Vorteilsauslegung im Strafraum oder Strafstoss

  • Mit dem Versuch, die Spielsituation von gestern so gut wie möglich zu beschreiben:


    Zweikampfsituation im Strafraum
    Ort: Strafraum Eck an der Grundlinie
    Angreifer -im Ballbesitz- versucht Verteidiger zu umspielen.
    Verteidiger versucht Ball zu erreichen und trifft Angreifer am Fuss.
    Bemerkung: Unabsichtlich, keine Härte, Kontakt jedoch klar zu erkennen. Im Mittelfeld würde jeder Schiri im gleichgelagertem Fall die Vorteilsregel anwenden.


    Angreifer -fällt nicht und kann nach einem "Stolperschritt" weiter laufen-, kann aber -mit Ball- noch etwa 2 m nach innen ziehen und den Ball kontrolliert Richtung Strafstoßpunkt zu einem heranstürmenden Mitspieler nach innen passen.


    Der angespiele Mitspieler hat freie Schussbahn zum Tor (nur noch den Torwart vor sich) und semmelt das Leder aus etwa 9m Entfernung (zentrale Position) über das Tor.


    Bitte mal um Eure Meinung zur Regelauslegung.


    Danke

  • Wenn man den Vorteil gibt, ist ja ein Foul vorausgegangen.


    Und eigentlich sollte es ja keinen Unterschied machen ob ein Foul im Mittelkreis oder im Strafraumeck stattfindet.


    Dass im Strafraum nur in den seltensten Fällen ein Vorteil sinnvoll ist, ist ja hinlänglich bekannt. Von daher wäre in dieser Situation ein Strafstoß die bessere Entscheidung gewesen, wenn man diesen Tritt als Foulspiel wahrnimmt.

    Dem Schiedsrichter zu widersprechen, das ist, wie wenn man in der Kirche aufsteht und eine Diskussion verlangt. (Dieter Hildebrandt)

  • Ich denke, ein Strafstoß - Pfiff wäre besser gewesen. Mit dem Vorteil sollte man im Strafraum eh sparsam umgehen. Und dann macht es eigentlich nur Sinn, wenn der Gefoulte eine klare Torchance hat oder ein Mitspieler den freien Ball unmittelbar übernehmen und verwerten könnte. In Deiner Situation muss ein stolpernder Spieler noch einen Guten Pass zu einem Mitspieler spielen, ob das immer gut geht, wage ich doch sehr zu bezweifeln.

  • denke auch, dass keine klare Torchance gegeben ist (der Gefoulte kann nicht selbst abschließen und muss noch einen Pass spielen), somit sofort unterbrechen und Strafstoß geben. Gibt am wenigsten Diskussionen. So hat er den Pass gespielt, der Vorteil ist eingetreten, keine Chance mehr nachzupfeifen, um Strafstoß zu geben. - siehe mfs67227 - war jemand schneller

    Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute sehr
    wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung
    angesehen.

  • Undankbar, regeltechnisch klar sinnvoller Strafstoss zu geben, damit bist du auf der sicheren Seite. Hier natürlich fies weil die Chance wohl unmittelbar da ist und der Spieler quasi schon im Anlauf zum Schuss ist und das Ding raufhaut egal ob du pfeifst und wenn du pfeifst und das Ding geht rein hast du die Arschkarte. Jetzt kann man noch überlegen wann der Vorteil denn wirklich eintritt, der Pass kommt aus dem stolpern, also erst wenn der Mitspieler den Ball kontrolliert, der haut das Ding sofort rauf, also wenn der Pass sauber rollt ist der Vorteil eingetreten da man es dann als Ballkontrolle werten kann, verspringt der Ball durch Unebenheiten kann man es als nicht eingetreten zurückpfeifen.

  • Das schreibt sich leichter, als es auf dem Platz ist.


    In der Zeit, in der Du das Foul bewertest, die Pfeife in den Mund nimmst und Strafstoß pfeifst, ist der Querpass schon gespielt und während Du auf den Punkt zeigst landet der Ball möglicherweise im Netz. Dann ist die Katastrophe perfekt.


