Regelkunde, Frage zu Zurufen der Spieler untereinander bzw. des Trainer

  • Sehr geehrtes Schiedsrichterforum,


    darf ich mich kurz vorstellen, mein Name ist Ralf und ich bin Trainer einer B-Juniorenmannschaft in der Region Köln/Bonn. Ich erhoffe mir in diesem Forum fachkundige Auskunft zu folgender Fragestellung.


    Zur Situation: In der 50 Spielminute entscheidet der Schiedsrichter auf Grund eines Zurufs "Leo geh hin" auf indirekten Freistoß gegen uns.


    Der Ausruf "Leo" als Synonym für "bleib weg" oder "lass durch" ist uns geläufig.


    Ich bitte den Schiedsrichter um ein kurzes Gespräch und erläutere ihm das wir schon das ganze Spiel über einen Spieler mit dem Namen Leo Schmidt auf dem Platz haben. Er wurde auch schon zigfach bei seinem Vornamen gerufen, von mir und von seinen Mitspielern, deutlich hörbar übrigens auch auf der Videoaufzeichnung des Spiels.


    Das Spiel wird fortgesetzt und nach dem Spiel bitte ich den Schiedsrichter erneut um Auskunft wo ich nachlesen kann welche Regel den Freistoß gerechtfertigt.
    Spät am Abend des Spieltages erhalte ich dann eine e-mail vom Schiedsrichter in der er sich auf folgendes bezieht (und sich für den fairen Umgang in dieser Situation bedankte, sie führte schließlich zum Gegentor):



    Regel 12, Auslegung der Spielregeln und Richtlinien der FIFA für Schiedsrichter:


    Verwarnung für unsportliches Betragen
    Ein Spieler ist wegen unsportlichen Betragens zu verwarnen, wenn er
    [...]
    * einen Gegner während des Spiels oder davor verbal ablenkt.
    Spielvortsetzung:
    Indirekter Freistoß an der Stelle des Vergehens.


    Außerdem verursacht ein Spieler einen indirekten Freistoß für das gegnerische Team, wenn er nach Ansicht des Schiedsrichters
    [...]
    * ein anderes Vergehen begeht, das nicht bereits in Regel 12 erwähnt wird und für das die Partie unterbrochen wird, damit der fehlbare Spieler verwarnt oder des Feldes verwiesen werden kann.


    Meine Fragen an dieses Forum sind nun folgende:
    Stimmt es, ist es unsportlich einen Spieler bei seinem Namen zu nennen, sicher nicht!
    Sollen wir ihn ab heute Fritz oder Schmidt rufen?
    Sollen wir vor jedem Spiel den Schiedsrichter darauf aufmerksam machen dass wir einen Spieler namens Leo haben?


    Leo Schmidt kann nicht der einzige, Fußball spielende Leo in Deutschland sein, wie handhabt Ihr dies?


    Mit sportlichen Grüßen, Ralf

  • Hallo Ralf,


    ob ihr ihn Leo, Fritz oder Schmidt ruft, ist vollkommen wurscht. Beim "Leo" wie auch den von dir genannten Äußerungen "bleib weg" oder "lass durch" handelt es sich nur um Unsportlichkeiten, sofern dadurch ein Gegner abgelenkt werden soll, wie von dir bereits geschrieben. Zum eigenen Mitspieler sind alle diese Ausrufe erlaubt, insb. also auch der Ruf des Namens.


    Was mir aus deinem Beitrag nicht ganz klar wird, ist, ob der SR den Spieler auch verwarnt oder lediglich einen ind. Freistoß verhängt hat. Nur Freistoß geht nicht, dafür besteht regeltechnisch keine Grundlage. Entweder sieht er hierin eine Unsportlichkeit, unterbricht, verwarnt den Spieler und setzt mit ind. Freistoß fort oder er sieht keine Unsportlichkeit und läßt das Spiel weiterlaufen.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Hallo Ralf,


    zunächst einmal HERZLICH WILLKOMMEN im Forum.


