Spieler will nach k.o. weiterspielen

  • Folgendes ist passiert:
    In meinem Kreisliga B-Spiel (Herren) am letzten Sonntag wurde in der 50.Min. eine Flanke vor das Tor geschlagen, genau Mitte Tor an der Torraumlinie. Der Torwart der Mannschaft A läuft aus seinem Tor Richtung Ball, gleichzeitig rennt der Stürmer von B ebenfalls zum Ball. Beide sind in vollem Lauf, beide sind nur auf den Ball fixiert und beide springen nahezu gleichzeitig ab und es kommt zu einem ziemlich heftigen Zusammenprall in der Luft, der beide Spieler von den Beinen haut. Während der Stürmer sich kurz schüttelt und dann wieder aufsteht, bleibt der Torwart liegen. Das Spiel hatte ich bereits unterbrochen und mir war sofort klar, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Der Torwart hatte das Bewußtseim verloren, was seine Mannschaftskollegen zunächst gar nicht bemerkt hatten. Ich habe bemerkt, dass er weggetreten war, weil er nicht auf meine Fragen reagierte.
    Es hat fast 1 1/2 Minuten gedauert, bis er wieder bei sich war, weitere drei Minuten bis er wieder stand und das erste, was er sagte, war, dass er weiterspielen wolle. Die Betreuer fanden das gar nicht toll und auch ich war von der Idee gar nicht begeistert. Ich muss noch erwähnen, dass der TW und ich uns schon seit Jahren kennen und ein sehr gutes, sportlich kameradschaftlichen Verhältnis zueinander haben. Ich habe ihm dann gesagt, dass ich ihn so nicht weiterspielen lasse. Zum Glück waren die Betreuer meiner Meinung und wechselten ihn umgehend aus.
    Jetzt meine Frage: Hätte ich regeltechnisch eine Chance gehabt, ihm das Weiterspielen zu untersagen, wenn er und seine Betreuer darauf bestanden hätten, dass er weiterspielt? Bedenkt, er war über eine Minute im Reich der Träume. Für einen Boxer ist nach 10sec. Schluss, wenn er bis dahin nicht wieder steht.

    35 Jahre Schiri :saufbrüder: ( und immer noch nicht genug davon )
    1981 bis 2016

  • Wenn Spieler und Betreuer darauf bestehen, dass er weiter macht, hast Du als SR keine Möglichkeit, dass zu unterbinden.

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Und was machst Du, wenn die darauf bestehen, dass der weiter macht, das Spiel abbrechen?

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Solange wir keine unabweisbaren Fakten (blutende Wunde, ganz offenkundige Mängel im Bewusstsein) haben, kommen wir nicht umhin, das Spiel mit einem solchen Spieler fortzusetzen. Zur eigenen Absicherung sollten wir unsere Zweifel - idealerweise in Hörweite von Spielern/Trainer der gegnerischen Mannschaft - laut und deutlich vortragen, wenn die aber nicht fruchten - Pech gehabt; lediglich bei Minderjährigen sähe das noch etwas kritischer aus, aber auch da können wir allenfalls erforschen, ob ein Erziehungsberechtigter am Platz ist.

  • Ein Spieler, der nach einem Kopftreffer bewusstlos war spielt bei mir garantiert nicht. Und wenn ich dann vorm Sportgerichtsverfahren eine Spielwiederholung kriege ist mir das auch egal. Lieber das, als dass der Torwart nach dem nächsten Zusammenprall im Koma oder schlimmer endet und ich mir lebenslang Gedanken machen werde.


    Und wer den Spieler weiterspielen lassen würde muss sich ernsthaft Gedanken um seine Prioritäten machen - es gibt im Leben wichtigere Dinge als Sportrecht. Solange kein medizinisch ausgebildeter Fachmann mir die Unbedenklichkeit der Teilnahme versichert gehe ich nach meinem Menschenverstand - und der sagt mir: so einen Spieler weiterspielen zu lassen ist ein unverantwortbares Risiko.


    Und wer sich auf Regeln berufen möchte: Gemäß Regel 5 darf ich bei sehr schweren Verletzungen, z.B. ausdrücklich erwähnt: Gehirnerschütterung, Außnahmen von der üblichen Vorgehensweise machen. Berufend auf diese Regelpassage geht auch der Torwart raus - und rauf lasse ich ihn definitiv wieder nicht.

