Vorteilsauslegung

  • Guten Tag,


    ich habe nächste Woche meine Neulingsprüfung ;)
    und habe doch noch eine Frage, ich stelle sie mal anhand eines Beispiels:


    "Bei der Freistoß-Ausführung vor dem Strafraum spielt ein Abwehrspieler einem Mitspieler den Ball zu. Da dieser von dem Zuspiel überrascht wird, will ein Angreifer den Bann erreichen. Um dies zu verhindern, läuft der Abwehrspieler(welcher den Freistoß ausgeführt hat) zum Ball und berührt ihn erneut.
    Der Angreifer kann den Ball aber erreichen und erzielt ein Tor."


    Meine naive Entscheidung war, idF, Tatort des Vergehens, keine persönliche Strafe.
    Nun als richtige Antwort wird aber angegeben: Tor, Anstoß, keine persönliche Strafe.


    Nun meine Frage: In welchen Fällen darf ich denn auf Vorteil entscheiden. Bei "nahezu" allem? Welche Ausnahmen gibt es? (Ballberührung von Auswechselspieler um Tor zu verhindern -> trotz Tor, zählt es nicht, und es gibt idF..., warum?)
    Also wann darf ich auf Vorteil entscheiden, und wann nicht?


    Ich hoffe das kann mir hier jemand erklären :thumbup:
    Bin total Verunsichert was das angeht...


    Liebe Grüße und einen schönen Wochenbeginn,
    Max

  • Entscheidend ist zunächst, ob der Ball im Spiel war oder nicht. Im konkreten Fall war der Ball mit der ersten Berührung (der Ausführung) im Spiel, die zweite Berührung ist erst der Regelverstoß, ergo ist der Vorteil möglich.

  • Entscheidend ist zunächst, ob der Ball im Spiel war oder nicht...


    Das ist wichtig, denn es bedeutet zum Beispiel, dass Du nach einem falschen Einwurf keinen Vorteil geben kannst.

  • Oder bei einem Abstoß der vom Stürmer im Strafraum erlaufen wird. Das Beispiel mit dem idF bei einem Auswechselspieler der den Ball Ball berüht würde ich so auch nicht unterschreiben. Ich würde hier auf Vorteil entscheiden. Gibt es irgendwo eine klare Anweisung, die das verbietet?

  • Okay, gut, ja das hab ich Verstanden.
    Ist auch in dem Oben geschilderten Fall, der Fall. Ball korrekt ins Spiel gebracht (Ball rollt), ab da kann es Vorteil geben. Klar, das ist natürlich logisch, darauf bin ich nicht gekommen.


    Warum kann aber kein Vorteil gegeben werden, wenn ein Auswechsel/Ausgewechselter Spieler den Ball berührt, der Ball jedoch ins Tor geht?
    Habe unter Regel 3, Zahl der Spieler nichts dahingehend was Vorteil betrifft gefunden. Nur wie es weiter geht, wenn der Schiedsrichter unterbricht.


    Gibt es bzgl. des Vorteils noch etwas mehr zu wissen, als: Um auf Vorteil zu entscheiden, muss der Ball im Spiel sein?



    Liebe Grüße
    und danke bisher!
    Max!


    /edit: mrfcc: Kann dir für die Richtigkeit der Antworten keine Garantie geben. Habe das aus der App für Android: Fußball Regelfragen... Ich hoffe sehr, dass dort die Antworten korrekt sind. Ich hätte rein instinktiv auch auf Vorteil entschieden und das Tor gegeben.
    Aber vielleicht gibt es da ja was, im Sinne von Auswirkung von außen usw.


    Liebe Grüße

  • Wenn ein Auswechselspieler den Ball mit einem erlaubten Teil berührt (sprich kein Handspiel) und der Ball trotzdem ins Tor geht ist das Tor nicht gültig, da eine andere Person in das Spiel eingegriffen hat. Hierzu gibt es dann Gelb für den Auswechselspieler (unerlaubtes Betreten) und der indirekter Freistoß wo er den Ball berührt hat.


    Greift er nun mit der Hand zum Ball, gibt es Rot + indirekter Freistoß (dies gilt auch für den Ersatz-Tormann!), sofern der Ball ohne seiner berührung ins Tor gegangen wäre.

  • Zu wissen gibt es schon noch einiges.