    Es gibt schon Threads zu diesem Thema :guckst_du: "Lass" oder "Hab ich" oder auch "LEO" Rufen von Feldspielern im Mittelfeld


    --> einfach sonst mal die Forensuche (Kästchen oben rechts..) verwenden :)


    edit: Stefan war schneller, also als Unsportl.keit würde ich diese Ausrufe keinesfalls werten, vllt hat der SR-Kollege da einfach "übergenau" sein wollen??

  • Richtig. Da wir uns hier in einem SR-Forum befinden, darfst du dich ruhig an die Fachausdrücke gewöhnen. ;)

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Offenbar hat ein freundlicher und engagierter SR die oben genannte Partie geleitet. Leider konnte der SR den Grund für seine Entscheidung nicht plausibel machen- auch nicht mir der Zusendung der betreffenden Regelpassage.


    Mein Tipp für die Praxis: Wenn der SR meint, dass jegliches "LEO" - Rufen mit einem indirektem Freistoß zu ahnden ist, dann ist das eben so. Sinn und Unsinn kannst Du, Ralf, hier im Forum an diversen Stellen nachlesen. Dann wird auch der Unterschied zwischen Theorie und Praxis klar.


    Dann muss Euer "Leo" im Spiel eben "Neuner" oder "Blonder" oder "Löwe" und sonstwie heißen. Macht es dem Schiri und Euch einfach. Über Regeln können wir gern hier im Forum diskutieren- aber nicht auf dem Platz.

  • Servus Steffan,


    nochmals herzlichen Dank für Deinen sachlichen Beitrag und Deine Unterstützung die Du mir via E-Mail hast zukommen lassen.


    Da mich der Beitrag des "besten Schiedsrichters der Stadt" bestenfalls irritiert verkneife ich mir hierzu jeglichen Kommentar.


    Einen schönen Tag noch,


    Gruß Ralf

  • Kneifen ist gar nicht notwendig- wir sprechen hier offen. Wo liegt die Irritation in meinem Beitrag?

  • @BRiT


    Den von dir genannten Unterschied zwischen Theorie und Praxis gibt's hier nicht.
    Wenn du so was auf dem Platz abpfeifst, ist das genauso falsch,wie wenn du beim Regeltest bei so einer Frage den "idF" ankreuzt.

  • Offenbar erwartet Ralf, sein Spieler müsse doch beim Namen gerufen werden dürfen. Da wird er in unteren Klassen noch das ein oder andere Mal Probleme bekommen. Ob das nun regelkonform ist oder nicht- das ist die Praxis.


    Insofern: Ja. Ruft ihn ab heute Fritz oder Schmidt.

  • Thema an Tower, bitte um Landeerlaubnis ...


    In der Sache hat Stefan die Fragen schon vollkommen korrekt und umfassend beantwortet, damit sollte es gut sein. Auch max_hb hat mit seinem Hinweis darauf, dass das Thema wahrlich nicht neu ist, vollkommen recht.


    Dennoch halte ich BRiTs Hinweis für nicht abwegig. Wir wissen doch alle, dass es bei Spielern und Schiedsrichtern gute und nicht ganz so gute Exemplare gibt. Bei den nicht ganz so guten SR-Kameraden herrscht eben manchmal, wie bei den Spielern ja auch, regeltechnisch ein verbesserungswürdiges Wissen - nicht schön, aber leider Realität. Um aus dieser Realität das Beste zu machen, ist der Hinweis von BRiT durchaus pragmatisch und eine Überlegung wert; natürlich wäre es schöner, wenn eine solche Umgehungslösung nicht notwendig wäre ...

  • Das sehe ich ganz anders. Natürlich darf jeder Spieler beim Namen gerufen werden, egal ob er Leo, Fritz oder wie auch immer heißt. Daß das Regelwissen in den unteren Klassen nicht immer das beste ist, darf doch nicht als legitimer Grund herhalten, die mannschaftsinterne Kommunikation zu beschneiden.


    Edit: ich beziehe mich auf BRiTs Beitrag.

