Neue Definitionen für "Bedrohung"?

  • Auszug aus einen Sportgerichtsurteil gegen zwei Spieler (im gleichen Spiel) nach dem Einspruch des Vereins:


    Die nochmalige Sichtung des SR-Berichtes und des nun eingegangenen Einspruches des Vereines XY gegen den Strafantrag für den Spieler AB ergab übereinstimmend, dass dieser nach Spielschluss auf dem Wege zu den Kabinen zum SR wörtlich sagte:"Blöder Ossi, pass auf, dass Du nicht ein paar in die Fresse bekommst!" Der Verein distanziert sich von diesen Äußerungen seines Spielers, betont aber auch, dass der SR den Spieler überhaupt erst nach dem Spiel nochmal auf sein Verhalten während des Spieles ansprach und ihn somit durchaus provozierte. Das Sportgericht kann dem Verein XY in seiner Argumentation bei gewissen entstandenen Emotionen sehr wohl folgen. Hier waren aber die Äußerungen nun relativ verwerflich, so dass das Sportgericht die Sperre zwar minderte (von 6 auf 4 Spiele), aber eine Spielsperre von 4 Spielen für erforderlich und angemessen hält.


    Nach nochmaliger Sichtung des SR-Berichtes und des nun eingegangenen Einspruches gegen den Strafantrag für den Spieler CA durch den Verein XY kam das Sportgericht zu folgender Wertung des Vorfalles: Der Spieler CA sagte nach Spielschluss auf dem Weg zu den Kabinen wörtlich zum SR: " Wenn Du noch ein Spiel leitest, passiert was!". Hier kann das Sportgericht dem Beitrag des Vereines XY folgen, dass keine konkrete Bedrohung vorliegt. Eine Bedrohung setzt voraus, dass mit einem körperlichen Schaden gedroht wird. Hier war eine allgemeine, nicht weiter erläuterte Aussage getätigt worden, die für das Sportgericht ein unsportliches Verhalten darstellt. Hier kann das Sportgericht dem Antrag des Vereines SC Borsigwalde folgen, die Sperre auf 2 (ursprünglich 4) Spiele zu reduzieren. Diese Sperre sieht das Sportgericht alerdings auch für erforderlich und angemessen an.


    Geht es nur mir so oder wird hier ein peinlicher, verbaler "Eiertanz" aufgeführt? Allein anhand diesen "Begründungen" kann ich verstehen, warum Schiedsrichter irgendwann sagen "Leckt mich doch..." und dann aufhören - oder sich selber daneben benehmen.

  • Warum sollte es in Berlin nicht auch so ablaufen wie in den meisten anderen Landesverbänden. Von Jahr zu Jahr werden die Entscheidungen der Sportgerichte "täterfreundlicher" ausgesprochen und die Interessen der Vereine stärker berücksichtigt als diejenigen der Schiedsrichter. Vielleicht liegt das auch darin, dass nicht nur in den Verbandsführungen, sondern auch in den Sportgerichten immer mehr Juristen einziehen.


    Ohne Abitur und u.U. sogar Studium ist man schon gar nicht mehr in der Lage Entscheidungen der Sportinstanzen nachzuvollziehen, geschweige denn zu verstehen.
    :ironie:


    Da wird Haarspalterei betrieben. Besonders wenn es um die Wertung von Vergehen gegen Schiedsrichter geht. Natürlich sind auch manche Schiedsrichter beileibe keine Engel und so manchesmal auch mitschuld an der Entwicklung von sportwidrigen Verhaltensweisen, aber die Richtung in die die Sportgerichtsbarkeit "abdriftet" kann ich nicht gut heissen. Früher hieß es einfach >Finger weg vom Gegner und Schiedsrichter, sonst fliegt man vom Platz< und die Strafe folgte auf dem Fuße. Heute werden -die Entwicklung über die letzten Jahre ging dahin- Unterscheidungen getroffen zwischen unsportlichem Verhalten und Tätlichkeiten. Es ist zwar nicht Aufgabe der Schiedsrichter für möglichst hohe Strafen für fehlbare Spieler zu sorgen, aber es ist auch verständlich, wenn sie sauer reagieren, wenn das Sportgericht wieder einmal ein "Vergehen light" aus dem Bericht herausgelesen hat. Es ist schon traurig, dass man als Schiedsrichter die Unterstützung eines Juristen bräuchte um den Fall dann so zu schildern, dass wirklich auch eine Tätlichkeit herauskommt, wenn es eine solche war.

