eckstoß ähnlich, aber mit gestrecktem Arm und gestreckter Hand in Richtung der Ecke, von der aus auszuführen ist, Abstoß mit ausgetrecktem Arm und Hand auf Bauchhöhe mit Handfläche nach unten in Richtung Torraum, Abseits meist mit der „typischen Linienbewegung“ und Strafstoß mit eindeutiger Zeigerichtung auf die Strafstoßmarke. Sicher kann man das auch anders machen, aber jeder Spieler, der noch einen Rest an Intelligenz hat, versteht diese Zeichen sofort, Nachfragen gibt es nur noch, wenn einer das Zeichen nicht gesehen hat.


    Natürlich schützt eine klare Zeichengebung nicht davor, dass die Spieler gelegentlich mit der Entscheidung an sich nicht einverstanden sind, sie vermeidet aber ein gefährliches Vakuum, wenn beide Seiten meinen, man habe für sie entschieden. Und nun findet Eure persönliche Linie, denkt aber daran, dass manchmal Beobachter ihre eigenen Vorstellungen haben, dennoch erwarten auch die aber eine klare Zeichengebung.

  • aber jeder Spieler, der noch einen Rest an Intelligenz hat, versteht diese Zeichen sofort, Nachfragen gibt es nur noch, wenn einer das Zeichen nicht gesehen hat.

    Vorsicht- hier unterstellst Du, dass es Spieler gibt, die keinen Rest an Intelligenz mehr haben. Es gibt aber auch Spieler, die 5 Spiele lang erlebt haben, dass SR gar nichts anzeigen "weil es doch klar ist wie es jetzt weitergeht" und bei freundlichem Nachfragen auch noch vom SR angeraunzt wurden. Deshalb erlebe ich es leider in den unteren aller Klassen, dass ich manchmal anzeigen kann was ich will- Gemaule gibt es trotzdem.


    Schwierig – und gefährlich – wird es, wenn Situationen nicht eindeutig sind – und dabei kommt es nicht darauf an, ob dies nach der Wahrnehmung des SR so ist, es genügt völlig, wenn Spieler, Trainer oder Zuschauer nicht wissen, was Sache ist.

    Genau! Was "eindeutig" ist und was nicht liegt jeweils im im "Kopf" des einzelnen. Für den einen ist es eindeutig- für den anderen nicht.
    Was den Einsatz klarer Zeichen angeht stimme ich Dir voll zu Manfred. Doch manchmal nützt auch die beste Zeichengebung nix.

  • Sehr guter Beitrag Manfred. Nur in einem Punkt bin ich anderer Ansicht. Du schreibst, dass Du Einwurf mit angewinkeltem Arm auf Bauchhöhe anzeigst. Das halte ich persönlich für zu lässig und es kann auch schnell der Eindruck fehlender Spannung und Unlust entstehen, ich persönlich zeige es immer mit ausgestrecktem Arm an.

    Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute sehr
    wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung
    angesehen.

  • Wichtig ist auch, dass die Zeichen auch mit einer gewissen Entschlossenheit und Energie kommen. Hatte mal beim Futsal nen ganz jungen Kollegen im Gespann, da kam alles, was er anzeigte, sehr zögerlich und nur mit Halbgas. Machte nach außen keinen guten Eindruck.



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  • ich persönlich zeige es immer mit ausgestrecktem Arm an.

    Das beantworte ich ganz einfach:

    Sicher kann man das auch anders machen,


    Das halte ich persönlich für zu lässig und es kann auch schnell der Eindruck fehlender Spannung und Unlust entstehen,

    Auch hier gibt es die passende Antwort:

    Wichtig ist auch, dass die Zeichen auch mit einer gewissen Entschlossenheit und Energie kommen.


    Unabhängig davon mache ich das so, damit hier jede Möglichkeit eines Missverständnisses ausgeschlossen bleibt, lustlos oder lässig kommt das sicher nicht rüber - wobei eine gewisse Lässigkeit bei klaren Entscheidungen (wir reden hier ja nur von Einwürfen) m.E. sogar unkritisch wäre.


    @BRiT
    Wer sich jetzt hier an der Metapher von der Intelligenz aufhängt ... Okay, wer die beschriebene Zeichengebung nicht kapiert, an dessen IQ hätte ich dann doch Zweifel - aber das kam noch nie vor. Mensch Ole, bei allem Verständnis für Korrektheit, aber muss man immer die Goldwaage auspacken? Ich finde das ehrlich gesagt nicht schlimm und finde auch nicht, dass ich jemanden diskreditiere. Nebenbei: Ich habe auch schon an Turnieren mit Behinderten als SR mitgewirkt, selbst mit solchen, mit anerkannter intellektueller Einschränkung, aber auch da war das kein Problem (und diese Turniere sind oft weit netter und familiärer, die Trainer manchmal der einzig echte Störfaktor).


    @alle
    Was ich vergessen habe:
    Vermeidet den "Flieger"! Es ist wichtig(er), die Richtung anzuzeigen als den Ort, wo der Freistoß auszuführen ist. Im ungünstigsten Fall steht Ihr sonst mit zwei gestreckten Armen da und wenn es ganz blöd läuft, widersprechen sich die Richtungen, affig sieht es immer aus. Wenn die Richtung klar ist, dann kann man den Ort immer noch anzeigen/korrigieren, was aber meist gar nicht notwendig ist.

  • Manfred: Mir geht es nicht um Diskriminierung sondern darum das Du unterstellst, dass es einige Akteure gibt, die es ohnehin nicht verstehen. Und für die springe ich in die Bresche: Man vergesse nicht was Akteure Woche für Woche mit uns SR erleben müssen.

  • Wie zeigt ihr "Vorteil" an?
    Meiner Beobachtung nach gibt es dort die größten Unterschiede.