    Um auf Vorteil zu entscheiden sollte halt auch wirklich ein Vorteil da sein. Viele Schiedsrichter (auch ich) suchen in Spielen teils in unmöglichsten Situation den Vorteil. Bei verwarnungswürdigen Vergehen sollte man nur auf Vorteil entscheiden, wenn der Angriff wirklich aussichtsreich ist. Bei feldverweiswürdigen Vergehen nur, wenn trotzdem eine klare Torchance entsteht. Die Erfahrung die ich oft gemacht habe ist, dass das auf Vorteil spekulieren oft zu Unmut führt. Siehst du zum Beispiel eine Regelübertretung und wartest erst wo der Ball hingeht, dann riskierst du, dass der Gefoulte zwischenzeitlich sagt: "Ey Schiri, klares Foul." . Pfeifst du dann noch nach, dann hast du die andere Mannschaft vor der Nase die dir erzählt: "Du pfeifst doch nur auf Zuruf!" Das wirkt halt schlecht, auch wenn du de facto alles richtig gemacht hast. Deswegen anfangs eher weniger auf Vorteil entscheiden und nicht lange fackeln Freistöße auch zu geben. Bei den technischen Fähigkeiten der Spieler in den unteren Klassen ist sowieso der Freistoß oft der größere Vorteil als der Angriff im laufenden Spiel.

  • Danke lamTheDj!
    Danke mrfcc. Das werde ich mir zu Herzen nehmen! Hast vollkommen recht.


    Habe Übrigens in den Regelfragen des DFB auch die Selbe Antwort gefunden, leider sind dort keine Erklärungen vorhanden!
    Bild: [Blockierte Grafik: http://i.imgur.com/Yub79vt.png]
    Quelle DFB Online Lernen Portal.

    Einmal editiert, zuletzt von Stefan () aus folgendem Grund: Komplettzitat entfernt, da Folgepost

  • Ist ein Tor nicht der größtmögliche aller Vorteile? Stellen wir uns einen cleveren AW-Spieler vor der beim Stand von 1-0 im Pokalfinale den Platz betritt, den Ball irgendwie (Hand, Fuß, Bein etc.) stoppt und der idF nicht verwandelt wird, weil der Schütze in die 11-Mann-Mauer schießt. Die Mannschaft gewinnt das Finale -> "Vorteil" ( Anführungszeichen wegen regeltechnisch evtl. kein Vorteil) genommen -> Diskussionen, Diskussionen, Diskussionen, Diskussionen, Diskussionen! Danke Regeln! :ironie:

  • Zum einen ist beim Eingriff von Außen kein Vorteil möglich.
    Zum anderen wird in dem beschriebenen Szenario das Spiel wiederholt ...

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Ich bin mir da nicht sicher, ob das Spiel dann wiederholt wird. Das Vergehen wird regeltechnisch korrekt mit persönlicher und Spielstrafe geahndet. Zumindest bei uns ist bei dieser Regelfrage der Zusatz "Meldung im Spielbericht" überflüssig.


    Daher würde mich interessieren, ob es hier schon einen Präzedenzfall gibt.


    PS: es gibt allerdings einige "Wahrnehmungs"Möglichkeiten, die letztendlich doch zum Torerfolg führen würden, sollte sich eine Mannschaft derart unsportlich verhalten ;)

  • Die Erfahrung die ich oft gemacht habe ist, dass das auf Vorteil spekulieren oft zu Unmut führt. Siehst du zum Beispiel eine Regelübertretung und wartest erst wo der Ball hingeht, dann riskierst du, dass der Gefoulte zwischenzeitlich sagt: "Ey Schiri, klares Foul."


    Meine persönliche Erfahrung ist eher, dass die SR bei uns in der Liga eher zu viel abpfeifen, was eher zu Protesten und Meckerei führt.
    Insbesondere, wenn der SR vorher schon eher "ungünstig" gepfiffen hat.


    Also z.B. mehrfach kein Foul gepfiffen, obwohl (zumindest laut Meinung der "gefoulten" Mannschaft ;)) gefoult wurde.
    Wenn in der nächsten Szene dann das gleiche Foul gepfiffen wird obwohl jetzt ein relativ großer Vorteil entstanden ist, ist das gemecker wesentlich größer meiner Erfahrung nach.


    Viele SR in der Betonliga trauen sich meiner Meinung nach auch nicht auch mal 3 Sekunden zu warten und dann noch nachzupeifen.
    Sieht man in der Bundesliga natürlich öfter. Bei uns ist es eher "direkt" oder "nie" die Devise.