  • " Wenn Du noch ein Spiel leitest, passiert was!".


    Genau: Der Spieler könnte ja auch gemeint haben, dass er den SR zur nächsten Grillfeier des Vereins einlädt ... :kotz

  • Sehr merkwürdig. Was man aber auch festhalten muss: Wenn das Sportgericht zunächst eine Verurteilung für die Aussage "Blöder Ossi, pass auf, dass Du nicht ein paar in die Fresse bekommst!" gefällt hat und sich im Berufungsverfahren herausstellt, dass dieser Satz gar nicht gefallen ist, sondern "Wenn Du noch ein Spiel leitest, passiert was!", ist das ein qualitativer Unterschied. Da bleibt dem SG ja kaum eine Möglichkeit, das (ohnehin schon sehr milde) Urteil weiter zu mildern. Wenn also der SR als denkbare Alternative im zweiten Berufungsverfahren zugegeben hätte, dass der Satz doch etwas anders war als zuvor ausgesagt, würfe das auch kein gutes Licht auf den SR. Müsste man halt wissen, was tatsächlich passiert ist.


    Die Begründung (keine Androhung körperlichen Schadens) halte ich im Strafrecht sogar für denkbar; man muss die strafrechtliche "Bedrohung" aber nicht mit der sportrechtlichen gleichsetzen und mit gesundem Menschenverstand ist auch der abgemilderte Satz ein klarer Fall von Bedrohung ...

  • Vorsicht, Zettelbox - es handelt sich hier um ZWEI Spieler.
    Der eine hat den "Ossi-Satz" gesagt, der andere den "Es passiert was"-Satz. Diese Sätze sind bestätigt. Es geht hier um den Rückwärtssalto bei der Bewertung dieser Sätze. Denn im ersten Urteil wurde auf Beleidigung+Bedrohung sowie auf Bedrohung auf der Basis des SR-Sonderberichtes entschieden.
    Warum man dann plötzlich der (herunterspielenden) Stellungnahme/Einspruch des Vereins "argumentativ" gefolgt wird, halte ich für bedenklich ....

  • Es ist schon sehr bedenklich, was da bei der Sportgerichtsbarkeit abgeht! Wie sagte Koch in Bayern erst, wir müssen um jeden Spieler kämpfen. Da kann dann schon mal ein Urteil "etwas" milder ausfallen. Wie in München, als ein KL- Spiel nach Abbruch wiederholt wurde, was selbst der schuldige Verein kaum fassen konnte.
    Ihr könnt mir glauben, ich bin froh damit nichts mehr zu tun zu haben!

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

  • Sehe das etwas anders:


    Wir Schiedsrichter hatten in der Vergangenheit oft den Anspruch, dass unserer Aussage vor einem Sportgericht mehr Gewicht geschenkt wird als der Aussage eines beteiligten Spielers. Das ist falsch! Manche Schiedsrichter scheinen nicht damit zurecht zu kommen, dass eine Sportgerichtsverhandlung keine Fortführung des Fußballspiels mit anderen Mitteln ist. Im Fußballspiel hat der Schiedsrichter alle Macht, in der Sportgerichtsverhandlung ist er einfach Zeuge. Dessen muss man sich bewusst sein.


    Als Schiedsrichter sind wir lediglich Zeugen, die einen bestimmten Vorfall bekunden. Wir sind nicht etwa eine Partei, schon gar nicht "Geschädigte", Nebenkläger oder ähnliches. Dafür steht nur der ordentliche Gerichtsweg zur Verfügung.


    Und zu letzt noch ein Rat:


    Das Niveau, mit dem hier Entscheidungen der Sportgerichtsbarkeit diskutiert werden, steht auf einer Stufe mit dem Niveau, mit dem oft über Schiedsrichterentscheidungen diskutiert wird: Pauschale Vorurteile ("zu viele Juristen", "immer täterfreundlicher"), die zudem sachlich falsch sind, bestimmen die Diskussion.


    Wenn ihr als Schiedsrichter fair beurteilt werden wollt, dann urteilt auch selbst über andere fair.


    Noch ein Hinweis: Jeder Kenner merkt sofort, dass zumindest das zweite Urteil kein Jurist geschrieben haben kann. Das Wort "Wertung" im Zusammenhang mit einer Tatsachenschilderung zu verwenden, zeugt von Laienhaftigkeit.

