BFV begnadigt brutalen Torwart

  • Irgendwie erschließt sich mir das mit dem Grundgesetz nicht ganz. Ist es tatsächlich so, dass der Spieler wieder aufgenommen werden muss, unabhänigig davon, was er sich hat zu Schulden kommen lassen?

  • Auch hier liegt eine Fehlinterpretation vor. Für den Bereich des Profifußballs gäbe es mit Artikel 12 GG schon potenziell ein Problem, nur ist der Herr nicht Profifußballer, wir brauchen darüber also gar nicht zu reden. Bleibt nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht - und hier gibt es das Spannungsfeld zwischen den beiden im Vorfeld genannten GG-Artikeln, die gegeneinander abzuwägen sind. Soweit - und davon gehe ich aus - die Sperre nur für den Bereich des BFV gilt, ist die Sache mit dem Monopolverband nicht ganz zutreffend, schließlich wäre die Teilnahme am Spielbetrieb in anderen Landesverbänden möglich. Außerdem - und das verkennt Herr Koch leider - gibt es dann auch eine Schutzfunktion des Verbandes - und zwar nicht nur gegenüber den Schiedsrichtern, sondern auch gegenüber allen anderen am Spielbetrieb teilnehmenden Spielern, schließlich könnte eine solche Attacke ja auch Spieler, Vereinsoffizielle, Zuschauer o.ä. treffen. Vor diesem Hintergrund gibt es definitiv keinen Automatismus, man hätte durchaus beispielsweise ein psychatrisches Gutachten zur Beurteilung der Gefahr einer Wiederholungstat einfordern können und eine Begnadigung von dessen Ergebnis abhängig machen können.


    Ganz nebenbei:
    Das GG regelt, vor allem im Bereich der Grundrechte, das Verhältnis Bürger - Staat, gerade die Grundrechte sind nicht auf das Verhältnis von Privaten untereinander anwendbar, allerdings ist der Staat dazu aufgerufen, durch die Ausgestaltung der Rechtslage dafür zu sorgen, dass die Grundrechte im erforderlichen Umfang in der Wirkung auch zwischen Privaten gelten. Zugegebenermaßen hätte die korrekte Darstellung wahrscheinlich die Verständlichkeit der Koch'schen Darstellung in Richtung des Nullpunktes gebracht, andererseits befürchte ich, dass er tatsächlich dieser nicht ganz zutreffenden Auffassung ist.


    Originell ist sein Verweis auf 900 gepfiffene Spiele - breche ich das auf eine normale SR-Karriere herunter, bedeutet das ungefähr 10 Jahre SR-Tätigkeit. Sicher ist das nicht wenig, es kommt aber durchaus darauf an, wie lange das her ist - alle, die wie ich schon etwas älter sind, wissen, dass sich in den letzten Jahrzehnten viel auf (und um) den Platz verändert hat. Erfahrungen, die man also vor 10 oder 20 Jahren gesammelt hat, lassen sich nicht mehr 1:1 auf heute übertragen.

  • Und selbst wenn...


    Wer eine solche Aktion bringt, der hat sein Recht auf Entfaltung im Fussball verwirkt!!!

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Meiner Meinung nach hätten es Herr Koch und der BFV auf eine Klage auf Wiederzulassung ankommen lassen sollen und alles schön an den Medien weitergeben. Ich glaube nicht, dass der "Sportler" dann die Klage durchgezogen hätte. Außerdem könnte der BFV und Herr Koch sagen, wir waren gegen eine Zulassung. Und im Falle des Rechtstreitgewinns müsste man nicht von sich aus lebenslang gesperrte Spieler nach nur 2-3 Jahren wieder zulassen.

  • Also die Tat war widerlich und ist zu Recht bestraft worden. Nun muss man aber irgendwann auch die Kirche im Dorf lassen und jemanden auch eine zweite Chance geben.
    Hier knallen welche das GG durch und alles mögliche aber wie ist es den im wirklichen Leben? Mit der Tat hätte er nur Bewährung oder sogar nur eine Geldstrafe bekommen.
    4 Jahre ist eine lange Zeit und vielleicht auch zu kurz für die Tat, aber man sollte jemanden immer eine Chance geben zur Rehabilitation.

    Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist. (Bill Shankly)

  • Das ist Käse Rehabilitation. Über die hälfte der Täter werden ein 2 mal zu Tätern . Und das nur weil wir so eine Kuscheljustiz haben.

  • Und das bedeutet dass der einsichtige Täter deswegen trotzdem lebenslang bestraft wird?


    Das hat nichts mit Kuschesjustiz zu tun, jeder Mensch hat das Recht nach einer angemessenen Strafe wieder am Gesellschaftsleben teilzunehmen. Dazu gehört auch der Fußball. Das manche auch ihre zweite Chance nicht nutzen und dann rückfällig werden ist ein anderes Blatt, trotzdem denke ich wenn ein Spieler glaubwürdig macht sich in Zukunft von solchem Verhalten weit zu distanzieren, am besten das noch durch Kurse etc. belegt, hat er eine Begnadigung verdient.
    Denn der BFV hat nunmal ein faktisches Monopol auf organisierten Fußball in Bayern, ein lebenslanger Ausschluss von dem für eine einmalige Tat wäre, wenn der Spieler denn wirklich aktiv Reue zeigt, für mich tatsächlich rechtswidrig.

  • Nur sind vier Jahre bei so einer Tat nicht angemessen - zumindest meiner Meinung nach nicht.
    Ich finde, bei seinem Verschulden, hat er sich eine längere Auszeit verdient...

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Und was würde er bei einem solchen Angriff auf einen Spieler kriegen? 2 Jahre oder so.
    Ich denke die doppelte Strafe, da der Schiedsrichter besonders schutzbedürftig ist, ist angemessen. Gerade bei einem jungen Spieler kann sich in 4 Jahren auch viel verändern. Er müsste aber es wirklich bereuen.


    Ich kenne einfach nicht genug Begleitumstände um zu sagen dass diese Begnadidung definitiv falsch ist.

  • Mich würde aber brennend interessieren, ob hier ein Gnadengesuch des Spielers vorlag oder ob die Begnadigung "von Amts wegen" erfolgt ist. Über ein Gnadengesuch kann man unterschiedlicher Auffassung sein, wie wir an unserer Diskussion ja erkennen, sollte aber die Begnadigung ohne Antrag des Spielers erfolgt sein, hielte ich das für ein fatales und überflüssiges schlechtes Zeichen.

  • Ich finde auch, dass wenn der Angriff einen Spieler getroffen hätte, 2 Jahre zu wenig wären...


    Ich bin, was solche Dinge anbelangt ein kleiner Hardliner! Für mich gehört sowas nicht auf und neben den Platz.


    Aber Ok, wir wissen nicht wirklich viel. Meine Meinung zu dem Thema stützt sich auf diesen Infis hier - gibt es andere neue, so ändere ich sie unter Umständen. Aber momentan finde ich die Begnadigung für deutlich zu früh und sehe sie als falsches Zeichen und als Schlag in das Gesicht der SRin

    Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
    (Antoine de Saint-Exupery)

  • Wenn er spielen will könnte er in einem anderem LV spielen. Und wenn er Maßnahmen besucht hat dann wäre das mit Sicherheit erwähnt wurde . Ich glaube die Begnadigung kam aus Amtswegen zum Vorschein.

  • Es gibt etwas, was mich massiv an dieser Diskussion hier stört. Es wird hier ausführlich über die Befindlichkeiten des Täters diskutiert, seine Recht, seine Wünsche, seine Bedürfnisse und vieles mehr. Worte zu dem Opfer finde ich nur wenige.
    Daher möchte ich zwei Sätze aus dem Artikel zitieren:


    " ... trat ihr in die Wade, würgte sie und zog sie an den Haaren derart brutal
    nach oben, dass die damals 20-Jährige mit Halswirbelverletzungen ins
    Krankenhaus kam."
    "Das Ganze verlief für mich glimpflich, aber das war pures Glück. Ich
    könnte heute auch querschnittsgelähmt sein. Da könnte mich auch niemand
    vier Jahre später begnadigen."