    Wichtig ist meiner Meinung nur, dass man den Vorteil anzeigt.
    Damit zeigt man den Spielern, dass man das Foul gesehen hat aber Vorteil laufen lässt.
    Quasi gar nicht zu reagieren und nur "heimlich" Vorteil zu geben (quasi mit dem Gedanken "Ich musste zum Glück nichts entscheiden, weil eh Vorteil") kommt zumindest bei mir nicht gut an ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D


  • Wichtig ist meiner Meinung nur, dass man den Vorteil anzeigt.
    Damit zeigt man den Spielern, dass man das Foul gesehen hat aber Vorteil laufen lässt.


    Dann darf der SR aber nicht mehr nachpfeifen - "Vorteil" rufen oder anzeigen bedeutet, dass dieser eingetreten ist. Demnach kann der SR den Vorteil erst anzeigen, wenn klar ist, dass es wirklich einen gibt.


    In den unteren Ligen haben die meisten Spieler meiner Erfahrung nach einen sehr komischen Vorteilsbegriff. Da pfeifst du ein klares Foul an einem Verteidiger im eigenen Strafraum und der Mittelfeldspieler 10 Meter weiter vorne nölt dich an, warum du nicht Vorteil laufen lässt, obwohl er noch 70 Meter zum Tor und 8 Gegenspieler vor sich hat...

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Ja aber wenn so gar keine Reaktion vom SR kommt, hat man immer den Eindruck, dass er es einfach nicht gesehen hat.
    Und das ist oftmals schlecht.

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler der sich für die Regeln seines Sports interessiert :D

  • Deswegen habe ich mir angewöhnt auch regelkonforme Zweikämpfe die kritisch sein könnten mit "Spielen!" oder "Weiter!" zu kommentieren. Dann ist Allen klar, dass ich die Situation gesehen und bewertet habe.

  • Es gibt hier keinen Königsweg - ein Zeichen, dass ich bewertet habe, kann mir den Vorwurf der Blindheit einbringen "Du stehst direkt daneben und siehst/pfeifst das nicht.".


    Ein "weiter" zeigt an, dass die Spieler besser beraten sind, das Spiel fortzusetzen, da zumindest nicht unmittelbar ein Pfiff folgen wird. Von daher zeigt es schon an, dass ich bewertet habe, bedeutet aber nicht automatisch, dass die Bewertung final sein muss, ich kann ggf. doch noch abpfeifen, wenn ein etwa erwarteter Vorteil nicht eintritt. Daher empfiehlt unser Lehrwart, lieber "weiter" zu rufen und "Vorteil" zu vermeiden.


    Im Gegensatz dazu kann ein schweigen durchaus auch positiv sein, weil zumindest die etwas schlaueren Spieler durchaus merken, dass der Schiri aufpasst und hier abwartet - spätestens nach der ersten kritischen Szene, nach deren Ende man durchaus mal den Satz sagen kann "Lass mich doch erst einmal gucken", haben die das raus und tun das, was Fußballer tun sollten: Spielen, bis der Schiri pfeift.


    Letztlich ist das immer eine intuitive Einzelfallentscheidung, die zum Spielcharakter und zur Situation passen muss.


    Ach ja: Originellerweise gibt es im Regelbuch eine Geste für "Vorteil" ...

  • Originellerweise


    Warum originellerweise? Sciher ist ein akustischer Hinweis für die unmittelbar am Geschehen beteiligten besser- aber ich nutze die Geste sooft ich kann. Bin schließlich ein geprüfter SR und versuche die Regeln anzuwenden.

  • Originell finde ich es deswegen, weil uns einerseits geraten wird, nicht "Vorteil" zu rufen, das Regelwerk aber die Anzeige kennt ... Persönlich nutze ich die Geste fast nie, weil sie mir zu umständlich ist und beim laufen stört, wenn, dann mache ich das meist mit nur einem arm, was ebenso gut verstanden wird.

  • "Weiter" kannst Du unmittelbar nach Szene rufen, Dir bleibt immer noch die Möglichkeit, nachzupfeifen.


    Beim Ruf "Vorteil" nutze ich immer auch die vorgesehene Geste (beide Hände nach oben). Das aber erst einige Sekunden nach dem Foulspiel, wenn ein Nachpfeifen nicht mehr möglich ist. Wenn unmittelbar nach dem Ruf der Ball verloren wird, ist das Pech für die Mannschaft.


    Ich mache von beidem viel Gebrauch, häufig auch kombiniert (unmittelbar nach Foul "weiter" und fünf Sekunden später nochmal "Vorteil" inkl. Geste).