  • Die Juristen können gerne arbeiten und argumentieren wie sie wollen. Am Ende zählt für mich als Beteiligter das Ergebnis. Ich halte es für wenig zielführend, Laien unentwegt vorzuhalten, dass ihre Forderung nach höheren Strafen falsch sei. Wenn die große Mehrheit mit den Strafmaßen (sowohl bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit als auch bei der Sportgerichtsbarkeit) unzufrieden ist, dann muss die Gerichtsbarkeit mit klareren Begründungen für mehr Verständnis sorgen. Das sehe ich mittlerweile als Bringschuld. Oder eben höhere Strafen aussprechen.
    Am Ende ist die Gerichtsbarkeit nämlich für mich da und kein akademischer Selbstzweck.

  • Sehe das genauso, das einzige Mittel gegen mehr Ordnung am Sportplatz und drum herum, sind höhere Strafen. Beispiel wir wurden von einem Spieler nach dem Schlusspfiff mit Wasser übergossen, Sperre 3 Wochen Sperre, 3 Wochen in der Sommerpause bringen sehr viel, da fragt man sich warum man sich das überhaupt noch an tut.

  • Wir Schiedsrichter hatten in der Vergangenheit oft den Anspruch, dass unserer Aussage vor einem Sportgericht mehr Gewicht geschenkt wird als der Aussage eines beteiligten Spielers. Das ist falsch! Manche Schiedsrichter scheinen nicht damit zurecht zu kommen, dass eine Sportgerichtsverhandlung keine Fortführung des Fußballspiels mit anderen Mitteln ist. Im Fußballspiel hat der Schiedsrichter alle Macht, in der Sportgerichtsverhandlung ist er einfach Zeuge. Dessen muss man sich bewusst sein.


    Als Schiedsrichter sind wir lediglich Zeugen, die einen bestimmten Vorfall bekunden. Wir sind nicht etwa eine Partei, schon gar nicht "Geschädigte", Nebenkläger oder ähnliches. Dafür steht nur der ordentliche Gerichtsweg zur Verfügung.

    Das wiederum betrachten ich und - zum Glück - das Sportgericht in meinem Verband etwas anders.
    Mit deiner Argumentation, pauschal angenommen, steht es in vielen Verfahren, in denen der SR in gewisser Weise sehr wohl geschädigt ist (z.B. Beleidigung gegen SR) schnell 11 zu 1 oder gar 22 zu 1.
    (Die eigene Mannschaft stellt sich hinter den eigenen Spieler, die andere Mannschaft hat entweder nichts mitbekommen oder fand den Vorfall gar nicht so schlimm; man möchte ja keine Probleme in Zukunft mit dem Verein!)


    Der Schiedsrichter steht in seiner Funktion oft alleine da und muss unpopuläre Entscheidungen treffen. Wenn ihm nicht mehr geglaubt wird, wem denn dann?
    Natürlich muss er seine Wahrnehmungen aber auch glaubhaft rüberbringen. Und ob diese nun ausreichend glaubhaft gemacht wurden (keine Widersprüche pp.) liegt in der Entscheidung der Sportgerichtsbarkeit.


    Dazu ein Zitat aus einem Verbandsgerichtsurteil, es ging um eine Beleidigung des SR, die angeblich niemand anderes gehört haben will:

    Zitat

    Dieser Schlussfolgerung folgt das Verbandsgericht. Das Kreisgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Schiedsrichter seine Aussagen nicht beweisen müsse und hat aber dann in seiner Schlussfolgerung festgestellt, dass es nicht sein könne, dass nur der Schiedsrichter die beleidigenden Worte gehört haben will, also seien sie nicht gefallen. Der Schiedsrichter kann nicht gezwungen werden, Beweise für seine Wahrnehmung zu sammeln. Einzig die Bekundung der Zeugen, sie hätten nichts gehört, kann den Schiedsrichter nicht überführen, bewusst die Unwahrheit gesagt zu haben.

  • Wir Schiedsrichter hatten in der Vergangenheit oft den Anspruch, dass unserer Aussage vor einem Sportgericht mehr Gewicht geschenkt wird als der Aussage eines beteiligten Spielers. Das ist falsch!