    In einer Aktion prallten Grevelhörster und Gerick zusammen. Der FC-Stürmer blutete aus der Nase, aber Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen konnte mit einem Taschentuch aushelfen. Gericks Torriecher wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen: Er markierte das 1:3.


    Westfalen-Blatt (29.5.2017) :D

  • Rundkugel ist Trainer, nicht Schiedsrichter und daher glaube ich wollte BRiT einfach nur auf die andere Situation hinweisen. "Leo sagen ist erlaubt, solange es nicht irritiert" ist die korrekte Regelauslegung, aber in der Praxis sehen das manche Kollegen anders und falls ein Schiedsrichter diesen Fehler begeht dann ist es diese 90 Minuten bei ihm auf dem Feld eben so und seine Truppe muss das trotzdem akzeptieren. Diskutieren, meckern etc. führt nur zu dann berechtigten Gelben Karten.


    Nach dem Spiel kann man den Kollegen im freundlichen Ton darauf hinweisen, aber es gibt auch viele beratungsresistente Schiedsrichter (wahrscheinlich weil man fast immer nur Stuss von Außen gesagt bekommt...).

  • Stefan - Du hast natürlich Recht.


    Nur: Willst Du mit einem SR vor Ort diskutieren oder Fußball spielen und versuchen Spaß zu haben und zu gewinnen?


    Und Gegenbeispiel 1: Was machst Du, wenn eines Tages ein fremdsprachiger Name sich anhört wie ein schlimmes deutsches Schimpfwort? Bestehen wir dann auch darauf, dass der Spieler beim Namen genannt werden darf? Nein, wir empfehlen einen Spitznamen.


    Gegenbeispiel 2: Was tun wir, wenn die Spieler merken, dass ihr "LEO"- rufen die Gegenspieler irritiert aber sie ja vorher den SR auf den im Pass eingetragenen "LEO"-Vornamen hingewiesen haben? Werden sie dann nicht "ganz aus Versehen" das ein oder andere mal mehr "LEO" rufen? Ein Schelm....


    Ich bin für Fritz.

  • Zitat
    "Offenbar hat ein freundlicher und engagierter SR die oben genannte Partie geleitet."



    Sein Engagement scheint sich aber außerhalb des Platzes sehr in Grenzen zu halten,sonst würde er so was nicht abpfeifen.Aber wenigstens scheint er ja freundlich gewesen zu sein.

  • Nebenbei kann auch ohne unsportlichen Gedanken eine verbale Ablenkung zustande kommen, z.b. kommt ein langer Ball auf mich und ich möchte meinen Stümerkollegen Leonard auf die Reise schicken, rufe daher "Leo!" - was einen Verteidiger dazu bewegt vom Ball wegzubleiben.


    Verbale Irritation des Gegners, die zwingend mit indirektem Freistoß samt Gelber Karte zu bestrafen ist. "Leo!" hat eben die Bedeutung von "Lass durch!" auf dem Fußballfeld, wer unbedacht das sagt muss mit den Konsequenzen rechnen...

  • Frage am Rande:
    Werden nicht bei der Passkontrolle die Vor und Nachnamen vorgelesen ?
    Hier kann man schon vor dem Spiel die Diskussion verhindern,
    wenn man miteinander kommuniziert.

    "Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben."
    - Fritz Walter († 17. Juni 2002)

  • @Ansgar: Nicht überall; im Nied. Fussballverband z.B. gibt es keine Gesichts- bzw. Namenskontrolle. Hier kriegt man lediglich den Spielbericht und die Pässe und vergleicht die. Dies geschieht aber immer ohne Trainer! Trotzdem meiner Ansicht nach eine schwache Leistung des Schiris. Meiner Ansicht nach kann man schon unterscheiden, zwischen den Ruf "Leo" für "Geht da weg" oder den Namensruf "Leo, geh da hin" oder "Leo, spiel ab"

    Ewald Lienen (Ehem. Trainer 1.FC Köln):
    Wir haben nicht das Recht, jede Entscheidung des Schiedsrichters zu kommentieren. Der lacht sich ja auch nicht tot, wenn wir einen Fehlpass spielen.