    Daszu folgender Vergleich aus meiner Wohngegend: Auf dem Weg zur einer Grundschule müssen die Schüler einer sehr stark befahrenen Straße überqueren. Ständig gab es dort mit den Kindern brenzlige Situationen, Schule und Eltern haben jahrelang gewarnt und die Stadtverwaltung gebeten, an dieser Stelle eine Ampel hinzusetzen. Es passierte nichts. Dann wurde ein Kind tödlich verletzt und die Verwaltung konnte sich zum Anlegen eines Zebrastreifens durchringen. Erst nachdem ein zweites Kind totgefahren wurde, hat man die Ampel errichtet.


    Kann ich daraus schließen, daß man von einer Begnadigung eines solchen "Spielers" erst dann Abstand nimmt, wenn er einen Schiedsrichter/Schiedsrichter totgeschlagen hat wie in den Niederlanden? Nach der Logik einiger von Euch müßte man so jemandem selbst dann noch eine zweite Chance einräumen.


    Nach meiner Erfahrung sind Personen, die mit solcher Intensität wie hier handeln, keine einmaligen Täter (ich bin mir sicher, daß es darüber gesicherte Statistiken gibt), sondern werden immer wieder so reagieren. Bei diesem "Spieler" handelte es sich um keinen F-Jugendspieler oder einen jugendlichen, pubertierenden Hormonprotz, sondern um einen erwachsenen Menschen, der völlig außer Kontrolle war. Solche Personen ändern oder läutern sich nicht und sie haben auch kein Interesse am Sport, sondern benutzen den Fußballplatz, um sich hemmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste auf Kosten anderer auszutoben.


    Und solche Leute möchte ich nie wieder auf einem Fußballplatz sehen, egal in welcher Stadt, in welchem Fußballverband, in welchem Staat oder auf welchem Planeten auch immer!

  • Es ist halt bei uns immer noch so, daß Täterschutz vor Opferschutz geht, leider. Wenn ich sehe, welche Mühe sich SR- Gruppen bei der Neulingsgewinnung geben, was da alles auf die Beine gestellt wird, muß ich sagen, Hut ab. Durch eine solche "Begnadigung" wird soviel Arbeit kaputt gemacht, die Obleute und Lehrwarte usw. jahrelang gemacht haben. Scheinbar ist das dem Verband egal? Für die betroffene Schiedsrichterin muß das doch ein erneuter Schlag ins Gesicht sein!
    Ich habe schon von einigen Kollegen gehört, dass sie auf Grund dessen aufhören werden, ich überlege auch, ob ich nicht hinschmeissen soll, nach über 40 Jahren!

    Alle sagten das geht nicht.




    Und dann kam einer und hat es gemacht.

    Einmal editiert, zuletzt von kanarien3 ()

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nochmal versuchen werde einen jungen Kameraden zu werben. Hier wird doch alles kaputt getreten, was nur zu zerstören ist. Nur die Kameradschaft in einer tollen Gruppe hält mich nach über 40 Jahren Schiedsrichtertätigkeit von einer Beendigung meiner Mitgliedschaft ab. Wir Schiedsrichter sind erschüttert. Man sieht einfach, dass ein Berufsrichter die Begnadigung ausgesprochen hat. In der Juristerei überwiegt nach wie vor der Täterschutz mit allen möglichen hinter- und vordergründigen psychologischen Spielchen. Aber was mit den Opfern passiert, das interessiert anscheinend hier überhaupt nicht. Da muss man vielleicht einfach mal gegen den Wind pi..en und sich vor die Schiedsrichter stellen und abwarten, ob wirklich Reaktionen kommen. Schade Herr Präsident, eine gute Chance vertan das zu demonstrieren, was Sie auf den Kreistagen predigen; denn das war wirklich überzeugend.