    Eine Auffassung, die man vertreten kann, die m.E. aber von falschen Voraussetzungen ausgeht. Der Schiedsrichter ist regelmäßig der einzige Neutrale am Platz, der zudem - ebenfalls oft genug als Einziger - hinreichende Regelkenntnis hat. Wie anders sind sonst die vielen Diskussionen zu erklären, die sich regelmäßig um Strafstöße und Rote Karten entzünden? Und kennen wir nicht alle auch die falsch verstandene Kameradschaft der Spieler, ein bestimmter Vorfall sei doch gar nicht so schlimm gewesen? Menschlich verständlich, aber Recht und Gerechtigkeit müssen Fakten beurteilen - und wer, wenn nicht der Schiedsrichter, kann diese Fakten so weit wie möglich in objektiver Form liefern? Wer verfolgt regelmäßig keine eigenen Interessen? Ein Fakt, den Du übrigens selbst bestätigst:

    Als Schiedsrichter sind wir lediglich Zeugen, die einen bestimmten Vorfall bekunden.

    und

    Im Fußballspiel hat der Schiedsrichter alle Macht, in der Sportgerichtsverhandlung ist er einfach Zeuge.

    Auch Black Icebear bringt es sehr treffend auf den Punkt:

    Der Schiedsrichter steht in seiner Funktion oft alleine da und muss unpopuläre Entscheidungen treffen. Wenn ihm nicht mehr geglaubt wird, wem denn dann?


    Manche Schiedsrichter scheinen nicht damit zurecht zu kommen, dass eine Sportgerichtsverhandlung keine Fortführung des Fußballspiels mit anderen Mitteln ist.


    Unbestritten und unbestreitbar richtig. Selbstverständlich haben wir in unseren Reihen auch "Menschen" - und manche dieser Menschen reagieren menschlich, d.h. ggf. mit Charakterschwächen. Andererseits machen es uns viele Spieler, Trainer etc. auch nicht leicht, angefangen vom andauernden Arm heben wegen angeblichen Abseits bis hin zu Schwalben, dauernde Meckereien, Beschimpfungen und so weiter. Wer will uns wirklich verübeln, wenn wir dann nicht auch mal Schwächen zeigen? Natürlich ist das auch nicht in Ordnung und soll nicht passieren. Auch hier beschreibt Black Icebear es sehr treffend:

    Natürlich muss er seine Wahrnehmungen aber auch glaubhaft rüberbringen. Und ob diese nun ausreichend glaubhaft gemacht wurden (keine Widersprüche pp.) liegt in der Entscheidung der Sportgerichtsbarkeit.


    Wir sind nicht etwa eine Partei, schon gar nicht "Geschädigte", Nebenkläger oder ähnliches. Dafür steht nur der ordentliche Gerichtsweg zur Verfügung.


    Das wiederum ist grandioser Unsinn. Der SR ist oft genug "Geschädigter", sei es wegen Beleidigungen oder Tätlichkeiten. Hier greift der Verweis auf die ordentliche Gerichtsbarkeit viel zu kurz. Erstens wird sich die ordentliche Gerichtsbarkeit gerade mit Beleidigungen auf dem Sportplatz ziemlich regelmäßig nicht befassen und kein Verfahren durchführen. Zweitens wälzen wir hier das Risiko in unzulässiger Art und Weise auf den Schiedsrichter ab, denn das Kostenrisiko eines Prozesses vor dem Amtsgericht ist weitaus größer. Drittens deklassiert ein solcher Ansatz uns als SR zu Sportlern zweiter Klasse, denn das Sportrecht hat ja vor allem schützenden Charakter für alle Beteiligten.


    Viel spannender finde ich aber den von BRiT angesprochen Aspekt von Recht und Gerechtigkeit. Zur Erinnerung: Das staatliche Gewaltmonopol ist eine Konsequenz aus dem Fehdewesen des Mittelalters oder anders ausgedrückt: Aus dem Recht des Stärkeren. Das Sportrecht ist zwar kein staatliches Gewaltmonopol, funktioniert aber vergleichbar. Das Monopol der Gewalt und damit auch der Rechtsprechung soll neben der Abschreckung aber auch hinreichend Satisfaktion bieten - und genau daran stoßen sich einige:

    Wenn die große Mehrheit mit den Strafmaßen (sowohl bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit als auch bei der Sportgerichtsbarkeit) unzufrieden ist, dann muss die Gerichtsbarkeit mit klareren Begründungen für mehr Verständnis sorgen.