    Ich sehe das daher anders als einige Vorredner: Der Vorteil ist eingetreten, indem der Querpass kontrolliert gespielt wurde und der andere Stürmer eine große Chance hatte. Nicht nur regeltechnisch ist das sonnenklar (da sind wir uns einig), sondern auch moralisch: Aus dem kleinen, harmlosen Foul ist der Mannschaft kein Nachteil entstanden, sie hat ihre Chance gehabt wie sie sie ohne Foul gehabt hätte und auf spielerische Art und Weise vergeigt. Passt schon, ich denke, Du hast da richtig gehandelt.

  • Ich hatte gestern fast exakt die selbe Situation. Nur, dass der Spieler gefallen ist, aber noch abspielen konnte zu einem freien Spieler der 5m vor dem TW, dem TW in die Arme schießt. Ich habe gesagt: "Jungs weiterspielen" - das Gemeckere war groß, aber es ist nicht mein Problem, wenn der Stürmer ein 100% Tor nicht macht. Hätte ich nachträglich auf den Punkt gezeigt, wäre es noch größer gewesen. (An die Klugscheißer: NEIN! Ich habe nicht aus angst nicht nachgepfiffen.)

  • Um das klarzustellen: Nachpfeifen hättest Du gar nicht mehr dürfen.


    Die einzige Chance ist, noch vor dem Schuss aufs Tor zu pfeifen. Die Vorteilsauslegung bedeutet aber keine "zweite Chance" für die Mannschaft. Wird der Ball kontrolliert abgespielt und der Verwerter hat durch das Foul keine Nachteile, schießt aufs Tor und der Torwart hält, ist ein nachträglicher Pfiff nicht möglich!

  • In der Theorie hat zettelbox vollkommen recht. In der Praxis kann ich schon noch "nachpfeifen", wenn sich das alles in der Zeit abspielt, die ich für die Bewertung des ersten Fouls, der Frage, ob ein Vorteil vorliegen könnte und der Zeit, die ich brauche, um die Pfeife zum Mund zu bringen, abspielt; da wird niemand einen Regelverstoß konstruieren können, schließlich wollte der SR ja abpfeifen.


    Ach ja: Theater hast man in solchen Situationen immer auf dem Platz, man muss das dann regelkonform verkaufen (können).

  • Danke für die vielen unterschiedlichen Meinungen.


    Sie alle zeigen, wie stark die Theorie des Regelheftes und die theoretische Diskussion der Regelbetrachtung in den Schirschulungen doch von der Praxis abweichen können - ohne das das ein oder andere falsch sein muss!


    Das [gemeint sind die Antworten] schreibt sich leichter, als es auf dem Platz ist.[...]

    Dank an Zettelbox für diese Worte.
    Zumal ich dazu tendiere, gerade in Tornähe und -möglicherweise- spielentscheidenden Situationen mir etwas mehr Zeit für meinen Pfiff zu nehmen.


    Wie beinahe schon erwartet tendieren die Antworten zwischen Strafstoß und Vorteil. Zumal jeder der meine Situationsbeschreibung liesst naturgegeben ein etwas anders Kopfkino von dieser Situation hat.


    Ich denke, ein Strafstoß - Pfiff wäre besser gewesen.

    Wenn man den Vorteil gibt, ist ja ein Foul vorausgegangen.
    Und eigentlich sollte es ja keinen Unterschied machen ob ein Foul im Mittelkreis oder im Strafraumeck stattfindet.

    Mit dem Vorteil sollte man im Strafraum eh sparsam umgehen. Und dann macht es eigentlich nur Sinn, wenn der Gefoulte eine klare Torchance hat oder ein Mitspieler den freien Ball unmittelbar übernehmen und verwerten könnte.

    Undankbar, regeltechnisch klar sinnvoller Strafstoss zu geben, damit bist du auf der sicheren Seite.