    Es ist zum ;(

  • Nach meiner Erfahrung sind Personen, die mit solcher Intensität wie hier handeln, keine einmaligen Täter (ich bin mir sicher, daß es darüber gesicherte Statistiken gibt), sondern werden immer wieder so reagieren. Bei diesem "Spieler" handelte es sich um keinen F-Jugendspieler oder einen jugendlichen, pubertierenden Hormonprotz, sondern um einen erwachsenen Menschen, der völlig außer Kontrolle war. Solche Personen ändern oder läutern sich nicht und sie haben auch kein Interesse am Sport, sondern benutzen den Fußballplatz, um sich hemmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste auf Kosten anderer auszutoben.

    Genauso wie die Annahme, dass ein Sexualstraftäter stets ein zweites Mal zuschlagen? Tut mir Leid, aber wenn du mit Statistiken argumentierst, solltest du diese konkret angeben. Zumindest die des Sexualstraftäter ist absoluter Quatsch! (Hanson & Bussiere (1998), Egg (2000), Hanson & Morton-Bourgon (2009))

  • Ich habe nicht mit Statistiken argumentiert, sondern geschrieben, daß meine Meinung auf meinen gemachten Erfahrungen und mir bekannten Informationen beruht.
    Daß darüber bestimmt gesicherte Statistiken existieren (z.B. bei den Sportgerichten), war eine eine klar und deutlich formulierte Mutmaßung von mir. Ich habe nicht gesagt, daß es sie gibt und ich sie kennen würde.
    Tatsächlich bist Du es, der mit Statistiken argumentiert und zwar mit solchen, die mit der Sache absolut nichts zu tun haben.
    Aus Statistiken über Sexualstraftäter auf das Verhalten gewaltbereiter und völlig außer Kontrolle geratener Fußballspieler zu extrapolieren, halte ich doch für mehr als sehr fragwürdig und nicht aussagekräftig.
    Sollte die misshandelte Kollegin erneut in so eine Situation geraten, bei der sie im Rollstuhl landen könnte, kannst Du ihr ja dann mitteilen, daß sie leider eine statistische Anomalie sei.

  • Das stimmt nicht, Borsig.

    Zitat

    Nach meiner Erfahrung sind Personen, die mit solcher Intensität wie hier
    handeln, keine einmaligen Täter (ich bin mir sicher, daß es darüber
    gesicherte Statistiken gibt)


    Die Nähe der beiden Aussagen und dass du die Aussage, dass es darüber sicher Statistiken gibt, sogar in Klammern packst, bringt beide Aussage in direkte Verbindung. Du stellst hier für den Lesern eine kausale Verbindung her. Der Satz kommt beim Leser also folgendermaßen an:

    Zitat

    Ich bin mir sicher, dass es Statistiken gibt, die meine Erfahrung unterstützen, dass Personen, die mit solcher Intensität handeln, keine einmaligen Täter sind.


    Sollte der Satz nicht so gemeint sein, so ist er zumindest sehr unglücklich formuliert.


    Deine Kritik an meiner Aussage kann ich nicht verstehen!? Ich habe nie behauptet, dass es dort einen Zusammenhang gibt. Die Aussage war lediglich, dass man sich auf Grund einer „allgemeinen Gefühlslage“ (gerne auch aus der Presse oder allgemein in der Bevölkerung) nicht zu ähnlichen Schlüssen verführen lassen soll!


    Lustigerweise ist in diesem Fall der Zusammenhang sogar da (Meta-Analyse aus 69 Studien von Schmucker & Lösel (2008)): Rückfall bei Gewaltdelikten unbehandelt: 11,8% und behandelt 6,6%. Du willst also fast 90% aller Täter ausschließen, obwohl diese (wissenschaftlich nachgewiesen) wahrscheinlich nicht mehr rückfällig werden.