    Das heißt nichts anderes, als dass die Funktion der Genugtuung hier nicht funktionert hat. Ob das nun an mangelnder Transparenz der Entscheidung, falsch verstandener (zu milder) Rechtauslegung oder möglicherweise auch aus als zu milde empfundenem Recht resultiert, kann an dieser Stelle offen bleiben. Letztlich ist der Gesetzgeber - hier der DFB bzw. die Landesverbände - gefordert, ein Recht zu gestalten, welches den berechtigten Interessen aller am Fußball Beteiligten auch tatsächlich gerecht wird. Wenn dies bei einer Gruppe der Beteiligten offenkundig nicht so ist, besteht Handlungsbedarf: Entweder muss das Recht geändert werden oder der betroffenen Gruppe muss vermittelt werden, dass ihre Position unangemessen ist.


    Vielleicht sollte man aber auch einfach mal ein wenig klarstellen, dass wir gerade dem Phänomen Boulevardjournalismus unterliegen. Hier werden Urteile vorgestellt, die für meine Begriffe wirklich unangemessen und unhaltbar sind. Gleiches gilt für die Äußerungen und Handlungen mancher Offiziellen. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass die meisten Urteile der Sportgerichtsbarkeit doch den Ansprüchen an Gerechtigkeit genügen. Es muss aber erlaubt sein, die Fälle, in denen dies nicht gegeben ist, zu thematisieren.

  • Sehe das etwas anders:


    Wir Schiedsrichter hatten in der Vergangenheit oft den Anspruch, dass unserer Aussage vor einem Sportgericht mehr Gewicht geschenkt wird als der Aussage eines beteiligten Spielers. Das ist falsch! Manche Schiedsrichter scheinen nicht damit zurecht zu kommen, dass eine Sportgerichtsverhandlung keine Fortführung des Fußballspiels mit anderen Mitteln ist. Im Fußballspiel hat der Schiedsrichter alle Macht, in der Sportgerichtsverhandlung ist er einfach Zeuge. Dessen muss man sich bewusst sein.


    Ich hoffe nicht. So viel wie vor deutschen Sportgerichten gelogen wird (meine rein subjektive Beobachtung in Verfahren, in denen ich selbst saß)… Es würde kaum noch ein Spieler überhaupt eine Strafe bekommen, wenn die Aussage eines Schiedsrichters genauso viel wiegen würde, wie die jedes einzelnen anderen Zeugens.


    Kleines Beispiel: Vor ca. 13-14 Monaten in einem A-Jugendspiel schloss ich einen Spieler auf Dauer vom Spiel aus, da er seinem Gegner mit beiden Händen an die Kehle fasste - zugedrückt hat er (auch wegen meiner schnellen Reaktion) nicht. Das ganze ging vor die Spruchkammer. Vor der Kammer sagte er aus, er sei gestolpert und hätte sich am Gegner nur „festhalten“ wollen. Wtf?


    Anderes Beispiel: Ebenfalls vor gut einem Jahr im März oder so kommt ein Trainer der Gastmannschaft mit zwei Jugendlichen/jungen Erwachsenen nach einem A-Jugend-Spiel in meine Kabine, um den Spielbericht auszufüllen. Der Trainer beginnt sofort über das Spiel zu diskutieren und lässt sich davon nicht abbringen. Ich will zuerst die beiden jungen Kerle aus der Kabine bitten, um danach auch den Trainer mit dem Spielbericht herauszubeten. Einer der beiden Kerle will aber nicht gehen, baut sich vor mir auf und packt mich am Nacken. Nichts weiter passiert und der Heimtrainer hat die Räumung der Kabine dann für mich vorgenommen.
    In der Spruchkammerverhandlung sagt der Gasttrainer jedoch aus, dass niemand mit ihm in die Kabine gekommen sei? Was bitte? Sind die alle verwirrt?


    In beiden Fällen war zwar durch Aussage der Gastmannschaften die Wahrheit zu erkennen, aber was wäre, wenn einmal kein weiterer Zeuge anwesend wäre?

  • vorhin in der Fuwo gelesen, zur Halbzeit wurde ein Spiel abgebrochen bei dem Team A2:0 führte und gegen Team B ein Feldverweis gegeben wurde. In der Halbzeit wurde der SR beschimpft und mit einem Kaugummi beworfen, der brach das Spiel ab. Sportgericht sagt da sich die Lage danach beruhigte hätte der SR fortsetzen müssen, das Spiel wird neu angesetzt.

  • Ich sehe als sehr großes Problem, dass man einfach die Faktenlage nicht kennt.
    Da wird in der Presse häufig sehr viel aufgebauscht. Ohne wirkliche Hintergrundinformationen, sind Urteile aber überhaupt nicht zu beurteilen.