    Da verstehe ich nicht, warum es da Unterschiede gibt. Das Zeichen von "Vorteil" ist im Regelheft auf Seite 39 rechts oben seit Jahren fest vorgegeben. Wir fordern von den Spielern, dass sie sich an die Regeln halten aber wir denken uns lustige Zeichen aus....

  • Was ich meine ist, dass viele das Anzeigen mit beiden Händen für übertrieben halten und nur einen Arm benutzen. Oder sie verzichten ganz auf eine Anzeige.
    Das entspricht nicht nur meiner Beobachtung in der Realität, sondern auch hier im Forum wie ich mittlerweile gefunden habe. Insofern können wir auch dort weiter diskutieren.

  • Einen richtig guten Vorteil muss ich auch nach außen verkaufen. Und das kann ich mit dem vorgegebenen Zeichen sehr gut. Das Problem ist, dass viele SR Vorteil ganz falsch und vor allem auf Teufel komm raus anwenden.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Einen richtig guten Vorteil sieht hoffentlich derjenige, der Ahnung vom Fußball hat, auch ohne Verkaufsveranstaltung des SR :rolleyes:, insbesondere der erfahrene SR- Beobachter.
    Das Problem ist oftmals, dass viele SRs den Vorteil zu früh bzw. zu offensichtlich signalisieren und sich dadurch oftmals der Möglichkeit des verzögerten Pfiffes berauben. Kurzes Abwarten ohne Gestik ist da vielfach die bessere Taktik.

  • Es geht aber nicht immer nur um die Leute die Ahnung davon haben. Der SR soll nicht für den Beobachter pfeifen, sondern auch auf seine Außenwirkung achten. Wir kriegen oft genug auf die Fresse, da können wir einen guten Vorteil auch gut anzeigen. Eine Verkaufsveranstaltung ist in meinen Augen eh etwas anderes. Das sind SR die sich über die komplette Spielzeit in den Vordergrund schieben. Richtig gute Vorteile gibt es vielleicht 2 - 3 im Spiel. Wenn ich die nach außen verkaufe, setzt das schon kleine Akzente.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Beim Vorteil klar beide arme oben und dann ist es oft so das der oder diejenige spieler meine arme nicht sehen dann ruf ich dazu noch vorteil weil oft sehen die betroffenen Spieler eben das Vorteilszeichen nicht weil sie mit dem Rücken zu mir stehen.


    Gruß Schiri96

  • Mit "Vorteil" rufen, war ich immer sehr vorsichtig, dass kann schnell in die Hose gehen, wenn der Ballführende doch noch ins stolpern gerät, oder sonstwas passiert. Mit ausgestrecktem Arm kann ich immer noch nachpfeifen, mit einem Ruf nicht mehr.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • 1. Unser Lehrwart rät ausdrücklich vom Ruf "Vorteil" ab, gerade aus den von kanarien3 genannten Gründen - und ich setze hinzu, dass sich ein regeltechnischer Vorteil durchaus vom empfundenen Vorteil unterscheiden kann, der Klassiker ist wohl, wenn der Ball dann doch am leeren Tor vorbei geht. uns wird geraten, lieber laut "weiter" zu rufen und ggf. im Nachgang den gefoulten Spieler auf den Vorteil hinzuweisen, klappt meist gut.
    2. Die Zeichengebung Vorteil ist im Endeffekt was die Gesamtmenge an erforderlichen Zeichen des SR im Spiel angeht gering, wir sollten hier deshalb kein Fass aufmachen, weil ...
    3. das ein Artikel ausdrücklich für Neulinge ist - und denen helfen wir mit der Vorteilsdiskussion nur sehr bedingt, für die ist wichtiger, dass ihnen die Bedeutung der Zeichengebung verdeutlicht wird (mir ging es, wie beschrieben, als Anfänger auch so).

  • Mit ausgestrecktem Arm kann ich immer noch nachpfeifen, mit einem Ruf nicht mehr.


    Nein, sobald der Vorteil angezeigt ist, kann NICHT mehr nachgepfiffen werden. Die Vorteilsregel ist nicht dafür da, dem Angreifer zwei Gelegenheiten zu erzeugen. Während des verzögerten Pfiffs macht der Schiri gar nichts, sobald er den Vorteil anzeigt, kann nicht mehr zurückgepfiffen werden.


    Ich rufe bei Vorteilen laut und deutlich Vorteil, weil es dem Angreifer, der mich nicht ansieht, signalisiert, dass ich das Foul wahrgenommen habe, die Chance aber gerade größer ist. Ich mache damit sehr gute Erfahrungen. Wie Pfeiffekopp schon sagt, kommt das in einem durchschnittlichen Spiel insgesamt ca. zweimal vor, öfter nicht.


    @ Manfred: Das Argument mit dem Ball am leeren Tor vorbei verstehe ich nicht. Gerade, wenn Du noch "Vorteil" gerufen hast, und der Ball dann am leeren Tor vorbeirollt, lässt sich das doch entsprechend gut verkaufen ("Nachpfeifen geht nicht, der Vorteil ist eingetreten, sorry" -- wird sehr gut verstanden, besonders, wenn auch der Angreifer selbst mitgekommen hast, dass Du Vorteil angezeigt hast. Er wird Dich im Allgemeinen beim Angriff aber nicht sehen können, daher ist der Ruf auch hier sehr hilfreich.)

  • Denkfehler zettelbox - wir beide wissen, dass das richtig ist, aber versuche das in der Betonliga mal den Zuschauern und den Spielern zu erklären, die doch genau gesehen haben, dass sie eben keinen Vorteil hatten, schließlich ist der Ball doch nicht im Tor, das muss doch selbst der dumme Schiri sehen ...