    [...]gestern fast exakt die selbe Situation [...] Ich habe gesagt: "Jungs weiterspielen"[...]

    Der Vorteil ist eingetreten, indem der Querpass kontrolliert gespielt wurde und der andere Stürmer eine große Chance hatte.


    Auch die Begründungen sind für mich allesamt nachvollziehbar

    Dass im Strafraum nur in den seltensten Fällen ein Vorteil sinnvoll ist, ist ja hinlänglich bekannt.[...] Strafstoß [...] wenn man diesen Tritt als Foulspiel wahrnimmt.

    Undankbar, [...] Hier natürlich fies weil die Chance wohl unmittelbar da ist und der Spieler quasi schon im Anlauf zum Schuss ist und das Ding raufhaut egal ob du pfeifst[...]

    [...]also wenn der Pass sauber rollt ist der Vorteil eingetreten da man es dann als Ballkontrolle werten kann [...]


    [...] wenn du pfeifst und das Ding geht rein hast du die Arschkarte [...]


    Bemerkenswert ist dieser Antwortteil:


    [...]ist nicht mein Problem, wenn der Stürmer ein 100% Tor nicht macht.

    Genau diese Worte wählte ein Schirikollege (des nachfolgenden Spiels)
    der diese Situation quasi aus der Hintertorkameraposition gesehen hat.



    [...]Theater hast man in solchen Situationen immer[...]


    Stimmt. Nur in diesem Fall ausnahmsweise nicht der Schiri (ich) sondern der Spieler der Gastmannschaft, der die 100%tige vergeigt hat.


    Der einzige der seinen Kommentar abgab war der "Gefoulte" der mich (ruhig) fragte ob ich denn das Foul nicht gesehen hätte.
    "Klären wir nach dem Spiel!" war meine -ebenso ruhige- Antwort.





    ich denke, Du hast da richtig gehandelt.


    Ja, ich denke auch.
    Mir war es jedoch wichtig das Ganze nochmal Revue passieren zu lassen und sich in der Beurteilung der Situation nochmals unter Kollegen auszutauschen.


    Man kann nur besser werden, wenn man sich und seine Entscheidungen auch regelmässig hinterfragt.



    man muss das dann regelkonform verkaufen .


    Richtig! Auch diese Chance hatte ich.


    Nach einem gemütlichem Sontagsnachmittagskick bei gutem Wetter ohne Karten und ohne Gemecker gegen den Schiri -ja, das gibts bei Alten Herren auch- saßen wir mit beiden Mannschaften noch beim gemütlichem 3.Halbzeitbier und genossen das nachfolgende Spiel.


    Natürlich konnte ich auch meinem versprechen Nachkommen, dem gefoultem Spieler meine Beurteilung der Situation zu darzustellen.
    Mit einem Prost und einem gemeinsamen Schluck aus der Flasche war das dann auch geklärt.


    Wenn nur alle Spiele immer soooo einfach zu leiten wären.....

  • War der zitierte, "bemerkenswerte" antwortteil von Manfred und mir nun positiv, oder negativ gemeint?


    Ich mein, was soll ich machen. Ich bin dafür da, das Spiel zu leiten und der Stürmer dafür, seine buden zu machen. Wenn er ea nicht schafft, sind mir als SR die Hände gebunden.

  • War der zitierte, "bemerkenswerte" antwortteil von Manfred und mir nun positiv, oder negativ gemeint?


    Ich mein, was soll ich machen. Ich bin dafür da, das Spiel zu leiten und der Stürmer dafür, seine buden zu machen. Wenn er ea nicht schafft, sind mir als SR die Hände gebunden.


    Weder, noch. Das bemerkenswerte daran ist, das der hinter dem Tor stehende Schirikollege -war für´s nächste Spiel angesetzt- wortwörtlich die selben Worte wählte.


    Was bleibt ist genau das was Du sagst. Wenn der Stürmer zu dusselig ist das Tor zu treffen liegt es nicht am Schiri.