    Ich habe auch bereits mehrfach geschrieben, dass viele SR vor dem Sportgericht eine so unglückliche Figur abgeben, dass viele Urteile gar nicht anders zu fällen sind.

    Gott sei Dank habt ihr Schiedsrichter, sonst müsstet ihr eure Fehler ja bei euch suchen !

  • Ich glaube im Fall von Körnerbrötchen trifft das nicht zu, wobei ich jetzt auch das Gegenteil erlebt habe.


    Ich hatte eine Verhandlung mit einem meiner Jugendspieler, wo der Schiedsrichter einen Riesen Blödsinn geschrieben hat und mein Spieler ohne Strafe aus gekommen ist. Dabei ist aber wieder eine Geschichte lustig umgeändert worden. Es fing damit an das ein Spieler von gegnerischen Team meine Kapitän an den Hals gefasst hat. In der Verhandlung war das dann nur ein freundliches Arm um den Hals gelegt hat.
    Fazit hätte ich den Spielbericht geschrieben, wäre mein Spieler gesperrt worden. In den Punkt muss ich Pfeifekopp recht geben.

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Das wiederum betrachten ich und - zum Glück - das Sportgericht in meinem Verband etwas anders.
    Mit deiner Argumentation, pauschal angenommen, steht es in vielen Verfahren, in denen der SR in gewisser Weise sehr wohl geschädigt ist (z.B. Beleidigung gegen SR) schnell 11 zu 1 oder gar 22 zu 1.


    Das ist natürlich Unsinn. Elf Aussagen wiegen selbstverständlich nicht unbedingt mehr als eine einzige Aussage des Schiedsrichters, auch wenn Laien (und Sportgerichte?) das oft glauben. Wenn der Schiedsrichter eine in sich schlüssige, widerspruchsfreie Schilderung der Ereignisse darlegt, wird ihm natürlich in der Regel mehr geglaubt als 11 Spielern, die sich widersprechen oder die unnatürlicherweise total deckungsgleich aussagen. "Zweier Zeugen Mund, tut stets die Wahrheit kund", ist zum Glück seit dem Mittelalter kein Grundsatz mehr.



    Der Schiedsrichter ist formal gesehen ein Zeuge, wie jeder andere Spieler, Trainer, Zuschauer, etc. auch (außer der Täter). Das schließt es natürlich nicht aus, dass auch auf der Grundlage einer einzelnen Zeugenaussage (in dem Fall des Schiedsrichters) einmal eine Verurteilung des Spielers erfolgt.


    Der Schiedsrichter hat im Sportgerichtsverfahren selbst keine Rechte, die einem "Geschädigten" in der ordentlichen Gerichtsbarkeit zustehen. Ihr könnt ja mal versuchen, als Schiedsrichter in einem Sportgerichtsverfahren einen Beweisantrag zu stellen. Das Sportgericht wird euch freundlich fragen, ob ihr etwas geraucht habt. Spätestens dann sollte klar sein, dass man einfacher Zeuge ist als Schiedsrichter.

  • Das ist natürlich Unsinn. Elf Aussagen wiegen selbstverständlich nicht unbedingt mehr als eine einzige Aussage des Schiedsrichters, auch wenn Laien (und Sportgerichte?) das oft glauben. Wenn der Schiedsrichter eine in sich schlüssige, widerspruchsfreie Schilderung der Ereignisse darlegt, wird ihm natürlich in der Regel mehr geglaubt als 11 Spielern, die sich widersprechen oder die unnatürlicherweise total deckungsgleich aussagen. "Zweier Zeugen Mund, tut stets die Wahrheit kund", ist zum Glück seit dem Mittelalter kein Grundsatz mehr.

    Dann sind wir uns ja einig! :top:
    Zum Rest von dir kann ich dir wieder beipflichten.


    Vielleicht sollte man aber auch einfach mal ein wenig klarstellen, dass wir gerade dem Phänomen Boulevardjournalismus unterliegen.

    Und das ist das Hauptproblem an der Sache! Keinen Journalisten (bzw. sensationswilligen Leser) interessiert die Meldung: "Sportgericht urteilt angemessen."
    - Die Ausreißer, die werden populär. Sowohl in der Härte, als auch in der Milde des Urteils. Sportrechtlich und strafrechtlich.

  • Ich glaube im Fall von Körnerbrötchen trifft das nicht zu, wobei ich jetzt auch das Gegenteil erlebt habe.


    Sind ja alle - meiner Meinung nach - angemessen verknackt worden. ;)