  • Wie diagnostizierst du eine Gehirnerschütterung? Ich erkenne Blut, ein (durch-)gebrochenes Bein, einen nach Luft röchelnden oder bewusstlosen Spieler, aber eine Gehirnerschütterung mit Ausnahme von Christoph-Kramer-Symptomen leider nicht.

  • Ein freundliches "Atemspende macht bitte jemand von Ihnen, wenn der Spieler gleich wieder umkippt" sollte auch die uneinsichtigen Trainer/Mitspieler dazu bewegen, dass eine Auswechslung stattfindet. ;)

    Der Klügere gibt nach.


    Das erklärt, warum die Welt von den Dummen regiert wird.

  • Ich kann keine Gehirnerschütterung diagnostizieren. Die Betreuer auch nicht. Das ist ja gerade der Punkt.
    Wenn es jemand vor Ort zuverlässig kann, dann höre ich auf den. Bis dahin habe ich bei einer Bewusstlosigkeit die wohl nicht ganz unbegründete Vermutung, dass da durchaus eine vorliegen könnte. Daher riskiere ich nicht sein Leben und lasse ihn mitspielen.

  • Ok, bezogen auf die Ausgangsfrage "nach einer Bewusstlosigkeit" stimme ich dir voll und ganz zu.

  • kanarien3
    natürlich würde ich das Spiel nicht abbrechen, aber darauf bestehen, dass ein sachkundiger Arzt/Sanitäter mir bestätigt, dass der Spieler ok ist.
    Solange ist das Spiel dann halt unterbrochen oder der enstpr. Spieler bleibt dann schon von sich aus draußen.

  • Leute, legt doch mal Eure Emotionen beiseite ...


    Auch mir ist es eine grauslige Vorstellung, wenn ein Spieler nach einem solchen Vorfall weiterspielen will. Aber was soll ich als SR tun? Sportrechtlich habe ich keine Handhabe. Einer unterlassenen Hilfeleistung - damit handeln wir den strafrechtlichen Block ab - mache ich mich auch nicht schuldig, der Spieler ist schließlich wieder Herr seiner Sinne und in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen. Zivilrechtlich käme an dieser Stelle nur die Einrichtung einer Betreuung in Betracht, das wäre hier aber nicht nur albern, sondern in der Kürze der Zeit auch gar nicht zu bewerkstelligen. Soweit ich also keine medizinisch fundierten Belege - offene Wunden, eindeutige Anzeichen einer Verletzung oder Bewusstseinsstörung - habe, würde ich den Spieler seiner Rechte beschneiden - und in der Folge alle übrigen Spieler auf dem Feld auch, denn die ultima Ratio wäre der Abbruch; den Ausgang eines daraus eventuell folgenden sportrechtlichen Verfahrens lasse ich dabei jetzt außen vor.


    Es bleibt also der moralische Aspekt: Meine diesbezügliche Verantwortung gebietet mir selbstverständlich, mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass der Spieler nicht mehr teilnimmt. Wenn er das aber dennoch will, sind meine Möglichkeiten erschöpft, dann muss ich mich für eine Spielfortsetzung oder einen Abbruch entscheiden. Was richtig ist? Niemand weiß es und ich hoffe inständig, dass mir so etwas nie passieren wird, denke aber gleichzeitig, dass hier eine intuitive und situative Entscheidung gefordert ist, die sich nicht im Vorfeld treffen lässt.

  • Hätte Christoph Kramer im WM Finale bleibende Schäden erlitten, würden wir hier ganz anders argumentieren.

  • Es gibt übrigens was neues zu dem Thema:


    http://de.fifa.com/aboutfifa/f…newsid=2443027/index.html



    Gleichzeitig wurde auch auf die Fifa Wm eignegangen

    Zitat

    Die Anzahl der Verletzungen, die bei der FIFA Fussball-WM Korea/Japan 2002™ noch 2,7 pro Spiel betragen hatte, auf 1,7 bei der FIFA Fussball-WM Brasilien 2014™ zurück. Im Vergleich zu früheren Turnierauflagen wurden zudem weniger Verletzungen durch Fouls verursacht, was auch auf Verbesserungen im Schiedsrichterwesen hindeutet.


    zumindest was die Karten angeht kann ich das nicht so unterschreiben, aber das gehört in nen anderen Thread ;)

    Bin kein Schiedsrichter, nur ein Spieler Trainer (wieder) Spieler Irgendjemand der sich für die Regeln seines Sports interessiert